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PTBS nach Unfall

Sofern Sie von einer durch einen Dienstunfall verursachten Posttraumatischen Belastungsstörung betroffen sind, werden Sie im ungünstigsten Fall erleben müssen, wie schwierig die Durchsetzung dienstunfallrechtlicher Ansprüche sein kann.
Dabei ist die Rechtslage überschaubar und an sich gar nicht besonders schwierig.
Problematisch sind aber die medizinischen Fragen, nämlich die medizinische Diagnose, die Bemessung der Schwere der eingetretenen Gesundheitsstörung und der Nachweis der Kausalität zwischen Unfall und PTBS.
Noch schwieriger wird alles, wenn - wie nicht selten - weitere psychische Störungen hinzutreten oder wenn der Verlauf über längere Zeit zu bewerten ist: Bessert sich der Zustand nach PTBS im Laufe der Zeit?

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 06.10.20, B 2 U 10/19 R auf die Revision des Klägers hin dein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18.07.18 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Revisionsentscheidung ist ausführlich, hoch kompliziert und sehr interessant. Sie sprengt eigentlich den Rahmen einer Internetseite und es ist höchst fraglich, ob allein das Durcharbeiten einer solchen Entscheidung etwas bringen kann.
Denn alles scheint doch sehr abstrakt.

Im konkreten Fall geht es um die Frage, ob eine einmal anerkannte Posttraumatische Belastungsstörung noch fortbesteht oder ob sie abgeklungen ist. Da es dem Kläger nach wie vor "schlecht geht", müssten dann eigentlich andere Faktoren die PTBS überlagert oder an deren Stelle getreten sein. Die Gerichte haben dann über medizinische Fragen zu entscheiden, auf die es eigentlich keine allein richtigen Antworten, sondern nur verschiedene (gutachterliche) Meinungen geben kann.

Aus Sicht des Experten könnte die Entscheidung interessante Hinweise enthalten, für den Laien zeigt sie vielleicht nur, dass es Medizinern und Juristen in dem ihnen aufgegebenen Zusammenwirken bisweilen unmöglich sein dürfte, mehr als eine prozessuale Wahrheit festzulegen.


Bundessozialgericht Urteil vom 06.10.20 - B 2 U 10/19 R -  (Auszug)

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1. Das LSG wird daher festzustellen haben, welche konkreten Funktionsbeeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über die Aufhebung der Verletztenrentenbewilligung zum 01.06.13 in welcher Intensität noch vorlagen. Sodann wird es diese, (noch) vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit den bei der letzten maßgeblichen Rentenbewilligung durch Bescheid vom 06.11.08 ab 01.03.07 zugrunde gelegten Funktionsbeeinträchtigungen vergleichen müssen (s kritisch zur bisherigen Praxis zu Funktionsbeeinträchtigungen bei psychischen Unfallfolgen und MdE-Bewertung Drechsel-Schlund, MedSach 2020, 125).
Weder das Urteil des LSG noch die Bescheide der Beklagten enthalten bislang konkrete Feststellungen zu den Funktionsstörungen, die beim Kläger durch die anerkannte PTBS (zunächst) bewirkt wurden und zu einer MdE iHv 70 vH führten und die - nach Auffassung des LSG - im Jahre 2013 nun nur noch unfallunabhängig bestehen.
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Entscheidend für die Bewertung der MdE als Grundlage der Bemessung der Verletztenrente sind weniger medizinische Diagnosen oder die Feststellung bestimmter Krankheitsbilder, wenn diese auch deren Ausgangspunkt sind, sondern welche Funktionseinschränkungen sich daraus im entscheidungserheblichen Zeitraum ergeben.
Festzustellen sind daher zunächst die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu jedem der beiden Vergleichszeitpunkte (01.03.07 und 01.06.13). In einem zweiten Schritt ist festzustellen, welche körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen bei dem konkreten Versicherten dadurch bedingt sind.
Die Bemessung des Grades der MdE ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine tatsächliche Feststellung, die das Tatsachengericht unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen richterlichen Überzeugung trifft (BSG Urteile vom 20.12.16 - B 2 U 11/15 R - BSGE 122, 232, RdNr 15; vom 18.01.11 - B 2 U 5/10 R -...).
Hierzu gehört auch die Überprüfung der Authentizität der von einem Probanden geklagten Beschwerden, die eine Kernaufgabe jeder psychiatrischen Begutachtung ist, um Simulation und Aggravation auszuschließen (...).
