Besitz
kinderpornographischer Bilddateien: Entfernung aus dem Dienst?
Die folgende Entscheidung betrifft einen Lehrer, der während des laufenden Disziplinarverfahrens pensioniert wird.
So kann das Berufungsgericht ihn nicht mehr aus dem (aktiven) Dienst entfernen, aber stattdessen wird dem Pensionär sein Ruhegehalt aberkannt.
Der Lehrer dürfte einen guten Anwalt gehabt haben, der es in erster Instanz erreichte, dass das Gericht von der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme absah, obwohl sich letztlich eine solche Masse kinderpornografischer Dateien feststellen ließ, dass die Entfernung aus den Dienst (bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts) die unausweichliche Konsequenz war, nachdem der Dienstherr (im Urteil: "der Kläger") Berufung eingelegt hatte.
Dass der frühere Lehrer eine Therapie aufgenommen und ernsthaft betrieben hat, rettet ihn nicht.
Dennoch raten wir jedem Gefährdeten, bei einer entsprechenden Institution Hilfe zu suchen.
Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom
14.03.16 - 14 LB 8/13 -
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert.
Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.
Tatbestand
Der Beklagte ist 1950 geboren. Seine 1957 begonnene Schulausbildung beendete er im Februar 1971. Im Anschluss hieran studierte er ....
Im April 1978 bestand er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen mit der Note „befriedigend“.
Im Dezember 1979 bestand er die Zweite Staatsprüfung mit der Note „befriedigend“.
1980 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat zur Anstellung ernannt und an der beruflichen Schule des Kreises Steinburg in ... in den Schuldienst des Landes Schleswig-Holstein eingestellt. 1983 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Studienrat ernannt; mit Wirkung vom 01.11.1992 wurde er zum Oberstudienrat befördert.
Von 1989 bis 2004 war der Beklagte regelmäßig im Bereich der Fort- und Weiterbildung für das Institut für Qualitätssicherung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) tätig. Von Mai 2007 bis 31.01.08 war er Mitglied der Lehrplankommission „Rechnungswesen“.
Der Beklagte ist seit Juli 1985 in zweiter Ehe verheiratet. Er hat keine Kinder.
Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind geordnet. Die ihm letztmalig im Dezember 2009 erteilte Anlassbeurteilung endete mit dem Gesamturteil „gut“; Anlass war eine letztlich erfolglos gebliebene Bewerbung auf eine A15-Stelle.
Auf eigenen Antrag ist der Beklagte mit Ablauf des Monats Juli 2013 vorzeitig in den Ruhestand getreten. Sein Ruhegehaltssatz beträgt 69,44 vom Hundert abzüglich eines Abschlages in Höhe von 7,49 %.
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Anfang Januar 2012 übermittelte die Staatsanwaltschaft dem Kläger den Entwurf eines Strafbefehls gemäß Nr. 15 MISTRA. In dem Strafbefehl wurde dem Beklagten vorgeworfen, in der Zeit bis zum 24.02.11 pornografische Schriften (§11 Abs. 3 StGB), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) zum Gegenstand haben (kinderpornografische Schriften), die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, besessen zu haben.
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Unter dem 10.01.12 leitete der Kläger gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und setzte dies für die Dauer des sachgleichen Strafverfahrens aus. Mit Verfügung vom 18.01.12 wurde der Beklagte gemäß § 38 LDG vorläufig des Dienstes enthoben. Der Beklagte legte keinerlei Rechtsbehelfe ein.
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Mit Strafbefehl vom 09.01.12 (Az.: 315 Js 3072/11) setzte das Amtsgericht gegen den Beklagten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 109,-- Euro fest. In dem Strafbefehl heißt es:
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„Sie übten bis zu dessen Sicherstellung am 24.02.11 die unmittelbare Sachherrschaft über einen PC Miditower „Medion“ nebst zugehörigen Speichermedien aus, auf welchen - wie Sie wussten - mindestens 925 Bilddateien und mindestens 190 Videodateien gespeichert waren, die sexuelles Verhalten vergröbernd darstellen und den Menschen unter weitgehender Ausklammerung emotional-individualistischer Bezüge zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung machen. Diese pornografischen Schriften hatten den - zum Teil schweren - sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand.
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Exemplarisch zu nennen ist eine Bilddatei mit dem Namen „0116.jpg". Diese zeigt im Fokus des Bildes, wie ein erwachsener Mann seinen erigierten Penis in die Vagina eines nach dem äußeren Erscheinungsbild etwa sechsjährigen Mädchens augenscheinlich asiatischer Abstammung einführt.
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Eine weitere exemplarisch zu nennende Datei ... beinhaltet eine Videosequenz mit einer Spieldauer von 3 Minuten 4 Sekunden und zeigt unter anderem, wie ein erwachsener Mann seinen Penis in die Vagina eines etwa fünfjährigen Mädchens einführt ...
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Bei den exemplarisch genannten sowie weiteren mindestens 1.115 Bild- und Videodateien vergleichbaren Inhaltes hielten Sie es zumindest für möglich, dass es sich bei diesen um kinderpornografische Schriften handelt, was Sie auch billigend in Kauf nahmen.
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Angewendete Vorschrift: § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB."
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Der Strafbefehl ist seit dem 25.01.12 rechtskräftig.
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Unter dem 27.03.12 setzte der Kläger das Disziplinarverfahren fort.
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Der Beklagte äußerte sich mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 27.4.2012 zu den Vorwürfen dahingehend, der mit dem rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vorgehaltene Sachverhalt sei zutreffend. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass die in dem Strafbefehl angeführte Anzahl von Bild- und Videodateien nur teilweise rechtswidrigen sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand habe. Unter den Dateien fänden sich auch solche mit nicht verbotenem Inhalt und auch Doppel völlig gleicher Daten. Hervorzuheben sei, dass es sich bei der Verfehlung ausnahmslos um Vorgänge handele, die dem privaten Bereich zuzuordnen seien, auch wenn wegen der Berufstätigkeit als Lehrer von dienstlichem Einschlag ausgegangen werden müsse. Er - der Beklagte - sei seit 32 Jahren im Beamtenverhältnis als Lehrer tätig und durchgehend dienstlich gut beurteilt worden. Er sei bisher straf- und disziplinarrechtlich unbescholten. Er sei einer der sehr aktiven Lehrer an der Schule, engagiere sich für Schule und Schüler in ungewöhnlichem Maße mit deutlich überobligatorischem Einsatz. Er werde sowohl von den Kollegen als auch von den Schülern geschätzt. Ihm sei seit 2005 an der Schule als Funktionsstelle die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit übertragen worden. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er für die Schule die Webseite im Content-Management-System erstellt, die er seither laufend gepflegt habe. Er sei über 15 Jahre lang beim damaligen IPTS als Leiter der kaufmännischen Multiplikatorenschulung EDV in Neumünster tätig gewesen. Vorher sei er von etwa 1982 bis ca. 1986 als Verbindungslehrer verwendet worden. Während dieser Zeit habe er die Satzung der Schülervertretung und die Schülerzeitung betreut. Außerdem habe er im Laufe der Zeit rund 30 erfolgreiche Studienfahrten der Studienstufe und der Berufsschule organisiert. Er habe für Schüler über den eigentlichen Schulbereich hinaus vielfältiges soziales Engagement gezeigt, z.B. mit Kurs- und Tutandentreffen. Zwischen 1986 und 2008 habe er sich in seiner Eigenschaft als Kreistagsabgeordneter sehr für seine Schule eingesetzt. Er sei maßgeblich an der Arbeitsgruppe des Schulträgers zur Satzungserarbeitung unter Leitung einer Arbeitsgruppe im Rahmen der Gründung des regionalen Berufsbildungszentrums des Kreises Steinburg beteiligt gewesen.
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Beim Institut für Sexualforschung und forensische Therapie am Universitätsklinikum Eppendorf habe er eine Behandlung aufgenommen. Zunächst habe im Rahmen von mehrere Monate dauernden Vorgesprächen eine Klärung vorgenommen werden müssen, welche Ursachen zu seiner Verfehlung geführt haben könnten, um eine geeignete Form der Therapie zu ermitteln. Dieses „Vorverfahren“ sei inzwischen abgeschlossen und habe zu dem Vorschlag einer besonderen Einzeltherapie geführt. Diese könne jedoch beim Universitätsklinikum Eppendorf nicht durchgeführt werden, da kein Therapeut zur Verfügung stehe. Ihm sei jedoch eine andere geeignete Therapeutin vorgeschlagen worden, mit der er Kontakt aufgenommen habe.
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Die vorläufige Dienstenthebung wolle er respektieren, von der Kürzung seiner Dienstbezüge bitte er abzusehen.
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Mit Schreiben vom 3.07.12 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Ermittlungen im Disziplinarverfahren abgeschlossen seien. Der Beklagte nahm im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass er sehr darum bemüht sei, bei weiteren Therapeuten seine Suchterscheinung bearbeiten zu können.
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Nach Beteiligung des Hauptpersonalrates - Lehrer - hat der Kläger am 17. Oktober 2012 Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erhoben.
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In der disziplinarrechtlichen Bewertung hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, der strafbare Besitz kinderpornografischen Materials sei mit den berechtigten Erwartungen in die charakterliche Eignung einer Lehrkraft unvereinbar. Der Besitz kinderpornografischer Bild- und Videodateien bis zur Beschlagnahme am 24.2.2011 stelle ein außerdienstliches Dienstvergehen von erheblichem disziplinarischem Gewicht dar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei anerkannt, dass ein solches Verhalten im besonderen Maße geeignet sei, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Lehrers bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Der Zugriff auf kinderpornografische Bilder durch einen Lehrer habe angesichts des Erziehungsauftrages aus der Sicht eines vorurteilsfreien und besonnenen Betrachters im Regelfall einen endgültigen und vollständigen Verlust seines Ansehens als Erzieher und Vorbild zur Folge. Wer als Lehrer in dieser Weise versage, beweise erhebliche Persönlichkeitsdefizite, die ihn - nicht zuletzt auch im Hinblick auf seine Vorbildfunktion - regelmäßig in der Schule gänzlich untragbar machten. Daher sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Fällen des Besitzes kinderpornografischer Schriften angesichts der Dienstpflichten von Lehrern der Orientierungsrahmen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
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Für die abschließende Bewertung des Dienstvergehens sei das Persönlichkeitsbild des Beamten von erheblicher Bedeutung. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Beamte ausweislich der Strafakte bereits in der Vergangenheit kinderpornografische Schriften besessen habe. Von einem persönlichkeitsfremden Handeln könne daher nicht ausgegangen werden. Weder die Absicht einer therapeutischen Aufarbeitung des Fehlverhaltens noch ein engagierter dienstlicher Einsatz noch der Umstand, dass er bisher disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, sei geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so zu relativieren, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könne.
Nachdem der Kläger zunächst beantragt hat, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat er nach dessen Versetzung in den Ruhestand nunmehr beantragt, dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
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Er hat in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens auf einen Bericht seines Therapeuten, des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Prof. em. Dr. med. ..., vom 18.06.13 verwiesen.
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Ergänzend hat der Beklagte geltend gemacht, er plane soziales Engagement im ehrenamtlichen Bereich, z.B. Bahnhofsmission, Alten- und Pflegeheim, Klinikum u.ä.. Arbeit in der Hauswirtschaft, im Garten und reale Erlebnisse würden Freude an der realen Welt entstehen lassen. Zusammenfassend hat der Beklagte die Ansicht vertreten, dass seine Krankheit, seine Krankheitseinsicht und die Tatsache, dass er sich mit ersten Erfolgen in eine Therapie begeben habe, für die Auswahl der zu treffenden Disziplinarmaßnahme bedeutsam sei und jedenfalls von einem Milderungsgrund ausgegangen werden müsse.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. August 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für das disziplinarwürdige Vergehen des Beklagten bestehe zwar ein Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Dienst und damit bis zur Aberkennung des Ruhegehaltes. Auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens sei es aber erforderlich, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Hieran gemessen sei nicht zuletzt aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten gewonnenen Eindrucks eine Zurückstufung tat- und schuldangemessen. Das beschlagnahmte Material sei zwar exemplarisch ausgewertet worden, die reine Anzahl der vorgefundenen Dateien gebe aber keinen Aufschluss darüber, wie häufig oder wie lange der Beklagte Dateien mit kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet heruntergeladen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte geständig sei. Die Einschätzung des Klägers, dass der Beklagte aufgrund seiner Angaben bei der Durchsuchung am 24.2.2011, wonach sein Computer bereits 1999 ebenfalls wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften beschlagnahmt worden sei, als Wiederholungstäter gesehen werden müsse, könne aus Rechtsgründen nicht geteilt werden. Zudem habe der Beklagte jeden (weiteren) Schaden von der Schule abgehalten, indem er die Suspendierung nicht angefochten habe und in den Antragsruhestand getreten sei. Im aktiven Dienstverhältnis wäre nach Auffassung des Verwaltungsgerichts eine Zurückstufung auszusprechen gewesen. Dies scheide jedoch für den Beklagten als Ruhestandsbeamten aus. Eine Kürzung des Ruhegehaltes wiederum scheitere an § 14 Abs. 1 LDG, da diese Maßnahme nicht ausgesprochen werden dürfe, wenn gegen einen Beamten im Strafverfahren unanfechtbar eine Strafe verhängt worden sei.
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Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
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Er macht geltend, es sei auf Aberkennung des Ruhegehaltes zu erkennen. Der Beklagte sei mit Ablauf des Monats Juli 2013 antragsgemäß in den Ruhestand versetzt worden. Als noch im Dienst befindlicher Beamter hätte er gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müssen. Bei einem Lehrer wiege der außerdienstliche Besitz von kinderpornografischen Schriften wegen des stets gegebenen dienstlichen Bezuges schwer. Der Orientierungsrahmen für die disziplinarrechtliche Maßnahme reiche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bis zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lägen keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht vor, die eine Abmilderung des Orientierungsrahmens angezeigt sein ließen. Der Beklagte habe zwischen dem 16.2. und dem 21.4.2009 insgesamt fünfmal Dateien kinderpornografischen Inhalts aus dem Internet heruntergeladen. Die Auswertung habe insgesamt 5.121 Dateien ergeben, darunter 1.906 Videodateien. Von den Videodateien seien über 10 %, d.h. mindestens 190 als eindeutig kinderpornografisch identifiziert worden. Von den Bilddateien seien durch das Programm „PERKEO“ mindestens 925 Bilddateien als eindeutig kinderpornografisch identifiziert worden. Aufgrund der geständigen Einlassung und des Fehlens von Anzeichen für Verbreitungshandlungen sei die Strafverfolgung letztlich auf eine Mindestanzahl von 1.115 Bild-und Videodateien beschränkt worden. Wegen der Anzahl der Dateien, der Dauer des Besitzes und des planmäßigen Vorgehens bei der Verwahrung sei die Annahme einer Augenblickstat sowie mildernder Umstände ausgeschlossen. Die begonnene Therapie rechtfertige keine mildere Disziplinarmaßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht habe insoweit bereits entschieden, dass der Ansehens- und Autoritätsverlust hierdurch nicht rückgängig gemacht werden könne. Zudem bestünden keine Anhaltspunkte für eine verminderte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tat. Die vom Beklagten bei der Hausdurchsuchung selbst angesprochene erste Hausdurchsuchung wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften sowie der Umstand, dass nach der eigenen Einlassung das seinerzeitige Strafverfahren gegen Verhängung einer Geldbuße eingestellt worden sei, habe den Beklagten seinerzeit nicht zur Aufnahme einer Therapie bewogen. Dies sei erst nach Einleitung der Disziplinarklage erfolgt. Zudem scheine der Beklagte die Verantwortung für sein eigenes Fehlverhalten letztlich den schulischen Gegebenheiten und der von ihm empfundenen Mobbingsituation zuschreiben zu wollen. Auch der Eintritt in den Ruhestand rechtfertige keine mildere Maßnahme. Aus Gründen der Gleichbehandlung solle ein Beamter, der nach Begehung einer schwerwiegenden Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden. Der Umstand, dass eine definitive Feststellung der genauen Anzahl der kinderpornografischen Bild- und Videodateien im Strafverfahren unterblieben sei, beruhe maßgeblich auf dem Geständnis des Beklagten und dem eigenen Vorschlag eines von der Staatsanwaltschaft akzeptierten Strafmaßes. Erforderlichenfalls sei Beweis über den Umfang der kinderpornografischen Dateien sowie den Zeitraum ihres Besitzes zu erheben. Ein Sachverständigengutachten könne anhand der gespeicherten Metadaten Auskunft über Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer der Downloads geben.
