Keine Begründung des Beamtenverhältnisses bei fehlender
gesundheitlicher Eignung - morbus crohn - früher herrschende Meinung
Falls es also um diese Erkrankung geht, betrachten Sie auch noch die beiden genannten Entscheidungen.
Ferner weisen wir hin auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 06.11.12, Aktenzeichen 2 K 6976/11, welches Sie in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW finden.
Was bringt diese Entscheidung Ihnen noch, obwohl das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung geändert hat? Nun, es kann nützlich sein, sich einmal damit vertraut zu machen, wie die Juristen mit gesundheitlichen Problemen umgehen.
Und außerdem ist aus dieser Entscheidung ersichtlich, welchen Weg die juristischen Meinungen seit dem Jahr 2009 nahmen. Nicht erfasst ist natürlich die Änderung im Jahr 2013 - und damit auch nicht der aktuelle Stand der Diskussion.
Leider sind uns noch keine aktuelleren Urteile zu morbus crohn bekannt.
Falls Sie entsprechende Informationen für uns haben sollten: gerne!
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.09.11 - 2 K 6853/09 -
Klage eines an Morbus Crohn erkrankten Lehrers auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Die erforderliche gesundheitliche Eignung setzt eine körperliche und psychische Veranlagung der Art voraus, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
[Diese Formel gilt so nicht mehr.]
Der die Einstellung des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ablehnende Bescheid vom ... ist materiell rechtmäßig.
Die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit dem Ziel der späteren Verwendung auf Lebenszeit bedarf als Begründung eines Beamtenverhältnisses der Ernennung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG).
Voraussetzung für die Einstellung ist hiernach unter anderem die Eignung für das Beamtenverhältnis (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG), wozu auch die gesundheitliche Eignung gehört.
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15.06.1989 – 2 A 3.86 -
Wie bereits ausgeführt, liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn und ist die hierbei vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Akt wertender Erkenntnis. Für eine ablehnende Entscheidung sind bereits nachhaltige Zweifel an der gesundheitlichen Eignung ausreichend. Hierfür genügt nach ständiger höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung eine körperliche oder psychische Veranlagung der Art, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
[Diese Formel gilt so nicht mehr.]
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.09.1986 – 2 B 92.86 –, Urteil vom 25.02.1993 – 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147, und Beschluss vom 03.06.04 – 2 B 52.03 -; OVG NRW, Beschlüsse vom 12.03.08 – 6 A 4819/05 – und vom 11.03.10 – 6 A 1004/08 -. [Die hier zitierte Rechtsprechung ist damit überholt.]
...
Soweit gegen die Zugrundelegung des "strengen Maßstabes" eingewandt wird, dass die hiernach gebotene, sich über mehrere Jahrzehnte erstreckende Prognose aus medizinischer Sicht praktisch nicht möglich sei, wird verkannt, dass eine negative Prognose regelmäßig nur dann getroffen wird, wenn bestimmte Vorschädigungen der Gesundheit oder nachteilige körperliche oder geistige Veranlagungen vorliegen, die konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze bieten.
Nicht zu folgen ist ferner dem gelegentlich geäußerten Einwand, das geforderte hohe Maß an Wahrscheinlichkeit sei deshalb ein untaugliches Kriterium, weil nach der Statistik nur ein geringer Teil der Lehrer bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze im aktiven Dienst verbleibt, weil die Belastungen des Lehrerberufs im Verlauf des Berufslebens häufig frühzeitig zur dauernden Dienstunfähigkeit führen. Dieser Umstand liefert keinen tragfähigen Grund dafür, einen Lehrer, für dessen vorzeitige Dienstunfähigkeit es bereits bei der Einstellung gewichtige Anzeichen gibt, "sehenden Auges" in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Vielmehr erfordert die Anfälligkeit des Lehrerberufs für vorzeitige Zurruhesetzungen im Interesse eines sparsamen Einsatzes öffentlicher Mittel und der Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung in der Schule gerade einen strengen Maßstab und eine sorgsame Prüfung der gesundheitlichen Eignung.
OVG NRW, Beschluss vom 09.06.10 – 6 A 209/10 -, juris.
