Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Probem wegen psychischer Probleme
Auch zu der nachfolgenden Entscheidung müssen wir darauf hinweisen, dass es letztlich um eine gesundheitliche Prognose geht, der eine Fragestellung (ein Maßstab) zugrunde gelegt wurde, der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts heute nicht mehr gilt.
Möglicherweise wäre die Sache heute anders zu entscheiden. Aber das ist letztlich immer eine Frage der Bewertung der Einzelheiten des konkreten Falles durch medizinischen Sachverstand.
Mit Urteilsschelte sollte man aus vielfältigen Gründen stets vorsichtig sein. Dennoch dürfen wir sagen, dass uns ein Urteil wie das nachfolgende nicht überzeugen könnte, weil die gesundheitliche Verfassung der Klägerin unseres Erachtens nicht hinreichend konkret geprüft wurde.
Das führt zu der Anmerkung, dass Urteile der Verwaltungsgerichte nicht unbedingt rechtskräftig werden. Als Betroffener können Sie die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht beantragen und später unter Umständen noch ein Revisionsverfahren anstreben.
Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 10.08.04, 1 K 818 / 04
Das Gericht bestätigt die Entlassung einer thüringischen Landesbeamtin auf Probe wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ("depressiver Symptomenkomplex").
Die Klägerin wurde 1991 eingestellt und 1995 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Steueroberinspektorin ernannt. Danach war sie bis Mitte 1999 insgesamt an ca. 300 Arbeitstagen dienstunfähig.
Am 23.07.98 stellte der Amtsarzt fest, die Klägerin sei dienstfähig. Zur Frage der Verbeamtung auf Lebenszeit empfehle er aber eine Verlängerung der Probezeit.
Die Probezeit wurde bis zum 31.07.99 verlängert.
Am 22.07.99 äußerte der Amtsarzt Bedenken gegen die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, weil weitere Arbeitsunfähigkeiten auch in Zukunft nicht auszuschließen seien, da psychisch bedingte Belastungs- und Konfliktsituationen bereits zu einem depressiven Symptomenkomplex geführt hätten.
Eine im August 1999 erstellte Probezeitbeurteilung endete mit dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre fachliche Eignung nicht weiter entwickelt habe. Wesentliche Ursache sei ihr labiler Gesundheitszustand.
Mit Bescheid vom 10.02.00 wurde die Klägerin aus dem Dienst entlassen, da ihre gesundheitliche Eignung nicht habe festgestellt werden können.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass die gesundheitliche Eignung nicht gegeben sei. Die entsprechenden Feststellungen des Amtsarztes würden durch die Fehltage deutlich untermauert.
Den Widerspruch wies das Finanzministerium zurück.
Das Gericht hält die Entlassungsverfügung und den Widerspruchsbescheid für rechtmäßig:
Nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 Thüringer Beamtengesetz (ThürBG) kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat.
Der Begriff der mangelnden Bewährung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff nur einer eingeschränkten richterlichen Nachprüfung und hängt von einer Vielzahl von Anforderungen des konkreten Aufgabenbereichs ab. Diese Anforderungen zu bestimmen ist Aufgabe des Dienstherrn.
Die Bewährung des Beamten in gesundheitlicher Hinsicht erfordert, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen.
Dabei ist der Dienstherr auf Grund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gehalten, die Frage der Bewährung sorgfältig zu prüfen. An die Substanz der in gesundheitlicher Hinsicht bestehenden Eignungszweifel dürfen nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Wird beispielsweise die Entlassung mit einem erhöhten Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit begründet, dann ist für eine Entlassung des Probebeamten erforderlich, dass dieses Risiko deutlich erhöht ist, was wiederum die sorgfältige Ermittlung und abwägende Bewertung der in Betracht kommenden Risiken durch den Dienstherrn erfordert.
...
Der Amtsarzt meint, dass die Klägerin für eine Tätigkeit als Beamtin im Finanzdienst gesundheitlich nicht geeignet sei. Ein vorzeitiges Eintreten dauernder Dienstunfähigkeit sei zu erwarten und eine weitere Arbeitsunfähigkeit auch in Zukunft nicht auszuschließen. Die Beurteilung im amtsärztlichen Zeugnis ist auf Grund der Angaben der Klägerin selbst, der Befunde und Berichte des Hausarztes sowie des behandelnden Facharztes erstellt worden. ...
