Angriff auf Postzustellerin durch Hunde?
Der nachstehenden Entscheidung liegt die Frage zugrunde, ob ein "Angriff" durch Hunde, der zu einer Bissverletzung führt, einen qualifizierten Dienstunfall darstellen kann.
Was ist ein Angriff im Sinne der gesetzlichen Regelung?
Man wird wohl sagen müssen, dass der Angriff von einem Menschen ausgehen muss, so dass in Fällen dieser Art letztlich das Verhalten des Hundehalters maßgeblich sein wird. Hetzt er seinen Hund auf einen Beamten, dann wird man einen Angriff annehmen dürfen. Der Hund ist dann gewissermaßen Waffe oder "gefährliches Werkzeug".
So lag der Fall hier aber nicht.
Gerprüft werden muss auch stets das zweite denkbare Merkmal, nämlich ob eine besondere Lebensgefahr bestand.
Sind Sie betroffen, dann ziehen Sie bitte zunächst eine Entscheidung des VG Berlin heran, Urteil vom 03.07.14 – 26 K 45.12 –, juris oder Internetseite des Gerichts. Die Entscheidung ist für Beamte günstiger als die nachfolgende.
Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 19.03.15 - 1 K 1700/12 -
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Unfallfürsorgeleistungen an die Klägerin, die bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf Mai 2011 im Briefzustelldienst der Beklagten stand. Am 05.02.10 erlitt die Klägerin einen Dienstunfall. Sie wollte bei einer Privatanschrift Briefe in den in der Haustür befindlichen Briefkasten einwerfen, als aus der nur angelehnten Haustür zwei Hunde (Huskys) heraus stürmten und einer dieser Hunde sie in den rechten Unterarm biss. Im Rahmen der Behandlung dieses Unfalls erhielt sie eine Tetanus-Impfung, in deren Folge sie an dem Guillain-Barré-Syndrom erkrankte.
Nach ihrem Eintritt in den Ruhestand setzte die Service Niederlassung Human Ressources (SNL HR) Deutschland die Versorgungsbezüge nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) auf monatlich 1.565,23 € fest.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und beantragte die Festsetzung der Versorgungsbezüge auf der Basis eines Ruhegehaltssatzes von mindestens 75 % bzw. 80 %, weil der Eintritt in den Ruhestand unfallbedingt erfolgt sei und sie sich bei dem Dienstunfall einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt habe. Der Versorgungsfestsetzungsbescheid befasse sich weder mit ihrem Anspruch auf Gewährung eines Unfallausgleichs noch berücksichtige er ein erhöhtes Unfallruhegehalt bzw. eine Unfallentschädigung. Nach den Feststellungen des Versorgungsamtes liege bei ihr ein Grad der Behinderung von 60 vom Hundert vor.
Die Unfallkasse Post und Telekom gewährte der Klägerin einen für die Zeit vom 23.03.10 bis auf Weiteres zwischen 30 vom Hundert und 100 vom Hundert gestaffelten Unfallausgleich.
Mit Bescheid vom 20.12.11 bewilligte die SNL HR Deutschland der Klägerin ein Unfallruhegehalt in Höhe von monatlich 1.950,80 € auf der Basis eines Ruhegehaltssatzes von 75 vom Hundert.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch, in dem sie ausführte, sie habe Anspruch auf Versorgungsbezüge auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes von 80 vom Hundert, weil sie sich bei dem Dienstunfall, der Grund für die Versetzung in den Ruhestand gewesen sei, einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.12 wies die SNL HR Deutschland den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie hielt die Voraussetzungen für ein Unfallruhegehalt nach § 37 BeamtVG und demgemäß auch für eine Unfallentschädigung nach § 43 BeamtVG für nicht erfüllt. Weder habe die Klägerin sich bei dem Unfall in eine besondere Lebensgefahr begeben noch habe sie eine Entscheidungsmöglichkeit hierfür besessen, weil ihren Ausführungen zufolge die Hunde plötzlich durch die geöffnete Haustür gestürzt seien. Auch habe kein rechtswidriger Angriff vorgelegen, weil niemand die Hunde auf sie gehetzt hätte.