Die Einstellungsbehörde bewegt sich ferner im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums, wenn sie hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung eine auf die gesamte Dienstzeit ausgerichtete Prognose bereits bei ihrer Entscheidung über die Berufung des Bewerbers in das Beamtenverhältnis auf Probe vornimmt. Denn die Begründung dieses Probebeamtenverhältnisses erfolgt gerade im Hinblick auf eine spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Die Behörde vermeidet hiermit zudem die Gefahr, die fehlende gesundheitliche Eignung dem Bewerber bei der späteren Entscheidung über die Lebenszeitverbeamtung nicht mehr entgegenhalten zu können, wenn sie ihn in Kenntnis gesundheitlicher Probleme in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen hatte.
Ähnlich VG Bayreuth, Urteil vom 29.05.09 – B 5 K 08.173 -, Rn. 52.
Bei der demnach gebotenen Zugrundelegung des "strengen Maßstabes" begegnet die Entscheidung des Beklagten, dem Kläger die gesundheitliche Eignung als Lehrer im Beamtenverhältnis (zunächst auf Probe) abzusprechen, keinen durchgreifenden Bedenken, weil bei dem Kläger eine körperliche Veranlagung der Art vorliegt, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Vielmehr besteht die Möglichkeit, dass es erneut zu Krankheitsschüben kommt, welche längere Fehlzeiten und die vorzeitige Dienstunfähigkeit zur Folge haben können. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Bei dem Kläger wurde Ende 2000 eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn) diagnostiziert. Die Erkrankung wurde im Januar 2001 stationär und nachfolgend ambulant behandelt. Die anfängliche initiale Therapie wurde später auf eine Rezidivprophylaxe-Dosierung reduziert. Nach Absetzen dieser Therapie im Jahr 2005 trat im Januar 2006 ein schweres Rezidiv des Morbus Crohn auf, welches eine erneute stationäre Behandlung und die Wiederaufnahme der Rezidivprophylaxe mit dem Medikament Imurek erforderlich machte. Eine im Januar 2009 durchgeführte Koloskopie führte zu der Beurteilung, dass eine "narbig ausgeheilte Colitis Crohn ohne makroskopische Zeichen von Aktivität" im Remissionsstadium vorliege. Es fänden sich narbig-pseudopolypöse Veränderungen überwiegend im Colon descendens und Colon transversum. Zugleich wurde die Empfehlung ausgesprochen, die remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin (Imurek) unverändert fortzuführen. Letztere wurde im August 2009 wieder abgesetzt. Seitdem ist nach den Angaben des Klägers kein Rezidiv mehr aufgetreten.
Der gerichtliche Sachverständige gelangte nach Durchführung einer endoskopischen Diagnostik, einer Ileo-Koloskopie und Proktoskopie sowie einer MR-Sellink-Untersuchung zu der Feststellung, dass die Erkrankung mit dem gutem Ansprechen auf eine remissionsinduzierende Therapie und bei lediglich einem Rezidiv im Jahr 2006 zwar einen milden Verlauf genommen habe und typische Begleiterkrankungen und Komplikationen des Morbus Crohn, wie Strikturen, Fisteln oder extraintestinale Symptome im klinischen Verlauf bisher nicht aufgetreten seien, dass sich aber aufgrund dieses günstigen Verlaufs keine Rückschlüsse auf ein zukünftiges Schubereignis ziehen ließen, da auch nach vielen Jahren der klinischen Remission jederzeit akute Schübe mit Exazerbation des Morbus Crohn auftreten könnten. Aus diesem Grund könne die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze und / oder häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Das erkennende Gericht folgt dieser auf belastbare allgemeine Erkenntnisse gestützten Einschätzung des Sachverständigen: Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine chronische, alle Schichten der Darmwand betreffende entzündliche Darmerkrankung. Das klinische Erscheinungsbild ist durch einen chronisch intermittierend schubförmigen Verlauf charakterisiert, bei dem sowohl akute Schübe mit langen Phasen klinischer Remission als auch Phasen mit chronisch rezidivierender Aktivität auftreten können. Bedingt durch den schubförmigen chronischen Verlauf ist eine Ausheilung durch therapeutische Maßnahmen nicht zu erzielen. Zwar gehört der Kläger zu der nach einer wissenschaftlichen Studie rund ein Drittel der betroffenen Patienten umfassenden Gruppe, bei der ein milder Krankheitsverlauf zu verzeichnen ist, weil die Patienten aufgrund der medikamentösen Therapie des ersten Schubes in eine Remission gelangten und sich auch nach einem Jahr noch in der Remissionsphase befanden. Bei Zugrundelegung einer weiteren, nach der sog. Wiener Klassifikation unterscheidenden Studie gehört der Kläger zu den 40 % der an Morbus Crohn erkrankten Patienten, die zunächst weder ein penetrierendes noch ein strikturierendes Verlaufsmuster aufweisen. Bei einer Betrachtung über einen Zeitraum von 6 Jahren wurden aber nur 12 % der Patienten der nicht penetrierenden bzw. nicht strikturierenden Gruppe zugeordnet. Nach einer großen Studie in Norwegen konnten im Fünf-Jahresverlauf zwar klinisch eher milde Verläufe abgebildet werden, ein komplett rezidivfreier Verlauf wurde aber selten beobachtet.