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Gegen die beantragte Disziplinarmaßnahme könne nicht eingewandt werden, dass bislang keine Kenntnis von der Straftat nach außen gedrungen sei. Ein konkreter Ansehensschaden sei hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich. Sollten dem Gericht die bisherigen Feststellungen als Grundlage der beantragten Maßnahme nicht ausreichen, so sei gemäß §65 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG vom Oberverwaltungsgericht als Tatsachengericht Beweis zu erheben bzw. zumindest eine Mängelbeseitigungsaufforderung vorzunehmen. Im Übrigen sei in das Verfahren auch nicht etwa ein neuer Sachverhalt eingeführt worden. Ausweislich der Klageschrift habe sich der Dienstherr auf das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen gestützt und nicht auf den Strafbefehl und die dort lediglich exemplarisch benannten beiden Dateien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 08.08.13 zu ändern und gegen den Beklagten auf Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
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Er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für richtig. Die Aberkennung des Ruhegehaltes würde gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Auch bei einem Lehrer rechtfertige der Besitz kinderpornografischer Schriften keineswegs die Entfernung aus dem Dienst als disziplinarische Regelmaßnahme, von der nur unter ganz besonderen Umständen abzusehen sei. Vielmehr sei im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller Besonderheiten des Einzelfalles erst zu klären, ob und warum überhaupt die Höchstmaßnahme in Betracht zu ziehen sei. Dies habe das Verwaltungsgericht im Grundsatz richtig erkannt. Zu Recht habe es darauf abgestellt, dass die Anzahl von Dateien mit kinderpornografischem Inhalt nicht festgestellt worden sei. Deshalb könne zu Lasten des Beklagten auch nicht von einer konkreten Anzahl strafrechtlich relevanter kinderpornografischer Datenträger und Dateien ausgegangen werden. Aus der Akte des Ermittlungsverfahrens ergebe sich, dass man darauf verzichtet habe, die Videodateien vollständig durchzusehen und ohne genaue Prüfung lediglich angenommen habe, dass der Beklagte in Besitz von über 5.000 kinderpornografischen Dateien gewesen sei. Eine Vermutung sei jedoch keine für eine disziplinarische Wertung tragfähige Grundlage. Die Annahmen des Klägers zu Zeitraum und Umfang des Besitzes kinderpornografischer Dateien seien mithin spekulativ. Zu Recht habe auch das Verwaltungsgericht die Annahme vertreten, dass ein Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1999 einem Verwertungsverbot in disziplinarrechtlicher Hinsicht unterliege. Dieser Umstand dürfe nicht einbezogen werden. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Übrigen darauf hingewiesen habe, dass es sich bei den Dateien usw. zum Teil auch um Doppel gehandelt habe.
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Das Verhalten des Beamten bei und nach Entdeckung des Dienstvergehens müsse berücksichtigt werden. Er habe von Anfang an schon im strafrechtlichen Verfahren gestanden und Reue gezeigt. Er habe den Strafbefehl akzeptiert. Die insoweit angestellte Vermutung, der Beklagte habe dies wegen der Aussichtslosigkeit des Bestreitens und im Hinblick auf das angestrebte Strafmaß getan, sei eine Spekulation des Klägers. Richtig sei die Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte sich mit der Entdeckung seiner Tat Erleichterung und Zugang zur Hilfe von außen verschaffen konnte. Die Therapie führe der Beklagte aus der Einsicht heraus durch, dass er seit langem an einer Suchterscheinung mit Krankheitswert leide, die therapeutisch aufgearbeitet werden müsse. Die Aufnahme einer Einzeltherapie habe sich hingezogen, weil es - wie im Verwaltungsverfahren vorgetragen - nicht einfach gewesen sei, einen geeigneten Therapeuten zu finden. Zunächst habe geklärt werden müssen, welche Therapie die richtige sei. Die eigentliche Therapie bei Prof. Dr. ... habe deshalb erst mit einiger zeitlicher Verzögerung aufgenommen werden können. Sie dauere nach wie vor an, von den bisher genehmigten insgesamt 54 Sitzungen seien gut 30 inzwischen durchgeführt worden. Die Sitzungen fänden regelmäßig wöchentlich statt. Sie würden im Bedarfsfall weiter fortgesetzt. Bereits jetzt zeige die Durchführung der Therapie erste Erfolge. Bei richtiger disziplinarrechtlicher Einordnung müsse die Therapie in die Erwägungen einbezogen werden, die zum Finden der richtigen Maßnahme innerhalb des Orientierungsrahmens anzustellen seien. Die beim Beklagten vorhandene Suchterscheinung mit Krankheitswert führe nicht dazu, ihn als schuldunfähig ansehen zu müssen, lasse aber sein Verschulden weniger schwer wiegen. Zu seinen Gunsten spreche auch die Hinnahme des Abschlusses des Strafverfahrens durch Strafbefehl sowie das auf Einsicht zurückgehende Akzeptieren der Suspendierung sowie der Umstand, dass er auf eigenen Antrag mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand getreten sei. Einem möglichen konkreten Ansehens- und Autoritätsverlust sei er damit entgegengetreten, obwohl er eigentlich eine andere Lebensplanung gehabt habe. Dies müsse als eine Form tätiger Reue angesehen werden. Der Öffentlichkeit sei die Dienstverfehlung im Übrigen nicht bekannt geworden. Auch im Bereich des Dienstherrn beschränke sich die Kenntnis auf einen kleinen Personenbereich. Die Aberkennung des Ruhegehaltes würde deshalb unverhältnismäßig sein. Von einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses könne nicht gesprochen werden.
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Mangels anderweitiger Feststellungen bleibe dem Beklagten nichts anderes übrig, als auf die belastbaren Umstände hinzuweisen, wie sie in dem Strafbefehl als exemplarisch bezeichneten Dateien benannt seien. Deren verbotenen Inhalt gestehe er selbstverständlich zu. Hinsichtlich der in dem Strafbefehl angeführten 925 Bilddateien und 190 Videodateien könne er lediglich nicht ausschließen, dass auch sie im Einzelfall verbotenen kinderpornografischen Inhalts gewesen sein können.
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Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 5.5.2014 gemäß §65 i.V.m. § 55 Abs. 3 BDG zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels der Klageschrift aufgegeben, die einzelnen Bild- und Videodateien, deren Besitz dem Beklagten vorgeworfen wird, konkret zu bezeichnen sowie den jeweiligen Besitzzeitraum der Dateien (Download-Zeitpunkt bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme) anzugeben.
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Nach Erstellung eines Gutachtens durch den Dipl.-Informatiker ... (Fa. ... GmbH) vom 29.4.2014 hat der Kläger eine konkretisierte Klagschrift vom 30.9.2014 eingereicht. Hierin wird dem Beklagten unter Bezugnahme auf das erstellte Gutachten vorgeworfen, in der Zeit vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011 insgesamt 8.173 kinderpornografische Schriften besessen zu haben, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Unter den festgestellten 8.173 Dateien seien lediglich 280 kinderpornografische Dateien doppelt vorhanden. Von den kinderpornografischen Schriften stellten 54,6 % einen Missbrauch an Kindern unter 14 Jahren dar, der mit einer Berührung einhergeht. Insgesamt 1.181 Schriften zeigten Kinder bei sexuellen Handlungen, welche mit einem oralen, vaginalen oder analen Eindringen einhergehen. In 717 dieser Schriften seien die Kinder erst 2 bis 10 Jahre alt, in 9 Schriften handele es sich um Kleinkinder im Alter von 0 bis 2 Jahren. Insgesamt 195 Schriften zeigten Kinder bei gewaltsamen sexuellen Handlungen. In 103 dieser Schriften gingen die sexuellen Handlungen mit einem oralen, vaginalen oder analen Eindringen einher, wobei die Kinder in 52 dieser Schriften erst 2 bis 10 Jahre alt seien, in 2 Schriften handele es sich um Kleinkinder im Alter von 0 bis 2 Jahren.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorwurfes wird auf die (konkretisierte) Klagschrift vom 30.9.2014 (Bl. 145 GA) Bezug genommen.
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Der Beklagte macht geltend, die Datenmenge, die nunmehr in der konkretisierten Klageschrift zugrundegelegt werde, sei erheblich höher als die im Strafbefehl zugrunde gelegte (mindestens 1.115 Dateien, davon 950 Bilddateien und 190 Videodateien). Seinerzeit seien zwei externe Festplatten, ein Rechner und sechs USB-Sticks unter der Asservaten-Nr. 1198/11 beschlagnahmt worden. Das weitere Schicksal der Asservate ergebe sich aus der nur auszugsweise im Verwaltungsvorgang ersichtlichen Strafermittlungsakte nicht. Der Beklagte habe seinerzeit auf die Herausgabe der Asservate verzichtet. Möglicherweise seien die Asservate nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens gemäß §§ 74, 74 d, 74 e StGB vernichtet worden. Dann würden „Original-Daten“ nicht mehr existieren. Die Asservate seien - soweit dies aus den Auszügen der Ermittlungsakte ersichtlich sei - zunächst stichprobenartig untersucht worden. Daten von der Festplatte seien zur Sicherung zwecks weiterer Untersuchung kopiert worden. Die Festplatten seien dann von der Kriminalpolizei (dortige Tagebuch-Nr. i 2011-0033) an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben worden. Die vom Kläger veranlasste Begutachtung durch Herrn ... sei nicht anhand der Original-Asservate, sondern anhand von Kopien (sogenannten Image-Dateien) erfolgt. Ob die Original-Asservate überhaupt noch existierten, sei ungeklärt. Die Verwertbarkeit der Image-Dateien sei fraglich. Hierfür sei zu klären, ob die Image-Dateien nur noch zum Zwecke der Gefahrenabwehr, also zu rein polizeilichen Zwecken aufbewahrt worden seien. Hierfür wiederum sei die abschließende Entscheidung der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens von Belang. Dem Beklagte gehe es nicht darum, Beweismittel auszuschließen oder den festgestellten Sachverhalt zu leugnen; ihm dürfe jedoch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er rechtsstaatlich gebotene Anforderungen einfordere. Sollten die OriginalAsservate vernichtet sein, stelle sich die Rechtsfrage, ob die Einziehungsentscheidung der Staatsanwaltschaft auch die Kopien erfasse, woraus ein Verwertungsverbot im Disziplinarverfahren folge. Das Verwaltungsgericht sei vom Sachverhalt des Strafbefehls ausgegangen. Erst mit der Berufungsbegründung sei der Kläger über den so beschriebenen Tatsachenstoff hinausgegangen. Mit der konkretisierten Klageschrift würde nun nochmals darüberhinausgehender Besitz von über 8.000 kinderpornografischen Schriften vorgeworfen. Der somit wesentliche Mangel der Klageschrift sei nicht heilbar im Sinne von § 55 Abs. 3 BDG. Die Anzahl der dem Beklagten zu Last gelegten Pflichtverletzungen weiche derart vom ursprünglichen Vorwurf ab, dass eine Nachtragsdisziplinarklage gemäß § 52 BDG erforderlich sei, die hier jedoch unzulässig sei. Soweit es um den Grad der Vorwerfbarkeit des Dienstvergehens gehe, werde auf den Therapie-Bericht von Prof. Dr. ... vom 18.3.2014 verwiesen. In dem Bericht werde u.a. ausgeführt, dass der Therapeut die Symptome einer mehr zwanghaften als süchtigen Beschäftigung mit sexuellen Abbildungen im Internet beim Beklagten festgestellt hat, die der Abwehr massiver Ängste in Beziehungen dienen, die seit der früheren Kindheit bestehen. Es bestehe von der Wertung her kein Unterschied zu einem an Alkoholismus erkrankten Beamten, dem die Erkrankung mildernd zugutegehalten werden muss.
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Der Kläger erwidert, der Inhalt der Datenträger (Asservaten-Nr. der StA 1198/11) sei mittels einer Sicherungssoftware schreibeschützt in Image-Dateien kopiert worden. Alle weiteren Datensicherungs- und Untersuchungsschritte seien durch die Bezirkskriminalinspektion unter der Tagebuch-Nr. i 2011-0033 an diesen Image-Dateien vorgenommen worden. Diese Image-Dateien seien auf die Sicherungsfestplatte Nr. 752 kopiert worden (Bl. 53 der Disziplinar-Akte). Die Authentizität der Daten auf den Asservaten sei auf dem Stand der Anlieferung bei der Bezirkskriminalinspektion ..., Kommissariat Zentrale Dienste, IT- Beweissicherung geblieben. Selbst im Strafverfahren erfolge keine Untersuchung der Original-Asservate, sondern der Image-Dateien. Eine Vernichtungsverpflichtung nach Abschluss des Strafverfahrens lasse sich aus den §§ 74, 74 d und 74 e StGB nicht herleiten.
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Die Staatsanwaltschaft ... habe die Asservate auch nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens weiter aufbewahren dürfen, zumal ihr bekannt gewesen sei, dass ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden war. Es sei richtig und zweckmäßig, dass dem Gutachter die Image-Dateien von der Sicherungsfestplatte Nr. 752 zur Verfügung gestellt worden seien, welche dann auf die Festplatte der Firma ... überspielt worden sei (Bl. 50 des Gutachtens). Die Einzelheiten ergäben sich aus dem Vermerk über die Datensicherung des Kommissariats 6 der Bezirkskriminalinspektion ... (IT-Beweissicherung) vom 18.11.2014 (Bl. 184 PA). Ohne die aufgrund der geständigen Einlassung im Strafverfahren erfolgte Beschränkung der Strafverfolgung hätte bereits im Strafverfahren selbst eine ausführliche Begutachtung stattfinden müssen und die nunmehr festgestellte Menge an kinderpornografischen Dateien ergeben. Im Disziplinarverfahren sei keine Beschränkung auf die strafrechtlich geahndete Anzahl an kinderpornografischen Dateien erfolgt. Da auf eine vollständige Sichtung aller Dateien zunächst verzichtet worden sei und eine Aussage zum Beginnzeitpunkt des Besitzes der Dateien gefehlt habe, sei eine Konkretisierung erst nach Erlass des Senatsbeschlusse vom 5.5.2014 und Fertigung der konkretisierten Klageschrift vom 30.9.2014 erfolgt. Die ursprüngliche Klageschrift lasse eine gewollte Beschränkung des Vorwurfes auf die im Strafbefehl vorgeworfene Anzahl der Dateien nicht erkennen. In der Klage werde keine konkret angeschuldigte Anzahl an kinderpornografischen Dateien benannt, was dafür spreche, dass der Besitz aller vorhandenen Dateien angeschuldigt werden sollte. Die fehlende Konkretisierung sei nach Aufforderung durch das Gericht gemäß § 55 Abs. 3 BDG ausgeräumt worden. Mit der konkretisierten Klageschrift liege entgegen der Auffassung des Beklagten keine Ausweitung um weitere Dienstvergehen vor, sondern lediglich eine Konkretisierung der angeschuldigten Anzahl an kinderpornografischen Dateien, was nicht nur zulässig, sondern als gewichtsbildender Faktor für ein sachgerechte Maßnahmebemessung auch erforderlich sei.
