Eignung für den Beruf des Beamten und Schwerbehinderung
Zu der Frage, ob und in wie weit bei einer anerkannten Schwerbehinderung die Anforderungen zu senken sind, die sonst an die gesundheitliche Eignung von Beamten gestellt werden, gibt es verschiedene Auffassungen.
Das Urteil des OVG Hamburg vom 26.09.08 befasst sich mit der Einstellung einer unter Morbus Crohn leidenden jungen Frau in das Beamtenverhältnis auf Widerruf.
Der Rechtsstreit geht in zweiter Instanz zugunsten der Beamtenanwärterin aus. Das Oberverwaltungsgericht verfügt aber nicht direkt die Einstellung als Beamtin auf Widerruf. Es gibt der Behörde auf, über die Einstellung neu zu entscheiden.
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die Hansestadt Hamburg gegen das Urteil Revision einlegen wollte, die Zulassung der Revision aber vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt wurde.
Zunächst ein maßgeblicher Ausschnitt aus der hamburgischen Laufbahnverordnung:
§ 9 Abs. 5 HmbLVO
(5) Menschen mit Behinderung dürfen bei der Einstellung, Übertragung von Dienstposten, Beförderung oder Zulassung zum Aufstieg nicht benachteiligt werden. Einer für die Einstellung in einen Vorbereitungsdienst oder in das Beamtenverhältnis auf Probe vorgesehenen Höchstaltersgrenze ist bei Schwerbehinderten ein Zeitraum von fünf Jahren hinzuzurechnen. Von schwerbehinderten Menschen darf bei der Einstellung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die Wahrnehmung der Laufbahnaufgaben verlangt werden. Schwerbehinderte haben Vorrang vor gesetzlich nicht bevorrechtigten Bewerbern gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. In Prüfungsverfahren sind für Schwerbehinderte die ihrer Behinderung angemessenen Erleichterungen zu gewähren; die fachlichen Anforderungen dürfen nicht geringer bemessen werden. Bei der Gestaltung des Dienstpostens des schwerbehinderten Menschen ist der Eigenart der Behinderung Rechnung zu tragen. Bei der Beurteilung der fachlichen Leistungen von Schwerbehinderten ist eine etwaige Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen.
(5) Menschen mit Behinderung dürfen bei der Einstellung, Übertragung von Dienstposten, Beförderung oder Zulassung zum Aufstieg nicht benachteiligt werden. Einer für die Einstellung in einen Vorbereitungsdienst oder in das Beamtenverhältnis auf Probe vorgesehenen Höchstaltersgrenze ist bei Schwerbehinderten ein Zeitraum von fünf Jahren hinzuzurechnen. Von schwerbehinderten Menschen darf bei der Einstellung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die Wahrnehmung der Laufbahnaufgaben verlangt werden. Schwerbehinderte haben Vorrang vor gesetzlich nicht bevorrechtigten Bewerbern gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. In Prüfungsverfahren sind für Schwerbehinderte die ihrer Behinderung angemessenen Erleichterungen zu gewähren; die fachlichen Anforderungen dürfen nicht geringer bemessen werden. Bei der Gestaltung des Dienstpostens des schwerbehinderten Menschen ist der Eigenart der Behinderung Rechnung zu tragen. Bei der Beurteilung der fachlichen Leistungen von Schwerbehinderten ist eine etwaige Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen.
Nun die Entscheidung:
OVG Hamburg Urteil vom 26.09.08, 1 Bf 19/08
Die körperliche Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis verlangt bei schwerbehinderten Bewerbern oder ihnen gleichgestellten Personen, dass für etwa zehn Jahre eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50% dafür spricht, dass der Beamte dienstfähig bleibt und in diesem Zeitraum keine krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als etwa zwei Monaten pro Jahr auftreten werden, wobei die Wahrscheinlichkeit einer einmaligen etwas längeren Ausfallzeit einer positiven Prognose nicht entgegensteht.
Die Klägerin möchte als Beamtin in den mittleren Dienst der Steuerverwaltung aufgenommen werden. Sie legte 2004 das Abitur ab und studiert seitdem. Sie bewarb sich um einen Ausbildungsplatz als Finanzanwärterin, woraufhin ihr die Beklagte unter dem Vorbehalt eines positiven personalärztlichen Gutachtens nach durchgeführter Einstellungsuntersuchung die Einstellung als Steueranwärterin zusagte.
Das Gutachten des Personalärztlichen Dienstes vom 18.04.06 weist aus, dass die erforderliche gesundheitliche Eignung der Klägerin für die Einstellung als Beamtin auf Widerruf nicht vorliege. Sie leide seit langen Jahren an einer chronisch-entzündlichen Darmkrankheit mit begleitender Beteiligung der Gelenke, der Haut bzw. der Gefäße. Auch unter einer umfangreichen medikamentösen Therapie träten wiederkehrend Beschwerden auf. Auf Grund des Leidens ließen sich vermehrte krankheitsbedingte Dienstunfähigkeitszeiten und/oder der Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Auch unter Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin mit einem Grad der Behinderung von 30 sei die gesundheitliche Nichteignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis anzunehmen. Dies gelte trotz Berücksichtigung der reduzierten Anforderung in der Begutachtung Schwerbehinderter, insbesondere auch unter Berücksichtigung des auf 10 Jahre zurückgenommenen Prognoseintervalls für den Erhalt der Dienstfähigkeit.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück: Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbBG dürfe in ein Beamtenverhältnis nur derjenige berufen werden, wer die für seine Laufbahn erforderliche körperliche und geistige Eignung besitze. Hierzu gehöre auch die gesundheitliche Eignung. Nach der Rechtsprechung fehle es bei Schwerbehinderten an der gesundheitlichen Eignung schon dann, wenn die Möglichkeit (häufigerer) künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Die gesundheitliche Tauglichkeit sei zu verneinen, wenn den Gesundheitszustand betreffende Umstände festgestellt würden, die darauf hindeuteten, dass die Gesundheit des Bewerbers Einschränkungen unterliegen werde, die die in seiner Laufbahn an ihn gestellten Anforderungen berührten. Die an den Anforderungen des jeweiligen Amtes ausgerichtete Eignungsfeststellung sei im Wesentlichen prognostischer Natur. Sie erstrecke sich in aller Regel auf einen Zeitraum, der mehrere Jahrzehnte umfasse, bei Schwerbehinderten immerhin noch auf einen 10-Jahreszeitraum. Aus diesem Grunde reiche selbst der Nachweis der gegenwärtigen Beschwerdefreiheit für sich allein nicht aus, um die gesundheitliche Eignung nach Maßgabe der oben dargestellten Kriterien feststellen zu können. Unter Beachtung des vorstehend aufgeführten Prüfungsmaßstabes könne im Falle der Klägerin die erforderliche gesundheitliche Eignung für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht festgestellt werden können. Denn der Verlauf der Krankheit der Klägerin, Morbus Crohn, sei nicht vorhersehbar. Etwa ein Drittel der Patienten werde arbeitsunfähig. Es komme nicht darauf an, dass das Eintreten der oben genannten dienstrechtlichen Auswirkungen der körperlichen Beeinträchtigung wahrscheinlich oder sogar sehr wahrscheinlich sei, sondern es reiche aus, dass dies nach den Darlegungen des Personalärztlichen Dienstes nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Dieser Fall liege vor. Der Begriff der gesundheitlichen Eignung sei nämlich aus der Perspektive des Dienstherrn vor dem Hintergrund zu verstehen, dass das beamtenrechtliche Restrisiko - bei Schwerbehinderten projiziert auf einen 10-Jahreszeitraum - abgeschätzt und bewertet werden müsse. Die gesundheitliche Eignungsprüfung sei von so hoher Sensitivität, dass im Zweifelsfall eher ein falsches negatives Urteil als ein falsches positives erfolge. Aus Vorgenanntem ergebe sich auch, dass es unbeachtlich sei, dass die Klägerin sich gesund fühle und keine überdurchschnittlichen Fehlzeiten aufweise.