Es besteht kein begründeter Anlass, im Fall des Klägers eine hiervon abweichende Risikoeinschätzung vorzunehmen.
In der von ihm vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung dahin, dass eine "baldige Dienstunfähigkeit" des Klägers "nicht zu erwarten" sei. In der Bescheinigung des Internisten O vom 12.03.10 heißt es, dass mit einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund dieser Erkrankung "derzeit nicht zu rechnen" sei. Die gesundheitliche Eignung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis ist aber nicht bereits dann gegeben, wenn der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit derzeit oder alsbald nicht zu erwarten ist. Vielmehr bedarf es neben einer auf den gesamten Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze bezogenen Betrachtung nach dem "strengen Maßstab" der Feststellung, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Eine derartige Prognose treffen die den Kläger behandelnden Ärzte aber gerade nicht, weil auch ihnen bekannt ist, dass Morbus Crohn nicht heilbar und das erneute Auftreten von Krankheitsschüben auch bei einem milden Krankheitsverlauf möglich ist. Aus diesem Grunde trifft auch die Behauptung des Klägers nicht zu, aus dem in der Bescheinigung des O enthaltenen Hinweis auf eine "komplette Remission" ergebe sich, dass in seinem Fall entgegen der Darstellung der Amtsärztin eine vollständige Aus- bzw. Abheilung der Erkrankung vorliege. Die Äußerung des F vom 2.03.10 krankt zudem daran, dass von einer seit vielen Jahren, nämlich seit 2001 in einer Remission befindlichen Erkrankung ausgeht und somit verschweigt, dass noch im Januar 2006 ein stationär behandeltes Rezidiv aufgetreten war.
Wenn der Kläger beanstandet, dass die von dem Sachverständigen herangezogenen Studien keine Aussagen über das Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit der an Morbus Crohn erkrankten Personen im Vergleich zu der übrigen Bevölkerung beinhalteten und in diesem Zusammenhang auch auf die Informationsschrift des DDCV e.V. verweist, verfehlt er den maßgeblichen Vergleichsmaßstab. Es ist nicht entscheidend, ob oder dass an Morbus Crohn erkrankte Personen nicht in höherem Maß vorzeitig dauernd dienstunfähig werden als die berufstätige Bevölkerung im Übrigen. Entscheidend ist vielmehr, ob die vorzeitige Dienstunfähigkeit gerade von Personen, die bereits im Zeitpunkt der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses an Morbus Crohn erkrankt sind, in der Weise erhöht ist, dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der vorzeitigen Dienstunfähigkeit oder häufiger Erkrankungen nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Das ist aber, wie ausgeführt, bei an Morbus Crohn Erkrankten der Fall.