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Anzuerkennende Schuldausschließungsgründe seien nicht ersichtlich. Eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von §21 StGB könne gegebenenfalls als mildernder Umstand Berücksichtigung finden. Die Schwelle anzuerkennender Schuldunfähigkeit beziehungsweise auch nur verminderter Schuldfähigkeit sei sehr hoch. Allein das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung reiche zur Annahme dieses Milderungsgrundes nicht aus. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beamten aufgrund eines bestimmten Krankheitsbildes sei hier nicht ersichtlich. Der Beklage habe sich nach § 184b Abs. 4 StGB unter der Geltung der erhöhten Strafandrohung von 2 Jahren Freiheitsstrafe strafbar gemacht. Der Orientierungsrahmen sei angesichts der Dienstpflichten von Lehrern die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die Anzahl der Bilddateien sei mit 8.173 ganz erheblich. Hinzu kämen 447 Videodateien mit der außerordentlich hohen Gesamtabspielzeit von mehr als 3 Tagen. Ein großer Teil der Dateien zeige den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Kleinstkindern in teilweise extremer Form. Eine - angenommene - verminderte Schuldfähigkeit würde dementsprechend nicht derart ins Gewicht fallen, dass von der angezeigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Abstand genommen werden könnte. Nachträgliche Therapiemaßnahmen würden sich nicht mildernd auswirken, da der bei Bestehen eines Dienstbezuges bei kinderpornografischem Fehlverhalten eingetretene Ansehens- und Autoritätsverlust nicht rückgängig gemacht werden könne. Der Umstand, dass der Beklagte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei, stelle keinen Milderungsgrund dar. Im Übrigen versuche der Beklagte weiterhin, den festgestellten Sachverhalt zu leugnen und sein Verhalten zu relativieren. Von einer uneingeschränkten Geständigkeit könne keine Rede sei.
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Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2015 den Beklagten angehört sowie den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. ... (zur Erläuterung des Therapieberichts vom 18.3.2014 bezüglich der vom Kläger und seiner Ehefrau absolvierten Paartherapie) sowie zu Fragen der forensischen Sicherung und der Sichtung der am 24.2.2011 beim Beklagten sichergestellten internen sowie zweier weiterer externer Festplatten die Zeugen ... und ... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen 1 bis 3 zum Verhandlungsprotokoll vom 26.3.2015 Bezug genommen. Danach hat der Senat durch Beschluss vom 26. März 2015 das Disziplinarverfahren gemäß § 41 LDG i.V.m. § 56 BDG beschränkt, so dass 3.635 Posingbilder sowie weitere 77 Posingvideos ausgeschieden wurden.
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Wegen des Inhalts des aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 28.05.15 erstellten forensisch-psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit wird auf das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Frau ..., vom 18.12.2015 verwiesen.
52
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf die Beiakten A bis D Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
53
Die Berufung ist zulässig und begründet. Dem Beklagten war das Ruhegehalt abzuerkennen.
54
Einem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen (§13 Abs. 2 Satz 2 LDG). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor.
55
Der Senat geht von folgendem Sachverhalt aus: Der Beklagte hat im Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011 auf einer internen Festplatte seines Medion-PC sowie auf zwei externen Festplatten 7.689 ungelöschte kinderpornografische Bilder gespeichert. Darunter befanden sich 3.635 Posing-Bilder, welche aufgrund des Beschlusses des Senats vom 26. März 2015 ausgeschieden wurden. Ferner speicherte der Beklagte im genannten Zeitraum 447 ungelöschte kinderpornografische digitale Videos mit einer Gesamtabspieldauer von 3 Tagen 4 Stunden 31 Minuten und 11 Sekunden. Darunter befanden sich 77 Posing-Videos, welche ebenfalls durch Beschluss vom 26. März 2015 ausgeschieden wurden. 37 kinderpornografische Bilder waren gelöscht. Damit legt der Senat seiner disziplinarrechtlichen Beurteilung 4.054 ungelöschte kinderpornografische Bilder sowie 370 ungelöschte kinderpornografische digitale Videos zugrunde. Unter den kinderpornografischen Schriften befanden sich solche, die den Missbrauch von Kindern deutlich unter 10 Jahren zeigten, solche, die den Geschlechtsverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den Geschlechtsverkehr von Kindern untereinander zeigten, solche, die den Analverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den Oralverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den sexuellen Missbrauch an Kindern mithilfe von Fremdkörpern (Vibratoren, etc.) zeigten und solche, die sexuelle Handlungen an gefesselten Kindern zeigten.
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Von diesem Sachverhalt ist der Senat aufgrund des Datensicherungsberichts vom 4.3.2011 und des Vermerks vom 18.11.2014 (Bl. 184 PA) sowie des Gutachtens des Sachverständigen für IT-Forensik ... (Gutachten der ... GmbH FA-140822-02 vom 24.9.2014) und der Vernehmung der Zeugen ... und ... im Termin vom 26.3.2015 überzeugt. Zwar ist die Begutachtung durch den Sachverständigen ... nicht anhand der sichergestellten Original-Festplatten (eine interne sowie zwei externe Festplatten) erfolgt. Es bestehen aber keinerlei vernünftige Zweifel daran, dass die auf die Festplatte der Firma ... kopierten Imagedateien mit den Originaldateien übereinstimmen. Die Originaldateien der hier interessierenden drei Festplatten sind bei der Bezirkskriminalinspektion ... mit dem forensischen Sicherungsprogramm Encase gesichert worden. Dies hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2015 näher erläutert. Es wurden 1:1 Kopien (sogenannte Imagedateien) erstellt und auf einer Sicherungsfestplatte (Nr. 752) gesichert. Sodann wurde die erfolgreiche Herstellung identischer Dateien durch den Abgleich der jeweiligen sogenannten HASH-Werte bestätigt. Die Imagedateien wiederum wurden zwecks Gutachtenerstellung durch den Zeugen ... auf eine Festplatte der Firma ... kopiert und auch hier ein Abgleich der HASH-Werte, d.h. des „digitalen Fingerabdrucks“ der Dateien vorgenommen und deren Übereinstimmung festgestellt. Die Datenträger bzw. deren Imagedateien, auf denen der Gutachter die kinderpornografischen Dateien festgestellt hat, stammen aus zwei externen Festplatten des Medion-PC sowie der internen Festplatte des PC. Die auf Bl. 3 des Gutachtens aufgeführten Referenznummern und Bezeichnungen entsprechen den Datenträgerbezeichnungen der Bezirkskriminalinspektion ... (Beweissicherung) im Datensicherungsbericht vom 4.3.2011. Hinzu kommt, dass tatsächlich bei der Durchsuchung der Wohnung des Beklagten am 24.2.2011 zwei externe und eine interne Festplatte sichergestellt wurden. Der Beklagte hat die Existenz kinderpornografischer Dateien auf diesen Festplatten nicht geleugnet. Bei dieser Sachlage hat der Senat keinerlei Zweifel an der Identität der begutachteten Dateien mit den seinerzeit sichergestellten Original-Datenträgern.
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Der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts steht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegen, dass die Original-Asservate nach Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 10.04.15 im Januar 2015 vernichtet worden sind. Ein Verwertungsverbot lässt sich hieraus nicht ableiten. Die vom Beklagtenvertreter in diesem Zusammenhang angesprochenen §§ 74 ff. StGB regeln die Voraussetzungen der Einziehung sowie deren eigentumsrechtlichen Folgen, ordnen jedoch kein Verwertungsverbot von zu Zwecken der Beweissicherung angefertigten Image-Dateien kinderpornografischer Schriften an. Auch datenschutzrechtliche Erwägungen stehen einer Verwertung nicht entgegen. § 49 Abs. 4 BeamtStG ermöglicht die Übermittlung von anlässlich eines Strafverfahrens erhobenen Daten an die Disziplinarbehörden. Zudem Regelt § 24 Abs. 1 Nr. 2 LDG, dass im Disziplinarverfahren Urkunden und Akten beigezogen werden können, wozu gegebenenfalls auch vorhandene Asservate der Staatsanwaltschaft gehören. Gemäß § 29 Abs. 1 LDG ist die Erhebung personenbezogener Daten sowie deren Verarbeitung und Nutzung im Disziplinarverfahren auch gegen den Willen der Beamtin oder des Beamten oder anderer Betroffener zulässig, wenn und soweit die Durchführung des Disziplinarverfahrens dies erfordert und überwiegende Belange der Beamtin oder des Beamten, anderer Betroffener oder der ersuchten Stelle nicht entgegenstehen. Wie der Staatsanwaltschaft ... auch vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens bekannt war, war gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst (bzw. der Aberkennung des Ruhegehaltes) eingeleitet worden. An der forensischen Sicherung und gutachterlichen Sichtung der erstellten Image-Dateien bestand vorliegend ein zwingendes öffentliches Interesse, welches die Übermittlung der gesicherten Daten und deren Auswertung rechtfertigt (vgl. - zur Übermittlung ermittelter Steuerdaten - BVerwG, Beschl. v. 5.3.2010 - 2 B 22/09 -, Juris).
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Der Berücksichtigung des Sachverhalts steht auch nicht - wie der Beklagtenvertreter geltend gemacht hat - entgegen, dass dem Beklagten in der konkretisierten Klageschrift eine um ein Vielfaches höhere Anzahl kinderpornografischer Dateien vorgeworfen wird. Der in der konkretisierten Klageschrift vorgeworfene Sachverhalt ist nicht neu. Nur bei einem neuen Sachverhalt ist die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage erforderlich. Entscheidend für die Abgrenzung der Nachtragsdisziplinarklage gemäß § 53 BDG vom Fall der Mängelbeseitigung der Klageschrift gemäß § 55 BDG ist, ob neue Handlungen einbezogen werden sollen, die noch nicht Gegenstand der Disziplinarklage waren. Ist hingegen ein Sachverhalt bereits von der Klage erfasst worden, so liegt in der nach Aufforderung gemäß § 55 Abs. 3 BDG erneut vorgelegten, von Verfahrensfehlern befreiten Klageschrift keine Nachtragsdisziplinarklage (Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Aufl., §53 Rdnr. 2). Die Klageschrift vom 16. Oktober 2012 ließ zwar die konkrete Bezeichnung der einzelnen Bild- und Videodateien, deren Besitz vorgeworfen wird sowie die Angabe des jeweiligen Besitzzeitraums der Dateien vermissen. Es wird jedoch in der Klageschrift deutlich, dass Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfes der Besitz kinderpornografischer Dateien ist, welche sich bis zur Sicherstellung des PC Miditower Medion nebst dessen zugehörigen Speichermedien am 24.2.2011 im Besitz des Beklagten befunden haben. Damit sind die inkriminierten Dateien der am 24.2.2011 sichergestellten Datenträger Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfes. Es ist für das Disziplinarverfahren unerheblich, dass die Strafverfolgung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 4.1.2012 gemäß § 154a Abs. 1 StPO auf den Vorwurf des Strafbefehls beschränkt wurde. Dieser wirft dem Beklagten vor, in ... in der Zeit bis zum 24.2.2011 mindestens 925 kinderpornografische Bilddateien und mindestens 190 Videodateien besessen zu haben.
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Eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl kinderpornografischer Dateien enthält die Klageschrift nicht. Durch die Bezugnahme auf den Strafbefehl und die strafrechtlichen Ermittlungen wird vielmehr bei verständiger Würdigung deutlich, dass der Besitz aller kinderpornografischer Dateien bis zum 24.2.2011 vorgeworfen wird, welche sich auf dem PC Miditower „Medion" nebst zugehörigen Speichermedien befanden. Mit der konkretisierten Klageschrift liegt keine Ausweitung des Sachverhalts um weitere Dienstvergehen vor, sondern es handelt sich um eine Konkretisierung der angeschuldigten Anzahl an kinderpornografischen Dateien.
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Schließlich steht der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts auch nicht etwa entgegen, dass - diesen Gesichtspunkt hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - vor Übermittlung der konkretisierten Klageschrift der Personalrat nicht erneut beteiligt wurde. Abgesehen davon, dass sich zu diesem Zeitpunkt der Beklagte bereits im Ruhestand befand, ist eine erneute Beteiligung des vor Erhebung der Disziplinarklage bereits beteiligten zuständigen Personalrats nicht erforderlich.
61
Aus dem Gutachten der... GmbH ... vom 24.9.2014 geht ferner hervor, dass der Download der Dateien am 16.2.2009, 17.4.2009 und am 21.4.2009 erfolgte, während der früheste Erstellzeitpunkt einer kinderpornografischen Datei für den 9.3.2009 ermittelt wurde. Den Umstand, dass zwischen dem ersten Download (16.2.2009) und dem 9.3.2009 keine Erstellung kinderpornografischer Dateien festgestellt werden konnte, hat der Sachverständige ... in seinem Gutachten auf den Einsatz von Wiping-Software zurückgeführt. Durch diese Löschsoftware würden unwiderruflich alle Dateiinhalte und die Meta-Daten einer Datei gelöscht, so dass keine Aussage mehr darüber getroffen werden könne, welche Dateien mit Hilfe des Wiping-Programmes gelöscht wurden. Der Sachverständige ... hat den Löschvorgang im Termin am 26.3.2015 näher erläutert und ausgeführt, es seien die Dateinamen mit der Löschsoftware überschrieben worden, so dass man sie nicht habe wiederherstellen können.
62
Der zur Überzeugung des Senats feststehende Sachverhalt begründet die Annahme einer vorsätzlichen, rechtswidrigen und damit schuldhaften außerdienstlichen Dienstpflichtverletzung im Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011. Der Beklagte hat zugleich einen Straftatbestand verwirklicht und damit gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen. Für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes am 1.4.2009 folgt dies aus § 36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. § 66 Satz 3 LDG a.F.. Gemäß § 36 Satz 3 BRRG a.F. muss das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Gleiches fordert die Vorschrift des § 66 Satz 3 LDG a.F..
63
Der Beklagte hat durch den Besitz kinderpornografischer Dateien den Straftatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB verwirklicht. Nach dieser Vorschrift wird derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer kinderpornografische Schriften besitzt, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Dass der Beklagte den Straftatbestand vorsätzlich verwirklicht hat, ergibt sich aus dem Gutachten vom 24.9.2014, wonach die strukturierte Ablage der Dateien, deren eindeutige Benennung sowie das Vorhandensein von Vorschau-Bildern die Kenntnis des Beklagten von dem Inhalt der gespeicherten Dateien belegt. Dass der Beklagte wusste, welche Dateien er speicherte, ist im Übrigen zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Der Beklagte selbst hat den Besitz von kinderpornografischen Dateien zugegeben und seine Kenntnis der jeweiligen Inhalte auch im Rahmen der forensischen Begutachtung durch die Oberärztin ... nicht bestritten.
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Dies begründet für den Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 31.3.2009 die Annahme einer Dienstpflichtverletzung gemäß §36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. §66 Satz 3 LDG a.F.. Für die Zeit danach, d.h. ab dem Inkrafttreten des Beamtenrechtsstatusgesetzes, ergibt sich dies aus § 34 Satz 3 BeamtStG, wonach das Verhalten des Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert.
65
Hierdurch hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Gemäß § 45 Abs. 1 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 LBG a.F. begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§45 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F.). Für die Zeit nach Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes ergibt sich dies aus § 47 Abs. 1 BeamtStG.