Die Klägerin hat Klage erhoben und vorgetragen, dass die Ablehnung der Einstellung rechtwidrig sei.
Im Zuge des Klagverfahrens hat das Verwaltungsgericht ein Gutachten über den Gesundheitszustand der Klägerin eingeholt. Dieses kommt hinsichtlich des Krankheitsverlaufes zu der Prognose, dass die chronisch entzündliche Darmerkrankung derzeit als chronisch aktiv angesehen werden müsse. Obwohl keine sichere Prognose zu dem weiteren Krankheitsverlauf gemacht werden könne, sei derzeit nicht absehbar, dass es bei der Klägerin in Zukunft zu überdurchschnittlich langen, krankheitsbedingten Fehlzeiten und außergewöhnlich häufigen Krankenhausaufenthalten kommen werde. In der mündlichen Verhandlung hat die Sachverständige weiter ergänzend ausgeführt, sie könne nicht sagen, ob eine Operation der Klägerin erforderlich werde. Es könne aber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass irgendwann, in einem Zeitraum von 1 bis 10 Jahren, mit einer Operation zu rechnen sei. Wenn eine solche Operation durchgeführt werde, führe das zu einem stationären Aufenthalt im Krankenhaus von etwa maximal 2 Wochen. Möglicherweise komme ein Zeitraum von 3 bis 4 Wochen Rekonvaleszenzzeit hinzu. Hinsichtlich der Klägerin könne sie davon ausgehen, dass für einen Zeitraum von 1 bis zu 10 Jahren durchaus mit einem normalen Verlauf der Krankheit, d.h. einen solchen, der keine Operationen erfordere, ausgegangen werden könne.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung der entgegen stehenden Bescheide verpflichtet, den Antrag auf Einstellung der Klägerin als Steueranwärterin in den mittleren Dienst zur Ausbildung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
A.
Die Beurteilung der Beklagten hinsichtlich der mangelnden gesundheitlichen Eignung der Klägerin nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbBG beruht angesichts ihrer Gleichstellung als Schwerbehinderte zum einen auf einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz, zum anderen liegen der Einschätzung auch falsche tatsächliche Annahmen zugrunde.
1.) Ausgangspunkt der Beurteilung der Beklagten ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur gesundheitlichen Eignung eines Beamten. Danach ist der Beklagten hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung des zukünftigen Beamten eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, so dass die Prognose wie andere Akte wertender Erkenntnis verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 25.02.1993, BVerwGE 92, 147, 149). Die Annahme der Beklagten, dass die Klägerin auf Dauer den Anforderungen des Dienstes in gesundheitlicher Hinsicht nicht genügen werde, beruht in ihrem rechtlichen Ausgangspunkt auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bewährung von Beamten in gesundheitlicher Hinsicht. Danach erfordert die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen. Die Beklagte hat diesen Grundsatz in ihrem Widerspruchsbescheid dahingehend modifiziert, dass es bei Schwerbehinderten an der gesundheitlichen Eignung schon dann fehle, wenn die Möglichkeit (häufigerer) künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne.
2.) Der von der Beklagten gewählte rechtliche Ansatz zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ist unzutreffend. Die Beklagte hat auf Grund der Gleichstellung der Klägerin mit Schwerbehinderten lediglich den Prognosezeitraum auf 10 Jahre verkürzt und es im Übrigen für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung bei dem Maßstab belassen, ob die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Ablauf der Frist von 10 Jahren nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dieser Maßstab ist bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung Schwerbehinderter oder diesen gleichgestellten Personen zu modifizieren.
3.) Zwar ist mit dem Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 28.05.08, IÖD 2008, 158, 162) davon auszugehen, dass das Leistungsprinzip als hergebrachter Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG in seinem Kern vor allem das Prinzip der Bestenauslese bezeichnet, wie es ausdrücklich in Art. 33 Abs. 2 GG verankert ist. Zu dieser Bestenauslese zählt auch der in § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbBG niedergelegte Grundsatz der gesundheitlichen Eignung eines Beamtenbewerbers. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, zu dem der Kernbestand von Strukturprinzipien gehört, zählt aber auch, dass bei Schwerbehinderten oder ihnen Gleichgestellten von den strengen Anforderungen an ihre (gesundheitliche) Eignung und die Bestenauslese Ausnahmen geboten sind. Denn schon das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 23.12.1922 schreibt in seinem § 2 vor:
„Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, Arbeitsplätze auch die Beamtenstellen. Die besonderen Vorschriften und Grundsätze über die Besetzung der Beamtenstellen, insbesondere über Vorbildung, Reihenfolge und Wartezeit der Anwärter für Beamtenstellen und über die Beförderung, Versetzung und Entlassung der Beamten werden durch dieses Gesetz nicht beseitigt, sind aber so zu gestalten, dass sie die Einstellung Schwerbeschädigter erleichtern."