Die Klägerin führt aus, sie hätte von einem oder beiden Huskys, die sie am Unfalltag überfallen und in der Vergangenheit bereits Kinder angegriffen und gebissen hätten, getötet werden können. Im Zeitpunkt des Hundebisses habe sie sich objektiv in Lebensgefahr befunden. Ihr sei bekannt gewesen, dass sich in dem Haus Hunde aufgehalten hätten. In der Vergangenheit sei die Haustür aber immer geschlossen gewesen. Bei Betreten des Grundstücks sei sie sich aber der Lebensgefahr bewusst gewesen, in die sie sich begeben habe. Im Übrigen sei das Verhalten des Hundehalters als rechtswidriger Angriff auf sie zu werten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der SNL HR Deutschland sowie Aufhebung deren Widerspruchsbescheides zu verpflichten, ihr ein erhöhtes Unfallruhegehalt gemäß § 37 BeamtVG zu gewähren.
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Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 BeamtVG wiederholt und vertieft sie die Ausführungen aus den angefochtenen Bescheiden und führt ergänzend aus, der Dienstunfall sei nicht Ursache im Rechtssinne für die Erkrankung der Klägerin an dem Guillain-Barré-Syndrom. Vielmehr stelle er lediglich eine Gelegenheitsursache dar und hätte eine Impfung mit den entsprechenden schädlichen Folgen auch nach einem unverschuldeten Sturz der Klägerin eintreten können. Der Impfschaden stelle keine unmittelbare Folge des Dienstunfalls dar, sondern sei nur über § 31 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG als solche fingiert. Schließlich sei bei der Klägerin keine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vom Hundert festzustellen, sondern belaufe sich diese auf 30 vom Hundert. Da die besonderen Voraussetzungen für die Feststellung eines qualifizierten Dienstunfalls nicht vorlägen, komme auch die Gewährung einer Dienstunfallentschädigung nach § 43 BeamtVG nicht in Betracht.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin besitzt keinen Anspruch auf Gewährung eines qualifizierten Unfallruhegehalts nach § 37 BeamtVG.
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Die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG, wonach Unfallruhegehalt nach § 37 Abs. 1 BeamtVG auch gewährt wird, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall erleidet, kommt offenkundig nicht in Betracht. Der Begriff des rechtswidrigen Angriffs setzt voraus, dass der Angreifer den Beamten wegen dieser Eigenschaft oder der dienstlichen Tätigkeit objektiv schädigt.
Ein Angriff im Sinne des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG erfordert somit eine zielgerichtete Verletzungshandlung des Angreifers, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit des Beamten richtet und durch die der Beamte objektiv in die Gefahr gerät, einen Körperschaden zu erleiden.
Schon aus dem Wortsinn des Begriffs "Angriff" und dem in Bezug genommenen Begriff "Dienstunfall", der das Erleiden eines Körperschadens voraussetzt, folgt, dass weder den Beamten zufällig treffende Schädigungshandlungen noch bloße Sachschäden von dem Tatbestandsmerkmal erfasst sind.
Der Angreifer muss mit Vorsatz im natürlichen Sinn gehandelt und ‑ unabhängig von der Frage der Schuldfähigkeit und eventuellen Irrtümern ‑ zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass sein Handeln zu einer Schädigung des Beamten führt.
Rechtswidrig ist der Angriff, wenn dem Angreifer kein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund zur Seite steht. Zur Zielgerichtetheit des Angriffs gehört auch, dass der Angreifer die staatliche Aufgabenwahrnehmung treffen will. Es muss also zwischen dem Angriff und der Dienstausübung ein innerer Zusammenhang bestehen,
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.12 ‑ 2 C 41.11 ‑, NVwZ-RR 2013, 320; OVG NRW, Urteil vom 04.04.11 ‑ 1 A 3037/08 ‑, ZBR 2012, 52
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Diese Voraussetzungen sind ersichtlich nicht erfüllt. Weder ist vorgetragen noch lassen sich den Verwaltungsvorgängen und Personalakten, insbesondere der Unfallanzeige der Klägerin Hinweise dafür entnehmen, dass die Hunde von jemandem auf die Klägerin "gehetzt" worden wären, um sie in ihrer Eigenschaft als Briefzustellerin zu verletzen oder gar zu töten. Es kann deshalb dahinstehen, ob es fahrlässig, war, bei zwei ‑ möglicherweise aggressiven ‑ Hunden im Haus die Haustür offen stehen zu lassen.
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Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 Abs. 1 BeamtVG.
Setzt sich hiernach ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbunden besonderen Lebensgefahr aus (1) und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall (2), so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalls dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten und im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert beschränkt ist (3).
Keines dieser Merkmale ist erfüllt.
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(1) Eine besondere Lebensgefahr bei der Zustellung von Briefen lässt sich für die Klägerin weder im Allgemeinen noch für die konkrete Zustellung, bei der sie den Dienstunfall erlitten hat, feststellen.