Nur wenn sich bei der exakten Feststellung der Funktionsbeeinträchtigungen und der hieraus jeweils resultierenden MdE seit dem 01.03.07 eine Verbesserung von mehr als 5 vH bis hin zu einer verbliebenen MdE von weniger als 20 vH ergibt, lägen unter diesem Gesichtspunkt die Voraussetzungen einer Komplettaufhebung der Rentenbewilligung vor (§ 56 SGB VII). Das LSG wird diese Feststellungen noch nachzuholen haben, weil nur dann eine Prüfung möglich ist, ob sich in den Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist.

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2. Sofern das LSG hierbei zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass verglichen mit dem Zustand, der zur Anerkennung der PTBS und einer MdE iHv 70 vH im Jahre 2008 geführt hat, zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung im Jahre 2013 nach Art und Intensität identische Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger vorlagen, was in dem angefochtenen Urteil zumindest anklingt, so wird das LSG dann weiter zu prüfen haben, ob die bereits anerkannte PTBS durch eine andere - entweder bereits vor dem Unfallereignis bestehende oder zeitlich nachfolgend hinzugetretene - Erkrankung vollständig ersetzt wurde oder so weit in den Hintergrund getreten ist, dass letztere alleine rechtlich wesentlich die vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen bewirkt (sog "Verschiebung der Wesensgrundlage").
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Insbesondere im Bereich psychischer Störungen sind dabei die Gesundheitsschäden genau zu definieren (Spellbrink, SozSich 2019, 18, 20), was nach der Senatsrechtsprechung zwingend voraussetzt, dass die Störung durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (zB ICD-10, DSM-5) unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen exakt beschrieben wird (s zu diesem Erfordernis zuletzt BSG Urteile vom 26.11.19 - B 2 U 8/18 R - RdNr 19; vom 15.05.12 - B 2 U 31/11 R - NZS 2012, 909, RdNr 18 sowie vom 09.05.06 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 22 und - B 2 U 26/04 R - RdNr 26).
Denn je genauer und klarer die Gesundheitsstörungen bestimmt sind, umso einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen. Dies schließt begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen, zB aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts, nicht aus
(BSG Urteil vom 26.11.19 - B 2 U 8/18 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 71 RdNr 19).
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Dieses Erfordernis gilt sowohl für die im Jahre 2008 wie auch für die im Jahre 2013 vorliegenden Störungsbilder. Sofern das LSG als nun bestehende Hauptgesundheitsstörung eine "rezidivierende depressive Störung schweren Grades" annehmen sollte, was aufgrund seiner bisherigen Feststellungen unklar bleibt, benennt es ohnehin bereits keinen der ICD-10 bzw DSM-5 entsprechenden Diagnoseschlüssel für diese Krankheitsbeschreibung. Selbst wenn man eine Bezeichnung ohne Benennung des Diagnoseschlüssels ausreichen lassen würde, wäre damit keine tatrichterliche Feststellung iS des § 163 SGG verbunden, weil das LSG zugleich in der Urteilsbegründung alternative Erkrankungsbilder wie die "posttraumatische Verbitterungsstörung" und auch die Möglichkeit eines "sekundären Krankheitsgewinns" als in den Sachverständigengutachten "diskutiert" wiedergibt, ohne klar zu erkennen zu geben, welches dieser Krankheitsbilder iS des § 163 SGG als festgestellt gelten soll.

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3. Das LSG wird sodann ggf weiter feststellen bzw prüfen müssen, ob die zum Zeitpunkt der Aufhebung der Verletztenrente noch bestehende Erkrankung allein wesentlich durch unfallfremde Einwirkungen oder innere Ursachen entstanden ist.