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Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Danach ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zu Tage getretene Fehlverhalten einheitlich zu würdigen. Die Pflichtenverstöße stellen disziplinarrechtlich eine Einheit dar. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen. Nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten kann beurteilt werden, ob der Beamte im Beamtenverhältnis noch tragbar ist und, falls dies zu bejahen ist, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, um ihn zur künftigen Einhaltung der Dienstpflichten und der Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums anzuhalten (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2011 - 2A5.09 -, Juris Rdnr. 12, v. 14.2.2007 - 1 D 12.05 -, BVerwGE 128, 125 = Juris jeweils Rdnr. 21 f.; Beschl. v. 6.6.2013 - 2 B 50.12 -, Juris Rdnr. 14 u. v. 11.2.2014 - 2 B 37.12 -, Juris Rdnr. 17).
67
Aus § 34 Satz 3 und § 47 Abs. 1 BeamtStG folgt nichts anderes, weil die Vorschriften mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache mit den genannten Vorgängerregelungen übereinstimmen und damit für den Beklagten keine günstigere Rechtslage geschaffen haben, auf die er sich nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB im Disziplinarverfahren berufen könnte (BVerwG, Urt. v. 25.8.2009 - 1 D 1.08 -, Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 = Juris jeweils Rdnr. 33).
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Der Beklagte hat vorliegend das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Er hatte die kinderpornografischen Dateien auf seinem privaten Computer zu Hause abgespeichert. Gleichwohl handelt es sich um ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen i.S.v. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG bzw. i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F..
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Bereits allein aufgrund der Höhe der in § 184b Abs. 4 StGB normierten Strafandrohung erfüllt auch die außerdienstliche Pflichtverletzung des Besitzes kinderpornografischer Dateien die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen, wonach ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen ist, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Außerdem weist das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Dienstvergehen einen Bezug zum (ehemaligen) Dienstposten des Beklagten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Dies ist der Fall, weil der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden. Nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens ist ein Lehrer bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (BVerwG, Urt. v. 19.8.2010 - 2C5/10-, NVwZ 2011, 303). Wer kinderpornografische Schriften besitzt, trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 167a Abs.2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist im hohen Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung zu einer Gesamtpersönlichkeit sowie seiner Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbarem Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln. Der Besitz von Schriften, die - wie hier - den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, ist mit diesem Bildungsauftrag der Schule unvereinbar und lässt dessen Erfüllung durch den Beamten zweifelhaft erscheinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.8.2010, a.a.O.).
70
Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann (BVerwG, Beschl. v. 25.2.2012 - 2 B 133/11 -, Juris, Rdnr. 11). Hierbei macht es keinen Unterschied, dass der Beklagte Berufsschullehrer ist. Nach allem liegt hier ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen vor.
71
Der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts steht nicht entgegen, dass sich der Beklagte mittlerweile im Ruhestand befindet. § 47 Abs. 1 BeamtStG unterscheidet zwar zwischen aktiven Beamten und Ruhestandsbeamten, abzustellen ist aber insoweit nicht auf den derzeitigen Status der Beklagten, sondern auf ihren Status, den sie zum Zeitpunkt der Pflichtverletzungen innehatte. Für die Ausübung der Disziplinarbefugnis gelten die gesetzlichen Maßnahmenkataloge für aktive Beamte und für Ruhestandsbeamte (§ 5 Abs. 1 und 2 LDG). Als Disziplinarmaßnahme gegen Ruhestandsbeamte kommen nur die Kürzung und die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht (§ 5 Abs. 2, §§ 11, 12 LDG). Tritt ein Beamter in den Ruhestand, nachdem er ein Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich gezogen hätte, ist stattdessen das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 LDG). Diese Regelung stellt aus Gründen der Gleichbehandlung sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines im aktiven Dienst begangenen schweren Dienstvergehens, das ihn als Beamter untragbar macht und deshalb zur Auflösung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit führen muss, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Ebenso wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dient die Aberkennung des Ruhegehalts der Wahrung der Integrität des Berufsbeamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22.11.01 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Urteil vom 28.07.11 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 32; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6 und vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - Rn. 19). Dasselbe gilt, wenn auf die nächst niedrigere Maßnahme bei einem aktiven Beamten, nämlich auf die Zurückstufung (§ 9 LDG) oder auf die noch niedrigere Maßnahme, nämlich auf die Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 LDG) zu erkennen wäre. Nach dem Eintritt in den Ruhestand ist in diesen Fällen auf Kürzung die Ruhegehaltskürzung (§ 11 LDG) auszusprechen. Käme bei einem aktiven Beamten nur eine Geldbuße (§ 6 LDG) oder ein Verweis (§ 7 LDG) in Betracht, gibt es hierfür keine Entsprechung bei einem Ruhestandsbeamten und das Verfahren ist einzustellen bzw. bei einer Disziplinarklage ist diese abzuweisen.
72
Das einheitlich zu bewertende Dienstvergehen erfordert seiner Art und Schwere nach die Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12 LDG).
73
Gemäß § 13 Abs.1 LDG ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Aus § 13 LDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten.
74
Maßgebend ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich insoweit nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten und nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte (std. Rspr. d. BVerwG, Urt. v. 23.12.2012 - 2C38.10- m.w.N.). Das Kriterium Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich und seine konkret ausgeübte Funktion.
75
Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz3 LDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.
76
Das festgestellte Dienstvergehen ist nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen; hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 261 ff). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zur Vertrauensbeeinträchtigung, zum Persönlichkeitsbild und zum bisherigen dienstlichen Verhalten im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Wiegt das Dienstvergehen derart schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinne einer Milderung beeinflussen.
77
Anders als bei einem unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung ist beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlungen zu groß ist. Dies gilt auch für die Fälle, in denen das strafbare Verhalten einen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten aufweist. Für die Bestimmung des Orientierungsrahmens ist der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen maßgeblich. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27.12.03 (BGBl. I S. 3007), mit dem der Gesetzgeber den Strafrahmen für das Vergehen des Besitzes kinderpornografischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht hat, reicht der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Beschl. v. 25.5.2012, a.a.O., Rdnr. 11; BVerwG, Urt. v. 19.8.2010, a.a.O.).
78
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt in diesem Fall dann in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zu Gute kommen (BVerwG, Beschl. v. 25.5.2012, a.a.O., Rdnr. 11).
79
Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen stuft der Senat als derart schwer ein, dass bei einem aktiven Beamten allein die Sanktionierung mit der schwersten Maßnahme des § 5 Abs. 1 LDG, der Entfernung aus dem Dienst, in Betracht käme, so dass bei dem Beklagten, der sich mittlerweile im Ruhestand befindet, das Ruhegehalt abzuerkennen ist, §§ 12, 13 Abs. 2 Satz 2 LDG.
80
Die besondere Verwerflichkeit des Dienstvergehens folgt für den Senat aus der außerordentlich hohen Anzahl ungelöschter kinderpornografischer Dateien (3.635) sowie kinderpornografischer Videos (370) sowie des Umstandes, dass sich unter den festgestellten Schriften sehr eindeutige/auffällige kinderpornografische Schriften befanden. Unter anderem befanden sich unter den kinderpornografischen Schriften auch solche, die sexuelle Handlungen an gefesselten Kindern und den sexuellen Missbrauch an Kindern mithilfe von Fremdkörpern zeigten. Zudem dauerte der Besitz der kinderpornografischen Dateien über einen langen Zeitraum (9.3.2009 bis zum Zeitpunkt der Sicherstellung am 24.2.2011).
81
Danach ist die Entfernung aus dem Dienst bzw. - im Falle des Beklagten - die Aberkennung des Ruhegehalts Richtschnur für die Maßnahmebemessung. Milderungsgründe von erheblichem Gewicht, die es rechtfertigen könnten, von der durch die besondere Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme abzusehen, liegen nicht vor. Unter Geltung der Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG sind entlastende Umstände nicht auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (vgl. std. Rspr. d. BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 – 2 C 12.04 -, Juris Rdnr. 26 ff.; v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 -, Juris Rdnr. 23 m.w.N.; v. 29.3.2012 – 2 A 11.10 -, Juris Rdnr. 80). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung der belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens stehen muss, was maßgebend auch vom Verschulden des Beamten abhängt. Wenn eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, wird die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.2010 - 2 C 83/08 -, NVwZ 2010, 1571 = Juris Rdnr. 34).
82
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehen der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden (§ 21 StGB). Gemäß § 20 StGB handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit war vorliegend aufgrund der überzeugenden Ausführungen der Gutachterin Frau ... auszuschließen. Diese hat in ihrer psychiatrischen Begutachtung vom 18.12.2015 sowie in ihrer Erläuterung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2016 zum einen dargelegt, dass es bereits an den in § 20 StGB genannten medizinischen Eingangskriterien fehle. Weder habe der Beklagte bei Begehung der Tat an einer krankhaften seelischen Störung gelitten noch habe eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorgelegen. Auch die anderen beiden Fallgruppen (Schwachsinn; schwere andere seelische Abartigkeit) seien zu verneinen. Der Senat hält diese Ausführungen der Gutachterin für widerspruchsfrei und überzeugend. Bereits hiernach kann ein Fall des § 21 StGB nicht angenommen werden. Hinzu kommt, dass die Gutachterin im Einzelnen sowohl in ihrem Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, dass der Beklagte sowohl fähig war, das Unrecht der Tat einzusehen als auch fähig war, nach dieser Einsicht zu handeln. Hinsichtlich des ersteren Aspekts folgt dies nachvollziehbar und ohne weiteres daraus, dass der Beklagte selbst angegeben hat, dass ihm das Verbotene seiner Handlungen bewusst gewesen sei. Auch eine Steuerungsfähigkeit hat die Gutachterin angenommen. So habe der Beklagte durchaus situationsabhängig - je nach Anwesenheit seiner Frau - sein Verhalten im Hinblick auf den Konsum kinderpornografischer Dateien steuern können. Auch die strukturierte Ablage der Dateien spreche zusätzlich für eine uneingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Delikte habe er sich psychisch jeweils in einem Zustand befunden, in welchem er in der Lage gewesen sei, das Unrecht seiner Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Er habe sich an situative Gegebenheiten anpassen können und sei zu einer Risikoabwägung und adäquatem Nachtatverhalten in der Lage gewesen. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen der Gutachterin ... . Eine erheblich eingeschränkte Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB ist somit zu verneinen.
83
Es kann auch keine Rede davon sein, dass es sich bei dem Dienstvergehen um eine sogenannte „Augenblickstat“ gehandelt hat. Allein die Feststellung, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Sicherstellung am 24.02.2011 die kinderpornografischen Dateien etwa zwei Jahre in Besitz hatte, verbietet die Annahme einer Milderungsmöglichkeit unter dem Gesichtspunkt einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Beklagte selbst angegeben hat, bereits 1999 kinderpornografische Dateien auf seinem PC gespeichert zu haben. Es kann dahinstehen, ob dieses - seinerzeit strafrechtlich nicht geahndete - Verhalten im Rahmen der Würdigung des Persönlichkeitsbildes zu Lasten des Beamten gewertet werden dürfte oder ob dem § 51 BZRG entgegenstünde.
84
Der Senat hat gewürdigt, dass der Beklagte eine Paartherapie bei Prof. Dr. ... absolviert hat und die Gutachterin ... in ihrem Gutachten vom 18.12.2015 nicht zuletzt aufgrund der absolvierten Therapie, aber auch aufgrund anderer Umstände eine (überwiegend) günstige Prognose abgegeben und dies in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt hat. Dies rechtfertigt jedoch bei einer Gesamtwürdigung kein Absehen von der Aberkennung des Ruhegehaltes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zu den Fällen, in denen der Besitz kinderpornografischen Materials keinen dienstlichen Bezug aufweist, der Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern durch eine Therapie nicht rückgängig gemacht wird (BVerwG, Beschl. v. 25.2.2012, a.a.O., Rdnr. 17). Auch der vom Beklagten geltend gemachte Umstand, dass nur wenige in der Schule von seinem Fehlverhalten Kenntnis erlangt hätten und er durch Akzeptanz der Suspendierung vom Dienst sowie seiner Entscheidung, vorzeitig in den Ruhestand zu treten, Schaden von der Schule abgewendet hätte, kann hier nicht zu einer anderen Bewertung führen. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 2 StGB strafbar gemacht hat, ist regelmäßig Eignungszweifeln ausgesetzt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppen verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Dabei genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die bloße Eignung des Dienstvergehens, zu einem konkreten Ansehensschaden muss es nicht gekommen sein (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2010 -2 B 18/10-, a.a.O., Juris Rdnr. 15). Der Umstand, dass der Beklagte nicht mehr als Lehrer tätig ist, weshalb sich die Frage einer Beeinträchtigung seiner Aufgabenwahrnehmung nicht mehr stellt, ändert an der Rechtmäßigkeit der vom Kläger beantragten Disziplinarmaßnahme nichts, weil gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen ist, wenn sie oder er als noch im Dienst befindliche Beamtin oder im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Abzustellen ist nach dem Gesetz auf die fiktive Frage, ob - wäre der Lehrer noch aktiver Lehrer - das hier zu beurteilende Dienstvergehen eine Entfernung aus dem Dienst gebieten würde. Dies ist hier zu bejahen.
85
Richtig ist, dass der Beklagte zuvor weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist und über lange Zeit ordentliche dienstliche Leistungen erbracht hat. Dies kann allerdings angesichts der Schwere der Verfehlung keine durchgreifende Bedeutung zukommen. Jede Beamtin und jeder Beamte ist nämlich verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz seiner Arbeitskraft zu erbringen und sich inner- und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.3.2012 -2A 11.10-, Juris Rdnr. 82). Ohne durchgreifende Bedeutung ist auch der Umstand, dass der Beklagte an einem Berufsbildenden Gymnasium tätig war. Die Eignung des hier in Rede stehenden Dienstvergehens, einen nicht wieder gutzumachenden Ansehens- und Autoritätsverlust zu bewirken, der die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe regelmäßig unmöglich macht, ist auch in diesem Falle gegeben.
86
Schließlich kommt auch dem Umstand, dass der Beklagte bis zu einem gewissen Grade geständig war, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Richtig ist, dass der Beklagte den Besitz kinderpornografischer Dateien weder im Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren grundsätzlich abgestritten hat. Dabei ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass aufgrund der erfolgten Sicherstellung der Sachverhalt vom Grundsatz her ohnehin nicht zu verschleiern war. Hinsichtlich der Anzahl der kinderpornografischen Dateien weist das Verhalten des Beklagten zudem durchaus Verharmlosungstendenzen auf; so hat er noch bei der Gutachterin ... angegeben, die durch den Sachverständigen ... festgestellten Zahlen seien nicht „seine Zahlen"; sollten sie gleichwohl stimmen, könne er sich dies nur mit einer Art Sammelsucht erklären.
87
Schließlich führt auch die bisherige Dauer des Disziplinarverfahrens nicht zu einem anderen Ergebnis. Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. - wie hier - die Aberkennung des Ruhegehalts geboten ist, kann nicht davon abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch ein gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013 - 2 C 3.12-, Juris Rdnr. 53, zuletzt Beschl. v. 10.10.2014 - 2B66.14-, Juris Rdnr. 7).
88
Die gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK verstoßende unangemessen lange Dauer eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens kann nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Daher kann der Verstoß für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013, a.a.O., Rdnr. 50).
89
Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Verfahrensbeteiligten wegen der unangemessen langen Verfahrensdauer auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG i.d.F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.11 (BGBl. I S. 2302) verwiesen. Diese Vorschriften finden auf gerichtliche Disziplinarverfahren Anwendung (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013, a.a.O., Rdnr. 51). Für den vorliegenden Fall ergibt sich dies aus § 173 Satz 2 VwGO, § 4 LDG).
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert.
Dem Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.
Tatbestand
Der Beklagte ist 1950 geboren. Seine 1957 begonnene Schulausbildung beendete er im Februar 1971. Im Anschluss hieran studierte er ....