Soweit der Kläger dem von dem erkennenden Gericht eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten das in dem Verfahren vor dem VG Gelsenkirchen erstellte Gutachten des Universitätsklinikums F1 vom 22.07.08 entgegenhält, das zu einem anderen Ergebnis gelangt sei, dringt er gleichfalls nicht durch. Letzteres geht bereits von einer letztlich nicht entscheidenden Prüfungsmaßstab aus, wenn es feststellt: "Generell gilt nach aktueller Datenlage die Lebenserwartung bei M. Crohn gegenüber der gesunden Bevölkerung als nicht, bzw. nur leicht eingeschränkt [...]." Selbst wenn sich belegen ließe, dass die Sterblichkeitsrate der an Morbus Crohn erkrankte Personen nicht höher ist als die der übrigen Bevölkerung, besagte dies nicht, dass Morbus-Crohn-Patienten nicht in höherem Maße vorzeitig dienstunfähig werden als der Rest der Bevölkerung. Soweit das Gutachten des Universitätsklinikums F1 konkret die Gefahr vorzeitiger Dienstunfähigkeit anspricht, gibt es keine Antwort gerade auf die durch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen unter Ziffer 3 formulierten Beweisfrage ("Können bei der Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung die Möglichkeit häufiger Erkrankungen und/oder der krankheitsbedingte Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit vor Eintritt des 65., Lebensjahres mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden?"). Die (günstige) Prognose geht nämlich lediglich dahin, dass "eine dauernde Dienstunfähigkeit nicht als wahrscheinlich zu erwarten" sei. Auch der abschließende Satz: "Wir erwarten in diesem Fall somit keine häufigen Krankheitsausfälle oder die dauernde Dienstunfähigkeit vor dem 65. Lebensjahr" beantwortet die maßgebende Fragestellung nicht erschöpfend, weil auch hiermit eine entsprechende Entwicklung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wird. Bereits aus diesem Grunde bedarf es auch nicht etwa der Einholung eines "Obergutachtens", welches der Kläger in der mündlichen Verhandlung thematisiert hat.
Ein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe steht dem Kläger auch nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu. Das gilt selbst für den - angesichts der naturgemäß nie identischen Krankheitsbilder und –verläufe – eher theoretischen Fall, dass die Erkrankung der Bewerber, die das beklagte Land in das Beamtenverhältnis eingestellt hat, derjenigen des Klägers entsprach. Denn ist die gesundheitliche Eignung bei Vorliegen einer chronischen Darmerkrankung selbst bei milder Verlaufsform tatsächlich nicht gegeben, weil die Möglichkeit des Eintritts vorzeitiger Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, so bleibt dem Dienstherrn keine Möglichkeit für die vom Kläger geforderte allgemeine Verwaltungspraxis, den gesundheitlich nicht geeigneten Bewerber in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Eine solche allgemeine Regelung wäre rechtswidrig.
Klage eines an Morbus Crohn erkrankten Lehrers auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Die erforderliche gesundheitliche Eignung setzt eine körperliche und psychische Veranlagung der Art voraus, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
[Diese Formel gilt so nicht mehr.]
Der die Einstellung des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ablehnende Bescheid vom ... ist materiell rechtmäßig.
Die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit dem Ziel der späteren Verwendung auf Lebenszeit bedarf als Begründung eines Beamtenverhältnisses der Ernennung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG).
Voraussetzung für die Einstellung ist hiernach unter anderem die Eignung für das Beamtenverhältnis (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG), wozu auch die gesundheitliche Eignung gehört.
Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15.06.1989 – 2 A 3.86 -
Wie bereits ausgeführt, liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn und ist die hierbei vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Akt wertender Erkenntnis. Für eine ablehnende Entscheidung sind bereits nachhaltige Zweifel an der gesundheitlichen Eignung ausreichend. Hierfür genügt nach ständiger höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung eine körperliche oder psychische Veranlagung der Art, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
[Diese Formel gilt so nicht mehr.]
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.09.1986 – 2 B 92.86 –, Urteil vom 25.02.1993 – 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147, und Beschluss vom 03.06.04 – 2 B 52.03 -; OVG NRW, Beschlüsse vom 12.03.08 – 6 A 4819/05 – und vom 11.03.10 – 6 A 1004/08 -. [Die hier zitierte Rechtsprechung ist damit überholt.]
...