Es wird hierbei zu beachten haben, dass für die Aufhebung einer bewilligten Verletztenrente nach § 48 SGB X iVm § 73 SGB VII bei einer bereits durch bindenden Verwaltungsakt anerkannten unfallbedingten PTBS bei gleichbleibender Symptomatik der Unfallversicherungsträger die objektive Feststellungslast dafür trägt, dass die bereits festgestellte versicherte Einwirkung und der dadurch rechtlich wesentlich verursachte Gesundheitsschaden nun nicht mehr für die psychische Symptomatik und damit verbundenen Funktionseinschränkungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich ist (vgl Schütze in ders, SGB X, 9. Aufl 2020, § 48 RdNr 12; Steinwedel in KassKomm, Stand 9/2020, § 48 SGB X RdNr 22). Wenn daher behauptet wird, eine andere Ursache und eine andere Gesundheitsstörung sei an die Stelle der früher festgestellten getreten, dh wenn eine "Verschiebung der Wesensgrundlage" iS eines Wechsels der Ursache für nach wie vor bestehende Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund eines neuen oder vorbestehenden Gesundheitsschadens der unverändert gebliebenen Krankheitserscheinungen eingetreten sein soll, dann muss dieser Wechsel der Ursache exakt festgestellt werden. Dies erfordert einerseits den Nachweis, dass die alte, früher bestehende Ursache für die PTBS als wesentlicher Faktor weggefallen ist, und andererseits, dass eine andere Ursache später an deren Stelle getreten ist (s bereits BSG Urteil vom 23.05.1969 - 10 RV 273/66 - RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 29.11.1963 - 2 RU 46/58 - juris RdNr 33). Eine dem § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V vergleichbare Norm, die das Schicksal eines entstandenen Anspruchs auf Krankengeld bei Hinzutreten einer weiteren Krankheit regelt, besteht im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung für Verletztenrenten, für die keine gesetzliche Höchstbezugsdauer gilt, nicht (vgl zum Begriff der "hinzugetretenen Krankheit" in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V, die auch schon bestanden haben kann, Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, 3/2020, § 48 RdNr 27).
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Das LSG wird hierbei zu beachten haben, dass die Kausalität bei psychischen Gesundheitsschäden wie bei jeder anderen Gesundheitsstörung geprüft wird (dazu unter a). Dabei ist stets der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen (dazu unter b), wobei eine hypothetische Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht anerkannt wird (dazu unter c). Das LSG wird auch zu berücksichtigen haben, dass der Gesichtspunkt der "Verschiebung der Wesensgrundlage" nicht dazu führen darf, Fehleinschätzungen bei der ursprünglichen Anerkennung der PTBS nachträglich zu korrigieren (dazu unter d). Schließlich könnte auch die Möglichkeit einer nur teilweisen Verursachung der psychischen Symptomatik durch unfallfremde Faktoren und die damit verbundene Frage der Abgrenzbarkeit eines Teilschadens zu prüfen sein (dazu unter e).
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a) Das LSG wird zu beachten haben, dass nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats bei der Anerkennung psychischer Erkrankungen als Gesundheitsschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII (zuletzt BSG Urteile vom 26.11.19 - B 2 U 8/18 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 71 RdNr 19; vom 15.05.12 - B 2 U 31/11 R - NZS 2012, 909, RdNr 18 sowie vom 09.05.06 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 22 und - B 2 U 26/04 R - juris RdNr 26) die Kausalität wie bei jeder anderen Gesundheitsstörung zu prüfen ist (Spellbrink, MedSach 2020, 114, 117 f).
Die haftungsbegründende Kausalität verlangt, dass neben der Unfallkausalität zwischen versicherter Verrichtung und Unfallereignis das versicherte Unfallereignis den Gesundheitsschaden objektiv sowie rechtlich wesentlich verursacht hat (vgl BSG Urteile vom 07.05.19 - B 2 U 34/17 R - BSGE 128, 104 = SozR 4-2700 § 2 Nr 50, RdNr 33; vom 17.12.15 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55; vom 04.12.14 - B 2 U 18/13 R - BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr 2, RdNr 16; vom 26.06.14 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 53 RdNr 11 sowie vom 13.11.12 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 32 ff mwN).
Bei der haftungsausfüllenden Kausalität, die nicht Bestandteil des Begriffs Arbeitsunfall ist, wird sodann geprüft, ob aus dem Arbeitsunfall weitere, psychische Folgeschäden resultieren, für die ein unmittelbarer und rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang mit dem festgestellten Unfallereignis besteht (vgl BSG Beschlüsse vom 26.11.19 - B 2 U 122/19 B - juris RdNr 7 und vom 30.03.17 - B 2 U 181/16 B - juris RdNr 8; BSG Urteil vom 15.05.12 - B 2 U 31/11 R - juris RdNr 22).
