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Suchpflicht des Dienstherrn vor Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit


Falls Sie an Problemen der Suchpflicht des Dienstherrn im Zusammenhang mit Einschränkungen der Dienstfähigkeit ernsthaft interessiert sind, wählen Sie den Einstieg am besten so, dass Sie auf der Seite des Bundesverwaltungsgerichts das ganz wunderbar deutliche Urteil des Gerichts vom 19.03.15 zu dem Aktenzeichen 2 C 37.13 lesen.
Oder Sie suchen dort nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.11.17 - BVerwG 2 A 5.16 -.
Die Lektüre dieser Entscheidungen erübrigt eigentlich jeden weiteren Kommentar, insbesondere wenn Sie auch noch die folgende Entscheidungen in Betracht ziehen:



Suchpflicht: Dienstherr muss prüfen, ob er den Beamten anders einsetzen kann.

Im Fall einer Dienstunfähigkeit eröffnen die Beamtengesetze die Möglichkeit, von der Versetzung in den Ruhestand abzusehen, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann.
Eigentlich ist dies nicht bloß eine Möglichkeit, sondern eine Verpflichtung des Dienstherrn, der den Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" zu beachten hat.
Der Dienstherr muss nach einer Beschäftigungsmöglichkeit suchen, er hat eine Suchpflicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte zu dem Aktenzeichen BVerwG 2 A 5.10 am 06.03.12 einen Beschluss erlassen und dabei die Rahmenbedingungen erläutert. Der Kläger, ein Beamter des Bundesnachrichtendienstes, wandte sich gegen den Bescheid, mit dem seine Dienstunfähigkeit festgestellt worden war. Dabei machte er in erster Linie geltend, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht hinreichend bei Bundesbehörden in und um Berlin nach einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit für ihn gesucht habe.
Dies ist eine nicht seltene Konstellation. Aus den Ausführungen des BVerwG:

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.03.12, 2 A 5.10:

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Die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 BBG setzt voraus, dass der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft außerstande ist.
Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht der Dienstposten, sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn (vgl. Urteil vom 26.03.09 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 -).
Die Verantwortung zur Feststellung der Dienstunfähigkeit hat die Behörde, nicht der Amtsarzt. Sie muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (vgl. Urteil vom 21.06.07 - BVerwG 2 A 6.06 -). Das setzt voraus, dass sie fachärztliche Äußerungen, die der Stellungnahme des Amtsarztes zugrunde liegen, zur Kenntnis nimmt und würdigt. Ein amtsärztliches Gutachten muss den im Beschluss vom 20.01.11 - BVerwG 2 B 2.10 - formulierten Anforderungen genügen.
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Bei der Frage der anderweitigen Verwendung nach § 44 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BBG ist dem in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ Rechnung zu tragen.
Die Suche nach einem anderen Amt muss diesem Grundsatz in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen.

In dem Senatsurteil vom 26.03.09 - BVerwG 2 C 73.08 - (Rn. 25) sind insoweit zu beachtende Anforderungen ausgeführt.

So muss sich die Suche regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn erstrecken; im Einzelfall kann sich insbesondere unter Fürsorgeaspekten eine räumliche Begrenzung, wie hier auf Berlin, ergeben. Außerdem muss die Suche nach einer anderweitigen Verwendung sich auch auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit neu zu besetzen sind; der insoweit zu betrachtende Zeitraum ergibt sich aus der für den Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung erforderlichen Zeit.

Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden.

Ist bei einer anderen Behörde im Bereich des Dienstherrn ein amtsangemessener Dienstposten vakant, dann ist der Beamte auf diesem Dienstposten zu verwenden. Der Anspruch des Beamten auf amts­angemessene Beschäftigung darf nicht faktisch unter dem Vorbehalt stehen, dass die Behörde, bei der der vakante Dienstposten besteht, der Besetzung zustimmt.

Zur Suchpflicht gehört auch eine Nachfrage bei einer anderen Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt.

Schließlich ist dann, wenn die Suche nach einer anderweitigen Verwendung nach § 44 Abs. 2 BBG auch unter Beachtung der insoweit zu stellenden Anforderungen erfolglos geblieben ist, vor der Versetzung des Beamten in den Ruhestand zu prüfen, ob dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden kann (§ 44 Abs. 3 BBG) und ob er auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden kann (§ 44 Abs. 4 BBG).

