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Angriff auf den Beamten mit Waffenattrappe kein qualifizierter Dienstunfall?

Der nachstehenden Entscheidung liegt die Frage zugrunde, ob ein "Angriff" mit einer Waffenattrappe einen qualifizierten Dienstunfall darstellen kann.
Was ist ein Angriff im Sinne der Regelungen in den Beamtenversorgungsgesetzen, die im Grunde nach allgemeiner Meinung einen "tätlichen" Angriff voraussetzen, also eine Handlung, die auf eine Körperverletzung abzielt?

Wer in die Mündung einer Waffe schauen muss, kann durchaus eine posttraumatische Belastungsstörung davon tragen und somit einen (ggf, qualifizierten) Dienstunfall erleiden.
Wie aber ist das Geschehen einzuordnen, wenn sich später heraus stellt, dass es sich um eine sog. Scheinwaffe handelte, von der nach den Umständen des Einzelfalles gar keine wirkliche (Lebens-) Gefahr ausging?

Sofern sich nicht die weiteren Umstände als Angriff mit Verletzungsabsicht darstellen, etwa indem der Täter mit der Scheinwaffe schlägt oder andere körperliche Gewalt anwendet, will das Gericht ein erhöhtes Unfallruhegehalt nicht gewähren.
Ein nicht erhöhtes Unfallruhegehalt kann der Beamte dennoch beanspruchen, sofern er wegen der Folgen des Geschehens vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird. Wenn von Gutachtern bisweilen die Auffassung vertreten wird, eine Posttraumatische Belastungsstörung könne nur bei einer objektiv bestehenden Lebensgefahr angenommen werden, dann überzeugt das nicht. Aber einen qualifizierten Dienstunfall stellt eine bloße Bedrohung nicht dar, wenn mit ihr nicht auch die Absicht des Täters verbunden ist, eine Körperverletzung herbeizuführen.



Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.14 - 4 S 884/14 -

1. Ein Angriff als Voraussetzung eines qualifizierten Dienstunfalls nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG setzt eine zielgerichtete Verletzungshandlung voraus. (Rn.17)
2. Daran fehlt es, wenn eine Waffenattrappe gegen einen Polizeibeamten ohne auf eine Verletzung von dessen körperlicher Unversehrtheit gerichteten "natürlichen Vorsatz" eingesetzt wird. (Rn.20)



1 Der Kläger begehrt die Neufestsetzung seiner Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 BeamtVG.

2 Der Kläger trat 1978 in den Polizeidienst des Beklagten ein. ...
Mit Ablauf des 30.09.10 wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

3 Am 19.09.00 wurde der gemeinsam mit einem Kollegen auf Streifenfahrt befindliche Kläger über Funk von einem Notruf in Kenntnis gesetzt und zum „Trimm-Dich-Pfad“ im G. Wald beordert, wo sich ein Jugendlicher asiatischen Aussehens mit einer echten Waffe oder einem Luftgewehr aufhalte, der im Kreis herumlaufe und nicht ganz normal erscheine. Nach ihrem Eintreffen vor Ort sahen sich der Kläger und sein Kollege einer Person gegenüber, die scheinbar eine Maschinenpistole des Typs Kalaschnikow auf sie anhielt, worauf sie nach Warnrufen und Abgabe eines Warnschusses zahlreiche Schüsse abgaben, bis die Person, der damals 28 Jahre alte, in Vietnam geborene geistig behinderte B., der kurz zuvor aus dem Behindertenheim T. entwichen war, schwer verletzt auf dem Rücken zu liegen kam. Kurz nach Einlieferung in eine Klinik verstarb der Mann an den Schussverletzungen. Ein gegen den Kläger und seinen Kollegen geführtes Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung wurde von der Staatsanwaltschaft Ulm nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

4 Mit Bescheid vom 29.07.11 stellte das Regierungspräsidium Tübingen - Landespolizeidirektion - fest, dass der Kläger am 19.09.00 in Ausübung seines Dienstes eine posttraumatische Reaktion erlitten hat, erkannte diesen Unfall als Dienstunfall an und setzte die dadurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit ab dem Unfalltag und auf Dauer mit 60% fest. Dem zugrunde lag ein polizeiärztliches Gutachten vom 12.07.11, wonach die Geschehnisse am 19.09.00 beim Kläger zu einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung mit schwerer depressiver Verstimmung einschließlich latenter Suizidalität geführt haben.

