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Grippeschutzimpfung als Dienstunfallgeschehen - Problem der Kausalität
Anmerkung vorab: Spätestens seitdem Covid-19 in Gestalt von Omikron daher kommt, sind wieder besondere oder allgemeine Impfpflichten im Gespräch.
In diesem Zusammenhang müsste daran erinnern werden, dass die Verletzung einer bestehenden Impfpflicht ein Dienstvergehen darstellen kann. Dies gilt in erster Linie für Soldaten, aber da auch weitere Berufsgruppen impfpflichtig werden könnten ...



Hier geht es aber um Fragen der Dienstunfallfürsorge in einem Fall, in dem ein Beamter bei einer vom Dienstherrn organisierten Grippeimpfung einen Impfschaden erleidet.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.08.13 - BVerwG 2 C 1.12 -

Grippeschutzimpfung als dienstliche Veranstaltung im Sinne des Dienstunfallrechts

Lässt sich ein Beamter bei einer vom Dienstherrn organisierten Impfung gegen die echte Virusgrippe impfen und führt dies zu gesundheitlichen Schäden, können diese unter bestimmten Voraussetzungen als Dienstunfall anerkannt werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Der Kläger, ein inzwischen pensionierter Polizeivollzugsbeamter, hatte sich im November 2005 während seiner Dienstzeit vom Polizeiarzt in den Räumen des polizeiärztlichen Dienstes gegen die Virusgrippe impfen lassen. Auf die kostenlose Schutzimpfung war der Kläger durch einen Aushang im Polizeirevier aufmerksam geworden. Im Jahr 2006 trat beim Kläger eine Störung der gesamten Motorik der rechten Körperhälfte auf. Ursache hierfür war eine Entzündung des Rückenmarks, die der Kläger auf die Schutzimpfung zurückführt.
Die Behörde hat den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Dienstunfall abgelehnt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht darauf verwiesen, dass der erforderliche enge Zusammenhang mit dem Dienst nicht gegeben und die Impfung dem privaten Lebensbereich des Klägers zuzurechnen sei.

Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zur weiteren Klärung des Sachverhalts zurückverwiesen.

Der besondere Schutz des Dienstunfallrechts soll dem Beamten nur dann zugute kommen, wenn sich der Unfall in der vom Dienstherrn beherrschten Risikosphäre ereignet hat. Die in der Rechtsprechung regelmäßig zur Abgrenzung der dienstlichen von der privaten Sphäre herangezogenen Kriterien der Dienstzeit und des Dienstortes führen hier nicht zur Annahme eines Dienstunfalls. Denn der Ort der Impfung war zu diesem Zeitpunkt nicht der Dienstort des Klägers. Der Dienstherr hatte die Impfung weder angeordnet noch im Hinblick auf die besonderen Gefährdungen von Polizeivollzugsbeamten auch nur empfohlen.
Nach dem Gesetz ist ein Beamter aber auch dann geschützt, wenn er an einer dienstlichen Veranstaltung, wie z.B. an einem Betriebsausflug, teilnimmt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Schutzimpfung als eine solche dienstliche Veranstaltung angesehen, weil sie vollständig in der Verantwortung des Dienstherrn lag. Dieser hatte die Impfung seinen Bediensteten angeboten, den Impfstoff bestimmt, das Personal und die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und auch die Kosten übernommen. Außerdem lag die Impfung auch im dienstlichen Interesse, weil davon auszugehen ist, dass geimpfte Bedienstete ein geringeres Risiko haben, krankheitsbedingt auszufallen.
Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Schutzimpfung tatsächlich die wesentliche Ursache für die erheblichen gesundheitlichen Probleme des Klägers ist.


Die Sache wurde an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat mit Urteil vom 23.01.15 – 1 A 451/13 – wiederum gegen den Beamten entschieden.
Sie finden das Urteil in der Rechtsprechungsdatenbank des Saarlands.
Die Fragestellung hatte das Bundesverwaltungsgericht in dem letzten von uns zitierten Satz vorgegeben: Wieder einmal ging es um Kausalitätsfragen.
Das Oberverwaltungsgericht stützte sich auf folgende Erwägungen:
Der behauptete Kausalzusammenhang zwischen der Grippeschutzimpfung und der bei dem Kläger diagnostizierten Erkrankung müsse zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt sein, wenn ein Dienstunfall anerkannt werden solle. Daran fehle es hier.
Es wurde nach der Zurückverweisung noch sehr viel Energie auf die Aufklärung der medizinischen Zusammenhänge verwandt.

Zur gleichen Problematik äußert sich das Sozialgericht Dortmund mit Urteil vom 05.08.14 – S 36 U 818/12 – wie folgt:
Eine allgemeine Grippeschutzimpfung unterliegt grundsätzlich nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, selbst wenn diese vom beschäftigenden Unternehmen empfohlen und finanziert wird. Die Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs, und damit auch ggf. des Arbeitsunfalls, kann dann erfolgen, wenn die mit der Tätigkeit verbundene Gefährdung eine Grippeschutzimpfung über die allgemeine Gesundheitsfürsorge hinaus erforderlich macht (vgl BSG vom 31.01.1974 - 2 RU 277/73).

Die Arbeitsgerichte haben sich mit der Frage beschäftigt, ob eine betrieblich veranlasste und übernommene Grippeschutzimpfung eine Schadensersatzverpflichtung des Arbeitgebers auslösen kann.
Vergleichen Sie dazu das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.12.17 - 8 AZR 853/16 -, u.a. in NJW 2018, 1835 ff.
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