Gewerberecht: sexuelle Belästigung einer Fahrschülerin
Hier geht es nicht um Beamtenrecht, sondern nur darum, Ihnen an einem Beispiel zu zeigen, dass es ähnliche Erwägungen auch in anderen Rechtsbereichen gibt, zum Beispiel im Gewerberecht.
Konkret geht es hier um das Fehlverhalten eines Fahrlehrers, das ihn im Endergebnis seinen Beruf kosten kann.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom
09.02.11 - 11 CS 10.3056 -
Ein Fahrlehrer wurde mit Strafbefehl vom 31.05.10 wegen Verbreitung pornographischer Schriften zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ausweislich des Strafbefehls hatte er am 11.02.10 einer 17-jährigen Jugendlichen praktischen Fahrunterricht erteilt. Während einer Fahrpause habe er der Fahrschülerin im Fahrzeug pornographische Bilder gezeigt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Fahrschülerin noch minderjährig war.
Aus der Entscheidung:
1. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 FahrlG ist die Fahrlehrerlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG genannten Voraussetzungen weggefallen ist.
Unzuverlässig im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG ist der Erlaubnisinhaber insbesondere dann, wenn er wiederholt die Pflichten gröblich verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz oder den auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen obliegen. Nachdem das Fahrlehrergesetz selbst keine spezialgesetzliche Definition der Unzuverlässigkeit enthält, sind hinsichtlich des Begriffes der Zuverlässigkeit die allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätze anzuwenden (BVerwG vom 30.10.1996 NVwZ-RR 1997, 284).
Danach ist ein Gewerbetreibender dann unzuverlässig wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (BVerwG vom 02.02.1982 BVerwGE 65, 1). Die somit erforderliche Prognose ist ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf wahrscheinlich zukünftige Verhalten des Gewerbetreibenden (BVerwG vom 26.02.1997 GewArch 1997, 242).
Ein einmaliges Fehlverhalten kann die Unzuverlässigkeit dann begründen, wenn es schwer wiegt und ein sicheres Symptom für eine Gesinnung oder Lebenseinstellung ist, die eine ordnungsgemäße Ausübung des angestrebten Berufs nicht erwarten lässt (Eckhardt, Kommentar zum Fahrlehrergesetz, 6. Aufl. 1999, § 2 Rn. 5 m.w.N.).
Nach Ansicht des Senats ist mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass das unstreitig einmalige Fehlverhalten des Antragstellers ... so schwer wiegt, dass hieraus die Prognose gestellt werden kann, dass zukünftig eine ordnungsgemäße Ausübung des Fahrlehrerberufs nicht zu erwarten ist.
Der Antragsteller steht als Fahrlehrer in einem besonderen Vertrauens- und Autoritätsverhältnis zu seinen Fahrschülern. Kraft dieses Verhältnisses müssen sich sein Fahrschüler bei der Ausbildung, insbesondere der praktischen Fahrausbildung, in seine Obhut begeben, um gefahrlos das Führen eines Kraftfahrzeuges zu erlernen. Dieses Verhältnis von Lehrer und Schüler ist damit davon geprägt, dass sich der Schüler der fachlichen und persönlichen Autorität des Lehrers soweit unterwerfe muss, als dies zur Erzielung eines Lernerfolges geboten ist. Aufgrund dieses Autoritätsverhältnisse und der im Rahmen der praktischen Ausbildung naturgemäß gegebenen besonderen Enge im Inneren eines Fahrschulautos ist vor allem ein Mitglied aus dem Kreis der typischerweise jugendlichen oder heranwachsenden Fahrschüler nur schwer in der Lage, sich gegen persönliche Grenzüberschreitungen, insbesondere sexuelle Anzüglichkeiten oder sonst vergleichbares Fehlverhalten des Fahrlehrers entschieden zur Wehr zu setzen. Der hier betroffene Personenkreis von jüngeren Fahrschülerinnen könnte sich der Anzüglichkeit des Antragstellers im Übrigen nicht entziehen, ohne erhebliche Nachteile hinnehmen zu müssen, nachdem der in der Konsequenz erfolgende Fahrschulwechsel auch finanzielle Nachteile für sie zur Folge hätte, da erneut Gebühren entstünden, die bereits auch im bisherigen Fahrschulbetrieb geleistet worden sind. Gerade hieraus entspringt auch ein Abhängigkeitsverhältnis der Fahrschülerinnen gegenüber dem Antragsteller und eine daraus resultierende weitergehende Machtposition gegenüber solchen jungen Frauen. Weil der Antragsteller seine ihm durch seine Stellung verschaffte Autoritäts- und Machtposition zur Befriedigung eigener sexueller Bedürfnisse und zum Nachteil seiner Fahrschülerin benutzt hat, ist er unzweifelhaft nicht mehr geeignet, die Vertrauensposition eines Fahrlehrers weiter inne zu haben.