5 Bereits zuvor, mit Bescheid vom 29.09.10, hatte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt) die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 01.10.10 ohne Berücksichtigung des Dienstunfalls auf 2.222,28 EUR festgesetzt. Auf seinen Widerspruch hin wurden die Versorgungsbezüge mit Bescheid des Landesamtes vom 16.11.11 ab dem 01.10.10 neu auf 2.630,94 EUR festgesetzt. Ihm wurde Unfallruhegehalt nach § 36 BeamtVG gewährt.

6 Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er geltend machte, dass ihm bislang keine Begründung des Innenministeriums Baden-Württemberg vorliege, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 BeamtVG nicht vorlägen. Unter dem 21.02.12 wurde ihm die zur Gewährung von Unfallfürsorge eingeholte Stellungnahme des Innenministeriums vom 10.11.11 übersandt, in der dieses feststellte, dass die Voraussetzungen für die Zahlung erhöhten Unfallruhegehalts nicht vorlägen; mit dem Dienstunfall sei objektiv keine besondere Lebensgefahr verbunden gewesen; auch ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff sei nicht gegeben gewesen. Das Landesamt wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 28.02.12 zurück.

7 Der Kläger hat beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben, mit der er die Verpflichtung des Beklagten begehrt hat, ihm Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 BeamtVG zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt nach § 37 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG in der zum Zeitpunkt des Dienstunfalls geltenden Fassung nicht zu.
Zum einen sei das Tatbestandsmerkmal des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG „eine besondere Lebensgefahr“ nicht erfüllt, da die Person, die dem Kläger am 19.09.00 gegenüber gestanden habe, lediglich mit einer Waffenattrappe agiert und diese auch nur als vermeintliche Schusswaffe, nicht auch als Schlagwerkzeug oder ähnliches benutzt habe.
Zum anderen habe der Kläger sich keinem rechtswidrigen Angriff im Sinn des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG ausgesetzt gesehen, da die ihm gegenüber gestandene Person ihn mit der Waffenattrappe weder objektiv in die Gefahr einer Schädigung habe bringen können noch eine zielgerichtete Verletzungshandlung ihm gegenüber vorgelegen habe. Der Kläger sei vielmehr einem Scheinangriff ausgesetzt gewesen, der das Tatbestandsmerkmal „Angriff“ nicht erfülle. Diese Auslegung werde auch dem Zweck des § 37 BeamtVG gerecht, der darin bestehe, einer gesteigerten, im dienstlichen Bereich wurzelnden Gefährdungslage durch die Gewährung eines erhöhten versorgungsrechtlichen Schutzes Rechnung zu tragen. Dass der Kläger das Vorliegen eines bloßen Scheinangriffs nicht habe erkennen können, könne zu keiner anderen Einschätzung führen. Die bei ihm diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung sei nicht Folge eines zielgerichteten Verhaltens am 19.09.00, das eine reale Gefahr hervorgerufen habe, mithin nicht Folge eines Angriffs, sondern nur mittelbare Folge der Dienstausübung.