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Die Gerichte orientieren sich eng an diesem "Prüfschema", so auch im folgenden Beispiel:

OVG Rheinland-Pfalz,  Urteil vom 24.08.20 - 2 A 10143/20 - (Auszug)

(auch in ZBR 2021, 140 ff.)

Der Dienstherr ist von der Suchpflicht nur dann entbunden, wenn feststeht, dass der Beamte generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist; deren Zweck kann in diesem Fall von vornherein nicht mehr erreicht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 –, juris Rn. 15; Beschluss vom 16. April 2020 – 2 B 5.19 –, juris Rn. 43; Reich, BeamtStG, 3. Aufl. 2018, § 26 Rn. 15).
...

Die konkreten Suchbemühungen des Beklagten genügen nicht den ... Anforderungen.

a) Die von dem Polizeipräsidium ... zunächst mit E-Mail an die übrigen Polizeidienststellen des Landes gerichtete und sodann mit E-Mail auf die übrige Landesverwaltung ausgeweitete Suchanfrage umfasst im Wesentlichen einen einleitenden sowie einen die Person des Klägers beschreibenden Teil. Dabei ist der (inhaltlich) beschreibende Teil der Suchanfrage entgegen der Auffassung des Klägers in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, bestehen Sinn und Zweck der Suchanfrage darin, die angefragten Behörden in die Lage zu versetzen, sich angesichts der gesundheitsbedingten Einschränkungen des Betroffenen ein Bild seiner Einsatzfähigkeit unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden Dienstposten zu machen, was Angaben zu tatsächlichen gesundheitsbedingten und die Leistungsfähigkeit einschränkenden Merkmalen ebenso wie zu dem noch vorhandenen Leistungsvermögen erfordert. Die konkreten Leistungsbeeinträchtigungen des Klägers werden in den Suchanfragen ... objektiv und in Übereinstimmung mit den Feststellungen und Empfehlungen des untersuchenden Amtsarztes mitgeteilt; inhaltlich entspricht die Suchanfrage damit den an sie zu stellenden rechtlichen Anforderungen.

b) Allerdings schließt die Suchanfrage des Polizeipräsidiums ... in ihrem einleitenden Teil weder absehbar freiwerdende Dienstposten noch geringerwertige Tätigkeiten mit ein. Sie beschränkt sich vielmehr auf eine auszugsweise Wiedergabe des Gesetzeswortlauts des seinerzeit geltenden § 26 BeamtStG. Soweit Normbestandteile benannt und aufgegriffen werden (konkret: § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG), lässt sich hieraus nicht entnehmen, dass die Suchanfrage des – insoweit darlegungspflichtigen – Dienstherrn auch die vorgenannten Aspekte (absehbar neu zu besetzende Dienstposten bzw. geringerwertige Tätigkeiten) umfassen sollte. Mit § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG ist der Grundsatz angesprochen, dass von der Versetzung eines dienstunfähigen Beamten in den Ruhestand abzusehen ist, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. § 26 Abs. 2 BeamtStG enthält (neben Absatz 3) nähere Regelungen zu der von Absatz 1 Satz 3 genannten anderweitigen Verwendung, konkret zu der Übertragung eines anderen Amtes und der Pflicht des Beamten zur Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen.
Regelungsgegenstand des § 26 Abs. 3 BeamtStG ist zwar die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit zur Vermeidung einer Versetzung des Beamten in den Ruhestand. Auf diesen Absatz wird in der Suchanfrage allerdings gerade nicht Bezug genommen.
Was schließlich die Erstreckung der Suche auf solche Dienstposten anbelangt, die in absehbarer Zeit (voraussichtlich) neu zu besetzen sind, lassen sich § 26 BeamtStG hierzu keine Aussagen entnehmen. Diese Vorgabe ist vielmehr von der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung in Ausgestaltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ entwickelt worden. Mit der Bezugnahme in der Suchanfrage auf § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG war daher nicht sichergestellt, dass die angefragten Stellen die ihnen obliegende Überprüfung der Einsatzmöglichkeiten des Klägers auch auf geringerwertige Tätigkeiten und absehbar freiwerdende Dienstposten erstrecken.

c) Eine Nachholung der Suche unter Einbeziehung der vorstehenden Aspekte ist auch nicht im Widerspruchsverfahren erfolgt. ...