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Das LSG wird ggf feststellen müssen, welche konkreten - in dem angefochtenen Urteil angedeuteten - nach dem Unfallereignis eingetretenen "externen, schädigungsunabhängigen psychischen Belastungsfaktoren" hinzugekommen sind, die den Kausalzusammenhang zwischen dem anerkannten Unfallereignis und der festgestellten PTBS haben entfallen lassen, oder ob es sich um die Verschlimmerung eines Grundleidens basierend auf - ebenfalls im Urteil genannten - "narzisstischen Persönlichkeitszügen" handelt. In letzterem Fall wäre bei Annahme eines prozesshaften Fortschreitens einer unfallfremden Grunderkrankung eine Verlaufsanalyse für die Zeit vor dem Unfall vorzunehmen, um im Abgleich mit der späteren Entwicklung eine Verschiebung der Wesensgrundlage begründen zu können (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl 2017, S 141; s zur Verschlimmerung P. Becker, MedSach 2016, 6). In jedem Fall erfordert die Ermittlung von unfallunabhängigen Faktoren eine umfangreiche biografische Anamnese (Ullmann/Drechsel-Schlund, MedSach 2020, 120, 123).
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b) Bei der Beurteilung von Kausalzusammenhängen zwischen äußeren Einwirkungen und der Entstehung von Gesundheitsschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII sowie ggf von später hinzutretenden weiteren Gesundheitsfolgeschäden ist stets der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen. Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (vgl zuletzt BSG Urteile vom 6.9.2018 - B 2 U 10/17 R - BSGE 126, 244 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 9, RdNr 28; vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 7 RdNr 22; vom 17.12.2015 - B 2 U 11/14 R - BSGE 120, 230 = SozR 4-2700 § 9 Nr 26, RdNr 17 und vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 20). Dem Tatsachengericht ist es bei fehlender Sachkunde verwehrt, medizinische Beurteilungen selbst vorzunehmen, sondern es muss sich regelmäßig sachverständiger Hilfe bedienen, um den medizinischen Sachverhalt zu ermitteln (...).
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Für eine Aufhebung der Bewilligung der Verletztenrente wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse bei bestandskräftig anerkannter PTBS und unveränderter Minderung der Erwerbsfähigkeit genügt der bloße routinemäßige Hinweis auf den Zeitablauf nicht. Für die Annahme einer Auswechslung der Verursachungsfaktoren reicht nicht die Behauptung, dass sich die Folgen einer PTBS mit zunehmendem Zeitablauf regelmäßig zurückentwickeln und daher automatisch nach Ablauf einer bestimmten Zeit eine Verschiebung der Wesensgrundlage stattgefunden habe, so dass andere, unfallfremde Faktoren nunmehr allein wesentlich für die Aufrechterhaltung der psychischen Symptomatik und der daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen seien (vgl BSG Urteile vom 18.10.1960 - 11 RV 52/60 - BSGE 13, 89, 90 f = SozR Nr 9 zu § 62 BVG; vom 23.05.1969 - 10 RV 273/66 - juris RdNr 20 f und vom 27.1.1966 - 10 RV 731/63 - juris RdNr 15).
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Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang klargestellt, dass die Grundsätze der Heilungsbewährung des sozialen Entschädigungsrechts nur sehr eingeschränkt auf die gesetzliche Unfallversicherung übertragbar sind (BSG Urteil vom 22.06.04 - B 2 U 14/03 R - BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr 1, RdNr 14). Eine Verschiebung der Wesensgrundlage kann vielmehr nur dann bejaht werden, wenn im gesundheitlichen Sachverhalt tatsächliche Änderungen eingetreten und eindeutig festgestellt sind. Werden aber dieselben Erscheinungen und Beschwerden - dh dieselben Zustände einer Normabweichung - festgestellt, dann spricht zunächst die Identität der Zustände dafür, dass sich auch an der Ursache dieser Krankheitserscheinungen nichts geändert hat. Hat der Unfallversicherungsträger eine bestimmte Tatsache (schädigendes Ereignis) als Ursache für einen Zustand festgestellt und zur Grundlage für seine Entscheidung (Anerkennung des Gesundheitsschadens iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII) gemacht, dann kann er diese Feststellung, die zu einem den Verletzten begünstigenden Bescheid geführt hat, nicht allein durch die Behauptung, diese Ursache bestehe jetzt nicht mehr, ersetzen. Solange nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine solche automatische Zurückentwicklung der Krankheit nicht anzunehmen ist, kann eine Aufhebungsentscheidung nicht allein auf die bloße Behauptung eines solchen wissenschaftlichen Erfahrungssatzes gestützt werden. Ebenso wenig ist es deshalb zulässig, ohne weitere wissenschaftliche Erfahrungssätze zu nennen, den Umstand, dass der Kläger bereits vor dem Unfallereignis unter Schwindelattacken gelitten habe, als Beleg dafür zu werten, dass seit 2012 und spätestens seit dem Zeitpunkt der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung eine PTBS nicht mehr bestehe. Sofern die Rechtsprechung vereinzelt davon ausgegangen ist, dass bei länger anhaltenden psychoreaktiven Gesundheitsstörungen ergänzend zu prüfen sei, ob und inwieweit auch der weitere Verlauf der Erkrankung noch rechtlich wesentlich auf die ursprünglichen Reaktionen zurückzuführen ist und nicht Begehrungsvorstellungen oder sonstige aus der Psyche wirkende Kräfte so weit in den Vordergrund treten, dass sie für den weiteren Verlauf die rechtlich allein wesentliche Ursache bilden (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 11.07.18 - L 3 U 3108/17 - juris RdNr 67; s auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, aaO, S 165; insbesondere zur PTBS, S 154) entbindet dies die Gerichte nicht davon, die wissenschaftliche Basis solcher "Alltagstheorien" zu benennen.