... Daher können die strengen, vom Bundesverwaltungsgericht generell für die gesundheitliche Eignung von Beamten entwickelten Grundsätze für Schwerbehinderte nicht uneingeschränkt gelten. Aber auch wenn die strengen Maßstäbe des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um Beamtenstellen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums wiedergeben, wäre seit 1996 mit der Einführung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG das Problem der praktischen Konkordanz zwischen den beiden verfassungsrechtlichen Regelungen zu lösen. Denn Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, gilt auch bei der Einstellung von Beamten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.07, DokBer B 2007, 312).
4.) Der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der besonderen Situation Schwerbehinderter und ihnen Gleichgestellter trägt § 128 SGB IX, der nicht durch das AGG ausgeschlossen ist (- § 2 Abs. 3 AGG -), Rechnung. Danach sind die besonderen Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung der Beamtenstellen unbeschadet der Geltung des Zweiten Teils des SGB IX auch für schwerbehinderte Beamte und Beamtinnen so zu gestalten, dass die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gefördert und ein angemessene Anteil schwerbehinderter Menschen unter den Beamtinnen und Beamten erreicht wird. Mit Rücksicht darauf sieht § 13 der Bundeslaufbahnverordnung dann auch vor, dass von Schwerbehinderten bei der Einstellung, Anstellung und Beförderung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung verlangt werden dürfe. Eine in etwa gleich lautende Regelung findet sich in § 13 der Hamburgischen Laufbahnverordnung. Zur Umsetzung der Verpflichtung zur Erleichterung der Einstellung Schwerbehinderter hat der Bundesminister des Innern im Erlass vom 05.12.1971 (GMBl. 1972, S. 15) unter II.3. unter anderem ausgeführt:
„Schwerbeschädigte dürfen, wie aus § 36 Abs. 1 SchwbG zu schließen ist, auch dann als Beamte eingestellt werden, wenn als Folge ihrer Schädigung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist. Sie müssen aber im Hinblick auf § 106 Abs. 1 Nr. 1 BBG voraussichtlich noch wenigstens 10 Jahre dienstfähig bleiben, was im amtsärztlichen Gutachten zum Ausdruck kommen muss."
Noch weiter geht der sogenannte Fürsorgeerlass des Bundesminister des Innern vom 02.12.1991 (GMBl 1992, S. 2). Dort ist unter Ziffer 3.9 in Absatz 2 ausgeführt:
„Schwerbehinderte können, dem Regelungsgedanken des § 50 Abs. 1 SchwbG folgend, als Beamte auch dann eingestellt werden, wenn als Folge ihrer Behinderung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist. Diese Bewerber sind darauf hinzuweisen, dass sie bei einem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis vor Erfüllung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von 5 Jahren (§ 4 Abs. 1 BeamtVG) keinen Anspruch auf Ruhegehalt haben und lediglich in der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht aber in der Zusatzversorgung für Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst nachversichert werden können. Dienstunfähig gewordene Beamte werden somit unter Umständen gegenüber einer von vornherein als Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst angelegte Beschäftigung Einbußen in ihrer gesamten Versorgung hinnehmen müssen. Ärztlicherseits soll zur Entscheidungshilfe für Bewerber und Dienststelle eine Prognose über die voraussichtliche Entwicklung der gesundheitlichen Eignung abgegeben werden."
In Hamburg schreibt der sogenannte Fürsorgeerlass von 1990 (MittVerw. 1990, S. 132) unter Ziff. 5.10. vor:
„Für die Berufung Schwerbehinderter in das Beamtenverhältnis einschließlich der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gilt Folgendes:
- Von Schwerbehinderten darf nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die vorgesehene Verwendung verlangt werden (vgl. § 13 Abs. 1 Satz HmbLVO). Im Allgemeinen wird die körperliche Eignung auch dann als ausreichend angesehen werden können, wenn der Schwerbehinderte nur auf bestimmten Dienstposten seiner Laufbahn verwendet und nach personalärztlichem Gutachten von einer Dienstfähigkeit von mindestens etwa 10 Jahren ausgegangen werden kann, ohne dass diese Spanne starr gehandhabt wird.
- …"
5.) Die Beklagte hat in ständiger Übung die Erleichterung bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung für Schwerbehinderte darauf reduziert, dass sie lediglich den Prognosezeitraum auf 10 Jahre verkürzt. Auch wenn diese Praxis mit dem Wortlaut des Fürsorgerlasses in Einklang stünde, verstößt sie gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 HmbLVO. Denn § 13 Abs. 1 Satz 1 HmbLVO schreibt nur vor, dass ein Mindestmaß körperlicher Eignung für die vorgesehene Verwendung verlangt werden kann.
Was darunter zu verstehen ist, ist durch Auslegung einerseits mit Rücksicht auf den Fördergedanken des § 128 Abs. 1 SGB IX ebenso wie unter Beachtung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, Schwerbehinderte nicht wegen ihrer Schwerbehinderung zu benachteiligen, zu ermitteln, andererseits ist angesichts des von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Lebenszeitprinzips (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.05.08, IÖD 2008, 13) das öffentliche Interesse daran in den Blick zu nehmen, dass der Beamtenanwärter seine Arbeitskraft nicht nur für deutlich absehbare Zeit und/oder auch nur in erheblich eingeschränktem Umfang zur Verfügung stellen kann und damit das am Gemeinwohl orientierte Interesse an leistungsfähiger und kostengünstiger öffentlicher Verwaltung durch Beamte beeinträchtigt wird. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden erfordert das Mindestmaß körperlicher Eignung für die vorgesehene Verwendung, das von Schwerbehinderten oder ihnen Gleichgestellten gem. § 13 Abs. 1 Satz HmbLVO verlangt werden kann, dass für die Dauer eines Prognosezeitraumes von etwa 10 Jahren eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50% dafür spricht, dass der Beamte dienstfähig bleibt und darüber hinaus in diesem Zeitraum krankheitsbedingte Fehlzeiten von nicht mehr als etwa zwei Monaten pro Jahr auftreten werden, wobei die Wahrscheinlichkeit einer einmaligen etwas längeren Ausfallzeit im Prognosezeitraum anstelle wiederkehrender längerer krankheitsbedingter Ausfallzeiten einer insgesamt positiven Prognose nicht entgegensteht.