d) Schließlich können die höchstrichterlich aufgestellten Anforderungen an die Darlegungsobliegenheiten des Beklagten (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 30; Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 20) auch nicht mit der Erwägung abgesenkt werden, wegen des Verfassungsprinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sei davon auszugehen, dass die angefragten Stellen das Prüfprogramm des § 26 BeamtStG unter Beachtung der hierzu ergangenen Rechtsprechung eingehalten hätten. Zutreffend ist freilich der Hinweis, dass Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes – GG – die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht bindet. Ob innerhalb der angefragten Stellen eine an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 26 BeamtStG orientierte Suche erfolgt ist, lässt sich den Verwaltungsakten des Beklagten und den hierin enthaltenen Antwortmitteilungen aber nicht entnehmen. Lediglich das Präsidium für Einsatz, Logistik und Technik hat in seiner Rückantwort vom 19. Juli 2018 mitgeteilt, dass eine Stelle auch in absehbarer Zeit nicht verfügbar sei. Alle anderen angefragten Stellen haben weder auf geringerwertige Tätigkeiten noch auf in absehbarer Zeit freiwerdende Stellen Bezug genommen. Lässt sich aber nicht aufklären, ob die Suche den rechtlichen Anforderungen entsprochen hat, geht eine solche Unklarheit zulasten des Dienstherrn und kann nicht mit dem Hinweis auf das rechtliche Sollen (Art. 20 Abs. 3 GG) aufgelöst werden. 46 Der Senat weist darauf hin, dass bei zukünftigen Suchanfragen im Bereich des Beklagten die angefragten Stellen sich auch weiterhin – rechtlich unbedenklich – darauf beschränken können, die an sie herangetragene Suchanfrage mit der Meldung einer (knapp gehaltenen) Fehlanzeige zu beantworten. Dies setzt allerdings voraus, dass bereits die Anfrage mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass sich die Suche auch auf in absehbarer Zeit (d.h. innerhalb der nächsten sechs Monate ab dem Zugang der Anfrage) freiwerdende Dienstposten und auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstreckt.

Zur Fortführung / Konkretisierung:

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.05.22 - 2 A 10076/22 -

Leitsatz
1. Bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung gemäß § 26 BeamtStG dürfen keine personenbezogenen Daten mitgeteilt werden, die ohne Weiteres eine Identifizierung des Beamten ermöglichen würden.
Unzulässig ist zudem die Mitteilung medizinischer und damit sensibler (besonders gesicherter) personenbezogener Daten.
2. Die angefragten Stellen können sich darauf beschränken, die an sie herangetragene Suchanfrage nach § 26 BeamtStG mit der Meldung einer (knapp gehaltenen) Fehlanzeige zu beantworten. Dies setzt allerdings voraus, dass bereits die Anfrage mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass sich die Suche auch auf in absehbarer Zeit (d.h. innerhalb der nächsten sechs Monate ab dem Zugang der Anfrage) freiwerdende Dienstposten und auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstreckt (Fortführung von OVG RP, Urteil vom 24. August 2020 2 A 10143/20.OVG , ZBR 2021, 140).

Die Rechtsprechung fordert eine zeitnahe Suche nach einer Beschäftigung

In neuerer Zeit hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern in einem Beschluss vom 13.08.19, 2 M 564/19, die Suchpflicht noch einmal erläutert und entschieden, dass die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nicht auf einer Verwendungsabfrage beruhen darf, die einen längeren Zeitraum zurückliegt.
Die gleiche Auffassung vertritt das Sächsische Oberverwaltungsgericht in einem Urteil vom 25.03.22 - 2 A 232/19 -.

Aus der Entscheidung des OVG Meck-Pomm:

