Qualifizierter Dienstunfall nach § 37 Beamtenversorgungsgesetz
Für bestimmte Gruppen von Dienstunfällen (Lebensgefahr, tätlicher Angriff ...) hat sich die sprachliche Wendung eingebürgert, es handle sich um einen qualifizierten Dienstunfall.
Zwar mag es richtig sein, bestimmte Arten von Dienstunfällen von vornherein begrifflich herauszuheben, und es gibt auch die Rechtsmeinung, dass der Beamte sein Begehren von vornherein auf Feststellung eines qualifizierten Dienstunfalles (und nicht nur: "eines Dienstunfalles") richten könne.
Aber in der Sache geht es darum, dass aus dieser Einordnung Ansprüche auf höhere Unfallfürsorgeleistungen folgen, die auch nach sog. Einsatzunfällen gewährt werden.
Bei schweren Folgen eines qualifizierten Dienstunfalles oder eines Einsatzunfalles - MdE von mindestens 50% - können beansprucht werden:
Der qualifizierte Dienstunfall:
§ 37 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz Bund: Der lebensgefährliche Einsatz |
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1. konkrete Diensthandlung | Enger als § 31 ("... in Ausübung oder infolge des Dienstes ...") | |
2. objektiv erkennbare Lebensgefahr |
Möglichkeit des Verlustes des Lebens muss naheliegend und objektiv
erkennbar gewesen sein. Die besondere Gefahr muss bereits vor dem Eintritt des Unfallereignisses bestanden haben. Sie darf nicht von dem Beamten selbst durch unüberlegtes Handeln erst herbeigeführt worden sein. |
Beispiele: Betreten der Autobahn bei fließendem Verkehr; u. U. auch polizeiliche Sonderrechtsfahrt bei Glatteis. |
3. Beamter muss sich einer Lebensgefahr aussetzen. Das ist weniger als "sein Leben einsetzen". |
Beamter muss sich der Lebensgefahr bewusst gewesen sein. Beachten Sie hierzu unbedingt die Entscheidung des BVerwG vom 13.12.12 - 2 C 51.11. ⁄ zur Entscheidung |
Nach Gesetzesänderung 2001 wurde das Gesetz nicht mehr
von allen dahin verstanden, dass der Beamte sich der Lebensgefahr
bewusst gewesen sein muss. Anderer Ansicht BVerwG! |
4. Besondere Gefährdung als Unfallursache (Kausalität) | Unfall muss durch die besondere Gefahr verursacht sein. | Straftäter mit Pistole bewaffnet. Polizeibeamter rutscht bei Verfolgung auf Bananenschale aus: Unfall nicht auf die besondere Gefahr zurückzuführen. |
Die weiteren Fälle nach § 37 Absatz 2: | ||
rechtswidriger Angriff auf einen Beamten | in Ausübung des Dienstes oder in bestimmten Fällen auch außer Dienst (sog. Vergeltungsangriff) | Konkrete Diensthandlung nicht erforderlich. Aber unmittelbarer innerer Zusammenhang mit Dienstausübung. |
Die
Fälle des Absatz 3: Einsatzunfälle "Unfallruhegehalt nach Absatz 1 wird auch gewährt, wenn ein Beamter einen Einsatzunfall oder ein diesem gleichstehendes Ereignis im Sinne des § 31a erleidet und er infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten und im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Einsatzunfalls oder des diesem gleichstehenden Ereignisses in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert beschränkt ist." |
Weitere Erläuterungen / Beispiele
Qualifizierung wegen LebensgefahrEin Hinweis noch auf folgende Entscheidungen:
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.10.10 - 5 LA 280/09 -:
Die Aufnahme eines Verkehrsunfalls durch einen Polizeibeamten in der Nacht und auf einer Bundesautobahn kann nach den besonderen Umständen des Einzelfalles mit einer besonderen Lebensgefahr im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG verbunden sein. Mit seiner Entscheidung hat das OVG Lüneburg die Berufung zugelassen.
Leider ist eine abschließende Entscheidung der unter dem Aktenzeichen 5 LB 282/10 weiter geführten Sache uns nicht bekannt geworden.
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.10, 4 S 215/10:
Zur Frage der Verknüpfung der besonderen Lebensgefahr im Sinne vom § 37 Abs. 1 BeamtVG mit der Diensthandlung im Fall der Auftretens unvorhergesehener gefahrerhöhender Umstände, die die Fortführung der Diensthandlung wesentlich mitprägen (bejaht bei der Nachsuche nach einem verletzten Hirsch innerhalb der Wohnbebauung).
Tenor: Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger erhöhtes Unfallruhegehalt nach § 37 BeamtVG zu gewähren.