8 Am 28.04.14 hat der Kläger ... Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, dass sich die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Bewertung des Anwendungsbereichs des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG auf ein eingeschränktes Niveau eines objektiven Betrachters der Dienstunfallsituation reduziere, der zudem seine Erkenntnisse resümierend nach Abschluss der Ermittlungen betreffend diesen Vorgang gewinne. Dies greife angesichts des allen Unfallfürsorgevorschriften immanenten Fürsorgegedankens zu kurz. Die Verletzung der seelischen Integrität sei im Dienstunfallrecht inzwischen realistische und vorliegend anerkannte Konsequenz eines entsprechenden Täterverhaltens, weshalb auch ein Tathergang wie am 19.09.00 zu den Fallgruppen des § 37 BeamtVG zu zählen sei. Er habe an diesem Tag einer objektiven Gefährdungssituation unterlegen. Diese habe bereits daraus resultiert, dass das Verhalten des B. unabhängig davon, ob dieser eine Attrappe oder eine reale funktionsfähige Waffe bei sich geführt habe, für Außenstehende einschließlich der eingesetzten Beamten nur den Schluss eines entgegentretenden gefährlichen Angreifers habe zulassen können. Allein durch diese als Gefährdungssituation wahrnehmbare Handlung habe objektiv die Möglichkeit einer gesundheitlichen Einbuße in Form einer Verletzung der seelischen Integrität bestanden, wie sie konkret in seinem Falle mit der unstreitig eingetretenen posttraumatischen Belastungsstörung vorliege. Diese Gefährdungslage sei auch durch einen rechtswidrigen Angriff im Sinn der Unfallfürsorgevorschriften herbeigeführt worden.
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen habe in seinem Urteil vom 04.04.11 hierfür genügen lassen, dass der Beamte objektiv in eine reale Gefahr gerate, durch die Angriffshandlung einen Körperschaden zu erleiden, obwohl der Beamte zu keinem Zeitpunkt mit dem Täter unmittelbar in Kontakt gekommen sei, sondern sich lediglich in dessen potentieller Reichweite befunden habe. Danach sei der Abbruch der Handlung des B. unschädlich. Dass dieser geistig behindert gewesen sei und wegen seines Todes keine Aussage mehr machen könne, könne nicht zu der reinen Hypothese führen, er habe sein Verhalten lediglich „spielerisch“ verstanden wissen wollen, weshalb die Intention eines Angriffs per se ausscheiden müsse.
Die Anforderungen an das Vorliegen einer zielgerichteten Verletzungshandlung sowie deren Rechtswidrigkeit dürften nicht zu hoch angesetzt werden. Erforderlich sei vielmehr eine individuelle Betrachtung des Tat- und Unfallhergangs aus der Sicht des Betroffenen beziehungsweise eines neutralen Beobachters. Danach lasse die Vorgehensweise des B. nur den Schluss auf ein stringentes Vorgehen gegen ihn in seiner Funktion als Polizeibeamter zu und sei damit in ihrer Auswirkung wie ein nachweisbar rechtswidriger Angriff zu bewerten. Die Art des in Kampfhaltung fortgeführten unaufhörlichen Zugehens auf ihn und seinen Kollegen habe eine Intention der Bedrohlichkeit durch fortschreitenden Angriff untermauert. Dass die Waffenattrappe nicht als Schusswaffe habe eingesetzt werden können, sei dabei unerheblich. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der massive Holzgegenstand bei weiterem Zuschreiten als Waffe verwandt worden wäre. Selbst wenn man lediglich einen „Scheinangriff“ annähme, sei dieser in den Anwendungsbereich von § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG einzubeziehen. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen habe im Urteil vom 04.04.11 zu Recht betont, dass die subjektiven Vorstellungen des Täters im Sinn von bezweckten Schäden zur Anerkennung von Angriffsfolgen nicht maßgeblich sein könnten. Auch in der vorliegenden Fallkonstellation könne es nicht auf eine subjektive Vorstellung des Täters betreffend eine Verletzungshandlung ankommen. Vielmehr müsse ausreichen, dass der „Scheinangriff“ die nachhaltigen Folgen einer posttraumatischen Belastungsstörung im Sinn des Dienstunfallrechts ausgelöst habe. ...

Der Kläger beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.03.14 - 1 K 704/12 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm erhöhtes Unfallruhegehalt nach § 37 BeamtVG zu gewähren, sowie den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg und dessen Widerspruchsbescheid aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

13 Er verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend, dass der vorliegende Fall mit dem vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 04.04.11 entschiedenen Sachverhalt nicht vergleichbar sei.
Auch das Bundesverwaltungsgericht sei im Urteil vom 29.10.09 hinsichtlich § 31 Abs. 1 BeamtVG davon ausgegangen, dass ein Angriff nur dann vorliege, wenn der Beamte objektiv in die Gefahr gerate, einen Körperschaden zu erleiden. Die lediglich nach der subjektiven Vorstellung des Beamten bestehende Gefahr reiche hierfür nicht aus. Diese Erwägungen seien auf § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG übertragbar. Erforderlich sei zudem eine Verletzungshandlung, die vom Handelnden mit (natürlichem) Wissen und Wollen der zu erwartenden Rechtsgutbeeinträchtigung ausgeführt werde und die in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Beamten stehe. Den verschiedenen tatbestandlichen Varianten eines qualifizierten Dienstunfalls sei gemeinsam, dass diese eine objektiv gesteigerte Gefahrenlage voraussetzten, der der Beamte ausgesetzt sei.
Zur Erhaltung der „Niveaugleichheit“ sei eine daran orientierte strenge Auslegung des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG geboten, zumal ein berechtigtes Interesse des Dienstherrn bestehe, den erhöhten Dienstunfallschutz nicht ausufern zu lassen. Eine solche objektiv besonders gefährliche Situation sei vorliegend nicht gegeben gewesen. Objektiv habe das Verhalten der geistig behinderten und im späteren Verlauf getöteten Person auch keine auf die Verletzung des Klägers gerichtete Handlung dargestellt. Die Nichtgewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts verstoße auch nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dieser sei dadurch Rechnung getragen, dass dem Kläger ein Unfallruhegehalt nach § 36 BeamtVG gewährt worden sei. Schließlich ließen sich auch aus der Einstellungsverfügung der Staatanwaltschaft Ulm vom 14.09.01 keine gegenteiligen Schlüsse ziehen, da zum einen der Angriffsbegriff des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG enger als derjenige des § 32 StGB auszulegen sei, zum anderen die Annahme eines Handels in Putativnotwehr belege, dass objektiv gerade keine Gefahr für den Kläger bestanden habe.