OVG Greifswald, Beschluss vom 13.08.19 - 2 M 564/19 -

RN 17
Zutreffend weist die Beschwerdebegründung darauf hin, dass der mit Widerspruch angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin deswegen rechtlichen Bedenken begegnet, weil er entgegen dem Rechtsgedanken des § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG die anderweitige Verwendungsfähigkeit des Antragstellers verneint, obwohl die entsprechende Abfrage mehr als sechs Monate vor Erlass der Versetzung in den Ruhestand erfolgte. Die Bestimmung enthält zwar keine Frist, innerhalb derer die Versetzung in den Ruhestand nach erfolgter Abfrage einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit zu erfolgen hat. Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die eine Prognose der Verwendungsmöglichkeit bezogen auf sechs Monate nach der Abfrage für angemessen hält (Urt. v. 19.03.15 – 2 C 37/13, juris Rn. 18) entnimmt der Senat den weiteren Rechtsgedanken, dass eine Versetzung in den Ruhestand nicht auf einer Verwendungsabfrage beruhen kann, die einen längeren Zeitraum zurückliegt. Jedenfalls dann, wenn wie hier das Ergebnis der Verwendungsabfrage bei Erlass der Versetzungsverfügung mehr als sechs Monate zurückliegt, bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand. Dabei kommt es auf die Gründe für die Inanspruchnahme eines solch langen Zeitraumes bis zum Erlass der Versetzung in den Ruhestand nicht an.
RN 18
Wenn sich trotz dieser rechtlichen Bedenken die mit dem Widerspruch angefochtene Grundverfügung nicht als offensichtlich rechtswidrig erweisen würde, wären die Erfolgs-aussichten des Widerspruchs oder einer (hier noch zu erhebenden) Klage offen. In diesem Fall hat das Gericht eine eigene Abwägung der gegenläufigen Interessen vorzunehmen. Maßgeblicher Zeitpunkt dafür ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Diese gerichtliche Abwägung führt hier zum Ergebnis, dass das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs das Interesse der Antragstellerin an der Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung überwiegt.
RN 19
Das offensichtlich gegebene Interesse des Antragstellers weiterhin im aktiven Dienst tätig zu bleiben und wenn auch an anderer Stelle als auf seinem bisherigen Dienstposten zu arbeiten, wiegt schwer. Denn die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit bei vorhandener Fähigkeit und entsprechendem Willen dazu ist für die Persönlichkeit des betreffenden Beamten positiv und wichtig. Zeiten erzwungener Arbeitslosigkeit können zu erheblichen psychischen Beeinträchtigungen führen. Das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung einer rechtlichen Bedenken unterliegenden Verfügung überwiegt nur dann, wenn besonderes öffentliches Vollzugsinteresse besteht. Ein solches ist hier nicht erkennbar. Der Gesetzgeber hat eine zeitnahe Prüfung der anderweitigen Verwendung zur Aufgabe des Dienstherrn gemacht. Daraus ergibt sich die gesetzgeberische Wertung, dass die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nur ultima ratio sein soll. Fehlt es an einer solchen zeitnahen Prüfung der anderweitigen Verwendung, können nur sehr gewichtige öffentliche Interessen die sofortige Vollziehung der Versetzung in den Ruhestand rechtfertigen. Aus der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ergeben sie sich nicht. Der Antragsteller ist in Auswertung der vorgelegten ärztlichen Befunde nach Überzeugung des Senats nicht strafvollzugsdiensttauglich, so dass eine Eigen- oder Fremdgefährdung durch die Wahrnehmung seiner bisherigen dienstlichen Aufgaben ausscheidet. Soweit fiskalische Interessen bei der Entscheidung eine Rolle gespielt haben sollten (vgl. Schreiben des Anstaltsleiters an das Justizministerium vom 05.03. 2019) ist darauf zu verweisen, dass eine erneute Verwendungsabfrage eine Verwendungsmöglichkeit des Antragstellers ergeben könnte, die diese Bedenken ausräumen würden. Dies entspricht auch der gesetzlichen Wertung und der entsprechenden Aufforderung des Justizministeriums an den Anstaltsleiter vom 16.11.18."

Vergleichen Sie hierzu auch eine Entscheidung des VG Neustadt (Weinstraße) vom 17.01.18

VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 17.01.18 - 1 K 886/17.NW -

Leitsatz
Im Fall der Ruhestandsversetzung wegen eingeschränkter Dienstfähigkeit muss die Verwendungssuche zeitnah erfolgen. Liegen 11 Monaten zwischen der Verwendungsanfrage und dem Erlass des Widerspruchsbescheids, ist die Verwendungssuche unzureichend.

Suchpflicht der Postnachfolgeunternehmen und der Bahn

Dabei nimmt die Rechtsprechung überwiegend die Position ein, dass die Beamten der Bahn und der Postnachfolgeunternehmen immer noch Beamte der Bundesrepublik Deutschland sind, so dass nach einer anderen Verwendungsmöglichkeit in der gesamten Bundesverwaltung gesucht werden müsse.
In diese Richtung ging zum Beispiel eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.07.10, 4 S 836/10.

