Dienstunfallfürsorge: Vergeltungsangriff auf Lehrer = qualifizierter Dienstunfall
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - 2 C 134.07 - vom 29.10.09
Anerkennung eines Vergeltungsangriffs gegen einen Beamten als Dienstunfall
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 29.10.09 darüber geurteilt, unter welchen Voraussetzungen ein Beamter, der außerhalb des Dienstes, aber im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten angegriffen wird (so genannter "Vergeltungsangriff"), ein Unfallruhegehalt beanspruchen kann.
Der Kläger war Lehrer an einer Staatlichen Wirtschaftsschule. Einer seiner Schüler war 1996 von der Schule verwiesen worden und hatte angekündigt, sich an dem Kläger und dem Schulleiter zu rächen. Im Februar 2002 drang der Schüler bewaffnet in die Schule ein, tötete den Schulleiter und begab sich auf die Suche nach dem Kläger, um auch ihn zu erschießen. Der Kläger hielt sich wegen einer Erkrankung jedoch nicht in der Schule auf. Der Schüler zündete mehrere Sprengsätze und tötete sich anschließend selbst. Der Kläger hatte sich unmittelbar nach Tatbeginn auf Anraten der Polizei in deren Schutz begeben und fuhr erst nach dem Tod des Täters aus eigenem Entschluss in die Schule. Dort wurde er mit den Folgen der Tat konfrontiert. Danach wurde bei ihm eine psychische Erkrankung diagnostiziert, die zu seiner dauernden Dienstunfähigkeit und zu seiner Versetzung in den Ruhestand führte.
Das Verwaltungsgericht hatte der Klage des Lehrers, den Vorfall als Dienstunfall anzuerkennen, stattgegeben. Dieses Urteil war vom Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung aufgehoben worden, es habe kein Angriff gegen den Kläger vorgelegen, weil er sich zum Zeitpunkt der Gewalttat nicht in der Schule befunden habe und weil der Täter ihn habe physisch verletzen, nicht aber psychisch schädigen wollen. Dieser Rechtsauffassung ist das Bundesverwaltungsgericht entgegengetreten:
Auch psychische Schäden können als Folge eines Vergeltungsangriffs (§ 31 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG) anerkannt werden. Ein solcher Angriff liegt vor, wenn ein Beamter wegen seiner Eigenschaft als Beamter oder im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten gezielt angegriffen wird und dadurch objektiv in die Gefahr gerät, einen Körperschaden zu erleiden. Allerdings muss zwischen dem Angriff und dem eingetretenen Schaden ein qualifizierter Zurechnungszusammenhang bestehen. Dieser kann fehlen, wenn der eingetretene Schaden wesentlich auf andere Umstände als den Angriff zurückzuführen ist, etwa auf eine bestimmte Veranlagung des Opfers oder sein eigenes Verhalten im Umfeld der Tat. Da der Verwaltungsgerichtshof hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte, wurde die Sache zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung an ihn zurückverwiesen.
Anerkennung eines Vergeltungsangriffs gegen einen Beamten als Dienstunfall
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 29.10.09 darüber geurteilt, unter welchen Voraussetzungen ein Beamter, der außerhalb des Dienstes, aber im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten angegriffen wird (so genannter "Vergeltungsangriff"), ein Unfallruhegehalt beanspruchen kann.
Der Kläger war Lehrer an einer Staatlichen Wirtschaftsschule. Einer seiner Schüler war 1996 von der Schule verwiesen worden und hatte angekündigt, sich an dem Kläger und dem Schulleiter zu rächen. Im Februar 2002 drang der Schüler bewaffnet in die Schule ein, tötete den Schulleiter und begab sich auf die Suche nach dem Kläger, um auch ihn zu erschießen. Der Kläger hielt sich wegen einer Erkrankung jedoch nicht in der Schule auf. Der Schüler zündete mehrere Sprengsätze und tötete sich anschließend selbst. Der Kläger hatte sich unmittelbar nach Tatbeginn auf Anraten der Polizei in deren Schutz begeben und fuhr erst nach dem Tod des Täters aus eigenem Entschluss in die Schule. Dort wurde er mit den Folgen der Tat konfrontiert. Danach wurde bei ihm eine psychische Erkrankung diagnostiziert, die zu seiner dauernden Dienstunfähigkeit und zu seiner Versetzung in den Ruhestand führte.
Das Verwaltungsgericht hatte der Klage des Lehrers, den Vorfall als Dienstunfall anzuerkennen, stattgegeben. Dieses Urteil war vom Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung aufgehoben worden, es habe kein Angriff gegen den Kläger vorgelegen, weil er sich zum Zeitpunkt der Gewalttat nicht in der Schule befunden habe und weil der Täter ihn habe physisch verletzen, nicht aber psychisch schädigen wollen. Dieser Rechtsauffassung ist das Bundesverwaltungsgericht entgegengetreten:
Auch psychische Schäden können als Folge eines Vergeltungsangriffs (§ 31 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG) anerkannt werden. Ein solcher Angriff liegt vor, wenn ein Beamter wegen seiner Eigenschaft als Beamter oder im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten gezielt angegriffen wird und dadurch objektiv in die Gefahr gerät, einen Körperschaden zu erleiden. Allerdings muss zwischen dem Angriff und dem eingetretenen Schaden ein qualifizierter Zurechnungszusammenhang bestehen. Dieser kann fehlen, wenn der eingetretene Schaden wesentlich auf andere Umstände als den Angriff zurückzuführen ist, etwa auf eine bestimmte Veranlagung des Opfers oder sein eigenes Verhalten im Umfeld der Tat. Da der Verwaltungsgerichtshof hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte, wurde die Sache zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung an ihn zurückverwiesen.
Das Urteil ist abgedruckt in NVwZ 2010, 442 ff. mit einer Besprechung von Dr. Gregor C. Biletzki in NVwZ 2010, 423 ff.
Eine Meinung dazu finden Sie auch in NVwZ 2010, 812 f. in dem Beitrag von Ulrich Pflaum, "Nochmals zur Auslegung des § 31 IV 1 BeamtVG".
Der Angriff auf einen Beamten ist natürlich nach dem in der Alltagssprache üblichen Gebrauch kein "Unfall", aber darauf kommt es nicht an: Angriffe sind (qualifizierten) Dienstunfällen in der rechtlichen Bewertung und hinsichtlich der Dienstunfallfürsorge gleich gestellt, sie begründen die gleichen Ansprüche.
In Betracht kommen auch zivilrechtliche Ansprüche des Beamten gegen den Angreifer, zum Beispiel kann der Beamte einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes haben.
Die Beschränkung der Ansprüche in § 46 Beamtenversorgungsgesetz (Bund) und den entsprechenden Landesvorschriften schließt das nicht aus, denn Absatz 3 des § 46 Beamtenversorgungsgesetz bestimmt:
"(3) Ersatzansprüche gegen andere Personen bleiben unberührt."
In der Praxis sind solche Ansprüche aber oft schwer zu realisieren. Und als Beamter sollten Sie sich das etwas komplizierte rechtliche Geflecht und die tatsächlichen Rahmenbedingungen sachkundig erläutern lassen.