14 ...


15 Dem Kläger steht ein Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt nach § 37 BeamtVG nicht zu.

16 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers § 37 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31.12.01 geltenden Fassung des Gesetzes vom 16.03.1999 (BGBl. I S. 323) ist. Diese Fassung der Norm ist maßgeblich, weil die Frage, ob das Unfallgeschehen vom 19.09.00 als qualifizierter Dienstunfall anzuerkennen ist, nach dem Recht zu entscheiden ist, das zum Zeitpunkt des Unfalls gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.12 - 2 C 51.11 -; Senatsurteil vom 13.12.10 - 4 S 215/10 -). Sie ist aber nicht nur für die rechtliche Einordnung des Unfallgeschehens relevant, sondern insgesamt als Anspruchsgrundlage für die Gewährung erhöhten Unfallruhegehalts heranzuziehen, so dass auch die Rechtsfolgen aus ihr - und nicht aus der zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung des Klägers am 30.09.10 geltenden Fassung - abzuleiten sind.

17 Nach der einschlägigen Fassung des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der nächsthöheren Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der für ihn eine besondere Lebensgefahr verbunden ist, sein Leben einsetzt und er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet und wenn er infolge dieses Dienstunfalls dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten und im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert beschränkt ist. Nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG tritt die gleiche Rechtsfolge ein, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet.

18 Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich bei dem Unfall des Klägers vom 19.09.00 um einen Dienstunfall gehandelt hat. ... Ferner ist der Kläger infolge des Unfalls dienstunfähig geworden und in den Ruhestand versetzt worden. Auch ist er infolge des Dienstunfalls im Zeitpunkt der Zurruhesetzung (am 30.09.10) in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert (nämlich 60 vom Hundert) beschränkt gewesen.
Der Kläger hat indes diesen Dienstunfall weder im Sinn des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der für ihn eine besondere Lebensgefahr verbunden war, infolge dieser Gefährdung erlitten (dazu 1.) noch ist er in Ausübung des Dienstes Opfer eines rechtswidrigen Angriffs im Sinn des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG geworden (dazu 2.).

19 1. Die besondere Lebensgefahr ist ein objektives spezifisches Merkmal der Diensthandlung im Sinn des § 37 Abs. 1 BeamtVG. Der Diensthandlung muss typischerweise eine besondere, also eine über das übliche Maß der Lebens- oder Gesundheitsgefährdung hinausgehende Lebensgefahr inhärent sein. Eine besondere Lebensgefahr ist daher mit der Diensthandlung nur dann verbunden, wenn bei ihrer Vornahme der Verlust des Lebens wahrscheinlich oder doch sehr naheliegend ist. Der Tod muss allerdings nicht zwangsläufige Folge der Diensthandlung sein oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.04.1978 - 6 C 59.76 -, ZBR 1978, 334). Andererseits lässt sich die besondere Lebensgefahr nicht schon daraus ableiten, dass der Beamte bei der Dienstausübung getötet oder lebensgefährlich verletzt worden ist. Mit dem Eintritt des Todes oder der erheblichen Verletzung bei Ausübung des Dienstes kann sich nämlich auch ein allgemeines oder geringeres Lebensrisiko realisiert haben. Die besondere Lebensgefahr setzt demgegenüber eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, so dass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint (BVerwG, Urteil vom 13.12.12, a.a.O.). Dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, bei der Diensthandlung umzukommen, ist hingegen nicht erforderlich. Ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls (BVerwG, Urteil vom 13.12.12, a.a.O.).