Nachdem die Handlungen des Antragstellers die Schwelle der strafrechtlichen Relevanz – wie die strafrechtliche Verurteilung zeigt – überschritten haben, wiegt dieses einmalige Fehlverhalten des Antragstellers so schwer, dass allein hieraus die erforderliche Unzuverlässigkeitsprognose gestellt werden kann. Durch die sexuelle Belästigung unter Ausnutzung der besonderen Vertrauens- und Autoritätsstellung, die er als Fahrlehrer inne hat, hat der Antragsteller zum Ausdruck gebracht, dass er sich darüber hinwegsetzt, dass seine Handlungen verständlicherweise gerade von der sich noch im Reifeprozess befindlichen Fahrschülerin als sexuell erniedrigend und abstoßend empfunden werden, wobei er sie trotzdem bewusst unter Ausnutzung seiner besonderen Stellung vorgenommen hat. Schon deswegen war ihm seine Fahrlehrerlaubnis zwingend zu entziehen.
Das Mitführen der pornographischen Bilder im Rahmen der praktischen Fahrstunde sowie das anschließende Zeigen der Bilder gegenüber der Fahrschülerin hat der Antragsteller auch nicht bestritten, sondern vielmehr eingeräumt. Das Verwaltungsgericht hat aus Sicht des Senats zu Recht darauf hingewiesen, dass es den Antragsteller auch nicht entlasten kann, wenn – wie er behauptet – die Fahrschülerin von sich aus mit sexuellen Themen angefangen hätte. Von einem Ausbilder muss verlangt werden, dass er sich gegenüber minderjährigen Fahrschülern dem in geeigneter Weise entzieht, verfängliche Themen meidet und klare Grenzen setzt. Das hat der Antragsteller – die Richtigkeit seines Vortrags unterstellt – nicht getan, sondern vielmehr durch sein Verhalten nachdrücklich dokumentiert, dass er eine Fahrschülerin als sexuell interessant ansieht und als Fahrlehrer auch berechtigt ist, dies zum Ausdruck zu bringen. Wer aber wie der Antragsteller das Innere eines Fahrschulwagens als Raum für sexuelle Annäherungsversuche benutzt, ist nicht mehr geeignet, die verantwortungsvolle Stellung eines Fahrlehrers auszuüben. Auf mögliche weitere Verfehlungen des Antragstellers kommt es danach nicht mehr an. Vor diesem Hintergrund kann auch unberücksichtigt bleiben, dass es zu keiner Berührung der Fahrschülerin durch den Antragsteller gekommen ist, wobei wohl nicht die Rede davon sein kann, dass ihre körperliche Integrität somit gewahrt wurde. Das Zeigen von pornographischen Bildern von Frauen in eindeutigen sexuellen Posen durch einen direkt neben der betroffenen Person sitzenden Mann kann unter Umständen als derart unangenehm empfunden werden und ein so starkes körperliches Unwohlsein hervorrufen, dass die körperliche Integrität gerade nicht mehr gewahrt ist.
Ein Fahrlehrer wurde mit Strafbefehl vom 31.05.10 wegen Verbreitung pornographischer Schriften zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ausweislich des Strafbefehls hatte er am 11.02.10 einer 17-jährigen Jugendlichen praktischen Fahrunterricht erteilt. Während einer Fahrpause habe er der Fahrschülerin im Fahrzeug pornographische Bilder gezeigt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Fahrschülerin noch minderjährig war.
Aus der Entscheidung:
1. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 FahrlG ist die Fahrlehrerlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG genannten Voraussetzungen weggefallen ist.
Unzuverlässig im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG ist der Erlaubnisinhaber insbesondere dann, wenn er wiederholt die Pflichten gröblich verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz oder den auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen obliegen. Nachdem das Fahrlehrergesetz selbst keine spezialgesetzliche Definition der Unzuverlässigkeit enthält, sind hinsichtlich des Begriffes der Zuverlässigkeit die allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätze anzuwenden (BVerwG vom 30.10.1996 NVwZ-RR 1997, 284).
Danach ist ein Gewerbetreibender dann unzuverlässig wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (BVerwG vom 02.02.1982 BVerwGE 65, 1). Die somit erforderliche Prognose ist ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf wahrscheinlich zukünftige Verhalten des Gewerbetreibenden (BVerwG vom 26.02.1997 GewArch 1997, 242).
Ein einmaliges Fehlverhalten kann die Unzuverlässigkeit dann begründen, wenn es schwer wiegt und ein sicheres Symptom für eine Gesinnung oder Lebenseinstellung ist, die eine ordnungsgemäße Ausübung des angestrebten Berufs nicht erwarten lässt (Eckhardt, Kommentar zum Fahrlehrergesetz, 6. Aufl. 1999, § 2 Rn. 5 m.w.N.).
Nach Ansicht des Senats ist mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass das unstreitig einmalige Fehlverhalten des Antragstellers ... so schwer wiegt, dass hieraus die Prognose gestellt werden kann, dass zukünftig eine ordnungsgemäße Ausübung des Fahrlehrerberufs nicht zu erwarten ist.
