Nach dem Motto "Rehabilitation und Weiterverwendung vor Versorgung"
bemüht sich der Gesetzgeber, vorzeitigen Pensionierungen von Beamten entgegen zu wirken.
Diesem Ziel soll es auch dienen, dass in den Beamtengesetzen eine Teildienstfähigkeit bzw. begrenzte Dienstfähigkeit
anerkannt wird. Man entbindet damit den gesundheitlich angeschlagenen Beamten
von der Verpflichtung, im sonst üblichen Umfang Dienst zu verrichten. Dies
regelt § 27 Beamtenstatusgesetz.
Dabei kann es im Interesse des
Dienstherrn sein, nicht die Stundenzahl der Dienstleistung zu reduzieren,
sondern dem Beamten / der Beamtin ein anderes Amt zu übertragen. Diese
Möglichkeiten finden Sie in § 27 Absatz 2 Beamtenstatusgesetz am Ende und
zum Beispiel in § 45 Absatz 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz.
Vorrang vor einer zeitlich eingeschränkten Verwendung hat eine andere
Tätigkeit in Vollzeit
Vorrangig ist zu prüfen, ob die Übertragung eines anderen Amtes oder einer geringerwertigen Tätigkeit
möglich ist, s. oben § 45 BBG.
Allgemein geht man wohl vom Vorrang der geringerwertigen Beschäftigung (bei voller Arbeitszeit) gegenüber der Teildienstfähigkeit aus.
Als Erstes ist danach stets die volle anderweitige Verwendung nach § 45 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. § 44 Absatz 2 oder 3 BBG zu
prüfen. Diese geht der begrenzten Dienstfähigkeit vor. Dabei kann eine Verwendung mit einer geringerwertigen Tätigkeit, auch einer anderen
Laufbahngruppe, verbunden sein (§ 44 Absatz 3 BBG).
Die Regelung des Landes Hamburg findet sich in § 41 Absatz 5 HmbBG.
Verwaltungsvorschrift zu der früheren hamburgischen Regelung
§ 43 Absatz 5 Landesbeamtengesetz Niedersachsen
§ 41 Absatz 5 Landesbeamtengesetz Schleswig-Holstein
Begrenzte Dienstfähigkeit (Teildienstfähigkeit)
Ist ein Beamter zwar nicht mehr voll dienstfähig, aber noch mindestens für eine Halbtagsbeschäftigung geeignet, so
ist von einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand abzusehen.
Ein Beamter kann zum Beispiel zu 70% der normalen Dienstzeit eingesetzt werden.
Mit seiner Zustimmung kann er in diesem Umfang auch in einer nicht seinem Amt entsprechenden Tätigkeit verwendet werden.
Die Besoldung des aus gesundheitlichen Gründen teilzeitbeschäftigten Beamten ...
... richtet sich für Bundesbeamte nach § 6 a Bundesbesoldungsgesetz.
In Hamburg gilt für Landesbeamte § 8 Landesbesoldungsgesetz Hamburg.
In Niedersachsen regelt § 12 Landesbesoldungsgesetz Niedersachsen diese Frage.
Die Bezüge des teildienstfähigen Beamten orientieren sich an der Besoldung für eine entsprechende Teilzeitbeschäftigung und bessern diese Bezüge deutlich auf.
Am Rande: Wer zuvor Teilzeit gearbeitet hatte und nun feststellen muss, dass er / sie aus gesundheitlichen Gründen über längere Zeit gar nicht mehr wird Dienst
verrichten können, der / die wird vielleicht auf die Idee kommen, formell wieder eine Vollzeitbeschäftigung zu beantragen, damit während der
Krankschreibung volles Gehalt gezahlt wird (und nicht nur die Bezüge der Teilzeitbeschäftigung).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 01.07.14, 3 ZB 12.2667, die Meinung vertreten, dass der Dienstherr einen entsprechenden Antrag ablehnen darf.
Wie berechnet sich der Arbeitszeitanteil bei Lehrern?
Am 30.08.12 hat das Bundesverwaltungsgericht - 2 C 82.10 - über die Sache eines niedersächsischen Lehrers verhandelt. Die
Entscheidung wurde in die Internet-Entscheidungssammlung des Gerichts aufgenommen.
Das Revisionsverfahren sollte die Voraussetzungen für die begrenzte
Dienstfähigkeit eines Lehrers klären. Der Kläger ist für begrenzt
dienstfähig erklärt worden, weil er aus gesundheitlichen Gründen nur
noch 19,5 anstatt des Pflichtstundenpensums von 24,5 Stunden in der
Woche unterrichten kann. Er macht geltend, Maßstab für die begrenzte
Dienstfähigkeit sei nicht das Pflichtstundenpensum, sondern die
wöchentliche Regelarbeitszeit für Beamte. Das Niedersächsische OVG, Urteil vom 09.11.10 - AZ: OVG 5 LC
164/09 - war dem nicht gefolgt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die
Revision des Lehrers verworfen.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gibt Aufschluss darüber, wie die Teilzeitquote bei Lehrern zu handhaben ist.