20 Gemessen an diesen Voraussetzungen war die Diensthandlung des Klägers am 19.09.00 für ihn nicht mit einer besonderen Lebensgefahr im Sinn des § 37 Abs. 1 BeamtVG verbunden. Nach den - von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen - Feststellungen der Staatsanwaltschaft Ulm in der Einstellungsverfügung vom 14.08.01 agierte die Person, die ihm im G. Wald gegenüberstand, lediglich mit einer Waffenattrappe und setzte diese nur als vermeintliche Schusswaffe, nicht hingegen auch als Schlagwerkzeug oder in ähnlicher gegen seinen Körper gerichteten Weise ein. Objektiv barg die Diensthandlung somit bei typischem Verlauf kein Risiko von lebensgefährlichen oder gar tödlichen Verletzungen. Dass der Kläger aufgrund der für ihn erkennbaren Umstände annahm, sich in einer derartigen Gefahr zu befinden, und in dem Bewusstsein einer für ihn bestehenden Lebensgefahr handelte, ändert hieran nichts. Die aufgrund äußerer Anzeichen angenommene Gefährdungslage muss keinesfalls immer mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.03.14 - 4 B 3.11). Der Kläger glaubte, mit einer Person konfrontiert zu sein, die sich im Besitz einer echten Schusswaffe befand und im Begriff war, diese unmittelbar gegen ihn einzusetzen. In einem solchen Fall, in dem die Lebensgefahr nur nach der subjektiven Vorstellung des Beamten besteht, rechtfertigt der Zweck des § 37 BeamtVG, mit den verschiedenen Fallgruppen dieser Vorschrift einer gesteigerten, im dienstlichen Bereich wurzelnden Gefährdungslage durch die Gewährung eines erhöhten versorgungsrechtlichen Schutz Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.12 - 2 C 41.11 -), die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls nicht (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.03.14, a.a.O.).

21 2. Nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG wird erhöhtes Unfallruhegehalt gewährt, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall mit den in Absatz 1 genannten Folgen erleidet.
Ein Angriff im Sinn dieser Bestimmung erfordert eine zielgerichtete Verletzungshandlung des Angreifers, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit des Beamten richtet und durch die der Beamte objektiv in die Gefahr gerät, einen Körperschaden, das heißt eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität oder eine psychische Krankheit, zu erleiden.
Schon aus dem Wortsinn des Begriffs „Angriff“ und dem in Bezug genommenen Begriff „Dienstunfall“, der das Erleiden eines Körperschadens voraussetzt (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG), folgt, dass weder den Beamten zufällig treffende Schädigungs­handlungen noch bloße Sachschäden von dem Tatbestandsmerkmal erfasst sind. Der Angreifer muss mit Vorsatz im natürlichen Sinn gehandelt haben und - unabhängig von der Frage der Schuldfähigkeit und eventuellen Irrtümern - zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass sein Handeln zu einer Schädigung des Beamten führt (vgl. BVerwG, Urteile vom 08.10.1998 - 2 C 17.98 - und vom 25.10.12, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.04.11 - 1 A 3037/08 -, ZBR 2012, 52).
Allerdings ist nicht erforderlich, dass der Angriff zu der vom Täter beabsichtigten Körperverletzung des Beamten geführt hat. Es reicht aus, dass dieser in der konkreten Gefahr der beabsichtigten Körperverletzung geschwebt hat und infolgedessen einen anderweitigen Körperschaden, insbesondere eine Verletzung der seelischen Integrität erlitten hat. Andernfalls wären solche Fälle nicht erfasst, bei denen nur der Zufall eine Verletzung der körperlichen Integrität verhindert hat, der Beamte aber wegen der erlittenen Bedrohung erheblich psychisch belastet ist und erkrankt (BVerwG, Urteil vom 25.10.12). Zur Zielgerichtetheit der Verletzungshandlung gehört auch, dass der Handelnde die staatliche Aufgaben­wahrnehmung treffen will; zwischen der Verletzungshandlung und der Dienstverrichtung des Beamten muss ein innerer Zusammenhang bestehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 08.10.1998, a.a.O., und vom 25.10.12). Der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung fordert nicht, das Tatbestandsmerkmal „Angriff“ in § 37 Abs. 2 BeamtVG ebenso zu verstehen wie in § 32 StGB. Die Vorschriften stehen in keinem Regelungs- oder Sinnzusammenhang, der die Annahme einer identischen Bedeutung des in beiden verwendeten Begriffs nahelegen oder gar gebieten könnte (BVerwG, Urteil vom 08.10.1998). Rechtswidrig ist der Angriff, wenn dem Angreifer kein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund zur Seite steht (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.04.11, a.a.O.).