a) Mit dem auf etwa 10 Jahre verminderten Prognosezeitraum, der dem im hamburgischen Fürsorgeerlass von 1990 entspricht, ist berücksichtigt, dass insbesondere bei auf körperlichen Leiden und Erkrankungen beruhenden Schwerbehinderungen eine über diesen Zeitraum hinausgehende günstige hinreichend gesicherte Prognose in der überwiegenden Zahl der Fälle ausgeschlossen sein dürfte und daher eine Reduzierung des Prognosezeitraums auf ein überschaubares Maß angezeigt ist. Bei der Bemessung des Zeitraums orientiert sich der Senat an dem im hamburgischen Fürsorgeerlass bezeichneten, weil damit den beiderseitigen Interessen angemessen Rechnung getragen ist. Ob der Prognosezeitraum in solchen Konstellationen weiter zu reduzieren ist, in denen das Beamtenverhältnis auf Widerruf nach einer Ausbildung in einer nicht unerheblichen Zahl der Fälle endet, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Klägerin einstellen und ausbilden will, um sie bei Vorliegen der Voraussetzungen später in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen.
b) Die deutliche Reduzierung der Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Erhalts der Dienstfähigkeit innerhalb des Prognosezeitraumes und das Auftreten krankheitsbedingter Fehlzeiten ist geboten, um der Zielsetzung des § § 128 Abs. 1 SGB IX zu effektiver Umsetzung zu verhelfen und damit auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG in der Einstellungspraxis Schwerbehinderter effektive Berücksichtigung zu verschaffen. Die Einstellung Schwerbehinderter setzt deren Eignung für die vorgesehene Tätigkeit voraus und erfordert damit zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass sie die Tätigkeit innerhalb des Prognosezeitraumes nicht nur gelegentlich oder in begrenzten Zeiträumen sondern während des gesamten Prognosezeitraumes ausüben können. Die besondere Rücksichtnahme auf die Behinderung erfolgt nicht nur im Rahmen der allgemeinen Schutzvorschriften für Behinderte, sondern bei der Einstellung auch dadurch, dass auf der Behinderung oder deren gesundheitlichen Ursachen beruhende erhöhte Erkrankungsrisiken und damit verbundene Ausfallzeiten eine positive Eignungsprognose nicht generell ausschließen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.2007 a.a.O). Die Belastungen und Risiken sowohl für eine ordnungsgemäße Verwaltung als auch für die fiskalischen Interessen der Allgemeinheit, die dadurch entstehen, dass durch die Behinderung die Gefahr vermehrter Erkrankungen und daraus folgende Ausfallzeiten entsteht, bedürfen angesichts der von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums der Berücksichtigung. Für eine positive Eignungsprognose ist es aber ausreichend, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50 % dafür spricht, dass keine längeren und/oder häufigeren krankheitsbedingten Fehlzeiten auftreten. Orientierung für eine Quantifizierung geben die Fehlzeitenkennziffern, die im Personalbericht 2008 des Personalamts der Beklagten (Band 1 S. 72) aufgeführt sind. Danach haben die Beschäftigten der Beklagten im Jahr 2007 im Durchschnitt an 18,3 Tagen krankheitsbedingt gefehlt, die durchschnittliche Ausfalldauer je Erkranktem betrug im Jahr 2007 23,1 Arbeitstage und damit etwa einen Kalendermonat. Wird berücksichtigt, dass bei der Ermittlung dieser Durchschnittswerte einerseits die Gruppe der Schwerbehinderten und andere Gruppen mit erhöhten Fehlzeiten (z.B. bei Berufsgruppen mit gefahrgeneigten Arbeitsbedingungen) eingerechnet wurden und mit zunehmendem Lebensalter erfahrungsgemäß das Risiko krankheitsbedingter Fehlzeiten ohnehin steigt, erscheint es angemessen, das gesundheitliche Risiko krankheitsbedingter Fehlzeiten bei der Einstellung Schwerbehinderter erst dann als überwiegenden Hinderungsgrund einzuschätzen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jährlich in etwa doppelt so lange Fehlzeiten wie im Durchschnitt der Erkrankten, also etwa 2 Monate, zu erwarten sind. Dabei bedarf es einer individuellen prognostischen Betrachtung, die es nicht ausschließt, einmalig zur Heilung und/oder Besserung des Leidens und Reduzierung von Fehlzeiten zu erwartende medizinische Maßnahmen auch dann nicht als der gesundheitlichen Eignung des Beamtenbewerbers entgegenstehend zu betrachten, wenn die Maßnahmen zu deutlich längeren Fehlzeiten führen können.
B.
Berücksichtigen die angefochtenen Bescheide nach alledem nicht in zutreffendem Umfang die Anforderungen von § 13 Abs. 1 HmbLVO und sind sie deshalb aufzuheben, bedarf es keiner Entscheidung, ob sie darüber hinaus gegen § 2 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.06 (BGBl. I S. 1897, AGG) verstoßen oder, wie die Klägerin meint, mit Art. 1 und Art. 2 der der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.00 (Amtsblatt L 303, S. 16) kollidieren.
1.) Nach § 24 AGG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend auch für Beamtinnen und Beamte u.a. der Länder. Ziel des Gesetzes ist ausweislich § 1 AGG, Benachteiligungen aus Gründen unter anderem einer Behinderung zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 2 des Gesetzes sind Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf erstens die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Anstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und beruflicher Position sowie für den beruflichen Aufstieg. Selbst wenn der Anwendungsbereich dieser Vorschriften auch die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern uneingeschränkt beträfe, ist zweifelhaft, ob es sich bei der unterschiedlichen Behandlung von Gesunden und Schwerbehinderten oder diesen Gleichgestellten bei der Einstellung von Beamten nicht um eine gem. § 8 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen handelt. Nach dieser Vorschrift (Abs. 1) ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche oder entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Wie weit die auf den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und damit auf Art. 33 Abs. 5 GG gegründeten besonderen Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Beamten eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung im Sinne des § 8 Abs. 1 Allgemeines Gleichstellungsgesetzes darstellen, bedarf nach dem oben gefundene Ergebnis keiner Entscheidung. Denn die oben dargestellte Auslegung des § 13 Abs. 1 HmbLVO berücksichtigt die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums bei der Beurteilung der Maßstäbe für die gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers in gleicher Weise.
