Die Kausalität im Dienstunfallrecht
Der ursächliche Zusammenhang zwischen gesundheitlicher Beeinträchtigung und Dienstunfall
Oft gibt es zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten Streit in der Frage,ob eine festgestellte gesundheitliche Beeinträchtigung durch den Dienstunfall verursacht ist.
Ist dies für Sie kein Problem, dann können Sie diese Seite getrost überspringen.
Die Frage der Beweislast im Hinblick auf den Kausalzusammenhang
Für den Streitfall gilt:Die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Körperschaden und Dienstunfall trägt der Beamte, der einen Anspruch auf Dienstunfallfürsorgeleistungen geltend macht.
Der Beamte muss also beweisen, dass (er einen Unfall hatte und) die gesundheitliche Beeinträchtigung nach den Auffassungen der medizinischen Wissenschaft durch den Unfall verursacht wurde.
Beispiele:
- Beim Dienstsport knackt das Knie verdächtig und schmerzt danach: Dienstunfallfolge oder reine Verschleißerscheinung?
- Oder in Anlehnung an einen im Straßenverkehrsrecht seit Jahren anhängigen Streit: kann durch einen leichten Auffahrunfall eine Verletzung der Wirbelsäule entstehen?
- Kann durch einen Sturz auf einer Treppe im Dienstgebäude ein Bandscheibenvorfall verursacht und als Dienstunfallfolge anzusehen sein?
- Unter welchen Umständen kann eine gesunde Achillessehne reißen? Das Achillessehnenproblem wurde von der Rechtsprechung wiederholte Male behandelt. Die Entscheidungen der letzten Jahre waren auf allen Ebenen (VG, OVG und Bundesverwaltungsgericht) für die Beamten in aller Regel ungünstig.
Durch medizinisches Sachverständigengutachten ist abzugrenzen zwischen schon bestehendem Leiden (degenerativen Veränderungen) oder einer entsprechenden Dispositon und dienstunfallbedingter Beeinträchtigung.
Kausalitätsfragen in einem weiteren Sinne
Ähnliche Fragen stellen sich, wenn die zu beurteilende Gesundheitsschädigung weitere Folgen hat, wenn es zum Beispiel zu einer vorzeitigen Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen kommt: geht die Dienstunfähigkeit ursächlich auf einen Dienstunfallfolge bzw. auf die Folgen mehrerer Dienstunfälle zurück?Was ist wesentliche (Teil-) Ursache?
Man kann die überwiegend vertretenen Ansichten aber auch folgendem Zitat aus
einem
Beschluss des OVG NRW vom 26.01.12 zu dem Aktenzeichen 1 A 229/10 entnehmen.
Das Gericht bezieht sich darauf, dass der Beamte die Stellungnahme eines Arztes in seinem Sinne verstanden wissen wollte. Dem tritt das OVG entgegen. Es greift auf den Kausalitätsbegriff des Dienstunfallrechts zurück:
Die vom Kläger hervorgehobenen Passagen ... lassen sich vor diesem Hintergrund allenfalls so erklären, dass Dr. T. die Ursächlichkeit der emotionalen Belastungssituation im Sinne einer naturwissenschaftlichen Kausalität (conditio sine qua non) annimmt.
Demgegenüber kommt es bei dem Vorliegen einer Vorerkrankung für die Ursächlichkeit im Rechtssinne aber darauf an, dass das hinzutretende Ereignis bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände (hier die Vorerkrankung) insgesamt.
Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann auch ein solches äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen – zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört – eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind.
Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienstunfall eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte.
Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteile vom 29.10.09 – 2 C 134.07 –, BVerwGE 135, 176, und vom 01.03.07 – 2 A 9.04 –; Urteil des Senats vom 10.12.10 – 1 A 669/07 –.
In diesem Sinne kann nach Auswertung der fachärztlichen Stellungnahme als ursächlich allein die Vorerkrankung des Klägers angesehen werden. Der Sturz bzw. die verbale Auseinandersetzung mit der Kundin stellen sich demgegenüber als bloße Gelegenheitsursachen im genannten Sinne dar.
Beschluss des OVG NRW vom 26.01.12 zu dem Aktenzeichen 1 A 229/10 entnehmen.
Das Gericht bezieht sich darauf, dass der Beamte die Stellungnahme eines Arztes in seinem Sinne verstanden wissen wollte. Dem tritt das OVG entgegen. Es greift auf den Kausalitätsbegriff des Dienstunfallrechts zurück:
Die vom Kläger hervorgehobenen Passagen ... lassen sich vor diesem Hintergrund allenfalls so erklären, dass Dr. T. die Ursächlichkeit der emotionalen Belastungssituation im Sinne einer naturwissenschaftlichen Kausalität (conditio sine qua non) annimmt.
Demgegenüber kommt es bei dem Vorliegen einer Vorerkrankung für die Ursächlichkeit im Rechtssinne aber darauf an, dass das hinzutretende Ereignis bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände (hier die Vorerkrankung) insgesamt.
Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann auch ein solches äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen – zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört – eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind.
Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sogenannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienstunfall eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte.
Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteile vom 29.10.09 – 2 C 134.07 –, BVerwGE 135, 176, und vom 01.03.07 – 2 A 9.04 –; Urteil des Senats vom 10.12.10 – 1 A 669/07 –.