22 Nach diesen Maßstäben ist der Kläger am 19.09.00 nicht in Ausübung seines Dienstes Opfer eines rechtswidrigen Angriffs im Sinn des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG geworden. Er befand sich zwar objektiv in der Gefahr, durch das Handeln der ihm gegenüber gestandenen Person einen Körperschaden zu erleiden. Es fehlt jedoch an der Zielgerichtetheit der Verletzungshandlung.

23 Der Kläger ist durch das Handeln der ihm am 19.09.00 gegenüber gestandenen Person objektiv in die Gefahr eines Körperschadens geraten. Nach dem sich aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Ulm vom 14.08.01 ergebenden Geschehensablauf spricht zwar nichts dafür, dass das Verhalten dieser Person geeignet war, ihm einen physischen Körperschaden zuzufügen. Ein tätlicher Angriff gegen die physische Unversehrtheit des Klägers fand nicht statt, und er hatte nach dem Tatgeschehen im G. Wald eine solche Verletzungshandlung, die bei einer Verwendung der Waffenattrappe als Schlagwerkzeug hätte vorliegen können, auch nicht zu gewärtigen. Allerdings befand sich der Kläger objektiv in der Gefahr, einen psychischen Körperschaden zu erleiden. Nach den Umständen des Einzelfalls sah er sich einer Person gegenüber, die einen nach seinem äußeren Erscheinungsbild als Schusswaffe wahrzunehmenden Gegenstand in den Händen hielt, diesen trotz mehrerer Warnrufe und Abgabe eines Warnschusses fortgesetzt auf ihn richtete und sich hiervon auch nach einzelnen gezielten Schüssen nicht abbringen ließ. Die dadurch hervorgerufene psychische Bedrohungssituation unterschied sich für ihn nicht von der Situation, in der er sich befunden hätte, wenn B. tatsächlich über eine einsatzfähige Schusswaffe verfügt hätte. Die Waffenattrappe war einem echten Sturmgewehr sehr ähnlich; dass sie geringfügig kleiner als ihr konkretes Vorbild - das russische Sturmgewehr AK 47 Kalashnikov - war, konnte so, wie B. sie trug, kaum auffallen (s. Einstellungsverfügung vom 14.08.01). Für den Kläger stellte sich daher die Konfrontation mit der Scheinwaffe nicht anders dar als eine solche mit einer Schusswaffe. Bei objektiver Betrachtung musste er die damit verbundene Bedrohungssituation auch ernst nehmen. Das Verhalten des B. war daher objektiv geeignet, dem Kläger einen psychischen Körperschaden zuzufügen. Die mit dem Einsatz einer als Schusswaffe wahrgenommenen Waffenattrappe verbundenen psychischen Auswirkungen auf das Tatopfer können zumindest eine akute Belastungsreaktion (ICD-10: F43.0) zur Folge haben (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.03.14, a.a.O.).