Im April 1978 bestand er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen mit der Note „befriedigend“.
Im Dezember 1979 bestand er die Zweite Staatsprüfung mit der Note „befriedigend“.
1980 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat zur Anstellung ernannt und an der beruflichen Schule des Kreises Steinburg in ... in den Schuldienst des Landes Schleswig-Holstein eingestellt. 1983 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Studienrat ernannt; mit Wirkung vom 01.11.1992 wurde er zum Oberstudienrat befördert.
Von 1989 bis 2004 war der Beklagte regelmäßig im Bereich der Fort- und Weiterbildung für das Institut für Qualitätssicherung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) tätig. Von Mai 2007 bis 31.01.08 war er Mitglied der Lehrplankommission „Rechnungswesen“.
Der Beklagte ist seit Juli 1985 in zweiter Ehe verheiratet. Er hat keine Kinder.
Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind geordnet. Die ihm letztmalig im Dezember 2009 erteilte Anlassbeurteilung endete mit dem Gesamturteil „gut“; Anlass war eine letztlich erfolglos gebliebene Bewerbung auf eine A15-Stelle.
Auf eigenen Antrag ist der Beklagte mit Ablauf des Monats Juli 2013 vorzeitig in den Ruhestand getreten. Sein Ruhegehaltssatz beträgt 69,44 vom Hundert abzüglich eines Abschlages in Höhe von 7,49 %.
8
Anfang Januar 2012 übermittelte die Staatsanwaltschaft dem Kläger den Entwurf eines Strafbefehls gemäß Nr. 15 MISTRA. In dem Strafbefehl wurde dem Beklagten vorgeworfen, in der Zeit bis zum 24.02.11 pornografische Schriften (§11 Abs. 3 StGB), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) zum Gegenstand haben (kinderpornografische Schriften), die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, besessen zu haben.
9
Unter dem 10.01.12 leitete der Kläger gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und setzte dies für die Dauer des sachgleichen Strafverfahrens aus. Mit Verfügung vom 18.01.12 wurde der Beklagte gemäß § 38 LDG vorläufig des Dienstes enthoben. Der Beklagte legte keinerlei Rechtsbehelfe ein.
10
Mit Strafbefehl vom 09.01.12 (Az.: 315 Js 3072/11) setzte das Amtsgericht gegen den Beklagten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 109,-- Euro fest. In dem Strafbefehl heißt es:
11
„Sie übten bis zu dessen Sicherstellung am 24.02.11 die unmittelbare Sachherrschaft über einen PC Miditower „Medion“ nebst zugehörigen Speichermedien aus, auf welchen - wie Sie wussten - mindestens 925 Bilddateien und mindestens 190 Videodateien gespeichert waren, die sexuelles Verhalten vergröbernd darstellen und den Menschen unter weitgehender Ausklammerung emotional-individualistischer Bezüge zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung machen. Diese pornografischen Schriften hatten den - zum Teil schweren - sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand.
12
Exemplarisch zu nennen ist eine Bilddatei mit dem Namen „0116.jpg". Diese zeigt im Fokus des Bildes, wie ein erwachsener Mann seinen erigierten Penis in die Vagina eines nach dem äußeren Erscheinungsbild etwa sechsjährigen Mädchens augenscheinlich asiatischer Abstammung einführt.
13
Eine weitere exemplarisch zu nennende Datei ... beinhaltet eine Videosequenz mit einer Spieldauer von 3 Minuten 4 Sekunden und zeigt unter anderem, wie ein erwachsener Mann seinen Penis in die Vagina eines etwa fünfjährigen Mädchens einführt ...
14
Bei den exemplarisch genannten sowie weiteren mindestens 1.115 Bild- und Videodateien vergleichbaren Inhaltes hielten Sie es zumindest für möglich, dass es sich bei diesen um kinderpornografische Schriften handelt, was Sie auch billigend in Kauf nahmen.
15
Angewendete Vorschrift: § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB."
16
Der Strafbefehl ist seit dem 25.01.12 rechtskräftig.
17
Unter dem 27.03.12 setzte der Kläger das Disziplinarverfahren fort.
18
Der Beklagte äußerte sich mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 27.4.2012 zu den Vorwürfen dahingehend, der mit dem rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vorgehaltene Sachverhalt sei zutreffend. Es sei aber darauf hinzuweisen, dass die in dem Strafbefehl angeführte Anzahl von Bild- und Videodateien nur teilweise rechtswidrigen sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand habe. Unter den Dateien fänden sich auch solche mit nicht verbotenem Inhalt und auch Doppel völlig gleicher Daten. Hervorzuheben sei, dass es sich bei der Verfehlung ausnahmslos um Vorgänge handele, die dem privaten Bereich zuzuordnen seien, auch wenn wegen der Berufstätigkeit als Lehrer von dienstlichem Einschlag ausgegangen werden müsse. Er - der Beklagte - sei seit 32 Jahren im Beamtenverhältnis als Lehrer tätig und durchgehend dienstlich gut beurteilt worden. Er sei bisher straf- und disziplinarrechtlich unbescholten. Er sei einer der sehr aktiven Lehrer an der Schule, engagiere sich für Schule und Schüler in ungewöhnlichem Maße mit deutlich überobligatorischem Einsatz. Er werde sowohl von den Kollegen als auch von den Schülern geschätzt. Ihm sei seit 2005 an der Schule als Funktionsstelle die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit übertragen worden. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er für die Schule die Webseite im Content-Management-System erstellt, die er seither laufend gepflegt habe. Er sei über 15 Jahre lang beim damaligen IPTS als Leiter der kaufmännischen Multiplikatorenschulung EDV in Neumünster tätig gewesen. Vorher sei er von etwa 1982 bis ca. 1986 als Verbindungslehrer verwendet worden. Während dieser Zeit habe er die Satzung der Schülervertretung und die Schülerzeitung betreut. Außerdem habe er im Laufe der Zeit rund 30 erfolgreiche Studienfahrten der Studienstufe und der Berufsschule organisiert. Er habe für Schüler über den eigentlichen Schulbereich hinaus vielfältiges soziales Engagement gezeigt, z.B. mit Kurs- und Tutandentreffen. Zwischen 1986 und 2008 habe er sich in seiner Eigenschaft als Kreistagsabgeordneter sehr für seine Schule eingesetzt. Er sei maßgeblich an der Arbeitsgruppe des Schulträgers zur Satzungserarbeitung unter Leitung einer Arbeitsgruppe im Rahmen der Gründung des regionalen Berufsbildungszentrums des Kreises Steinburg beteiligt gewesen.
19
Beim Institut für Sexualforschung und forensische Therapie am Universitätsklinikum Eppendorf habe er eine Behandlung aufgenommen. Zunächst habe im Rahmen von mehrere Monate dauernden Vorgesprächen eine Klärung vorgenommen werden müssen, welche Ursachen zu seiner Verfehlung geführt haben könnten, um eine geeignete Form der Therapie zu ermitteln. Dieses „Vorverfahren“ sei inzwischen abgeschlossen und habe zu dem Vorschlag einer besonderen Einzeltherapie geführt. Diese könne jedoch beim Universitätsklinikum Eppendorf nicht durchgeführt werden, da kein Therapeut zur Verfügung stehe. Ihm sei jedoch eine andere geeignete Therapeutin vorgeschlagen worden, mit der er Kontakt aufgenommen habe.
20
Die vorläufige Dienstenthebung wolle er respektieren, von der Kürzung seiner Dienstbezüge bitte er abzusehen.
21
Mit Schreiben vom 3.07.12 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Ermittlungen im Disziplinarverfahren abgeschlossen seien. Der Beklagte nahm im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass er sehr darum bemüht sei, bei weiteren Therapeuten seine Suchterscheinung bearbeiten zu können.
22
Nach Beteiligung des Hauptpersonalrates - Lehrer - hat der Kläger am 17. Oktober 2012 Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erhoben.
23
In der disziplinarrechtlichen Bewertung hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, der strafbare Besitz kinderpornografischen Materials sei mit den berechtigten Erwartungen in die charakterliche Eignung einer Lehrkraft unvereinbar. Der Besitz kinderpornografischer Bild- und Videodateien bis zur Beschlagnahme am 24.2.2011 stelle ein außerdienstliches Dienstvergehen von erheblichem disziplinarischem Gewicht dar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei anerkannt, dass ein solches Verhalten im besonderen Maße geeignet sei, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Lehrers bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Der Zugriff auf kinderpornografische Bilder durch einen Lehrer habe angesichts des Erziehungsauftrages aus der Sicht eines vorurteilsfreien und besonnenen Betrachters im Regelfall einen endgültigen und vollständigen Verlust seines Ansehens als Erzieher und Vorbild zur Folge. Wer als Lehrer in dieser Weise versage, beweise erhebliche Persönlichkeitsdefizite, die ihn - nicht zuletzt auch im Hinblick auf seine Vorbildfunktion - regelmäßig in der Schule gänzlich untragbar machten. Daher sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Fällen des Besitzes kinderpornografischer Schriften angesichts der Dienstpflichten von Lehrern der Orientierungsrahmen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
24
Für die abschließende Bewertung des Dienstvergehens sei das Persönlichkeitsbild des Beamten von erheblicher Bedeutung. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Beamte ausweislich der Strafakte bereits in der Vergangenheit kinderpornografische Schriften besessen habe. Von einem persönlichkeitsfremden Handeln könne daher nicht ausgegangen werden. Weder die Absicht einer therapeutischen Aufarbeitung des Fehlverhaltens noch ein engagierter dienstlicher Einsatz noch der Umstand, dass er bisher disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, sei geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so zu relativieren, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könne.
Nachdem der Kläger zunächst beantragt hat, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat er nach dessen Versetzung in den Ruhestand nunmehr beantragt, dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
30
Er hat in Ergänzung seines bisherigen Vorbringens auf einen Bericht seines Therapeuten, des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn Prof. em. Dr. med. ..., vom 18.06.13 verwiesen.
31
Ergänzend hat der Beklagte geltend gemacht, er plane soziales Engagement im ehrenamtlichen Bereich, z.B. Bahnhofsmission, Alten- und Pflegeheim, Klinikum u.ä.. Arbeit in der Hauswirtschaft, im Garten und reale Erlebnisse würden Freude an der realen Welt entstehen lassen. Zusammenfassend hat der Beklagte die Ansicht vertreten, dass seine Krankheit, seine Krankheitseinsicht und die Tatsache, dass er sich mit ersten Erfolgen in eine Therapie begeben habe, für die Auswahl der zu treffenden Disziplinarmaßnahme bedeutsam sei und jedenfalls von einem Milderungsgrund ausgegangen werden müsse.
32
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. August 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für das disziplinarwürdige Vergehen des Beklagten bestehe zwar ein Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Dienst und damit bis zur Aberkennung des Ruhegehaltes. Auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens sei es aber erforderlich, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Hieran gemessen sei nicht zuletzt aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten gewonnenen Eindrucks eine Zurückstufung tat- und schuldangemessen. Das beschlagnahmte Material sei zwar exemplarisch ausgewertet worden, die reine Anzahl der vorgefundenen Dateien gebe aber keinen Aufschluss darüber, wie häufig oder wie lange der Beklagte Dateien mit kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet heruntergeladen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte geständig sei. Die Einschätzung des Klägers, dass der Beklagte aufgrund seiner Angaben bei der Durchsuchung am 24.2.2011, wonach sein Computer bereits 1999 ebenfalls wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften beschlagnahmt worden sei, als Wiederholungstäter gesehen werden müsse, könne aus Rechtsgründen nicht geteilt werden. Zudem habe der Beklagte jeden (weiteren) Schaden von der Schule abgehalten, indem er die Suspendierung nicht angefochten habe und in den Antragsruhestand getreten sei. Im aktiven Dienstverhältnis wäre nach Auffassung des Verwaltungsgerichts eine Zurückstufung auszusprechen gewesen. Dies scheide jedoch für den Beklagten als Ruhestandsbeamten aus. Eine Kürzung des Ruhegehaltes wiederum scheitere an § 14 Abs. 1 LDG, da diese Maßnahme nicht ausgesprochen werden dürfe, wenn gegen einen Beamten im Strafverfahren unanfechtbar eine Strafe verhängt worden sei.
33
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
34
Er macht geltend, es sei auf Aberkennung des Ruhegehaltes zu erkennen. Der Beklagte sei mit Ablauf des Monats Juli 2013 antragsgemäß in den Ruhestand versetzt worden. Als noch im Dienst befindlicher Beamter hätte er gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müssen. Bei einem Lehrer wiege der außerdienstliche Besitz von kinderpornografischen Schriften wegen des stets gegebenen dienstlichen Bezuges schwer. Der Orientierungsrahmen für die disziplinarrechtliche Maßnahme reiche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bis zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lägen keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht vor, die eine Abmilderung des Orientierungsrahmens angezeigt sein ließen. Der Beklagte habe zwischen dem 16.2. und dem 21.4.2009 insgesamt fünfmal Dateien kinderpornografischen Inhalts aus dem Internet heruntergeladen. Die Auswertung habe insgesamt 5.121 Dateien ergeben, darunter 1.906 Videodateien. Von den Videodateien seien über 10 %, d.h. mindestens 190 als eindeutig kinderpornografisch identifiziert worden. Von den Bilddateien seien durch das Programm „PERKEO“ mindestens 925 Bilddateien als eindeutig kinderpornografisch identifiziert worden. Aufgrund der geständigen Einlassung und des Fehlens von Anzeichen für Verbreitungshandlungen sei die Strafverfolgung letztlich auf eine Mindestanzahl von 1.115 Bild-und Videodateien beschränkt worden. Wegen der Anzahl der Dateien, der Dauer des Besitzes und des planmäßigen Vorgehens bei der Verwahrung sei die Annahme einer Augenblickstat sowie mildernder Umstände ausgeschlossen. Die begonnene Therapie rechtfertige keine mildere Disziplinarmaßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht habe insoweit bereits entschieden, dass der Ansehens- und Autoritätsverlust hierdurch nicht rückgängig gemacht werden könne. Zudem bestünden keine Anhaltspunkte für eine verminderte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei der Tat. Die vom Beklagten bei der Hausdurchsuchung selbst angesprochene erste Hausdurchsuchung wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften sowie der Umstand, dass nach der eigenen Einlassung das seinerzeitige Strafverfahren gegen Verhängung einer Geldbuße eingestellt worden sei, habe den Beklagten seinerzeit nicht zur Aufnahme einer Therapie bewogen. Dies sei erst nach Einleitung der Disziplinarklage erfolgt. Zudem scheine der Beklagte die Verantwortung für sein eigenes Fehlverhalten letztlich den schulischen Gegebenheiten und der von ihm empfundenen Mobbingsituation zuschreiben zu wollen. Auch der Eintritt in den Ruhestand rechtfertige keine mildere Maßnahme. Aus Gründen der Gleichbehandlung solle ein Beamter, der nach Begehung einer schwerwiegenden Verfehlung in den Ruhestand tritt, grundsätzlich nicht besser gestellt werden. Der Umstand, dass eine definitive Feststellung der genauen Anzahl der kinderpornografischen Bild- und Videodateien im Strafverfahren unterblieben sei, beruhe maßgeblich auf dem Geständnis des Beklagten und dem eigenen Vorschlag eines von der Staatsanwaltschaft akzeptierten Strafmaßes. Erforderlichenfalls sei Beweis über den Umfang der kinderpornografischen Dateien sowie den Zeitraum ihres Besitzes zu erheben. Ein Sachverständigengutachten könne anhand der gespeicherten Metadaten Auskunft über Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer der Downloads geben.