Voraussetzung hierfür ist eine Dienstverrichtung, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, sodass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint. Die Beurteilung der Frage, ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls. Maßgeblich ist auf die objektive Diensthandlung und deren typischen Verlauf abzustellen. Dies ist hier die Zustellung von Briefpost an der Haustür eines Hausgrundstücks, dessen Eigentümer zwei Hunde (Huskys) halten. Eine solche Diensthandlung ist bereits nicht typischerweise mit einer über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehenden Gefahr verbunden. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ‑ jedenfalls potentiell gefährliche ‑ Hunde von Briefzustellern ferngehalten werden, wie dies bei der betreffenden Zustelladresse in der Vergangenheit offenbar immer der Fall war. Zwar ist bekannt, dass Hunde gelegentlich Briefzusteller anfallen und auch verletzen. Lebensgefährliche Verletzungen durch Hundebisse dürften aber eher selten vorkommen. So war auch der Biss für sich genommen im Fall der Klägerin nicht lebensgefährlich, sondern heilte in kurzer Zeit aus.
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Erst recht handelte es sich bei der von der Klägerin möglicherweise subjektiv empfundenen Lebensgefahr nicht um eine "besondere" im Sinne des § 37 Abs. 1 BeamtVG.
Eine solche besondere Lebensgefahr ist mit einer Diensthandlung dann verbunden, wenn bei ihrer Vornahme die Wahrscheinlichkeit, einen Körperschaden oder den Verlust des Lebens zu erleiden, höher ist als die Möglichkeit, unversehrt zu bleiben.
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Es dürfte außerfrage stehen, dass diese Voraussetzungen bei Briefzustellern selbst dann nicht erfüllt sind, wenn sie Zustellungen auf Grundstücken von Hundebesitzern vornehmen. Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt eine Entscheidung dahin gehend treffen konnte, ihr Leben für die Briefzustellung einzusetzen, oder ob sie von dem Angriff der Hunde so überrascht war, dass ihr keinerlei Entscheidungsmöglichkeit verblieb.
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(2) Die Ursächlichkeit des Hundebisses für den Dienstunfall und die Zurruhesetzung der Klägerin, die Grundlage für den Bescheid vom 20.12.11 über die Gewährung eines Unfallruhegehalts nach § 36 BeamtVG war, folgt aus § 31 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG, wonach ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens erleidet, als Folge eines Dienstunfalls gilt.
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(3) Allerdings ist die weitere Voraussetzung, wonach die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls um mindestens 50 vom Hundert beschränkt sein muss, nicht erfüllt. Vielmehr ergibt sich aus den von der Beklagten eingeholten medizinischen Gutachten, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand 30 vom Hundert betrug. ...
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Unfallfürsorgeleistungen an die Klägerin, die bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf Mai 2011 im Briefzustelldienst der Beklagten stand. Am 05.02.10 erlitt die Klägerin einen Dienstunfall. Sie wollte bei einer Privatanschrift Briefe in den in der Haustür befindlichen Briefkasten einwerfen, als aus der nur angelehnten Haustür zwei Hunde (Huskys) heraus stürmten und einer dieser Hunde sie in den rechten Unterarm biss. Im Rahmen der Behandlung dieses Unfalls erhielt sie eine Tetanus-Impfung, in deren Folge sie an dem Guillain-Barré-Syndrom erkrankte.
Nach ihrem Eintritt in den Ruhestand setzte die Service Niederlassung Human Ressources (SNL HR) Deutschland die Versorgungsbezüge nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) auf monatlich 1.565,23 € fest.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und beantragte die Festsetzung der Versorgungsbezüge auf der Basis eines Ruhegehaltssatzes von mindestens 75 % bzw. 80 %, weil der Eintritt in den Ruhestand unfallbedingt erfolgt sei und sie sich bei dem Dienstunfall einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt habe. Der Versorgungsfestsetzungsbescheid befasse sich weder mit ihrem Anspruch auf Gewährung eines Unfallausgleichs noch berücksichtige er ein erhöhtes Unfallruhegehalt bzw. eine Unfallentschädigung. Nach den Feststellungen des Versorgungsamtes liege bei ihr ein Grad der Behinderung von 60 vom Hundert vor.
Die Unfallkasse Post und Telekom gewährte der Klägerin einen für die Zeit vom 23.03.10 bis auf Weiteres zwischen 30 vom Hundert und 100 vom Hundert gestaffelten Unfallausgleich.