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Mithin wird das LSG darzulegen haben, auf welcher wissenschaftlichen Erkenntnisquelle seine Annahme eines typischen degressiven Verlaufs einer PTBS beruht, zumal nach F43.1 des ICD-10 zwar in der Mehrzahl der Fälle eine Heilung erwartet werden könne, in wenigen Fällen aber die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf nehme und dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) übergehe. Gerade im vorliegenden Falle bedurfte es der näheren Prüfung und Begründung, warum der Kläger nicht einen dieser Fälle abbildet (s zur Bedeutung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands zuletzt BSG Urteile vom 06.09.18 - B 2 U 10/17 R - BSGE 126, 244 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 9, RdNr 28; vom 17.12.15 - B 2 U 11/14 R - BSGE 120, 230 = SozR 4-2700 § 9 Nr 26, RdNr 17; vom 23.04.15 - B 2 U 6/13 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 7 RdNr 20 und ...).
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c) Das LSG wird auch zu berücksichtigen haben, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung eine "hypothetische" Kausalität nicht anerkannt wird (Krasney in Krasney/Becker/Heinz/ Bieresborn, Gesetzliche Unfallversicherung-SGB VII, § 8, Stand 2/2020, RdNr 685 mit zahlreichen Nachweisen). Es berührt die Leistungspflicht eines Versicherungsträgers nicht, wenn der durch einen Arbeitsunfall verursachte Schaden durch ein anderes Ereignis in gleicher oder sogar noch erschwerender Weise entstanden wäre. Ein Gesundheitsschaden ist nach der sozialrechtlichen Theorie der wesentlichen Bedingung nicht anders zu beurteilen, wenn sich nachträglich feststellen lässt, dass der unfallbedingte Erfolg zu einem späteren Zeitpunkt auch durch eine andere Bedingung und einen anderen Kausalablauf ausgelöst worden wäre (BSG Urteile vom 28.06.1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277 = SozR 2200 § 548 Nr 91, juris RdNr 19; ...).
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Vielmehr ist zu prüfen, ob ein tatsächlich durch einen Versicherungsfall verursachter Gesundheitsschaden auch in der Folgezeit (noch) von diesem verursacht wird oder ob eine andere - vorbestehende oder zeitlich nachfolgende - Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht durch andere Faktoren als allein rechtlich wesentlich an dessen Stelle getreten ist. Welche Ursache im Einzelfall rechtlich wesentlich ist und welche nicht, muss nach der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs vom Rechtsanwender (Juristen) wertend entschieden werden (zuletzt für das BK-Recht: BSG Urteil vom 30.03.17 - B 2 U 6/15 R - BSGE 123, 24 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1, RdNr 23; grundlegend BSG Urteile vom 09.05.06 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 und vom 17.02.09 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31 RdNr 12). Die Wesentlichkeit einer (Mit-)Ursache ist eine reine Rechtsfrage, die sich nach dem Schutzzweck der Norm beantwortet (grundlegend Spellbrink, MedSach 2017, 51, 55; P. Becker, MedSach 2007, 92).
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Die rechtliche Wesentlichkeit ist zusätzlich und eigenständig zu prüfen und zu bejahen, wenn die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr ist (BSG Urteile vom 13.11.12 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37 und vom 30.01.07 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2 RdNr 23). Dabei kann auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat (BSG Urteile vom 30.03.17 - B 2 U 6/15 R - BSGE 123, 24 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1, RdNr 23 und vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2 RdNr 22; vgl P. Becker, MedSach 2005, 115 und ders, ZblArbeitsmed 2015, 301; Spellbrink, BPUVZ 2012, 360, 365).