2.) Es erscheint zweifelhaft, ob die Gleichstellung der Klägerin mit einem Schwerbehinderten überhaupt in den Anwendungsbereich der Richtlinie Richtlinie 2000/78/EG führt. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seiner Vorabentscheidung vom 11.07.06 (C-13/05, Sammlung der Rechtsprechung 2000, S. I - 06467) den Begriff der Behinderung so verstanden, dass er eine Einschränkung erfasst, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurück zu führen ist und die ein Hindernis für die Teilhabe des Betreffenden am Berufsleben bildet. Bei Zugrundelegung dieses Behinderungsbegriffes erscheint es äußerst fraglich, ob die Klägerin behindert im Sinne der Richtlinie ist. Denn die chronische Erkrankung Morbus Crohn führt nach ihrer eigenen Darstellung nicht dazu, dass sie infolge dessen an der Teilhabe am Berufsleben gehindert ist. Sie macht im Gegenteil geltend, dass sie trotz ihrer Erkrankung bislang ungehindert und mit geringen Fehlzeiten die Schule besucht habe und studiere. Der EuGH hat in der angeführten Entscheidung ausgeführt, dass die Richtlinie keinen Hinweis darauf enthalte, dass Arbeitnehmer aufgrund des Verbotes der Diskriminierung wegen einer Behinderung in den Schutzbereich der Richtlinie fielen, sobald sich irgendeine Krankheit manifestiere. Eine Klärung der Frage durch Vorlage an den EUGH kommt mangels Entscheidungserheblichkeit nicht in Betracht.
Die körperliche Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis verlangt bei schwerbehinderten Bewerbern oder ihnen gleichgestellten Personen, dass für etwa zehn Jahre eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50% dafür spricht, dass der Beamte dienstfähig bleibt und in diesem Zeitraum keine krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als etwa zwei Monaten pro Jahr auftreten werden, wobei die Wahrscheinlichkeit einer einmaligen etwas längeren Ausfallzeit einer positiven Prognose nicht entgegensteht.
Die Klägerin möchte als Beamtin in den mittleren Dienst der Steuerverwaltung aufgenommen werden. Sie legte 2004 das Abitur ab und studiert seitdem. Sie bewarb sich um einen Ausbildungsplatz als Finanzanwärterin, woraufhin ihr die Beklagte unter dem Vorbehalt eines positiven personalärztlichen Gutachtens nach durchgeführter Einstellungsuntersuchung die Einstellung als Steueranwärterin zusagte.
Das Gutachten des Personalärztlichen Dienstes vom 18.04.06 weist aus, dass die erforderliche gesundheitliche Eignung der Klägerin für die Einstellung als Beamtin auf Widerruf nicht vorliege. Sie leide seit langen Jahren an einer chronisch-entzündlichen Darmkrankheit mit begleitender Beteiligung der Gelenke, der Haut bzw. der Gefäße. Auch unter einer umfangreichen medikamentösen Therapie träten wiederkehrend Beschwerden auf. Auf Grund des Leidens ließen sich vermehrte krankheitsbedingte Dienstunfähigkeitszeiten und/oder der Eintritt vorzeitiger Dienstunfähigkeit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Auch unter Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin mit einem Grad der Behinderung von 30 sei die gesundheitliche Nichteignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis anzunehmen. Dies gelte trotz Berücksichtigung der reduzierten Anforderung in der Begutachtung Schwerbehinderter, insbesondere auch unter Berücksichtigung des auf 10 Jahre zurückgenommenen Prognoseintervalls für den Erhalt der Dienstfähigkeit.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück: Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbBG dürfe in ein Beamtenverhältnis nur derjenige berufen werden, wer die für seine Laufbahn erforderliche körperliche und geistige Eignung besitze. Hierzu gehöre auch die gesundheitliche Eignung. Nach der Rechtsprechung fehle es bei Schwerbehinderten an der gesundheitlichen Eignung schon dann, wenn die Möglichkeit (häufigerer) künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Die gesundheitliche Tauglichkeit sei zu verneinen, wenn den Gesundheitszustand betreffende Umstände festgestellt würden, die darauf hindeuteten, dass die Gesundheit des Bewerbers Einschränkungen unterliegen werde, die die in seiner Laufbahn an ihn gestellten Anforderungen berührten. Die an den Anforderungen des jeweiligen Amtes ausgerichtete Eignungsfeststellung sei im Wesentlichen prognostischer Natur. Sie erstrecke sich in aller Regel auf einen Zeitraum, der mehrere Jahrzehnte umfasse, bei Schwerbehinderten immerhin noch auf einen 10-Jahreszeitraum. Aus diesem Grunde reiche selbst der Nachweis der gegenwärtigen Beschwerdefreiheit für sich allein nicht aus, um die gesundheitliche Eignung nach Maßgabe der oben dargestellten Kriterien feststellen zu können. Unter Beachtung des vorstehend aufgeführten Prüfungsmaßstabes könne im Falle der Klägerin die erforderliche gesundheitliche Eignung für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht festgestellt werden können. Denn der Verlauf der Krankheit der Klägerin, Morbus Crohn, sei nicht vorhersehbar. Etwa ein Drittel der Patienten werde arbeitsunfähig. Es komme nicht darauf an, dass das Eintreten der oben genannten dienstrechtlichen Auswirkungen der körperlichen Beeinträchtigung wahrscheinlich oder sogar sehr wahrscheinlich sei, sondern es reiche aus, dass dies nach den Darlegungen des Personalärztlichen Dienstes nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Dieser Fall liege vor. Der Begriff der gesundheitlichen Eignung sei nämlich aus der Perspektive des Dienstherrn vor dem Hintergrund zu verstehen, dass das beamtenrechtliche Restrisiko - bei Schwerbehinderten projiziert auf einen 10-Jahreszeitraum - abgeschätzt und bewertet werden müsse. Die gesundheitliche Eignungsprüfung sei von so hoher Sensitivität, dass im Zweifelsfall eher ein falsches negatives Urteil als ein falsches positives erfolge. Aus Vorgenanntem ergebe sich auch, dass es unbeachtlich sei, dass die Klägerin sich gesund fühle und keine überdurchschnittlichen Fehlzeiten aufweise.