24 Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass das Verhalten des B. zielgerichtet, das heißt mit zumindest bedingtem Vorsatz auf eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers gerichtet gewesen wäre. Aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Ulm vom 14.08.01 ergibt sich, dass bei dem damals 28 Jahre alten, in Vietnam geborenen Mann seit frühester Kindheit eine mittelgradige geistige Behinderung vorlag, die ihn in hohem Maße von fremder Hilfe abhängig machte. Nach der Beurteilung der stellvertretenden Leiterin des Behindertenheims T., Frau Dr. N., konnte er Gefahren nicht erkennen und war daher außerhalb des Behindertenheims hilflos. Deshalb waren vom Amtsgericht H. - Vormundschaftsgericht - freiheitsbeschränkende Maßnahmen genehmigt worden, nämlich dass er das Heimgelände ohne beschützende Begleitung nicht verlassen dürfe und die Tür seiner Wohngruppe ständig zu verschließen sei, wobei das Gericht dies unter anderem damit begründete, dass er nicht angemessen reagieren könne, Gefahren nicht erkennen und nicht vermeiden und sich auch nicht verständlich machen könne, zu fremden Personen keinen Kontakt aufnehmen könne, mit Angst und zielloser Flucht reagiere und jede Gelegenheit zum Entweichen aus dem Heim nutze. Die von ihm am 19.09.00 bei sich geführte Waffenattrappe hatte er seit einiger Zeit neben anderen Schusswaffennachbildungen im Behindertenheim zum Spiel benutzt. Ausgehend hiervon vermag der Senat nicht festzustellen, dass dieser Mann am 19.09.00 durch sein Verhalten eine physische oder psychische Verletzung des Klägers beabsichtigte oder um der Erreichung eines bestimmten Zieles willen auch nur billigend in Kauf nahm. Einen tätlichen Angriff gegen seine physische Unversehrtheit hatte der Kläger - wie dargelegt - nicht zu gewärtigen. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass B. die Waffenattrappe mit auf eine Verletzung seiner psychischen Unversehrtheit gerichtetem „natürlichen Vorsatz“ eingesetzt hätte, liegen ebenfalls nicht vor. B. hat nach den in der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Ulm wiedergegebenen schriftlichen Erklärungen des Klägers und seines Kollegen weder eine verbale Drohung ausgesprochen noch sonst erkennen lassen, dass von ihm ein bestimmtes Ziel verfolgt worden wäre, zu dessen Erreichung er die äußerlich als Schusswaffe wahrnehmbare Waffenattrappe als Nötigungsmittel hätte verwenden können. Im Gegenteil deuten die Feststellungen der Staatsanwaltschaft Ulm zum Geschehensablauf am 19.09.00 darauf hin, dass B. das Vorgehen der beiden Polizeibeamten gegen ihn lediglich als Spiel ansah und seinen Irrtum auch, nachdem bereits mehrfach auf ihn geschossen worden war, nicht erkannte und allein deshalb seinen „Scheinangriff“ fortsetzte, so dass die psychischen Auswirkungen auf den Kläger ausschließlich auf der täuschenden Wirkung über die (Un-)Gefährlichkeit der von B. eingesetzten Waffenattrappe beruhten. Ein Angriff im Sinn des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG liegt deshalb nicht vor.

25 Selbst wenn man mit Blick auf die Auffassung des Klägers, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass B. die Waffenattrappe nicht doch noch als Schlagwerkzeug eingesetzt hätte, davon ausginge, dass sich weder feststellen noch ausschließen lässt, ob B. zumindest mit bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt hat, führt dies nicht zur Bejahung eines Angriffs im Sinn des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG. Beweismittel, die dem Senat hinsichtlich der Motive des B. für den Gebrauch der Waffenattrappe weitere Gewissheit verschaffen könnten, liegen nicht vor, nachdem er durch den Polizeieinsatz zu Tode gekommen ist. Im Dienstunfallrecht gelten jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze. Für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen ist grundsätzlich der volle Beweis („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“, das heißt mit einer Gewissheit, die vernünftige Zweifel ausschließt) zu erbringen. Lassen sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen trotz Ausschöpfung aller verfügbaren Mittel nicht klären, so geht dies zu Lasten des Beamten (BVerwG, Urteile vom 22.10.1981 - 2 C 17.81 -, vom 28.01.1993 - 2 C 22.90 - und vom 28.04.11 - 2 C 55.09 -, ZBR 2012, 38; vgl. auch zu § 37 BeamtVG BVerwG, Beschluss vom 10.05.1991 - 2 B 48.91 -).

26 Entgegen der Auffassung des Klägers kann der ohne jeden Verletzungsvorsatz ausgeführte „Scheinangriff“ mit einer Schusswaffenattrappe nicht in den Anwendungsbereich des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG einbezogen werden. Dem steht bereits der Wortlaut der Vorschrift entgegen. Denn mit dem Begriff des Angriffs ist - wie dargelegt - notwendigerweise eine zielgerichtete Verletzungshandlung, das heißt ein mit „natürlichem Vorsatz“ auf die Person des Beamten bezogenes und auf die Verletzung von dessen körperlicher Unversehrtheit gerichtetes Handeln verbunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.10.09 - 2 C 134.07 -, BVerwGE 135, 176; OVG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 04.04.11, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 22.02.1989 - 3 B 87.03784 -, Juris; Plog/Wiedow, BBG, § 37 BeamtVG RdNr. 77). Dieses Begriffsverständnis wird durch eine systematische und eine am Sinn und Zweck der Norm orientierte Auslegung erhärtet.