Das VG Göttingen hat dem gegenüber in einem Urteil vom 14.10.15, 1 A 241/13, die folgende These vertreten:
"Die vor der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit durchzuführende Suche nach einer anderweitigen Verwendung (§ 44 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BBG) beschränkt sich bei Bundesbeamten, die bei der Deutschen Telekom AG beschäftigt sind, auf den Bereich des Konzerns. Die Suche muss sich nicht auf Bundesbehörden erstrecken."
Diese Meinung scheint (außer bei der Telekom selbst) nicht auf Zustimmung zu stoßen.

Das die Telekom AG nicht immer angemessen sucht, ergibt sich auch aus folgender Entscheidng:
VG Göttingen 1. Kammer, Urteil vom 09.10.18, 1 A 133/16,
"Die pauschale Aussage der Beklagten, im Bereich eines weltweit konkurrierenden und auf Gewinnoptimierung ausgerichteten Unternehmens wie der Deutschen Telekom AG gebe es auch für den mittleren Dienst keine „Schon-Arbeitsplätze“ mit Tätigkeiten ohne Zeit- und Termindruck, vermag die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Suche nach einer anderweitigen Verwendung des als leistungsgemindert eingestuften Beamten nicht zu relativieren."

Zur Suchpflicht nach hamburgischem Landesrecht:

Die Verwaltung in Hamburg hat sich folgende Vorgehensweise vorgenommen::
Sie finden in den "Mitteilungen für die Verwaltung" der Hansestadt Hamburg im Jahrgang 2013 ab Seite 2 die Verwaltungsvorschrift "Dienstunfähigkeit und begrenzte Dienstfähigkeit", in der viele Einzelheiten erläutert werden.
Dort heißt es in der Anlage 2 u. a. wie folgt:

"Sofern der PÄD eine Weiterverwendung für möglich hält, besteht eine Verpflichtung der Beschäftigungsbehörde, nach einem geeigneten Arbeitsplatz zu suchen. Diese Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob in der bisherigen Beschäftigungsbehörde ein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt der Beamtin bzw. des Beamten entspricht. Dabei kann es sich auch um ein Amt einer anderen Laufbahn handeln. Sollte das der Fall sein, ist die Beamtin bzw. der Beamte umzusetzen. In diesem Fall liegt keine Dienstunfähigkeit vor.
Die Prüfung darf nicht nur auf den aktuellen Zeitpunkt abstellen, sondern muss auch künftig frei werdende Dienstposten einbeziehen. Hier ist nach der Rechtsprechung der Zeitraum zu Grunde zu legen, der nach den laufbahnrechtlichen Bestimmungen für einen Laufbahnwechsel erforderlich wäre, also mindestens ein Zeitraum von sechs Monaten.
Steht in diesem Zeitraum kein dem statusrechtlichen Amt entsprechender Dienstposten in der Beschäftigungsbehörde zur Verfügung, sind alle weiteren Behörden und Ämter bei der Suche nach einer amtsgemäßen Verwendung zu beteiligen, denn die genannte Verpflichtung zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung erstreckt sich auf den gesamten Bereich des Dienstherrn."


Mit Wirkung vom 07.12.18 wurde - wie oben erwähnt - § 26 Beamtenstatusgesetz geändert. Dabei wurde die Bedeutung der Suchpflicht noch einmal betont. Die Hansestadt Hamburg führt dazu in einem Rundschreiben aus:

Personalamt der Hansestadt Hamburg, P 10/110.00-1.0004 21.12.18

§ 26 (Dienstunfähiqkeit) Absatz 1 Satz 3 lautet nunmehr:
„In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist".

In der Bundestags-Drs. 19/4117 vom 03. September 2018 wird hierzu in der Begründung ausgeführt:
„Die Änderung des § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG sieht im Gegensatz zu der derzeitigen bloßen Sollvorschrift die gesetzliche Verpflichtung vor, von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abzusehen, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Damit erhält der Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ eine größere rechtliche Verbindlichkeit. Die Notwendigkeit der vollen Nutzung der knappen personellen Ressourcen rechtfertigt diese Mussregelung, um die von den Beamtinnen und Beamten eingegangene Verpflichtung zur vollen Dienstleistung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu realisieren. Mit der Änderung des § 26 Absatz 1 Satz 3 BeamtStG erfolgt in einer zentralen statusrechtlichen Frage, nämlich in der Frage, ob und wann eine Beamtin oder ein Beamter aus dem aktiven Dienst in den Ruhestand versetzt werden darf, eine Ängleichung an das Recht der Bundesbeamten. Die insoweit relevante Vorschrift des § 44 Absatz 1 Satz 3 BBG wurde auf Verlangen des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages (Beschluss vom 25. Februar 2005, dieser wiederum bezugnehmend auf die Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2001 auf Bundestagsdrucksache 14/7018) als Maßnahme zur Eindämmung von Frühpensionierungen verabschiedet.“