Mit Bescheid vom 20.12.11 bewilligte die SNL HR Deutschland der Klägerin ein Unfallruhegehalt in Höhe von monatlich 1.950,80 € auf der Basis eines Ruhegehaltssatzes von 75 vom Hundert.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch, in dem sie ausführte, sie habe Anspruch auf Versorgungsbezüge auf der Grundlage eines Ruhegehaltssatzes von 80 vom Hundert, weil sie sich bei dem Dienstunfall, der Grund für die Versetzung in den Ruhestand gewesen sei, einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.12 wies die SNL HR Deutschland den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie hielt die Voraussetzungen für ein Unfallruhegehalt nach § 37 BeamtVG und demgemäß auch für eine Unfallentschädigung nach § 43 BeamtVG für nicht erfüllt. Weder habe die Klägerin sich bei dem Unfall in eine besondere Lebensgefahr begeben noch habe sie eine Entscheidungsmöglichkeit hierfür besessen, weil ihren Ausführungen zufolge die Hunde plötzlich durch die geöffnete Haustür gestürzt seien. Auch habe kein rechtswidriger Angriff vorgelegen, weil niemand die Hunde auf sie gehetzt hätte.
Die Klägerin führt aus, sie hätte von einem oder beiden Huskys, die sie am Unfalltag überfallen und in der Vergangenheit bereits Kinder angegriffen und gebissen hätten, getötet werden können. Im Zeitpunkt des Hundebisses habe sie sich objektiv in Lebensgefahr befunden. Ihr sei bekannt gewesen, dass sich in dem Haus Hunde aufgehalten hätten. In der Vergangenheit sei die Haustür aber immer geschlossen gewesen. Bei Betreten des Grundstücks sei sie sich aber der Lebensgefahr bewusst gewesen, in die sie sich begeben habe. Im Übrigen sei das Verhalten des Hundehalters als rechtswidriger Angriff auf sie zu werten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der SNL HR Deutschland sowie Aufhebung deren Widerspruchsbescheides zu verpflichten, ihr ein erhöhtes Unfallruhegehalt gemäß § 37 BeamtVG zu gewähren.
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Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 BeamtVG wiederholt und vertieft sie die Ausführungen aus den angefochtenen Bescheiden und führt ergänzend aus, der Dienstunfall sei nicht Ursache im Rechtssinne für die Erkrankung der Klägerin an dem Guillain-Barré-Syndrom. Vielmehr stelle er lediglich eine Gelegenheitsursache dar und hätte eine Impfung mit den entsprechenden schädlichen Folgen auch nach einem unverschuldeten Sturz der Klägerin eintreten können. Der Impfschaden stelle keine unmittelbare Folge des Dienstunfalls dar, sondern sei nur über § 31 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG als solche fingiert. Schließlich sei bei der Klägerin keine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vom Hundert festzustellen, sondern belaufe sich diese auf 30 vom Hundert. Da die besonderen Voraussetzungen für die Feststellung eines qualifizierten Dienstunfalls nicht vorlägen, komme auch die Gewährung einer Dienstunfallentschädigung nach § 43 BeamtVG nicht in Betracht.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin besitzt keinen Anspruch auf Gewährung eines qualifizierten Unfallruhegehalts nach § 37 BeamtVG.
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Die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG, wonach Unfallruhegehalt nach § 37 Abs. 1 BeamtVG auch gewährt wird, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall erleidet, kommt offenkundig nicht in Betracht. Der Begriff des rechtswidrigen Angriffs setzt voraus, dass der Angreifer den Beamten wegen dieser Eigenschaft oder der dienstlichen Tätigkeit objektiv schädigt.
Ein Angriff im Sinne des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG erfordert somit eine zielgerichtete Verletzungshandlung des Angreifers, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit des Beamten richtet und durch die der Beamte objektiv in die Gefahr gerät, einen Körperschaden zu erleiden.
Schon aus dem Wortsinn des Begriffs "Angriff" und dem in Bezug genommenen Begriff "Dienstunfall", der das Erleiden eines Körperschadens voraussetzt, folgt, dass weder den Beamten zufällig treffende Schädigungshandlungen noch bloße Sachschäden von dem Tatbestandsmerkmal erfasst sind.
Der Angreifer muss mit Vorsatz im natürlichen Sinn gehandelt und ‑ unabhängig von der Frage der Schuldfähigkeit und eventuellen Irrtümern ‑ zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass sein Handeln zu einer Schädigung des Beamten führt.