Die Klägerin hat Klage erhoben und vorgetragen, dass die Ablehnung der Einstellung rechtwidrig sei.
Im Zuge des Klagverfahrens hat das Verwaltungsgericht ein Gutachten über den Gesundheitszustand der Klägerin eingeholt. Dieses kommt hinsichtlich des Krankheitsverlaufes zu der Prognose, dass die chronisch entzündliche Darmerkrankung derzeit als chronisch aktiv angesehen werden müsse. Obwohl keine sichere Prognose zu dem weiteren Krankheitsverlauf gemacht werden könne, sei derzeit nicht absehbar, dass es bei der Klägerin in Zukunft zu überdurchschnittlich langen, krankheitsbedingten Fehlzeiten und außergewöhnlich häufigen Krankenhausaufenthalten kommen werde. In der mündlichen Verhandlung hat die Sachverständige weiter ergänzend ausgeführt, sie könne nicht sagen, ob eine Operation der Klägerin erforderlich werde. Es könne aber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass irgendwann, in einem Zeitraum von 1 bis 10 Jahren, mit einer Operation zu rechnen sei. Wenn eine solche Operation durchgeführt werde, führe das zu einem stationären Aufenthalt im Krankenhaus von etwa maximal 2 Wochen. Möglicherweise komme ein Zeitraum von 3 bis 4 Wochen Rekonvaleszenzzeit hinzu. Hinsichtlich der Klägerin könne sie davon ausgehen, dass für einen Zeitraum von 1 bis zu 10 Jahren durchaus mit einem normalen Verlauf der Krankheit, d.h. einen solchen, der keine Operationen erfordere, ausgegangen werden könne.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung der entgegen stehenden Bescheide verpflichtet, den Antrag auf Einstellung der Klägerin als Steueranwärterin in den mittleren Dienst zur Ausbildung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
A.
Die Beurteilung der Beklagten hinsichtlich der mangelnden gesundheitlichen Eignung der Klägerin nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbBG beruht angesichts ihrer Gleichstellung als Schwerbehinderte zum einen auf einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz, zum anderen liegen der Einschätzung auch falsche tatsächliche Annahmen zugrunde.
1.) Ausgangspunkt der Beurteilung der Beklagten ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur gesundheitlichen Eignung eines Beamten. Danach ist der Beklagten hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung des zukünftigen Beamten eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, so dass die Prognose wie andere Akte wertender Erkenntnis verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 25.02.1993, BVerwGE 92, 147, 149). Die Annahme der Beklagten, dass die Klägerin auf Dauer den Anforderungen des Dienstes in gesundheitlicher Hinsicht nicht genügen werde, beruht in ihrem rechtlichen Ausgangspunkt auf der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bewährung von Beamten in gesundheitlicher Hinsicht. Danach erfordert die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen. Die Beklagte hat diesen Grundsatz in ihrem Widerspruchsbescheid dahingehend modifiziert, dass es bei Schwerbehinderten an der gesundheitlichen Eignung schon dann fehle, wenn die Möglichkeit (häufigerer) künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne.
2.) Der von der Beklagten gewählte rechtliche Ansatz zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ist unzutreffend. Die Beklagte hat auf Grund der Gleichstellung der Klägerin mit Schwerbehinderten lediglich den Prognosezeitraum auf 10 Jahre verkürzt und es im Übrigen für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung bei dem Maßstab belassen, ob die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Ablauf der Frist von 10 Jahren nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dieser Maßstab ist bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung Schwerbehinderter oder diesen gleichgestellten Personen zu modifizieren.
3.) Zwar ist mit dem Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 28.05.08, IÖD 2008, 158, 162) davon auszugehen, dass das Leistungsprinzip als hergebrachter Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG in seinem Kern vor allem das Prinzip der Bestenauslese bezeichnet, wie es ausdrücklich in Art. 33 Abs. 2 GG verankert ist. Zu dieser Bestenauslese zählt auch der in § 6 Abs. 1 Nr. 5 HmbBG niedergelegte Grundsatz der gesundheitlichen Eignung eines Beamtenbewerbers. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, zu dem der Kernbestand von Strukturprinzipien gehört, zählt aber auch, dass bei Schwerbehinderten oder ihnen Gleichgestellten von den strengen Anforderungen an ihre (gesundheitliche) Eignung und die Bestenauslese Ausnahmen geboten sind. Denn schon das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 23.12.1922 schreibt in seinem § 2 vor:
„Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, Arbeitsplätze auch die Beamtenstellen. Die besonderen Vorschriften und Grundsätze über die Besetzung der Beamtenstellen, insbesondere über Vorbildung, Reihenfolge und Wartezeit der Anwärter für Beamtenstellen und über die Beförderung, Versetzung und Entlassung der Beamten werden durch dieses Gesetz nicht beseitigt, sind aber so zu gestalten, dass sie die Einstellung Schwerbeschädigter erleichtern."
... Daher können die strengen, vom Bundesverwaltungsgericht generell für die gesundheitliche Eignung von Beamten entwickelten Grundsätze für Schwerbehinderte nicht uneingeschränkt gelten. Aber auch wenn die strengen Maßstäbe des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um Beamtenstellen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums wiedergeben, wäre seit 1996 mit der Einführung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG das Problem der praktischen Konkordanz zwischen den beiden verfassungsrechtlichen Regelungen zu lösen. Denn Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, gilt auch bei der Einstellung von Beamten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.07, DokBer B 2007, 312).
4.) Der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der besonderen Situation Schwerbehinderter und ihnen Gleichgestellter trägt § 128 SGB IX, der nicht durch das AGG ausgeschlossen ist (- § 2 Abs. 3 AGG -), Rechnung. Danach sind die besonderen Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung der Beamtenstellen unbeschadet der Geltung des Zweiten Teils des SGB IX auch für schwerbehinderte Beamte und Beamtinnen so zu gestalten, dass die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gefördert und ein angemessene Anteil schwerbehinderter Menschen unter den Beamtinnen und Beamten erreicht wird. Mit Rücksicht darauf sieht § 13 der Bundeslaufbahnverordnung dann auch vor, dass von Schwerbehinderten bei der Einstellung, Anstellung und Beförderung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung verlangt werden dürfe. Eine in etwa gleich lautende Regelung findet sich in § 13 der Hamburgischen Laufbahnverordnung. Zur Umsetzung der Verpflichtung zur Erleichterung der Einstellung Schwerbehinderter hat der Bundesminister des Innern im Erlass vom 05.12.1971 (GMBl. 1972, S. 15) unter II.3. unter anderem ausgeführt:
„Schwerbeschädigte dürfen, wie aus § 36 Abs. 1 SchwbG zu schließen ist, auch dann als Beamte eingestellt werden, wenn als Folge ihrer Schädigung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist. Sie müssen aber im Hinblick auf § 106 Abs. 1 Nr. 1 BBG voraussichtlich noch wenigstens 10 Jahre dienstfähig bleiben, was im amtsärztlichen Gutachten zum Ausdruck kommen muss."