Der Antragsteller steht als Fahrlehrer in einem besonderen Vertrauens- und Autoritätsverhältnis zu seinen Fahrschülern. Kraft dieses Verhältnisses müssen sich sein Fahrschüler bei der Ausbildung, insbesondere der praktischen Fahrausbildung, in seine Obhut begeben, um gefahrlos das Führen eines Kraftfahrzeuges zu erlernen. Dieses Verhältnis von Lehrer und Schüler ist damit davon geprägt, dass sich der Schüler der fachlichen und persönlichen Autorität des Lehrers soweit unterwerfe muss, als dies zur Erzielung eines Lernerfolges geboten ist. Aufgrund dieses Autoritätsverhältnisse und der im Rahmen der praktischen Ausbildung naturgemäß gegebenen besonderen Enge im Inneren eines Fahrschulautos ist vor allem ein Mitglied aus dem Kreis der typischerweise jugendlichen oder heranwachsenden Fahrschüler nur schwer in der Lage, sich gegen persönliche Grenzüberschreitungen, insbesondere sexuelle Anzüglichkeiten oder sonst vergleichbares Fehlverhalten des Fahrlehrers entschieden zur Wehr zu setzen. Der hier betroffene Personenkreis von jüngeren Fahrschülerinnen könnte sich der Anzüglichkeit des Antragstellers im Übrigen nicht entziehen, ohne erhebliche Nachteile hinnehmen zu müssen, nachdem der in der Konsequenz erfolgende Fahrschulwechsel auch finanzielle Nachteile für sie zur Folge hätte, da erneut Gebühren entstünden, die bereits auch im bisherigen Fahrschulbetrieb geleistet worden sind. Gerade hieraus entspringt auch ein Abhängigkeitsverhältnis der Fahrschülerinnen gegenüber dem Antragsteller und eine daraus resultierende weitergehende Machtposition gegenüber solchen jungen Frauen. Weil der Antragsteller seine ihm durch seine Stellung verschaffte Autoritäts- und Machtposition zur Befriedigung eigener sexueller Bedürfnisse und zum Nachteil seiner Fahrschülerin benutzt hat, ist er unzweifelhaft nicht mehr geeignet, die Vertrauensposition eines Fahrlehrers weiter inne zu haben.
Nachdem die Handlungen des Antragstellers die Schwelle der strafrechtlichen Relevanz – wie die strafrechtliche Verurteilung zeigt – überschritten haben, wiegt dieses einmalige Fehlverhalten des Antragstellers so schwer, dass allein hieraus die erforderliche Unzuverlässigkeitsprognose gestellt werden kann. Durch die sexuelle Belästigung unter Ausnutzung der besonderen Vertrauens- und Autoritätsstellung, die er als Fahrlehrer inne hat, hat der Antragsteller zum Ausdruck gebracht, dass er sich darüber hinwegsetzt, dass seine Handlungen verständlicherweise gerade von der sich noch im Reifeprozess befindlichen Fahrschülerin als sexuell erniedrigend und abstoßend empfunden werden, wobei er sie trotzdem bewusst unter Ausnutzung seiner besonderen Stellung vorgenommen hat. Schon deswegen war ihm seine Fahrlehrerlaubnis zwingend zu entziehen.
Das Mitführen der pornographischen Bilder im Rahmen der praktischen Fahrstunde sowie das anschließende Zeigen der Bilder gegenüber der Fahrschülerin hat der Antragsteller auch nicht bestritten, sondern vielmehr eingeräumt. Das Verwaltungsgericht hat aus Sicht des Senats zu Recht darauf hingewiesen, dass es den Antragsteller auch nicht entlasten kann, wenn – wie er behauptet – die Fahrschülerin von sich aus mit sexuellen Themen angefangen hätte. Von einem Ausbilder muss verlangt werden, dass er sich gegenüber minderjährigen Fahrschülern dem in geeigneter Weise entzieht, verfängliche Themen meidet und klare Grenzen setzt. Das hat der Antragsteller – die Richtigkeit seines Vortrags unterstellt – nicht getan, sondern vielmehr durch sein Verhalten nachdrücklich dokumentiert, dass er eine Fahrschülerin als sexuell interessant ansieht und als Fahrlehrer auch berechtigt ist, dies zum Ausdruck zu bringen. Wer aber wie der Antragsteller das Innere eines Fahrschulwagens als Raum für sexuelle Annäherungsversuche benutzt, ist nicht mehr geeignet, die verantwortungsvolle Stellung eines Fahrlehrers auszuüben. Auf mögliche weitere Verfehlungen des Antragstellers kommt es danach nicht mehr an. Vor diesem Hintergrund kann auch unberücksichtigt bleiben, dass es zu keiner Berührung der Fahrschülerin durch den Antragsteller gekommen ist, wobei wohl nicht die Rede davon sein kann, dass ihre körperliche Integrität somit gewahrt wurde. Das Zeigen von pornographischen Bildern von Frauen in eindeutigen sexuellen Posen durch einen direkt neben der betroffenen Person sitzenden Mann kann unter Umständen als derart unangenehm empfunden werden und ein so starkes körperliches Unwohlsein hervorrufen, dass die körperliche Integrität gerade nicht mehr gewahrt ist.