35
Gegen die beantragte Disziplinarmaßnahme könne nicht eingewandt werden, dass bislang keine Kenntnis von der Straftat nach außen gedrungen sei. Ein konkreter Ansehensschaden sei hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich. Sollten dem Gericht die bisherigen Feststellungen als Grundlage der beantragten Maßnahme nicht ausreichen, so sei gemäß §65 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG vom Oberverwaltungsgericht als Tatsachengericht Beweis zu erheben bzw. zumindest eine Mängelbeseitigungsaufforderung vorzunehmen. Im Übrigen sei in das Verfahren auch nicht etwa ein neuer Sachverhalt eingeführt worden. Ausweislich der Klageschrift habe sich der Dienstherr auf das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen gestützt und nicht auf den Strafbefehl und die dort lediglich exemplarisch benannten beiden Dateien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 08.08.13 zu ändern und gegen den Beklagten auf Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
40
Er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für richtig. Die Aberkennung des Ruhegehaltes würde gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Auch bei einem Lehrer rechtfertige der Besitz kinderpornografischer Schriften keineswegs die Entfernung aus dem Dienst als disziplinarische Regelmaßnahme, von der nur unter ganz besonderen Umständen abzusehen sei. Vielmehr sei im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller Besonderheiten des Einzelfalles erst zu klären, ob und warum überhaupt die Höchstmaßnahme in Betracht zu ziehen sei. Dies habe das Verwaltungsgericht im Grundsatz richtig erkannt. Zu Recht habe es darauf abgestellt, dass die Anzahl von Dateien mit kinderpornografischem Inhalt nicht festgestellt worden sei. Deshalb könne zu Lasten des Beklagten auch nicht von einer konkreten Anzahl strafrechtlich relevanter kinderpornografischer Datenträger und Dateien ausgegangen werden. Aus der Akte des Ermittlungsverfahrens ergebe sich, dass man darauf verzichtet habe, die Videodateien vollständig durchzusehen und ohne genaue Prüfung lediglich angenommen habe, dass der Beklagte in Besitz von über 5.000 kinderpornografischen Dateien gewesen sei. Eine Vermutung sei jedoch keine für eine disziplinarische Wertung tragfähige Grundlage. Die Annahmen des Klägers zu Zeitraum und Umfang des Besitzes kinderpornografischer Dateien seien mithin spekulativ. Zu Recht habe auch das Verwaltungsgericht die Annahme vertreten, dass ein Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 1999 einem Verwertungsverbot in disziplinarrechtlicher Hinsicht unterliege. Dieser Umstand dürfe nicht einbezogen werden. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Übrigen darauf hingewiesen habe, dass es sich bei den Dateien usw. zum Teil auch um Doppel gehandelt habe.
41
Das Verhalten des Beamten bei und nach Entdeckung des Dienstvergehens müsse berücksichtigt werden. Er habe von Anfang an schon im strafrechtlichen Verfahren gestanden und Reue gezeigt. Er habe den Strafbefehl akzeptiert. Die insoweit angestellte Vermutung, der Beklagte habe dies wegen der Aussichtslosigkeit des Bestreitens und im Hinblick auf das angestrebte Strafmaß getan, sei eine Spekulation des Klägers. Richtig sei die Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte sich mit der Entdeckung seiner Tat Erleichterung und Zugang zur Hilfe von außen verschaffen konnte. Die Therapie führe der Beklagte aus der Einsicht heraus durch, dass er seit langem an einer Suchterscheinung mit Krankheitswert leide, die therapeutisch aufgearbeitet werden müsse. Die Aufnahme einer Einzeltherapie habe sich hingezogen, weil es - wie im Verwaltungsverfahren vorgetragen - nicht einfach gewesen sei, einen geeigneten Therapeuten zu finden. Zunächst habe geklärt werden müssen, welche Therapie die richtige sei. Die eigentliche Therapie bei Prof. Dr. ... habe deshalb erst mit einiger zeitlicher Verzögerung aufgenommen werden können. Sie dauere nach wie vor an, von den bisher genehmigten insgesamt 54 Sitzungen seien gut 30 inzwischen durchgeführt worden. Die Sitzungen fänden regelmäßig wöchentlich statt. Sie würden im Bedarfsfall weiter fortgesetzt. Bereits jetzt zeige die Durchführung der Therapie erste Erfolge. Bei richtiger disziplinarrechtlicher Einordnung müsse die Therapie in die Erwägungen einbezogen werden, die zum Finden der richtigen Maßnahme innerhalb des Orientierungsrahmens anzustellen seien. Die beim Beklagten vorhandene Suchterscheinung mit Krankheitswert führe nicht dazu, ihn als schuldunfähig ansehen zu müssen, lasse aber sein Verschulden weniger schwer wiegen. Zu seinen Gunsten spreche auch die Hinnahme des Abschlusses des Strafverfahrens durch Strafbefehl sowie das auf Einsicht zurückgehende Akzeptieren der Suspendierung sowie der Umstand, dass er auf eigenen Antrag mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand getreten sei. Einem möglichen konkreten Ansehens- und Autoritätsverlust sei er damit entgegengetreten, obwohl er eigentlich eine andere Lebensplanung gehabt habe. Dies müsse als eine Form tätiger Reue angesehen werden. Der Öffentlichkeit sei die Dienstverfehlung im Übrigen nicht bekannt geworden. Auch im Bereich des Dienstherrn beschränke sich die Kenntnis auf einen kleinen Personenbereich. Die Aberkennung des Ruhegehaltes würde deshalb unverhältnismäßig sein. Von einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses könne nicht gesprochen werden.
42
Mangels anderweitiger Feststellungen bleibe dem Beklagten nichts anderes übrig, als auf die belastbaren Umstände hinzuweisen, wie sie in dem Strafbefehl als exemplarisch bezeichneten Dateien benannt seien. Deren verbotenen Inhalt gestehe er selbstverständlich zu. Hinsichtlich der in dem Strafbefehl angeführten 925 Bilddateien und 190 Videodateien könne er lediglich nicht ausschließen, dass auch sie im Einzelfall verbotenen kinderpornografischen Inhalts gewesen sein können.
43
Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 5.5.2014 gemäß §65 i.V.m. § 55 Abs. 3 BDG zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels der Klageschrift aufgegeben, die einzelnen Bild- und Videodateien, deren Besitz dem Beklagten vorgeworfen wird, konkret zu bezeichnen sowie den jeweiligen Besitzzeitraum der Dateien (Download-Zeitpunkt bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme) anzugeben.
44
Nach Erstellung eines Gutachtens durch den Dipl.-Informatiker ... (Fa. ... GmbH) vom 29.4.2014 hat der Kläger eine konkretisierte Klagschrift vom 30.9.2014 eingereicht. Hierin wird dem Beklagten unter Bezugnahme auf das erstellte Gutachten vorgeworfen, in der Zeit vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011 insgesamt 8.173 kinderpornografische Schriften besessen zu haben, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Unter den festgestellten 8.173 Dateien seien lediglich 280 kinderpornografische Dateien doppelt vorhanden. Von den kinderpornografischen Schriften stellten 54,6 % einen Missbrauch an Kindern unter 14 Jahren dar, der mit einer Berührung einhergeht. Insgesamt 1.181 Schriften zeigten Kinder bei sexuellen Handlungen, welche mit einem oralen, vaginalen oder analen Eindringen einhergehen. In 717 dieser Schriften seien die Kinder erst 2 bis 10 Jahre alt, in 9 Schriften handele es sich um Kleinkinder im Alter von 0 bis 2 Jahren. Insgesamt 195 Schriften zeigten Kinder bei gewaltsamen sexuellen Handlungen. In 103 dieser Schriften gingen die sexuellen Handlungen mit einem oralen, vaginalen oder analen Eindringen einher, wobei die Kinder in 52 dieser Schriften erst 2 bis 10 Jahre alt seien, in 2 Schriften handele es sich um Kleinkinder im Alter von 0 bis 2 Jahren.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorwurfes wird auf die (konkretisierte) Klagschrift vom 30.9.2014 (Bl. 145 GA) Bezug genommen.
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Der Beklagte macht geltend, die Datenmenge, die nunmehr in der konkretisierten Klageschrift zugrundegelegt werde, sei erheblich höher als die im Strafbefehl zugrunde gelegte (mindestens 1.115 Dateien, davon 950 Bilddateien und 190 Videodateien). Seinerzeit seien zwei externe Festplatten, ein Rechner und sechs USB-Sticks unter der Asservaten-Nr. 1198/11 beschlagnahmt worden. Das weitere Schicksal der Asservate ergebe sich aus der nur auszugsweise im Verwaltungsvorgang ersichtlichen Strafermittlungsakte nicht. Der Beklagte habe seinerzeit auf die Herausgabe der Asservate verzichtet. Möglicherweise seien die Asservate nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens gemäß §§ 74, 74 d, 74 e StGB vernichtet worden. Dann würden „Original-Daten“ nicht mehr existieren. Die Asservate seien - soweit dies aus den Auszügen der Ermittlungsakte ersichtlich sei - zunächst stichprobenartig untersucht worden. Daten von der Festplatte seien zur Sicherung zwecks weiterer Untersuchung kopiert worden. Die Festplatten seien dann von der Kriminalpolizei (dortige Tagebuch-Nr. i 2011-0033) an die Staatsanwaltschaft zurückgegeben worden. Die vom Kläger veranlasste Begutachtung durch Herrn ... sei nicht anhand der Original-Asservate, sondern anhand von Kopien (sogenannten Image-Dateien) erfolgt. Ob die Original-Asservate überhaupt noch existierten, sei ungeklärt. Die Verwertbarkeit der Image-Dateien sei fraglich. Hierfür sei zu klären, ob die Image-Dateien nur noch zum Zwecke der Gefahrenabwehr, also zu rein polizeilichen Zwecken aufbewahrt worden seien. Hierfür wiederum sei die abschließende Entscheidung der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens von Belang. Dem Beklagte gehe es nicht darum, Beweismittel auszuschließen oder den festgestellten Sachverhalt zu leugnen; ihm dürfe jedoch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er rechtsstaatlich gebotene Anforderungen einfordere. Sollten die OriginalAsservate vernichtet sein, stelle sich die Rechtsfrage, ob die Einziehungsentscheidung der Staatsanwaltschaft auch die Kopien erfasse, woraus ein Verwertungsverbot im Disziplinarverfahren folge. Das Verwaltungsgericht sei vom Sachverhalt des Strafbefehls ausgegangen. Erst mit der Berufungsbegründung sei der Kläger über den so beschriebenen Tatsachenstoff hinausgegangen. Mit der konkretisierten Klageschrift würde nun nochmals darüberhinausgehender Besitz von über 8.000 kinderpornografischen Schriften vorgeworfen. Der somit wesentliche Mangel der Klageschrift sei nicht heilbar im Sinne von § 55 Abs. 3 BDG. Die Anzahl der dem Beklagten zu Last gelegten Pflichtverletzungen weiche derart vom ursprünglichen Vorwurf ab, dass eine Nachtragsdisziplinarklage gemäß § 52 BDG erforderlich sei, die hier jedoch unzulässig sei. Soweit es um den Grad der Vorwerfbarkeit des Dienstvergehens gehe, werde auf den Therapie-Bericht von Prof. Dr. ... vom 18.3.2014 verwiesen. In dem Bericht werde u.a. ausgeführt, dass der Therapeut die Symptome einer mehr zwanghaften als süchtigen Beschäftigung mit sexuellen Abbildungen im Internet beim Beklagten festgestellt hat, die der Abwehr massiver Ängste in Beziehungen dienen, die seit der früheren Kindheit bestehen. Es bestehe von der Wertung her kein Unterschied zu einem an Alkoholismus erkrankten Beamten, dem die Erkrankung mildernd zugutegehalten werden muss.
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Der Kläger erwidert, der Inhalt der Datenträger (Asservaten-Nr. der StA 1198/11) sei mittels einer Sicherungssoftware schreibeschützt in Image-Dateien kopiert worden. Alle weiteren Datensicherungs- und Untersuchungsschritte seien durch die Bezirkskriminalinspektion unter der Tagebuch-Nr. i 2011-0033 an diesen Image-Dateien vorgenommen worden. Diese Image-Dateien seien auf die Sicherungsfestplatte Nr. 752 kopiert worden (Bl. 53 der Disziplinar-Akte). Die Authentizität der Daten auf den Asservaten sei auf dem Stand der Anlieferung bei der Bezirkskriminalinspektion ..., Kommissariat Zentrale Dienste, IT- Beweissicherung geblieben. Selbst im Strafverfahren erfolge keine Untersuchung der Original-Asservate, sondern der Image-Dateien. Eine Vernichtungsverpflichtung nach Abschluss des Strafverfahrens lasse sich aus den §§ 74, 74 d und 74 e StGB nicht herleiten.
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Die Staatsanwaltschaft ... habe die Asservate auch nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens weiter aufbewahren dürfen, zumal ihr bekannt gewesen sei, dass ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden war. Es sei richtig und zweckmäßig, dass dem Gutachter die Image-Dateien von der Sicherungsfestplatte Nr. 752 zur Verfügung gestellt worden seien, welche dann auf die Festplatte der Firma ... überspielt worden sei (Bl. 50 des Gutachtens). Die Einzelheiten ergäben sich aus dem Vermerk über die Datensicherung des Kommissariats 6 der Bezirkskriminalinspektion ... (IT-Beweissicherung) vom 18.11.2014 (Bl. 184 PA). Ohne die aufgrund der geständigen Einlassung im Strafverfahren erfolgte Beschränkung der Strafverfolgung hätte bereits im Strafverfahren selbst eine ausführliche Begutachtung stattfinden müssen und die nunmehr festgestellte Menge an kinderpornografischen Dateien ergeben. Im Disziplinarverfahren sei keine Beschränkung auf die strafrechtlich geahndete Anzahl an kinderpornografischen Dateien erfolgt. Da auf eine vollständige Sichtung aller Dateien zunächst verzichtet worden sei und eine Aussage zum Beginnzeitpunkt des Besitzes der Dateien gefehlt habe, sei eine Konkretisierung erst nach Erlass des Senatsbeschlusse vom 5.5.2014 und Fertigung der konkretisierten Klageschrift vom 30.9.2014 erfolgt. Die ursprüngliche Klageschrift lasse eine gewollte Beschränkung des Vorwurfes auf die im Strafbefehl vorgeworfene Anzahl der Dateien nicht erkennen. In der Klage werde keine konkret angeschuldigte Anzahl an kinderpornografischen Dateien benannt, was dafür spreche, dass der Besitz aller vorhandenen Dateien angeschuldigt werden sollte. Die fehlende Konkretisierung sei nach Aufforderung durch das Gericht gemäß § 55 Abs. 3 BDG ausgeräumt worden. Mit der konkretisierten Klageschrift liege entgegen der Auffassung des Beklagten keine Ausweitung um weitere Dienstvergehen vor, sondern lediglich eine Konkretisierung der angeschuldigten Anzahl an kinderpornografischen Dateien, was nicht nur zulässig, sondern als gewichtsbildender Faktor für ein sachgerechte Maßnahmebemessung auch erforderlich sei.