27 Innerhalb des Systems der dienstunfallrechtlichen Vorschriften setzt § 37 BeamtVG einen Dienstunfall im Sinn des § 31 BeamtVG voraus und sieht für Dienstunfälle, die durch zusätzliche Merkmale qualifiziert sind, ein erhöhtes Unfallruhegehalt vor. Den verschiedenen tatbestandlichen Voraussetzungen des qualifizierten Dienstunfalls ist gemeinsam eine gesteigerte Gefährdungslage, der der Beamte wegen seiner Dienstausübung oder seines Amtes ausgesetzt ist. Qualifizierendes Merkmal nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist das bewusste Eingehen einer besonderen Lebensgefahr um der Vornahme einer - als lebensgefährlich erkannten - Diensthandlung willen. § 37 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG nennt als qualifizierendes Merkmal das Erleiden eines Angriffs außerhalb des Dienstes, wobei dieser Angriff „im Hinblick auf das pflichtgemäße dienstliche Verhalten des Beamten“ oder „wegen seiner Eigenschaft als Beamter“ unternommen sein muss. § 37 Abs. 3 BeamtVG setzt ausdrücklich „vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse mit gesteigerter Gefährdungslage“ voraus. Niveaugleich im Hinblick auf diese Tatbestandsmodalitäten ist die Gefährdungslage nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG wegen einer Verletzungshandlung, die vom Handelnden mit Wissen und Wollen der zu erwartenden Rechtsgutbeeinträchtigung ausgeführt wird und die in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Beamten steht (vgl. BVerwG, Urteile vom 08.10.1998, a.a.O., und vom 25.10.12, a.a.O.). Daran fehlt es bei einem ohne „natürlichen Verletzungswillen“ ausgeführten „Scheinangriff“ mit einer Waffenattrappe. Dessen objektives Bedrohungspotential für den Beamten beruht nicht auf einer gezielten Drohung der handelnden Person, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als Waffe wahrzunehmende Scheinwaffe einzusetzen (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.03.14, a.a.O.), sondern ausschließlich auf der täuschenden Wirkung über deren (Un-)Gefährlichkeit.

28 Aus dem vom Kläger für seinen gegenteiligen Rechtsstandpunkt in Anspruch genommenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 04.04.11 (a.a.O.) ergibt sich nichts anderes. Auch darin wird zur Bejahung eines Angriffs im Sinn des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG eine zielgerichtete Verletzungshandlung, das heißt ein mit „natürlichem Vorsatz“ auf die Person des Beamten bezogenes und auf die Verletzung von dessen körperlicher Unversehrtheit gerichtetes Handeln verlangt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.04.11, a.a.O. Rd- Nr. 45, 47 und 49). Die vom Kläger in Bezug genommene Passage zur Reichweite der Norm (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.04.2011, a.a.O. RdNr. 69) betrifft allein die nachrangige, sich erst bei Vorliegen eines Angriff stellende Frage, welche Angriffsfolgen als Körperschaden, wie er durch den Begriff des Dienstunfalls vorausgesetzt wird, angesehen werden können.

29 Schließlich steht dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung erhöhten Unfallruhegehalts auch nicht unmittelbar aus der in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht zu. In der Rechtsprechung des Bundes­verwaltungs­gerichts ist geklärt, dass aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn grundsätzlich keine Ansprüche hergeleitet werden können, die über die Ansprüche hinausgehen, die in Konkretisierung der Fürsorgepflicht auf dem betreffenden Gebiet im Beamten­recht selbst speziell und abschließend - hier hinsichtlich der Unfallfürsorge - geregelt sind. Auf die allgemeine beamten­rechtliche Fürsorgepflicht kann allenfalls dann zurückgegriffen werden, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre (vgl. VerwG, Beschluss vom 08.09.1983 - 2 B 148.82 -, DÖD 1984, 92, Beschluss vom 30.11.1994 - 10 B 1.94 - und Urteil vom 24.01.13 - 5 C 12.12 -, BVerwGE 145, 315). Dies ist ersichtlich nicht der Fall, wenn einem Beamten - wie hier dem Kläger - wegen der dienstunfallbedingten Dienstunfähigkeit und Zurruhesetzung (einfaches) Unfallruhegehalt nach § 36 BeamtVG gewährt worden ist.
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