Noch weiter geht der sogenannte Fürsorgeerlass des Bundesminister des Innern vom 02.12.1991 (GMBl 1992, S. 2). Dort ist unter Ziffer 3.9 in Absatz 2 ausgeführt:
„Schwerbehinderte können, dem Regelungsgedanken des § 50 Abs. 1 SchwbG folgend, als Beamte auch dann eingestellt werden, wenn als Folge ihrer Behinderung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist. Diese Bewerber sind darauf hinzuweisen, dass sie bei einem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis vor Erfüllung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit von 5 Jahren (§ 4 Abs. 1 BeamtVG) keinen Anspruch auf Ruhegehalt haben und lediglich in der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht aber in der Zusatzversorgung für Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst nachversichert werden können. Dienstunfähig gewordene Beamte werden somit unter Umständen gegenüber einer von vornherein als Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst angelegte Beschäftigung Einbußen in ihrer gesamten Versorgung hinnehmen müssen. Ärztlicherseits soll zur Entscheidungshilfe für Bewerber und Dienststelle eine Prognose über die voraussichtliche Entwicklung der gesundheitlichen Eignung abgegeben werden."
In Hamburg schreibt der sogenannte Fürsorgeerlass von 1990 (MittVerw. 1990, S. 132) unter Ziff. 5.10. vor:
„Für die Berufung Schwerbehinderter in das Beamtenverhältnis einschließlich der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gilt Folgendes:
- Von Schwerbehinderten darf nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die vorgesehene Verwendung verlangt werden (vgl. § 13 Abs. 1 Satz HmbLVO). Im Allgemeinen wird die körperliche Eignung auch dann als ausreichend angesehen werden können, wenn der Schwerbehinderte nur auf bestimmten Dienstposten seiner Laufbahn verwendet und nach personalärztlichem Gutachten von einer Dienstfähigkeit von mindestens etwa 10 Jahren ausgegangen werden kann, ohne dass diese Spanne starr gehandhabt wird.
- …"
5.) Die Beklagte hat in ständiger Übung die Erleichterung bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung für Schwerbehinderte darauf reduziert, dass sie lediglich den Prognosezeitraum auf 10 Jahre verkürzt. Auch wenn diese Praxis mit dem Wortlaut des Fürsorgerlasses in Einklang stünde, verstößt sie gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 HmbLVO. Denn § 13 Abs. 1 Satz 1 HmbLVO schreibt nur vor, dass ein Mindestmaß körperlicher Eignung für die vorgesehene Verwendung verlangt werden kann.
Was darunter zu verstehen ist, ist durch Auslegung einerseits mit Rücksicht auf den Fördergedanken des § 128 Abs. 1 SGB IX ebenso wie unter Beachtung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, Schwerbehinderte nicht wegen ihrer Schwerbehinderung zu benachteiligen, zu ermitteln, andererseits ist angesichts des von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Lebenszeitprinzips (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.05.08, IÖD 2008, 13) das öffentliche Interesse daran in den Blick zu nehmen, dass der Beamtenanwärter seine Arbeitskraft nicht nur für deutlich absehbare Zeit und/oder auch nur in erheblich eingeschränktem Umfang zur Verfügung stellen kann und damit das am Gemeinwohl orientierte Interesse an leistungsfähiger und kostengünstiger öffentlicher Verwaltung durch Beamte beeinträchtigt wird. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden erfordert das Mindestmaß körperlicher Eignung für die vorgesehene Verwendung, das von Schwerbehinderten oder ihnen Gleichgestellten gem. § 13 Abs. 1 Satz HmbLVO verlangt werden kann, dass für die Dauer eines Prognosezeitraumes von etwa 10 Jahren eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50% dafür spricht, dass der Beamte dienstfähig bleibt und darüber hinaus in diesem Zeitraum krankheitsbedingte Fehlzeiten von nicht mehr als etwa zwei Monaten pro Jahr auftreten werden, wobei die Wahrscheinlichkeit einer einmaligen etwas längeren Ausfallzeit im Prognosezeitraum anstelle wiederkehrender längerer krankheitsbedingter Ausfallzeiten einer insgesamt positiven Prognose nicht entgegensteht.
a) Mit dem auf etwa 10 Jahre verminderten Prognosezeitraum, der dem im hamburgischen Fürsorgeerlass von 1990 entspricht, ist berücksichtigt, dass insbesondere bei auf körperlichen Leiden und Erkrankungen beruhenden Schwerbehinderungen eine über diesen Zeitraum hinausgehende günstige hinreichend gesicherte Prognose in der überwiegenden Zahl der Fälle ausgeschlossen sein dürfte und daher eine Reduzierung des Prognosezeitraums auf ein überschaubares Maß angezeigt ist. Bei der Bemessung des Zeitraums orientiert sich der Senat an dem im hamburgischen Fürsorgeerlass bezeichneten, weil damit den beiderseitigen Interessen angemessen Rechnung getragen ist. Ob der Prognosezeitraum in solchen Konstellationen weiter zu reduzieren ist, in denen das Beamtenverhältnis auf Widerruf nach einer Ausbildung in einer nicht unerheblichen Zahl der Fälle endet, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Klägerin einstellen und ausbilden will, um sie bei Vorliegen der Voraussetzungen später in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen.