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Anzuerkennende Schuldausschließungsgründe seien nicht ersichtlich. Eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von §21 StGB könne gegebenenfalls als mildernder Umstand Berücksichtigung finden. Die Schwelle anzuerkennender Schuldunfähigkeit beziehungsweise auch nur verminderter Schuldfähigkeit sei sehr hoch. Allein das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung reiche zur Annahme dieses Milderungsgrundes nicht aus. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beamten aufgrund eines bestimmten Krankheitsbildes sei hier nicht ersichtlich. Der Beklage habe sich nach § 184b Abs. 4 StGB unter der Geltung der erhöhten Strafandrohung von 2 Jahren Freiheitsstrafe strafbar gemacht. Der Orientierungsrahmen sei angesichts der Dienstpflichten von Lehrern die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die Anzahl der Bilddateien sei mit 8.173 ganz erheblich. Hinzu kämen 447 Videodateien mit der außerordentlich hohen Gesamtabspielzeit von mehr als 3 Tagen. Ein großer Teil der Dateien zeige den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und Kleinstkindern in teilweise extremer Form. Eine - angenommene - verminderte Schuldfähigkeit würde dementsprechend nicht derart ins Gewicht fallen, dass von der angezeigten Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Abstand genommen werden könnte. Nachträgliche Therapiemaßnahmen würden sich nicht mildernd auswirken, da der bei Bestehen eines Dienstbezuges bei kinderpornografischem Fehlverhalten eingetretene Ansehens- und Autoritätsverlust nicht rückgängig gemacht werden könne. Der Umstand, dass der Beklagte zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei, stelle keinen Milderungsgrund dar. Im Übrigen versuche der Beklagte weiterhin, den festgestellten Sachverhalt zu leugnen und sein Verhalten zu relativieren. Von einer uneingeschränkten Geständigkeit könne keine Rede sei.
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Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2015 den Beklagten angehört sowie den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. ... (zur Erläuterung des Therapieberichts vom 18.3.2014 bezüglich der vom Kläger und seiner Ehefrau absolvierten Paartherapie) sowie zu Fragen der forensischen Sicherung und der Sichtung der am 24.2.2011 beim Beklagten sichergestellten internen sowie zweier weiterer externer Festplatten die Zeugen ... und ... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen 1 bis 3 zum Verhandlungsprotokoll vom 26.3.2015 Bezug genommen. Danach hat der Senat durch Beschluss vom 26. März 2015 das Disziplinarverfahren gemäß § 41 LDG i.V.m. § 56 BDG beschränkt, so dass 3.635 Posingbilder sowie weitere 77 Posingvideos ausgeschieden wurden.
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Wegen des Inhalts des aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 28.05.15 erstellten forensisch-psychiatrischen Gutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit wird auf das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Frau ..., vom 18.12.2015 verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf die Beiakten A bis D Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist zulässig und begründet. Dem Beklagten war das Ruhegehalt abzuerkennen.
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Einem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen (§13 Abs. 2 Satz 2 LDG). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor.
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Der Senat geht von folgendem Sachverhalt aus: Der Beklagte hat im Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011 auf einer internen Festplatte seines Medion-PC sowie auf zwei externen Festplatten 7.689 ungelöschte kinderpornografische Bilder gespeichert. Darunter befanden sich 3.635 Posing-Bilder, welche aufgrund des Beschlusses des Senats vom 26. März 2015 ausgeschieden wurden. Ferner speicherte der Beklagte im genannten Zeitraum 447 ungelöschte kinderpornografische digitale Videos mit einer Gesamtabspieldauer von 3 Tagen 4 Stunden 31 Minuten und 11 Sekunden. Darunter befanden sich 77 Posing-Videos, welche ebenfalls durch Beschluss vom 26. März 2015 ausgeschieden wurden. 37 kinderpornografische Bilder waren gelöscht. Damit legt der Senat seiner disziplinarrechtlichen Beurteilung 4.054 ungelöschte kinderpornografische Bilder sowie 370 ungelöschte kinderpornografische digitale Videos zugrunde. Unter den kinderpornografischen Schriften befanden sich solche, die den Missbrauch von Kindern deutlich unter 10 Jahren zeigten, solche, die den Geschlechtsverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den Geschlechtsverkehr von Kindern untereinander zeigten, solche, die den Analverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den Oralverkehr mit Kindern zeigten, solche, die den sexuellen Missbrauch an Kindern mithilfe von Fremdkörpern (Vibratoren, etc.) zeigten und solche, die sexuelle Handlungen an gefesselten Kindern zeigten.
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Von diesem Sachverhalt ist der Senat aufgrund des Datensicherungsberichts vom 4.3.2011 und des Vermerks vom 18.11.2014 (Bl. 184 PA) sowie des Gutachtens des Sachverständigen für IT-Forensik ... (Gutachten der ... GmbH FA-140822-02 vom 24.9.2014) und der Vernehmung der Zeugen ... und ... im Termin vom 26.3.2015 überzeugt. Zwar ist die Begutachtung durch den Sachverständigen ... nicht anhand der sichergestellten Original-Festplatten (eine interne sowie zwei externe Festplatten) erfolgt. Es bestehen aber keinerlei vernünftige Zweifel daran, dass die auf die Festplatte der Firma ... kopierten Imagedateien mit den Originaldateien übereinstimmen. Die Originaldateien der hier interessierenden drei Festplatten sind bei der Bezirkskriminalinspektion ... mit dem forensischen Sicherungsprogramm Encase gesichert worden. Dies hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2015 näher erläutert. Es wurden 1:1 Kopien (sogenannte Imagedateien) erstellt und auf einer Sicherungsfestplatte (Nr. 752) gesichert. Sodann wurde die erfolgreiche Herstellung identischer Dateien durch den Abgleich der jeweiligen sogenannten HASH-Werte bestätigt. Die Imagedateien wiederum wurden zwecks Gutachtenerstellung durch den Zeugen ... auf eine Festplatte der Firma ... kopiert und auch hier ein Abgleich der HASH-Werte, d.h. des „digitalen Fingerabdrucks“ der Dateien vorgenommen und deren Übereinstimmung festgestellt. Die Datenträger bzw. deren Imagedateien, auf denen der Gutachter die kinderpornografischen Dateien festgestellt hat, stammen aus zwei externen Festplatten des Medion-PC sowie der internen Festplatte des PC. Die auf Bl. 3 des Gutachtens aufgeführten Referenznummern und Bezeichnungen entsprechen den Datenträgerbezeichnungen der Bezirkskriminalinspektion ... (Beweissicherung) im Datensicherungsbericht vom 4.3.2011. Hinzu kommt, dass tatsächlich bei der Durchsuchung der Wohnung des Beklagten am 24.2.2011 zwei externe und eine interne Festplatte sichergestellt wurden. Der Beklagte hat die Existenz kinderpornografischer Dateien auf diesen Festplatten nicht geleugnet. Bei dieser Sachlage hat der Senat keinerlei Zweifel an der Identität der begutachteten Dateien mit den seinerzeit sichergestellten Original-Datenträgern.
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Der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts steht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegen, dass die Original-Asservate nach Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 10.04.15 im Januar 2015 vernichtet worden sind. Ein Verwertungsverbot lässt sich hieraus nicht ableiten. Die vom Beklagtenvertreter in diesem Zusammenhang angesprochenen §§ 74 ff. StGB regeln die Voraussetzungen der Einziehung sowie deren eigentumsrechtlichen Folgen, ordnen jedoch kein Verwertungsverbot von zu Zwecken der Beweissicherung angefertigten Image-Dateien kinderpornografischer Schriften an. Auch datenschutzrechtliche Erwägungen stehen einer Verwertung nicht entgegen. § 49 Abs. 4 BeamtStG ermöglicht die Übermittlung von anlässlich eines Strafverfahrens erhobenen Daten an die Disziplinarbehörden. Zudem Regelt § 24 Abs. 1 Nr. 2 LDG, dass im Disziplinarverfahren Urkunden und Akten beigezogen werden können, wozu gegebenenfalls auch vorhandene Asservate der Staatsanwaltschaft gehören. Gemäß § 29 Abs. 1 LDG ist die Erhebung personenbezogener Daten sowie deren Verarbeitung und Nutzung im Disziplinarverfahren auch gegen den Willen der Beamtin oder des Beamten oder anderer Betroffener zulässig, wenn und soweit die Durchführung des Disziplinarverfahrens dies erfordert und überwiegende Belange der Beamtin oder des Beamten, anderer Betroffener oder der ersuchten Stelle nicht entgegenstehen. Wie der Staatsanwaltschaft ... auch vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens bekannt war, war gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst (bzw. der Aberkennung des Ruhegehaltes) eingeleitet worden. An der forensischen Sicherung und gutachterlichen Sichtung der erstellten Image-Dateien bestand vorliegend ein zwingendes öffentliches Interesse, welches die Übermittlung der gesicherten Daten und deren Auswertung rechtfertigt (vgl. - zur Übermittlung ermittelter Steuerdaten - BVerwG, Beschl. v. 5.3.2010 - 2 B 22/09 -, Juris).
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Der Berücksichtigung des Sachverhalts steht auch nicht - wie der Beklagtenvertreter geltend gemacht hat - entgegen, dass dem Beklagten in der konkretisierten Klageschrift eine um ein Vielfaches höhere Anzahl kinderpornografischer Dateien vorgeworfen wird. Der in der konkretisierten Klageschrift vorgeworfene Sachverhalt ist nicht neu. Nur bei einem neuen Sachverhalt ist die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage erforderlich. Entscheidend für die Abgrenzung der Nachtragsdisziplinarklage gemäß § 53 BDG vom Fall der Mängelbeseitigung der Klageschrift gemäß § 55 BDG ist, ob neue Handlungen einbezogen werden sollen, die noch nicht Gegenstand der Disziplinarklage waren. Ist hingegen ein Sachverhalt bereits von der Klage erfasst worden, so liegt in der nach Aufforderung gemäß § 55 Abs. 3 BDG erneut vorgelegten, von Verfahrensfehlern befreiten Klageschrift keine Nachtragsdisziplinarklage (Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Aufl., §53 Rdnr. 2). Die Klageschrift vom 16. Oktober 2012 ließ zwar die konkrete Bezeichnung der einzelnen Bild- und Videodateien, deren Besitz vorgeworfen wird sowie die Angabe des jeweiligen Besitzzeitraums der Dateien vermissen. Es wird jedoch in der Klageschrift deutlich, dass Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfes der Besitz kinderpornografischer Dateien ist, welche sich bis zur Sicherstellung des PC Miditower Medion nebst dessen zugehörigen Speichermedien am 24.2.2011 im Besitz des Beklagten befunden haben. Damit sind die inkriminierten Dateien der am 24.2.2011 sichergestellten Datenträger Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfes. Es ist für das Disziplinarverfahren unerheblich, dass die Strafverfolgung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 4.1.2012 gemäß § 154a Abs. 1 StPO auf den Vorwurf des Strafbefehls beschränkt wurde. Dieser wirft dem Beklagten vor, in ... in der Zeit bis zum 24.2.2011 mindestens 925 kinderpornografische Bilddateien und mindestens 190 Videodateien besessen zu haben.
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Eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl kinderpornografischer Dateien enthält die Klageschrift nicht. Durch die Bezugnahme auf den Strafbefehl und die strafrechtlichen Ermittlungen wird vielmehr bei verständiger Würdigung deutlich, dass der Besitz aller kinderpornografischer Dateien bis zum 24.2.2011 vorgeworfen wird, welche sich auf dem PC Miditower „Medion" nebst zugehörigen Speichermedien befanden. Mit der konkretisierten Klageschrift liegt keine Ausweitung des Sachverhalts um weitere Dienstvergehen vor, sondern es handelt sich um eine Konkretisierung der angeschuldigten Anzahl an kinderpornografischen Dateien.
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Schließlich steht der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts auch nicht etwa entgegen, dass - diesen Gesichtspunkt hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht - vor Übermittlung der konkretisierten Klageschrift der Personalrat nicht erneut beteiligt wurde. Abgesehen davon, dass sich zu diesem Zeitpunkt der Beklagte bereits im Ruhestand befand, ist eine erneute Beteiligung des vor Erhebung der Disziplinarklage bereits beteiligten zuständigen Personalrats nicht erforderlich.
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Aus dem Gutachten der... GmbH ... vom 24.9.2014 geht ferner hervor, dass der Download der Dateien am 16.2.2009, 17.4.2009 und am 21.4.2009 erfolgte, während der früheste Erstellzeitpunkt einer kinderpornografischen Datei für den 9.3.2009 ermittelt wurde. Den Umstand, dass zwischen dem ersten Download (16.2.2009) und dem 9.3.2009 keine Erstellung kinderpornografischer Dateien festgestellt werden konnte, hat der Sachverständige ... in seinem Gutachten auf den Einsatz von Wiping-Software zurückgeführt. Durch diese Löschsoftware würden unwiderruflich alle Dateiinhalte und die Meta-Daten einer Datei gelöscht, so dass keine Aussage mehr darüber getroffen werden könne, welche Dateien mit Hilfe des Wiping-Programmes gelöscht wurden. Der Sachverständige ... hat den Löschvorgang im Termin am 26.3.2015 näher erläutert und ausgeführt, es seien die Dateinamen mit der Löschsoftware überschrieben worden, so dass man sie nicht habe wiederherstellen können.
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Der zur Überzeugung des Senats feststehende Sachverhalt begründet die Annahme einer vorsätzlichen, rechtswidrigen und damit schuldhaften außerdienstlichen Dienstpflichtverletzung im Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 24.2.2011. Der Beklagte hat zugleich einen Straftatbestand verwirklicht und damit gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen. Für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes am 1.4.2009 folgt dies aus § 36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. § 66 Satz 3 LDG a.F.. Gemäß § 36 Satz 3 BRRG a.F. muss das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Gleiches fordert die Vorschrift des § 66 Satz 3 LDG a.F..
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Der Beklagte hat durch den Besitz kinderpornografischer Dateien den Straftatbestand des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB verwirklicht. Nach dieser Vorschrift wird derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer kinderpornografische Schriften besitzt, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Dass der Beklagte den Straftatbestand vorsätzlich verwirklicht hat, ergibt sich aus dem Gutachten vom 24.9.2014, wonach die strukturierte Ablage der Dateien, deren eindeutige Benennung sowie das Vorhandensein von Vorschau-Bildern die Kenntnis des Beklagten von dem Inhalt der gespeicherten Dateien belegt. Dass der Beklagte wusste, welche Dateien er speicherte, ist im Übrigen zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Der Beklagte selbst hat den Besitz von kinderpornografischen Dateien zugegeben und seine Kenntnis der jeweiligen Inhalte auch im Rahmen der forensischen Begutachtung durch die Oberärztin ... nicht bestritten.
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Dies begründet für den Zeitraum vom 9.3.2009 bis zum 31.3.2009 die Annahme einer Dienstpflichtverletzung gemäß §36 Satz 3 BRRG a.F. i.V.m. §66 Satz 3 LDG a.F.. Für die Zeit danach, d.h. ab dem Inkrafttreten des Beamtenrechtsstatusgesetzes, ergibt sich dies aus § 34 Satz 3 BeamtStG, wonach das Verhalten des Beamten der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert.
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Hierdurch hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Gemäß § 45 Abs. 1 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 LBG a.F. begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§45 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F.). Für die Zeit nach Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes ergibt sich dies aus § 47 Abs. 1 BeamtStG.
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Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Danach ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zu Tage getretene Fehlverhalten einheitlich zu würdigen. Die Pflichtenverstöße stellen disziplinarrechtlich eine Einheit dar. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen. Nur aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten kann beurteilt werden, ob der Beamte im Beamtenverhältnis noch tragbar ist und, falls dies zu bejahen ist, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, um ihn zur künftigen Einhaltung der Dienstpflichten und der Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums anzuhalten (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2011 - 2A5.09 -, Juris Rdnr. 12, v. 14.2.2007 - 1 D 12.05 -, BVerwGE 128, 125 = Juris jeweils Rdnr. 21 f.; Beschl. v. 6.6.2013 - 2 B 50.12 -, Juris Rdnr. 14 u. v. 11.2.2014 - 2 B 37.12 -, Juris Rdnr. 17).