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d) Das LSG wird ferner zu beachten haben, dass der Aspekt einer Verschiebung der Wesensgrundlage nicht dazu dienen kann, Fehleinschätzungen, die der Beklagten bei der Erstbewilligung ggf unterlaufen sind, zu korrigieren. Wenn die Beklagte bzw das LSG zu der Überzeugung gelangen, dass die PTBS gar nicht erst als unfallbedingt oder allenfalls als vorübergehende Verschlimmerung eines bestehenden Grundleidens hätte anerkannt werden dürfen (Vießmann, SGb 2013, 68, 74), so wäre Ermächtigungsgrundlage für eine Aufhebung der Bewilligung in diesem Fall § 45 Abs 1 SGB X, der die ursprüngliche Rechtswidrigkeit des bewilligenden Verwaltungsakts im Zeitpunkt seines Erlasses voraussetzt.
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e) Das LSG wird schließlich die Möglichkeit einer zum Zeitpunkt der Aufhebung der Bewilligung (nur) teilweisen Verursachung der psychischen Symptomatik durch unfallfremde Faktoren und die damit verbundene Frage der Abgrenzbarkeit eines Teilschadens zu prüfen haben. Der unter dem Begriff "Verschiebung der Wesensgrundlage" erörterte nachträgliche Wechsel der Ursache bei unverändert gebliebenem Krankheitsbild ist nach der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre unter zwei Aspekten denkbar. Entweder ist ab einem bestimmten Zeitpunkt das Unfallereignis nicht einmal mehr iS einer Conditio-sine-qua-non ursächlich, oder dem Unfallereignis ist ab einem bestimmten Zeitpunkt nur die rechtliche Wesentlichkeit für den fortbestehenden Gesundheitsschaden abzusprechen (Bayerisches LSG Urteil vom 09.12.15 - L 2 U 496/12 - juris RdNr 71; vgl Bayerisches LSG Urteil vom 18.02.14 - L 15 VG 2/09 - RdNr 156; Schütze in ders, SGB X, aaO, § 48 RdNr 8 und Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, aaO, S 112). Schließlich muss insgesamt das Leidensbild des Klägers darauf überprüft werden, ob nicht anstelle einer Verschiebung der Wesensgrundlage eine sekundäre Verschlimmerung der anerkannten PTBS eingetreten ist (Ullmann/Drechsel-Schlund, MedSach 2020, 120, 123; Wallesch ua Neurotraumatologie, 2005, S 232).
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Das LSG wird in diesem Zusammenhang also zu prüfen haben, ob die zunächst anerkannte PTBS tatsächlich vollständig abgeklungen ist oder ob die anerkannte PTBS zumindest eine teilweise wesentliche Ursache der fortbestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist. In der Gesetzlichen Unfallversicherung können grundsätzlich nur abgrenzbare Gesundheitsschäden, die durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurden, entschädigt werden (BSG Urteil vom 24.07.12 - B 2 U 9/11 R - RN 39). Bei bereits bestandskräftig anerkannten Gesundheitsschäden, wie im vorliegenden Fall, kehrt sich das in der Gesetzlichen Unfallversicherung geltende Alles-oder-Nichts-Prinzip, demzufolge die Aufteilung eines Schadens nach Verursachungsanteilen fremd ist und die Kausalität für den gesamten Schaden jeweils einheitlich bewertet werden muss (G. Wagner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl, Stand 26.05.20, § 8, RdNr 163), insoweit um, als bei einer nichtabgrenzbaren Beteiligung eines unfallfremden Gesundheitsschadens es bei der Entschädigung des anerkannten versicherten Unfallereignisses verbleiben muss.
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In diesem Zusammenhang wird das LSG auch zu beachten haben, dass die von ihm erwogene "Aggravationstendenz" des Klägers nicht zwingend ein Abklingen der festgestellten unfallbedingten Gesundheitsbeschwerden belegt, sondern allenfalls ein "Aggravationsanteil" abzuziehen sein könnte. Im Übrigen wird das LSG in diesem Zusammenhang zu würdigen haben, ob feststellbare Aggravationstendenzen das objektive Bestehen einer Gesundheitsstörung gänzlich oder teilweise in Frage stellen oder ob diese nur einer Erhöhung der bereits bewilligten Rente - die hier nicht streitgegenständlich ist - entgegenstehen.
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