Falls ein Beamter bereits vorzeitig pensioniert wurde, ist seine erneute
Berufung bei Teildienstfähigkeit möglich.
Wenn die gesundheitliche Verfassung des Beamten sich so weit gebessert hat,
dass die begrenzte Dienstfähigkeit (wieder) hergestellt ist, ist nach
§ 29 Beamtenstatusgesetz und z.B. § 46 Abs. 6 BBG eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis möglich.
Diese Möglichkeit ist der Grund dafür, dass vorzeitig pensionierte Beamte in gewissen Abständen zu Nachuntersuchungen eingeladen
werden, weil man überprüfen möchte, ob sich der Gesundheitszustand gebessert hat und eine
Reaktivierung (sei es auch mit verminderter Dienstzeit) in Betracht kommt.
Wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzte Beamte, die sich im Mai 1999
bereits seit fünf Jahren im Ruhestand befunden haben, können nur mit ihrer Zustimmung wieder berufen werden.
Beteiligung der Interessenvertretungen und Beauftragten
Nach § 84 Absatz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Absatz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz
(BPersVG) wirkt der
Personalrat bei der Feststellung der begrenzten
Dienstfähigkeit mit, allerdings nicht bei allen Beschäftigten, wie § 84 Abs. 2 BPersVG klarstellt. Voraussetzung für die Beteiligung des Personalrats ist
ein entsprechender Antrag der oder des Betroffenen. Die oder der Betroffene
ist von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen
(§ 84 Absatz 2 Satz 2 BPersVG) und im Rahmen der Fürsorgepflicht auf die
Möglichkeit hinzuweisen, die Beteiligung der Personalvertretung zu
beantragen.
Neben dem Personalrat hat gemäß § 27 Absatz 1 Nr. 1 e)
Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) auch die
Gleichstellungsbeauftragte
an der Entscheidung über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand mitzuwirken
und ist frühzeitig zu beteiligen. Ihre Mitwirkung ist obligatorisch und hat
unabhängig davon zu erfolgen, ob die oder der Betroffene eine Beteiligung
der Gleichstellungsbeauftragten beantragt oder nicht.
Sind
schwerbehinderte oder gleichgestellte Beamtinnen und Beamte betroffen, ist
die
Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend zu unterrichten
und vor einer Entscheidung anzuhören; der Dienstherr hat ihr die getroffene
Entscheidung unverzüglich mitzuteilen (§ 178 Absatz 2 Satz 1 SGB IX).
Rechtsgeschichte (Schnee von gestern)
Insbesondere an der verfassungsgemäßen Gestaltung der Besoldung der teildienstfähigen Beamten hatten die Gerichte maßgeblichen
Anteil, weil sie entsprechende Regelungen der Dienstherren wiederholt als verfassungswidrig bezeichnet haben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Beispiel am 27.03.14 in einer Sache
verhandelt, welche die Besoldung begrenzt dienstfähiger Beamter
betraf (Aktenzeichen 2 C 50.11). Begrenzt dienstfähige Beamte sollen nach Meinung des Gerichts
besoldungsrechtlich besser gestellt werden als Beamte, die aus freier Entscheidung heraus nur Teilzeit arbeiten, obwohl sie voll dienstfähig sind.
Ein wichtiger Schritt: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.06.15 (in der Sache 2 C 49.13), mit welchem das
Bundesverwaltungsgericht die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat.
Zum Ergbenis gab es im Besoldungsgesetz des Landes Niedersachsen für einige Zeit folgende Anmerkung zu dem dortigen § 12:
"Entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - Beschluss
vom 28.11.18 - 2 BvL 3/15 (BGBl. I 2019 S. 45) gilt folgende
Entscheidungsformel:
§ 24 Absatz 1 des Niedersächsischen
Besoldungsgesetzes in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2014 vom 16.
Dezember 2013 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 310) und
in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2015 vom 18. Dezember 2014
(Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 477) sowie § 12
Absätze 1 bis 3 in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des
Besoldungsrechts, zur Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge in
den Jahren 2017 und 2018 sowie zur Änderung anderer dienstrechtlicher
Vorschriften vom 20. Dezember 2016 (Niedersächsisches Gesetz- und
Verordnungsblatt Seite 308) sind mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes
unvereinbar.
Der Gesetzgeber des Landes Niedersachsen hat eine
verfassungskonforme Regelung mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2020 an zu
treffen.
Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Absatz 2 des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.“
Hier noch einmal einige der im Text enthaltenen Links:
§ 6 a Bundesbesoldungsgesetz zur Besoldung bei Teildienstfähigkeit
§ 8 Hamburgisches Landesbesoldungsgesetz zur Besoldung bei Teildienstfähigkeit
§ 12 Landesbesoldungsgesetz Niedersachsen
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.14 - 2 C 50.11
Meinung von Verwaltungsgerichten zur Angemessenheit der Besoldung
§ 46 Absatz 6 BBG zur Reaktivierung
Weiterführende Erläuterungen zum Thema Reaktivierung