Dem Gericht liegt ferner eine Diagnose eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie vom 21.07.99 vor: „Belastungsstörung mit beginnender Somatisierung".
Das Gericht meint, dass der Dienstherr die krankheitsbedingten Ausfälle sowie die medizinischen Stellungnahmen zulässigerweise zur Grundlage für die Prognose gemacht hat, dass der Gesundheitszustand der Klägerin keine Gewähr dafür bietet, dass sie die notwendige gesundheitliche Eignung für das Amt hat. Die vorliegenden Tatsachen schließen bei prognostischer Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen der Beamtin und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit nicht aus. Zwar haben offenbar viele der Fehltage ihren Grund in unterschiedlichen Erkrankungen, so dass es sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild handelt, welches die negative Prognose rechtfertigt. Andererseits ist aber nicht zu übersehen, dass die Klägerin während der gesamten Probezeit erhöhte Ausfälle hatte und deswegen schon die Probezeit verlängert worden war. Gerade im Jahr 1999 haben sich die Fehlzeiten gehäuft und sind offensichtlich auf eine Erkrankung zurückzuführen, deren Behandlungsende sich nicht abzeichnet.
Ermessensfehler sieht das Gericht nicht:
Zwar räumt § 36 Abs. 1 Nr. 2 ThürBG dem Dienstherrn grundsätzlich ein Ermessen ein. Dieses der Behörde eingeräumte Ermessen ist jedoch in einem Fall wie diesem weitgehend reduziert. Insbesondere ist die Entscheidung, die Probezeit der Klägerin nicht noch ein weiteres Mal zu verlängern, nicht ermessensfehlerhaft. Eine Verlängerung der Probezeit ist höchstens zwei Jahre möglich, wenn die Bewährung bis zum Ablauf der Probezeit noch nicht festgestellt werden kann. Das dafür gesetzlich eingeräumte Ermessen ist aber nur gegeben, so lange noch möglich erscheint, dass ein Bewährungsmangel während der Höchstdauer der Probezeit noch behebbar ist. Anderenfalls muss die Entlassung zwingend ausgesprochen werden. Da vorliegend bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Entlassungsverfügung die Nichtbewährung der Klägerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt werden konnte, war diese zu entlassen. Die Entlassung eines Probebeamten bei Verwirklichung eines der in § 36 Abs. 1 ThürBG genannten Regelbeispiele ist die vom Gesetzgeber gewollte Regelfolge (sog. intendiertes Ermessen).
Das Gericht bestätigt die Entlassung einer thüringischen Landesbeamtin auf Probe wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ("depressiver Symptomenkomplex").
Die Klägerin wurde 1991 eingestellt und 1995 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Steueroberinspektorin ernannt. Danach war sie bis Mitte 1999 insgesamt an ca. 300 Arbeitstagen dienstunfähig.
Am 23.07.98 stellte der Amtsarzt fest, die Klägerin sei dienstfähig. Zur Frage der Verbeamtung auf Lebenszeit empfehle er aber eine Verlängerung der Probezeit.
Die Probezeit wurde bis zum 31.07.99 verlängert.
Am 22.07.99 äußerte der Amtsarzt Bedenken gegen die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, weil weitere Arbeitsunfähigkeiten auch in Zukunft nicht auszuschließen seien, da psychisch bedingte Belastungs- und Konfliktsituationen bereits zu einem depressiven Symptomenkomplex geführt hätten.
Eine im August 1999 erstellte Probezeitbeurteilung endete mit dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre fachliche Eignung nicht weiter entwickelt habe. Wesentliche Ursache sei ihr labiler Gesundheitszustand.
Mit Bescheid vom 10.02.00 wurde die Klägerin aus dem Dienst entlassen, da ihre gesundheitliche Eignung nicht habe festgestellt werden können.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass die gesundheitliche Eignung nicht gegeben sei. Die entsprechenden Feststellungen des Amtsarztes würden durch die Fehltage deutlich untermauert.
Den Widerspruch wies das Finanzministerium zurück.