Soweit gegen die Zugrundelegung des "strengen Maßstabes" eingewandt wird, dass die hiernach gebotene, sich über mehrere Jahrzehnte erstreckende Prognose aus medizinischer Sicht praktisch nicht möglich sei, wird verkannt, dass eine negative Prognose regelmäßig nur dann getroffen wird, wenn bestimmte Vorschädigungen der Gesundheit oder nachteilige körperliche oder geistige Veranlagungen vorliegen, die konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze bieten.
Nicht zu folgen ist ferner dem gelegentlich geäußerten Einwand, das geforderte hohe Maß an Wahrscheinlichkeit sei deshalb ein untaugliches Kriterium, weil nach der Statistik nur ein geringer Teil der Lehrer bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze im aktiven Dienst verbleibt, weil die Belastungen des Lehrerberufs im Verlauf des Berufslebens häufig frühzeitig zur dauernden Dienstunfähigkeit führen. Dieser Umstand liefert keinen tragfähigen Grund dafür, einen Lehrer, für dessen vorzeitige Dienstunfähigkeit es bereits bei der Einstellung gewichtige Anzeichen gibt, "sehenden Auges" in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Vielmehr erfordert die Anfälligkeit des Lehrerberufs für vorzeitige Zurruhesetzungen im Interesse eines sparsamen Einsatzes öffentlicher Mittel und der Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung in der Schule gerade einen strengen Maßstab und eine sorgsame Prüfung der gesundheitlichen Eignung.
OVG NRW, Beschluss vom 09.06.10 – 6 A 209/10 -, juris.
Die Einstellungsbehörde bewegt sich ferner im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums, wenn sie hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung eine auf die gesamte Dienstzeit ausgerichtete Prognose bereits bei ihrer Entscheidung über die Berufung des Bewerbers in das Beamtenverhältnis auf Probe vornimmt. Denn die Begründung dieses Probebeamtenverhältnisses erfolgt gerade im Hinblick auf eine spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Die Behörde vermeidet hiermit zudem die Gefahr, die fehlende gesundheitliche Eignung dem Bewerber bei der späteren Entscheidung über die Lebenszeitverbeamtung nicht mehr entgegenhalten zu können, wenn sie ihn in Kenntnis gesundheitlicher Probleme in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen hatte.
Ähnlich VG Bayreuth, Urteil vom 29.05.09 – B 5 K 08.173 -, Rn. 52.
Bei der demnach gebotenen Zugrundelegung des "strengen Maßstabes" begegnet die Entscheidung des Beklagten, dem Kläger die gesundheitliche Eignung als Lehrer im Beamtenverhältnis (zunächst auf Probe) abzusprechen, keinen durchgreifenden Bedenken, weil bei dem Kläger eine körperliche Veranlagung der Art vorliegt, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Vielmehr besteht die Möglichkeit, dass es erneut zu Krankheitsschüben kommt, welche längere Fehlzeiten und die vorzeitige Dienstunfähigkeit zur Folge haben können. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Bei dem Kläger wurde Ende 2000 eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn) diagnostiziert. Die Erkrankung wurde im Januar 2001 stationär und nachfolgend ambulant behandelt. Die anfängliche initiale Therapie wurde später auf eine Rezidivprophylaxe-Dosierung reduziert. Nach Absetzen dieser Therapie im Jahr 2005 trat im Januar 2006 ein schweres Rezidiv des Morbus Crohn auf, welches eine erneute stationäre Behandlung und die Wiederaufnahme der Rezidivprophylaxe mit dem Medikament Imurek erforderlich machte. Eine im Januar 2009 durchgeführte Koloskopie führte zu der Beurteilung, dass eine "narbig ausgeheilte Colitis Crohn ohne makroskopische Zeichen von Aktivität" im Remissionsstadium vorliege. Es fänden sich narbig-pseudopolypöse Veränderungen überwiegend im Colon descendens und Colon transversum. Zugleich wurde die Empfehlung ausgesprochen, die remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin (Imurek) unverändert fortzuführen. Letztere wurde im August 2009 wieder abgesetzt. Seitdem ist nach den Angaben des Klägers kein Rezidiv mehr aufgetreten.