Aufgrund der zum bislang geltenden Recht ergangenen Rechtsprechung (u.a. BVerwG, Urteil v. 30.05.13, Az. 2 C 68/11, Rn. 36 - juris) bestand ohnehin kein nennenswerter Spielraum, so dass die aktuelle Rechtsänderung sich in der Praxis nicht auswirken dürfte.


Suchpflicht (vor Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit) im Hochschulbereich

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.04.2020 - BVerwG 2 B 5.19 -

Leitsätze

4. Die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) ist bei einem Beamten, dessen Dienstherr eine Hochschule ist, auf deren Bereich beschränkt.
Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze
Dienstunfähigkeit / Übersicht
Dienstunfähigkeit: Gesetze Beamtenstatusgesetz Bundesbeamtengesetz Hamburger Beamtengesetz LBG Niedersachsen LBG Schleswig-Holstein Rundschreiben BMI pdf Bremen: sehr gute Erläuterung VV Hamburg (pdf) Runderlass Niedersachsen VV Schleswig-Holstein (pdf)
Begriffe / Grundlagen Dienstfähigkeit/ Dienstunfähigkeit kurze aktuelle Dienstunfähigkeit Schwerbehinderung Nur Fehlbesetzung? Gründe für dauernde DU "Sonstige" gesundheitliche Gründe nicht nur bei Krankheitswert Psyche oder Faulheit? Verhaltensauffälligkeiten Mobbing oder Psyche?
Verfahren bei dauernder DU Zunächst ein Personalgespräch? Aufforderung, Dienst anzutreten? Diagnose bekanntgeben?
Arbeitsversuch und BEM
Das eigentliche DU-Verfahren Anordnung einer Untersuchung Anordnung gerichtlich angreifbar! Stimmen für Angreifbarkeit Stimmen für Angreifbarkeit Ist die Anordnung rechtmäßig? Einzelfall rechtswidriger Anordnung Amtsarzt: örtliche Zuständigkeit
Untersuchung verweigern? BVerwG 26.04.12 - 2 C 17.10 - Schwerbehindertenvertretung Disziplinarische Ahndung?
Schweigepflichtsentbindung? Anforderungen an Gutachten Amtsarzt / Privatarzt Betriebsarzt Untersuchung trotz BEM? trotz Sonderurlaub? ohne Beistand / Zeugen Neutralität der Ärzte
Umgang mit den Daten Personalakte 1 Personalakte 2 Personalakte 3
Vollzugsdienst / Feuerwehr Vollzugsdienstfähigkeit spezielle Regelungen PDV 300 im Jahr 2022 Bescheid anfechtbar? OVG NRW 29.06.16 VG Lüneburg: Reaktivierung Vollzugsdienstunfähig wg Diabetes Feuerwehrdiensttauglichkeit Amtsarztuntersuchung eingeschränkt vollzugsdienstfähig Bundesverfassungsgericht Pensionierung? BVerwG 06.11.14 OVG NRW 31.03.22 - 1 A 2351/21 OVG NRW 22.01.15 - 6 B 1022/14 Wechsel in Verwaltung - BVerwG Wechsel in Verwaltung - FHH
Rechtsfolgen Dienstunfähigkeit: Rechtliche Folgen Entscheidung des Dienstherrn Das Prüfschema 1. Andere Verwendung Andere Verwendung / Suchpflicht OVG Lüneburg 09.03.21 VGH BW 17.03.21 VGH BW 30.07.18 2. Begrenzte Dienstfähigkeit Teildienstfähigkeit VV zu § 47 a HmbBG § 8 BesoldungsG Hamburg § 12 Besoldungsgesetz NS § 6 a Bundesbesoldungsgesetz Rechtsprechung Besoldung BVerfG 28.11.18 BVerwG 18.06.15
Vorzeitige Pensionierung
Rückernennung
Verschiedenes Beteiligung des Personalrats Beteiligung Integrationsamt Reaktivierung Berufsunfähigkeit Besitzstandwahrung Dienstordnungsangestellte im Arbeitsrecht