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Aus § 34 Satz 3 und § 47 Abs. 1 BeamtStG folgt nichts anderes, weil die Vorschriften mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache mit den genannten Vorgängerregelungen übereinstimmen und damit für den Beklagten keine günstigere Rechtslage geschaffen haben, auf die er sich nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB im Disziplinarverfahren berufen könnte (BVerwG, Urt. v. 25.8.2009 - 1 D 1.08 -, Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 = Juris jeweils Rdnr. 33).
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Der Beklagte hat vorliegend das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Er hatte die kinderpornografischen Dateien auf seinem privaten Computer zu Hause abgespeichert. Gleichwohl handelt es sich um ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen i.S.v. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG bzw. i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 2 BRRG a.F. i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 LBG a.F..
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Bereits allein aufgrund der Höhe der in § 184b Abs. 4 StGB normierten Strafandrohung erfüllt auch die außerdienstliche Pflichtverletzung des Besitzes kinderpornografischer Dateien die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen, wonach ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes nur dann ein Dienstvergehen ist, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Außerdem weist das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Dienstvergehen einen Bezug zum (ehemaligen) Dienstposten des Beklagten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Dies ist der Fall, weil der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden. Nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens ist ein Lehrer bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (BVerwG, Urt. v. 19.8.2010 - 2C5/10-, NVwZ 2011, 303). Wer kinderpornografische Schriften besitzt, trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 167a Abs.2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist im hohen Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung zu einer Gesamtpersönlichkeit sowie seiner Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbarem Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln. Der Besitz von Schriften, die - wie hier - den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, ist mit diesem Bildungsauftrag der Schule unvereinbar und lässt dessen Erfüllung durch den Beamten zweifelhaft erscheinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.8.2010, a.a.O.).
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Bei Lehrern wiegt der außerdienstliche Besitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil stets ein enger dienstlicher Bezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann (BVerwG, Beschl. v. 25.2.2012 - 2 B 133/11 -, Juris, Rdnr. 11). Hierbei macht es keinen Unterschied, dass der Beklagte Berufsschullehrer ist. Nach allem liegt hier ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen vor.
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Der disziplinarrechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts steht nicht entgegen, dass sich der Beklagte mittlerweile im Ruhestand befindet. § 47 Abs. 1 BeamtStG unterscheidet zwar zwischen aktiven Beamten und Ruhestandsbeamten, abzustellen ist aber insoweit nicht auf den derzeitigen Status der Beklagten, sondern auf ihren Status, den sie zum Zeitpunkt der Pflichtverletzungen innehatte. Für die Ausübung der Disziplinarbefugnis gelten die gesetzlichen Maßnahmenkataloge für aktive Beamte und für Ruhestandsbeamte (§ 5 Abs. 1 und 2 LDG). Als Disziplinarmaßnahme gegen Ruhestandsbeamte kommen nur die Kürzung und die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht (§ 5 Abs. 2, §§ 11, 12 LDG). Tritt ein Beamter in den Ruhestand, nachdem er ein Dienstvergehen begangen hat, das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich gezogen hätte, ist stattdessen das Ruhegehalt abzuerkennen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 LDG). Diese Regelung stellt aus Gründen der Gleichbehandlung sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines im aktiven Dienst begangenen schweren Dienstvergehens, das ihn als Beamter untragbar macht und deshalb zur Auflösung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit führen muss, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Ebenso wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dient die Aberkennung des Ruhegehalts der Wahrung der Integrität des Berufsbeamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22.11.01 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Urteil vom 28.07.11 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 32; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6 und vom 31. Oktober 2012 - 2 B 33.12 - Rn. 19). Dasselbe gilt, wenn auf die nächst niedrigere Maßnahme bei einem aktiven Beamten, nämlich auf die Zurückstufung (§ 9 LDG) oder auf die noch niedrigere Maßnahme, nämlich auf die Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 LDG) zu erkennen wäre. Nach dem Eintritt in den Ruhestand ist in diesen Fällen auf Kürzung die Ruhegehaltskürzung (§ 11 LDG) auszusprechen. Käme bei einem aktiven Beamten nur eine Geldbuße (§ 6 LDG) oder ein Verweis (§ 7 LDG) in Betracht, gibt es hierfür keine Entsprechung bei einem Ruhestandsbeamten und das Verfahren ist einzustellen bzw. bei einer Disziplinarklage ist diese abzuweisen.
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Das einheitlich zu bewertende Dienstvergehen erfordert seiner Art und Schwere nach die Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12 LDG).
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Gemäß § 13 Abs.1 LDG ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat. Aus § 13 LDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten.
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Maßgebend ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich insoweit nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten und nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte (std. Rspr. d. BVerwG, Urt. v. 23.12.2012 - 2C38.10- m.w.N.). Das Kriterium Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 LDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich und seine konkret ausgeübte Funktion.
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Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz3 LDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.
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Das festgestellte Dienstvergehen ist nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen; hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.5.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 261 ff). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zur Vertrauensbeeinträchtigung, zum Persönlichkeitsbild und zum bisherigen dienstlichen Verhalten im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Wiegt das Dienstvergehen derart schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinne einer Milderung beeinflussen.
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Anders als bei einem unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung ist beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlungen zu groß ist. Dies gilt auch für die Fälle, in denen das strafbare Verhalten einen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten aufweist. Für die Bestimmung des Orientierungsrahmens ist der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen maßgeblich. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27.12.03 (BGBl. I S. 3007), mit dem der Gesetzgeber den Strafrahmen für das Vergehen des Besitzes kinderpornografischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht hat, reicht der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornografischen Materials bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Beschl. v. 25.5.2012, a.a.O., Rdnr. 11; BVerwG, Urt. v. 19.8.2010, a.a.O.).
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Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt in diesem Fall dann in Betracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zu Gute kommen (BVerwG, Beschl. v. 25.5.2012, a.a.O., Rdnr. 11).
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Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen stuft der Senat als derart schwer ein, dass bei einem aktiven Beamten allein die Sanktionierung mit der schwersten Maßnahme des § 5 Abs. 1 LDG, der Entfernung aus dem Dienst, in Betracht käme, so dass bei dem Beklagten, der sich mittlerweile im Ruhestand befindet, das Ruhegehalt abzuerkennen ist, §§ 12, 13 Abs. 2 Satz 2 LDG.
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Die besondere Verwerflichkeit des Dienstvergehens folgt für den Senat aus der außerordentlich hohen Anzahl ungelöschter kinderpornografischer Dateien (3.635) sowie kinderpornografischer Videos (370) sowie des Umstandes, dass sich unter den festgestellten Schriften sehr eindeutige/auffällige kinderpornografische Schriften befanden. Unter anderem befanden sich unter den kinderpornografischen Schriften auch solche, die sexuelle Handlungen an gefesselten Kindern und den sexuellen Missbrauch an Kindern mithilfe von Fremdkörpern zeigten. Zudem dauerte der Besitz der kinderpornografischen Dateien über einen langen Zeitraum (9.3.2009 bis zum Zeitpunkt der Sicherstellung am 24.2.2011).
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Danach ist die Entfernung aus dem Dienst bzw. - im Falle des Beklagten - die Aberkennung des Ruhegehalts Richtschnur für die Maßnahmebemessung. Milderungsgründe von erheblichem Gewicht, die es rechtfertigen könnten, von der durch die besondere Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme abzusehen, liegen nicht vor. Unter Geltung der Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG sind entlastende Umstände nicht auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (vgl. std. Rspr. d. BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 – 2 C 12.04 -, Juris Rdnr. 26 ff.; v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 -, Juris Rdnr. 23 m.w.N.; v. 29.3.2012 – 2 A 11.10 -, Juris Rdnr. 80). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung der belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens stehen muss, was maßgebend auch vom Verschulden des Beamten abhängt. Wenn eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegt, wird die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht mehr ausgesprochen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.2010 - 2 C 83/08 -, NVwZ 2010, 1571 = Juris Rdnr. 34).
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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehen der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden (§ 21 StGB). Gemäß § 20 StGB handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit war vorliegend aufgrund der überzeugenden Ausführungen der Gutachterin Frau ... auszuschließen. Diese hat in ihrer psychiatrischen Begutachtung vom 18.12.2015 sowie in ihrer Erläuterung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2016 zum einen dargelegt, dass es bereits an den in § 20 StGB genannten medizinischen Eingangskriterien fehle. Weder habe der Beklagte bei Begehung der Tat an einer krankhaften seelischen Störung gelitten noch habe eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorgelegen. Auch die anderen beiden Fallgruppen (Schwachsinn; schwere andere seelische Abartigkeit) seien zu verneinen. Der Senat hält diese Ausführungen der Gutachterin für widerspruchsfrei und überzeugend. Bereits hiernach kann ein Fall des § 21 StGB nicht angenommen werden. Hinzu kommt, dass die Gutachterin im Einzelnen sowohl in ihrem Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, dass der Beklagte sowohl fähig war, das Unrecht der Tat einzusehen als auch fähig war, nach dieser Einsicht zu handeln. Hinsichtlich des ersteren Aspekts folgt dies nachvollziehbar und ohne weiteres daraus, dass der Beklagte selbst angegeben hat, dass ihm das Verbotene seiner Handlungen bewusst gewesen sei. Auch eine Steuerungsfähigkeit hat die Gutachterin angenommen. So habe der Beklagte durchaus situationsabhängig - je nach Anwesenheit seiner Frau - sein Verhalten im Hinblick auf den Konsum kinderpornografischer Dateien steuern können. Auch die strukturierte Ablage der Dateien spreche zusätzlich für eine uneingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Delikte habe er sich psychisch jeweils in einem Zustand befunden, in welchem er in der Lage gewesen sei, das Unrecht seiner Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Er habe sich an situative Gegebenheiten anpassen können und sei zu einer Risikoabwägung und adäquatem Nachtatverhalten in der Lage gewesen. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen der Gutachterin ... . Eine erheblich eingeschränkte Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB ist somit zu verneinen.
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Es kann auch keine Rede davon sein, dass es sich bei dem Dienstvergehen um eine sogenannte „Augenblickstat“ gehandelt hat. Allein die Feststellung, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Sicherstellung am 24.02.2011 die kinderpornografischen Dateien etwa zwei Jahre in Besitz hatte, verbietet die Annahme einer Milderungsmöglichkeit unter dem Gesichtspunkt einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Beklagte selbst angegeben hat, bereits 1999 kinderpornografische Dateien auf seinem PC gespeichert zu haben. Es kann dahinstehen, ob dieses - seinerzeit strafrechtlich nicht geahndete - Verhalten im Rahmen der Würdigung des Persönlichkeitsbildes zu Lasten des Beamten gewertet werden dürfte oder ob dem § 51 BZRG entgegenstünde.
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Der Senat hat gewürdigt, dass der Beklagte eine Paartherapie bei Prof. Dr. ... absolviert hat und die Gutachterin ... in ihrem Gutachten vom 18.12.2015 nicht zuletzt aufgrund der absolvierten Therapie, aber auch aufgrund anderer Umstände eine (überwiegend) günstige Prognose abgegeben und dies in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt hat. Dies rechtfertigt jedoch bei einer Gesamtwürdigung kein Absehen von der Aberkennung des Ruhegehaltes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zu den Fällen, in denen der Besitz kinderpornografischen Materials keinen dienstlichen Bezug aufweist, der Autoritäts- und Ansehensverlust bei Lehrern durch eine Therapie nicht rückgängig gemacht wird (BVerwG, Beschl. v. 25.2.2012, a.a.O., Rdnr. 17). Auch der vom Beklagten geltend gemachte Umstand, dass nur wenige in der Schule von seinem Fehlverhalten Kenntnis erlangt hätten und er durch Akzeptanz der Suspendierung vom Dienst sowie seiner Entscheidung, vorzeitig in den Ruhestand zu treten, Schaden von der Schule abgewendet hätte, kann hier nicht zu einer anderen Bewertung führen. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 2 StGB strafbar gemacht hat, ist regelmäßig Eignungszweifeln ausgesetzt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppen verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Dabei genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die bloße Eignung des Dienstvergehens, zu einem konkreten Ansehensschaden muss es nicht gekommen sein (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2010 -2 B 18/10-, a.a.O., Juris Rdnr. 15). Der Umstand, dass der Beklagte nicht mehr als Lehrer tätig ist, weshalb sich die Frage einer Beeinträchtigung seiner Aufgabenwahrnehmung nicht mehr stellt, ändert an der Rechtmäßigkeit der vom Kläger beantragten Disziplinarmaßnahme nichts, weil gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt abzuerkennen ist, wenn sie oder er als noch im Dienst befindliche Beamtin oder im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Abzustellen ist nach dem Gesetz auf die fiktive Frage, ob - wäre der Lehrer noch aktiver Lehrer - das hier zu beurteilende Dienstvergehen eine Entfernung aus dem Dienst gebieten würde. Dies ist hier zu bejahen.
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Richtig ist, dass der Beklagte zuvor weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist und über lange Zeit ordentliche dienstliche Leistungen erbracht hat. Dies kann allerdings angesichts der Schwere der Verfehlung keine durchgreifende Bedeutung zukommen. Jede Beamtin und jeder Beamte ist nämlich verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz seiner Arbeitskraft zu erbringen und sich inner- und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.3.2012 -2A 11.10-, Juris Rdnr. 82). Ohne durchgreifende Bedeutung ist auch der Umstand, dass der Beklagte an einem Berufsbildenden Gymnasium tätig war. Die Eignung des hier in Rede stehenden Dienstvergehens, einen nicht wieder gutzumachenden Ansehens- und Autoritätsverlust zu bewirken, der die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe regelmäßig unmöglich macht, ist auch in diesem Falle gegeben.
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Schließlich kommt auch dem Umstand, dass der Beklagte bis zu einem gewissen Grade geständig war, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Richtig ist, dass der Beklagte den Besitz kinderpornografischer Dateien weder im Strafverfahren noch im Disziplinarverfahren grundsätzlich abgestritten hat. Dabei ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass aufgrund der erfolgten Sicherstellung der Sachverhalt vom Grundsatz her ohnehin nicht zu verschleiern war. Hinsichtlich der Anzahl der kinderpornografischen Dateien weist das Verhalten des Beklagten zudem durchaus Verharmlosungstendenzen auf; so hat er noch bei der Gutachterin ... angegeben, die durch den Sachverständigen ... festgestellten Zahlen seien nicht „seine Zahlen"; sollten sie gleichwohl stimmen, könne er sich dies nur mit einer Art Sammelsucht erklären.
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Schließlich führt auch die bisherige Dauer des Disziplinarverfahrens nicht zu einem anderen Ergebnis. Ergibt die für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderliche Gesamtwürdigung aller erschwerenden und mildernden Umstände des Dienstvergehens, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. - wie hier - die Aberkennung des Ruhegehalts geboten ist, kann nicht davon abgesehen werden, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Ein Verbleib im Beamtenverhältnis ausschließlich aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer lässt sich nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen aus, dass ein Beamter weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn auftreten kann, obwohl er durch ein gravierendes Fehlverhalten untragbar geworden ist. Die Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das von dem Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013 - 2 C 3.12-, Juris Rdnr. 53, zuletzt Beschl. v. 10.10.2014 - 2B66.14-, Juris Rdnr. 7).
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Die gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK verstoßende unangemessen lange Dauer eines behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens kann nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Daher kann der Verstoß für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013, a.a.O., Rdnr. 50).
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Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Verfahrensbeteiligten wegen der unangemessen langen Verfahrensdauer auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG i.d.F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.11 (BGBl. I S. 2302) verwiesen. Diese Vorschriften finden auf gerichtliche Disziplinarverfahren Anwendung (BVerwG, Urt. v. 28.2.2013, a.a.O., Rdnr. 51). Für den vorliegenden Fall ergibt sich dies aus § 173 Satz 2 VwGO, § 4 LDG).