Der gerichtliche Sachverständige gelangte nach Durchführung einer endoskopischen Diagnostik, einer Ileo-Koloskopie und Proktoskopie sowie einer MR-Sellink-Untersuchung zu der Feststellung, dass die Erkrankung mit dem gutem Ansprechen auf eine remissionsinduzierende Therapie und bei lediglich einem Rezidiv im Jahr 2006 zwar einen milden Verlauf genommen habe und typische Begleiterkrankungen und Komplikationen des Morbus Crohn, wie Strikturen, Fisteln oder extraintestinale Symptome im klinischen Verlauf bisher nicht aufgetreten seien, dass sich aber aufgrund dieses günstigen Verlaufs keine Rückschlüsse auf ein zukünftiges Schubereignis ziehen ließen, da auch nach vielen Jahren der klinischen Remission jederzeit akute Schübe mit Exazerbation des Morbus Crohn auftreten könnten. Aus diesem Grund könne die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze und / oder häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Das erkennende Gericht folgt dieser auf belastbare allgemeine Erkenntnisse gestützten Einschätzung des Sachverständigen: Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine chronische, alle Schichten der Darmwand betreffende entzündliche Darmerkrankung. Das klinische Erscheinungsbild ist durch einen chronisch intermittierend schubförmigen Verlauf charakterisiert, bei dem sowohl akute Schübe mit langen Phasen klinischer Remission als auch Phasen mit chronisch rezidivierender Aktivität auftreten können. Bedingt durch den schubförmigen chronischen Verlauf ist eine Ausheilung durch therapeutische Maßnahmen nicht zu erzielen. Zwar gehört der Kläger zu der nach einer wissenschaftlichen Studie rund ein Drittel der betroffenen Patienten umfassenden Gruppe, bei der ein milder Krankheitsverlauf zu verzeichnen ist, weil die Patienten aufgrund der medikamentösen Therapie des ersten Schubes in eine Remission gelangten und sich auch nach einem Jahr noch in der Remissionsphase befanden. Bei Zugrundelegung einer weiteren, nach der sog. Wiener Klassifikation unterscheidenden Studie gehört der Kläger zu den 40 % der an Morbus Crohn erkrankten Patienten, die zunächst weder ein penetrierendes noch ein strikturierendes Verlaufsmuster aufweisen. Bei einer Betrachtung über einen Zeitraum von 6 Jahren wurden aber nur 12 % der Patienten der nicht penetrierenden bzw. nicht strikturierenden Gruppe zugeordnet. Nach einer großen Studie in Norwegen konnten im Fünf-Jahresverlauf zwar klinisch eher milde Verläufe abgebildet werden, ein komplett rezidivfreier Verlauf wurde aber selten beobachtet.
Es besteht kein begründeter Anlass, im Fall des Klägers eine hiervon abweichende Risikoeinschätzung vorzunehmen.
In der von ihm vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung dahin, dass eine "baldige Dienstunfähigkeit" des Klägers "nicht zu erwarten" sei. In der Bescheinigung des Internisten O vom 12.03.10 heißt es, dass mit einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund dieser Erkrankung "derzeit nicht zu rechnen" sei. Die gesundheitliche Eignung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis ist aber nicht bereits dann gegeben, wenn der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit derzeit oder alsbald nicht zu erwarten ist. Vielmehr bedarf es neben einer auf den gesamten Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze bezogenen Betrachtung nach dem "strengen Maßstab" der Feststellung, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Eine derartige Prognose treffen die den Kläger behandelnden Ärzte aber gerade nicht, weil auch ihnen bekannt ist, dass Morbus Crohn nicht heilbar und das erneute Auftreten von Krankheitsschüben auch bei einem milden Krankheitsverlauf möglich ist. Aus diesem Grunde trifft auch die Behauptung des Klägers nicht zu, aus dem in der Bescheinigung des O enthaltenen Hinweis auf eine "komplette Remission" ergebe sich, dass in seinem Fall entgegen der Darstellung der Amtsärztin eine vollständige Aus- bzw. Abheilung der Erkrankung vorliege. Die Äußerung des F vom 2.03.10 krankt zudem daran, dass von einer seit vielen Jahren, nämlich seit 2001 in einer Remission befindlichen Erkrankung ausgeht und somit verschweigt, dass noch im Januar 2006 ein stationär behandeltes Rezidiv aufgetreten war.