Rechtswidrig ist der Angriff, wenn dem Angreifer kein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund zur Seite steht. Zur Zielgerichtetheit des Angriffs gehört auch, dass der Angreifer die staatliche Aufgabenwahrnehmung treffen will. Es muss also zwischen dem Angriff und der Dienstausübung ein innerer Zusammenhang bestehen,
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.12 ‑ 2 C 41.11 ‑, NVwZ-RR 2013, 320; OVG NRW, Urteil vom 04.04.11 ‑ 1 A 3037/08 ‑, ZBR 2012, 52
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Diese Voraussetzungen sind ersichtlich nicht erfüllt. Weder ist vorgetragen noch lassen sich den Verwaltungsvorgängen und Personalakten, insbesondere der Unfallanzeige der Klägerin Hinweise dafür entnehmen, dass die Hunde von jemandem auf die Klägerin "gehetzt" worden wären, um sie in ihrer Eigenschaft als Briefzustellerin zu verletzen oder gar zu töten. Es kann deshalb dahinstehen, ob es fahrlässig, war, bei zwei ‑ möglicherweise aggressiven ‑ Hunden im Haus die Haustür offen stehen zu lassen.
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Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts nach § 37 Abs. 1 BeamtVG.
Setzt sich hiernach ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbunden besonderen Lebensgefahr aus (1) und erleidet er infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall (2), so sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts 80 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn er infolge dieses Dienstunfalls dienstunfähig geworden und in den Ruhestand getreten und im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 vom Hundert beschränkt ist (3).
Keines dieser Merkmale ist erfüllt.
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(1) Eine besondere Lebensgefahr bei der Zustellung von Briefen lässt sich für die Klägerin weder im Allgemeinen noch für die konkrete Zustellung, bei der sie den Dienstunfall erlitten hat, feststellen.
Voraussetzung hierfür ist eine Dienstverrichtung, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, sodass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint. Die Beurteilung der Frage, ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls. Maßgeblich ist auf die objektive Diensthandlung und deren typischen Verlauf abzustellen. Dies ist hier die Zustellung von Briefpost an der Haustür eines Hausgrundstücks, dessen Eigentümer zwei Hunde (Huskys) halten. Eine solche Diensthandlung ist bereits nicht typischerweise mit einer über das übliche Maß der Lebens- oder nur Gesundheitsgefährdung hinausgehenden Gefahr verbunden. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ‑ jedenfalls potentiell gefährliche ‑ Hunde von Briefzustellern ferngehalten werden, wie dies bei der betreffenden Zustelladresse in der Vergangenheit offenbar immer der Fall war. Zwar ist bekannt, dass Hunde gelegentlich Briefzusteller anfallen und auch verletzen. Lebensgefährliche Verletzungen durch Hundebisse dürften aber eher selten vorkommen. So war auch der Biss für sich genommen im Fall der Klägerin nicht lebensgefährlich, sondern heilte in kurzer Zeit aus.
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Erst recht handelte es sich bei der von der Klägerin möglicherweise subjektiv empfundenen Lebensgefahr nicht um eine "besondere" im Sinne des § 37 Abs. 1 BeamtVG.
Eine solche besondere Lebensgefahr ist mit einer Diensthandlung dann verbunden, wenn bei ihrer Vornahme die Wahrscheinlichkeit, einen Körperschaden oder den Verlust des Lebens zu erleiden, höher ist als die Möglichkeit, unversehrt zu bleiben.
26
Es dürfte außerfrage stehen, dass diese Voraussetzungen bei Briefzustellern selbst dann nicht erfüllt sind, wenn sie Zustellungen auf Grundstücken von Hundebesitzern vornehmen. Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt eine Entscheidung dahin gehend treffen konnte, ihr Leben für die Briefzustellung einzusetzen, oder ob sie von dem Angriff der Hunde so überrascht war, dass ihr keinerlei Entscheidungsmöglichkeit verblieb.
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(2) Die Ursächlichkeit des Hundebisses für den Dienstunfall und die Zurruhesetzung der Klägerin, die Grundlage für den Bescheid vom 20.12.11 über die Gewährung eines Unfallruhegehalts nach § 36 BeamtVG war, folgt aus § 31 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG, wonach ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens erleidet, als Folge eines Dienstunfalls gilt.
28
(3) Allerdings ist die weitere Voraussetzung, wonach die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls um mindestens 50 vom Hundert beschränkt sein muss, nicht erfüllt. Vielmehr ergibt sich aus den von der Beklagten eingeholten medizinischen Gutachten, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand 30 vom Hundert betrug. ...