Das Gericht hält die Entlassungsverfügung und den Widerspruchsbescheid für rechtmäßig:
Nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 Thüringer Beamtengesetz (ThürBG) kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit hinsichtlich seiner Eignung, Befähigung oder fachlichen Leistung nicht bewährt hat.
Der Begriff der mangelnden Bewährung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff nur einer eingeschränkten richterlichen Nachprüfung und hängt von einer Vielzahl von Anforderungen des konkreten Aufgabenbereichs ab. Diese Anforderungen zu bestimmen ist Aufgabe des Dienstherrn.
Die Bewährung des Beamten in gesundheitlicher Hinsicht erfordert, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen.
Dabei ist der Dienstherr auf Grund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gehalten, die Frage der Bewährung sorgfältig zu prüfen. An die Substanz der in gesundheitlicher Hinsicht bestehenden Eignungszweifel dürfen nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Wird beispielsweise die Entlassung mit einem erhöhten Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit begründet, dann ist für eine Entlassung des Probebeamten erforderlich, dass dieses Risiko deutlich erhöht ist, was wiederum die sorgfältige Ermittlung und abwägende Bewertung der in Betracht kommenden Risiken durch den Dienstherrn erfordert.
...
Der Amtsarzt meint, dass die Klägerin für eine Tätigkeit als Beamtin im Finanzdienst gesundheitlich nicht geeignet sei. Ein vorzeitiges Eintreten dauernder Dienstunfähigkeit sei zu erwarten und eine weitere Arbeitsunfähigkeit auch in Zukunft nicht auszuschließen. Die Beurteilung im amtsärztlichen Zeugnis ist auf Grund der Angaben der Klägerin selbst, der Befunde und Berichte des Hausarztes sowie des behandelnden Facharztes erstellt worden. ...
Dem Gericht liegt ferner eine Diagnose eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie vom 21.07.99 vor: „Belastungsstörung mit beginnender Somatisierung".
Das Gericht meint, dass der Dienstherr die krankheitsbedingten Ausfälle sowie die medizinischen Stellungnahmen zulässigerweise zur Grundlage für die Prognose gemacht hat, dass der Gesundheitszustand der Klägerin keine Gewähr dafür bietet, dass sie die notwendige gesundheitliche Eignung für das Amt hat. Die vorliegenden Tatsachen schließen bei prognostischer Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen der Beamtin und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit nicht aus. Zwar haben offenbar viele der Fehltage ihren Grund in unterschiedlichen Erkrankungen, so dass es sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild handelt, welches die negative Prognose rechtfertigt. Andererseits ist aber nicht zu übersehen, dass die Klägerin während der gesamten Probezeit erhöhte Ausfälle hatte und deswegen schon die Probezeit verlängert worden war. Gerade im Jahr 1999 haben sich die Fehlzeiten gehäuft und sind offensichtlich auf eine Erkrankung zurückzuführen, deren Behandlungsende sich nicht abzeichnet.
Ermessensfehler sieht das Gericht nicht:
Zwar räumt § 36 Abs. 1 Nr. 2 ThürBG dem Dienstherrn grundsätzlich ein Ermessen ein. Dieses der Behörde eingeräumte Ermessen ist jedoch in einem Fall wie diesem weitgehend reduziert. Insbesondere ist die Entscheidung, die Probezeit der Klägerin nicht noch ein weiteres Mal zu verlängern, nicht ermessensfehlerhaft. Eine Verlängerung der Probezeit ist höchstens zwei Jahre möglich, wenn die Bewährung bis zum Ablauf der Probezeit noch nicht festgestellt werden kann. Das dafür gesetzlich eingeräumte Ermessen ist aber nur gegeben, so lange noch möglich erscheint, dass ein Bewährungsmangel während der Höchstdauer der Probezeit noch behebbar ist. Anderenfalls muss die Entlassung zwingend ausgesprochen werden. Da vorliegend bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Entlassungsverfügung die Nichtbewährung der Klägerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt werden konnte, war diese zu entlassen. Die Entlassung eines Probebeamten bei Verwirklichung eines der in § 36 Abs. 1 ThürBG genannten Regelbeispiele ist die vom Gesetzgeber gewollte Regelfolge (sog. intendiertes Ermessen).