Wenn der Kläger beanstandet, dass die von dem Sachverständigen herangezogenen Studien keine Aussagen über das Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit der an Morbus Crohn erkrankten Personen im Vergleich zu der übrigen Bevölkerung beinhalteten und in diesem Zusammenhang auch auf die Informationsschrift des DDCV e.V. verweist, verfehlt er den maßgeblichen Vergleichsmaßstab. Es ist nicht entscheidend, ob oder dass an Morbus Crohn erkrankte Personen nicht in höherem Maß vorzeitig dauernd dienstunfähig werden als die berufstätige Bevölkerung im Übrigen. Entscheidend ist vielmehr, ob die vorzeitige Dienstunfähigkeit gerade von Personen, die bereits im Zeitpunkt der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses an Morbus Crohn erkrankt sind, in der Weise erhöht ist, dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der vorzeitigen Dienstunfähigkeit oder häufiger Erkrankungen nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Das ist aber, wie ausgeführt, bei an Morbus Crohn Erkrankten der Fall.
Soweit der Kläger dem von dem erkennenden Gericht eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten das in dem Verfahren vor dem VG Gelsenkirchen erstellte Gutachten des Universitätsklinikums F1 vom 22.07.08 entgegenhält, das zu einem anderen Ergebnis gelangt sei, dringt er gleichfalls nicht durch. Letzteres geht bereits von einer letztlich nicht entscheidenden Prüfungsmaßstab aus, wenn es feststellt: "Generell gilt nach aktueller Datenlage die Lebenserwartung bei M. Crohn gegenüber der gesunden Bevölkerung als nicht, bzw. nur leicht eingeschränkt [...]." Selbst wenn sich belegen ließe, dass die Sterblichkeitsrate der an Morbus Crohn erkrankte Personen nicht höher ist als die der übrigen Bevölkerung, besagte dies nicht, dass Morbus-Crohn-Patienten nicht in höherem Maße vorzeitig dienstunfähig werden als der Rest der Bevölkerung. Soweit das Gutachten des Universitätsklinikums F1 konkret die Gefahr vorzeitiger Dienstunfähigkeit anspricht, gibt es keine Antwort gerade auf die durch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen unter Ziffer 3 formulierten Beweisfrage ("Können bei der Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung die Möglichkeit häufiger Erkrankungen und/oder der krankheitsbedingte Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit vor Eintritt des 65., Lebensjahres mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden?"). Die (günstige) Prognose geht nämlich lediglich dahin, dass "eine dauernde Dienstunfähigkeit nicht als wahrscheinlich zu erwarten" sei. Auch der abschließende Satz: "Wir erwarten in diesem Fall somit keine häufigen Krankheitsausfälle oder die dauernde Dienstunfähigkeit vor dem 65. Lebensjahr" beantwortet die maßgebende Fragestellung nicht erschöpfend, weil auch hiermit eine entsprechende Entwicklung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wird. Bereits aus diesem Grunde bedarf es auch nicht etwa der Einholung eines "Obergutachtens", welches der Kläger in der mündlichen Verhandlung thematisiert hat.
Ein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe steht dem Kläger auch nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu. Das gilt selbst für den - angesichts der naturgemäß nie identischen Krankheitsbilder und –verläufe – eher theoretischen Fall, dass die Erkrankung der Bewerber, die das beklagte Land in das Beamtenverhältnis eingestellt hat, derjenigen des Klägers entsprach. Denn ist die gesundheitliche Eignung bei Vorliegen einer chronischen Darmerkrankung selbst bei milder Verlaufsform tatsächlich nicht gegeben, weil die Möglichkeit des Eintritts vorzeitiger Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, so bleibt dem Dienstherrn keine Möglichkeit für die vom Kläger geforderte allgemeine Verwaltungspraxis, den gesundheitlich nicht geeigneten Bewerber in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Eine solche allgemeine Regelung wäre rechtswidrig.