In diesem Sinne kann nach Auswertung der fachärztlichen Stellungnahme als ursächlich allein die Vorerkrankung des Klägers angesehen werden. Der Sturz bzw. die verbale Auseinandersetzung mit der Kundin stellen sich demgegenüber als bloße Gelegenheitsursachen im genannten Sinne dar.
Besonders schwierig: Die Beurteilung psychischer Unfallfolgen
Die vorstehende Entscheidung bezieht sich auf eine besondere Konstellation:Auf psychische Folgen bezieht sich auch die oben erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in der die grundlegenden Formeln dargestellt sind, die von den Juristen immer wieder angewandt werden.
Bisweilen ergeben sich solche psychischen Probleme auch infolge von "Mobbing".
In Mobbingkonstellationen werden wir jedoch in aller Regel nicht tätig.
Verschiedene Kausalitätstheorien
Zu Fragen der Kausalität hier noch ein Auszug aus einem Urteil des VG Ansbach vom 28.04.09
- AN 1 K 07.00500 -,
in dem sich die immer gleichen Formeln zur Abgrenzung zwischen Dienstunfallfolge und Vorschaden bzw. anderer Ursache noch einmal in etwas abstrakterer Form finden:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 01.03.07 - 2 A 9/04; Urteil vom 28.04.02 - 2 C 22/01, ZBR 2003, 140; Beschluss vom 08.03.04 – 2 B 54/03, vom 29.12.1999 – 2 B 100/99; Beschluss vom 20.02.1998 – 2 B 81/97) sind als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolges hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht der Beamten kann hiernach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (und) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene krankhafte Veranlagung bzw. das anlagebedingte Leiden in dem bei Eintritt des Ereignisses bestehenden Stadium gehören - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind.
Keine Ursachen im Rechtssinne sind ... so genannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte (BVerwG, Beschluss vom 08.03.04, a.a.O.).
Denn der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstunfallbedingten Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (BVerwG, Beschluss vom 08.03.04, a.a.O.), so wie sie seit dem Jahr 1997 beim Kläger aufgetreten sind (vor dem Dienstunfall vom 24.07.06 bereits aufgetretene Kopfschmerzen, psychosomatische Störungen, Tinnitus und Hörverlust)."
in dem sich die immer gleichen Formeln zur Abgrenzung zwischen Dienstunfallfolge und Vorschaden bzw. anderer Ursache noch einmal in etwas abstrakterer Form finden:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 01.03.07 - 2 A 9/04; Urteil vom 28.04.02 - 2 C 22/01, ZBR 2003, 140; Beschluss vom 08.03.04 – 2 B 54/03, vom 29.12.1999 – 2 B 100/99; Beschluss vom 20.02.1998 – 2 B 81/97) sind als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolges hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht der Beamten kann hiernach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (und) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen - zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene krankhafte Veranlagung bzw. das anlagebedingte Leiden in dem bei Eintritt des Ereignisses bestehenden Stadium gehören - eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind.
Keine Ursachen im Rechtssinne sind ... so genannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte (BVerwG, Beschluss vom 08.03.04, a.a.O.).
Denn der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstunfallbedingten Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (BVerwG, Beschluss vom 08.03.04, a.a.O.), so wie sie seit dem Jahr 1997 beim Kläger aufgetreten sind (vor dem Dienstunfall vom 24.07.06 bereits aufgetretene Kopfschmerzen, psychosomatische Störungen, Tinnitus und Hörverlust)."
Rücknahme der Anerkennung von Dienstunfallfolgen / Veränderungen des Gesundheitszustandes
Hat der Dienstherr bestimmte Unfallfolgen erst einmal anerkannt, gilt - jedenfalls nach Meinung des VG Göttingen - im Hinblick auf die Beweislast etwas Anderes als ursprünglich:VG Göttingen, Urteil vom 17.09.13, 1 A 49/13:
Bei der Rücknahme bestandskräftig anerkannter Dienstunfallfolgen muss die Behörde den Beweis erbringen, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist.
Bei der Rücknahme bestandskräftig anerkannter Dienstunfallfolgen muss die Behörde den Beweis erbringen, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist.
Bisweilen streitet man auch darum, ob die Heilbehandlung erfolgreich abgeschlossen wurde und keine weiteren durch den Dienstunfall verursachten Beschwerden mehr gegeben sind.
Hiermit befasst sich zum Beispiel ein im Internet leicht zu findendes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19.03.19 - 4 S 2588/18 -
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.19 - 4 S 2588/18 -
Leitsatz
1. Nach vollständiger Ausheilung von Dienstunfallfolgen kann die Behörde einen feststellenden Bescheid erlassen, dass das auf die anerkannten Unfallfolgen bezogene Heilverfahren abgeschlossen ist.
2. Die Rechtsgrundlage für einen solchen Abschlussbescheid ergibt sich aus den §§ 44 ff. LBeamtVG, insbesondere dem Regelungszweck des § 62 Abs 3 S 2 LBeamtVG .
Leitsatz
1. Nach vollständiger Ausheilung von Dienstunfallfolgen kann die Behörde einen feststellenden Bescheid erlassen, dass das auf die anerkannten Unfallfolgen bezogene Heilverfahren abgeschlossen ist.
2. Die Rechtsgrundlage für einen solchen Abschlussbescheid ergibt sich aus den §§ 44 ff. LBeamtVG, insbesondere dem Regelungszweck des § 62 Abs 3 S 2 LBeamtVG .