b) Die deutliche Reduzierung der Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Erhalts der Dienstfähigkeit innerhalb des Prognosezeitraumes und das Auftreten krankheitsbedingter Fehlzeiten ist geboten, um der Zielsetzung des § § 128 Abs. 1 SGB IX zu effektiver Umsetzung zu verhelfen und damit auch Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG in der Einstellungspraxis Schwerbehinderter effektive Berücksichtigung zu verschaffen. Die Einstellung Schwerbehinderter setzt deren Eignung für die vorgesehene Tätigkeit voraus und erfordert damit zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass sie die Tätigkeit innerhalb des Prognosezeitraumes nicht nur gelegentlich oder in begrenzten Zeiträumen sondern während des gesamten Prognosezeitraumes ausüben können. Die besondere Rücksichtnahme auf die Behinderung erfolgt nicht nur im Rahmen der allgemeinen Schutzvorschriften für Behinderte, sondern bei der Einstellung auch dadurch, dass auf der Behinderung oder deren gesundheitlichen Ursachen beruhende erhöhte Erkrankungsrisiken und damit verbundene Ausfallzeiten eine positive Eignungsprognose nicht generell ausschließen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.2007 a.a.O). Die Belastungen und Risiken sowohl für eine ordnungsgemäße Verwaltung als auch für die fiskalischen Interessen der Allgemeinheit, die dadurch entstehen, dass durch die Behinderung die Gefahr vermehrter Erkrankungen und daraus folgende Ausfallzeiten entsteht, bedürfen angesichts der von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums der Berücksichtigung. Für eine positive Eignungsprognose ist es aber ausreichend, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50 % dafür spricht, dass keine längeren und/oder häufigeren krankheitsbedingten Fehlzeiten auftreten. Orientierung für eine Quantifizierung geben die Fehlzeitenkennziffern, die im Personalbericht 2008 des Personalamts der Beklagten (Band 1 S. 72) aufgeführt sind. Danach haben die Beschäftigten der Beklagten im Jahr 2007 im Durchschnitt an 18,3 Tagen krankheitsbedingt gefehlt, die durchschnittliche Ausfalldauer je Erkranktem betrug im Jahr 2007 23,1 Arbeitstage und damit etwa einen Kalendermonat. Wird berücksichtigt, dass bei der Ermittlung dieser Durchschnittswerte einerseits die Gruppe der Schwerbehinderten und andere Gruppen mit erhöhten Fehlzeiten (z.B. bei Berufsgruppen mit gefahrgeneigten Arbeitsbedingungen) eingerechnet wurden und mit zunehmendem Lebensalter erfahrungsgemäß das Risiko krankheitsbedingter Fehlzeiten ohnehin steigt, erscheint es angemessen, das gesundheitliche Risiko krankheitsbedingter Fehlzeiten bei der Einstellung Schwerbehinderter erst dann als überwiegenden Hinderungsgrund einzuschätzen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jährlich in etwa doppelt so lange Fehlzeiten wie im Durchschnitt der Erkrankten, also etwa 2 Monate, zu erwarten sind. Dabei bedarf es einer individuellen prognostischen Betrachtung, die es nicht ausschließt, einmalig zur Heilung und/oder Besserung des Leidens und Reduzierung von Fehlzeiten zu erwartende medizinische Maßnahmen auch dann nicht als der gesundheitlichen Eignung des Beamtenbewerbers entgegenstehend zu betrachten, wenn die Maßnahmen zu deutlich längeren Fehlzeiten führen können.
B.
Berücksichtigen die angefochtenen Bescheide nach alledem nicht in zutreffendem Umfang die Anforderungen von § 13 Abs. 1 HmbLVO und sind sie deshalb aufzuheben, bedarf es keiner Entscheidung, ob sie darüber hinaus gegen § 2 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.06 (BGBl. I S. 1897, AGG) verstoßen oder, wie die Klägerin meint, mit Art. 1 und Art. 2 der der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.00 (Amtsblatt L 303, S. 16) kollidieren.
1.) Nach § 24 AGG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend auch für Beamtinnen und Beamte u.a. der Länder. Ziel des Gesetzes ist ausweislich § 1 AGG, Benachteiligungen aus Gründen unter anderem einer Behinderung zu verhindern oder zu beseitigen. Nach § 2 des Gesetzes sind Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf erstens die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Anstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und beruflicher Position sowie für den beruflichen Aufstieg. Selbst wenn der Anwendungsbereich dieser Vorschriften auch die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern uneingeschränkt beträfe, ist zweifelhaft, ob es sich bei der unterschiedlichen Behandlung von Gesunden und Schwerbehinderten oder diesen Gleichgestellten bei der Einstellung von Beamten nicht um eine gem. § 8 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen handelt. Nach dieser Vorschrift (Abs. 1) ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche oder entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Wie weit die auf den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und damit auf Art. 33 Abs. 5 GG gegründeten besonderen Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Beamten eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung im Sinne des § 8 Abs. 1 Allgemeines Gleichstellungsgesetzes darstellen, bedarf nach dem oben gefundene Ergebnis keiner Entscheidung. Denn die oben dargestellte Auslegung des § 13 Abs. 1 HmbLVO berücksichtigt die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums bei der Beurteilung der Maßstäbe für die gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers in gleicher Weise.
2.) Es erscheint zweifelhaft, ob die Gleichstellung der Klägerin mit einem Schwerbehinderten überhaupt in den Anwendungsbereich der Richtlinie Richtlinie 2000/78/EG führt. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seiner Vorabentscheidung vom 11.07.06 (C-13/05, Sammlung der Rechtsprechung 2000, S. I - 06467) den Begriff der Behinderung so verstanden, dass er eine Einschränkung erfasst, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurück zu führen ist und die ein Hindernis für die Teilhabe des Betreffenden am Berufsleben bildet. Bei Zugrundelegung dieses Behinderungsbegriffes erscheint es äußerst fraglich, ob die Klägerin behindert im Sinne der Richtlinie ist. Denn die chronische Erkrankung Morbus Crohn führt nach ihrer eigenen Darstellung nicht dazu, dass sie infolge dessen an der Teilhabe am Berufsleben gehindert ist. Sie macht im Gegenteil geltend, dass sie trotz ihrer Erkrankung bislang ungehindert und mit geringen Fehlzeiten die Schule besucht habe und studiere. Der EuGH hat in der angeführten Entscheidung ausgeführt, dass die Richtlinie keinen Hinweis darauf enthalte, dass Arbeitnehmer aufgrund des Verbotes der Diskriminierung wegen einer Behinderung in den Schutzbereich der Richtlinie fielen, sobald sich irgendeine Krankheit manifestiere. Eine Klärung der Frage durch Vorlage an den EUGH kommt mangels Entscheidungserheblichkeit nicht in Betracht.