Entscheidung über die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit
Verlängerung der Probezeit (oder gar Entlassung) statt Ernennung zum BAL?
Am Ende der Probezeit wird im Zusammenhang mit der beabsichtigten Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit die Eignung bzw. die Bewährung in der Probezeit des Bewerbers bzw. des Beamten bewertet.Für die Praxis sind unter anderem jene Fälle bedeutsam, bei denen es um die Entlassung eines Beamten auf Probe geht, den man wegen gesundheitlicher Probleme nicht zum Beamten auf Lebenszeit ernennen möchte.
Zunächst ist noch eine Verlängerung der Probezeit möglich. Dann könnte eine Entlassung folgen.
Bis zum Herbst 2013 galt: Die gesundheitliche Eignung fehlt, wenn häufige Erkrankung oder dauernde Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. Es galt ein so strenger Maßstab, dass man sich fragte, wie ihn irgend ein Bewerber überhaupt erfüllen solle.
Dann gab es bekanntlich einen grundlegenden Wandel der Rechtsprechung. Und diesen Wandel und seine Konsequenzen bespricht das nachfolgende Urteil ganz außerordentlich ausführlich.
Ergänzend sollten Sie ggf. den Aufsatz "Probezeitverlängerung und gesundheitliche Eignung" von Dr. Maximilian Baßlsperger heranziehen, abgedruckt in ZBR 2016, 371 ff. Es handelt sich um eine Besprechung des nachfolgenden Urteils.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.16 – 4 S 1082/14 –
1. Der Dienstherr kann die gesundheitliche Eignung eines aktuell dienstfähigen Bewerbers für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird (im Anschluss an BVerwG, Urteile vom 25.07.13 - 2 C 12.11 -, BVerwGE 147, 244, vom 30.10.13 - 2 C 16.12 -, BVerw- GE 148, 204, und Beschluss vom 13.12.13 - 2 B 37.13 -).
2. Hat der Dienstherr nach Ablauf der regulären Probezeit alle zugänglichen Beweisquellen ausgeschöpft und verbleiben dennoch Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Beamten, so geht dieses "non liquet" zu Lasten des Dienstherrn und hat sich der Beamte in gesundheitlicher Hinsicht bewährt. Haben die Ermittlungen hingegen noch kein eindeutiges Ergebnis erbracht und sind noch nicht alle Beweisquellen ausgeschöpft, ist der Dienstherr nicht verpflichtet, von einer Bewährung des Beamten in gesundheitlicher Hinsicht auszugehen, sondern gehalten, die verbleibenden Ermittlungsmöglichkeiten zu nutzen und für diese Zwecke die Probezeit zu verlängern.
1. Die Anfechtung einer Probezeitverlängerung erledigt sich nicht dadurch, dass der Zeitraum, auf den sich die angefochtene Probezeitverlängerung bezieht, zwischenzeitlich abgelaufen ist.
2. Die Anrechung von Dienstzeiten im öffentlichen Dienst nach Erwerb der Laufbahnbefähigung auf die Probezeit erfolgt nicht kraft Gesetzes, sondern bedarf einer die Anrechnung verfügenden Entscheidung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1983 - 2 C 17/82 -, RiA 1984, 139).(Rn.44)
3. Eine Anrechnung von Vordienstzeiten kommt nur und erst dann in Betracht, wenn eine hinreichende Grundlage für eine Entscheidung über die Bewährung besteht und diese zweifelsfrei festgestellt werden kann (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.07.14 - 5 LA 29/14 -).
4. Dem Dienstherrn steht nach Ablauf der Probezeit eine „zeitliche Toleranzspanne“ zur Verfügung, um innerhalb einer angemessenen Frist ohne schuldhaftes Zögern darüber zu entscheiden, ob sich der Beamte bewährt hat oder (noch) nicht und ob im zuletzt genannten Fall mit einer Entlassung oder mit einer Verlängerung der Probezeit reagiert werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1993 - 2 C 27/90 -, BVerwGE 92, 147).
55 Nach § 14 LVO konnte die Probezeit eines Beamten ... um höchstens zwei Jahre verlängert werden, wenn die Bewährung des Beamten bis zum Ablauf der Probezeit noch nicht festgestellt werden konnte. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift lagen beim Erlass der angefochtenen Verlängerungsverfügung vor (a und b) und das Regierungspräsidium hat das dem Beklagten zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt (c).
56 a) Eine „Verlängerung“ der Probezeit war zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vom 20.06.11 noch möglich. Dem steht nicht entgegen, dass die reguläre Probezeit des Klägers zu diesem Zeitpunkt bereits seit knapp zwei Monaten - seit dem 24.04.11 – abgelaufen war.
57 Einem Beamten ist grundsätzlich während der gesamten Probezeit die Möglichkeit gegeben, seine Eignung nachzuweisen. Der Dienstherr ist deshalb in der Regel - wenn nicht ausnahmsweise bereits zuvor die Nichtbewährung zweifelsfrei feststeht - erst nach Ablauf der vollständigen Probezeit dazu befugt zu beurteilen, ob sich der Beamte bewährt hat. Deshalb kann er diese Beurteilung in der Regel nicht schon vor dem Ablauf der Probezeit vornehmen. Ihm steht vielmehr eine „zeitliche Toleranzspanne“ (BVerwG, Urteil vom 25.02.1993 - 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147) zur Verfügung, um innerhalb einer angemessenen Frist ohne schuldhaftes Zögern darüber zu entscheiden, ob sich der Beamte bewährt hat oder (noch) nicht und ob im zuletzt genannten Fall mit einer Entlassung oder mit einer Verlängerung der Probezeit reagiert werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1993, a.a.O.; Beschluss vom 10.04.1991 - 2 B 115.90 -; Urteil vom 29.10.1964 – II C 219.62 -, BVerwGE 19, 344; Senatsbeschluss vom 07.07.15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 25.07.00 - 2 BS 59/00 -, SächsVBl. 2000, 268).
58 Die dem Beklagten nach Ablauf der Probezeit ab dem 24.04.11 zustehende „Toleranzspanne“ hat er mit der Verlängerungsentscheidung am 20.06.11 nicht überschritten. „Ohne schuldhaftes Zögern“ nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit werden das Eignungsurteil des Dienstherrn und die hierfür erforderlichen Feststellungen dann getroffen, wenn - erstens – ein gewisser zeitlicher Zusammenhang mit dem Ablauf der Probezeit besteht, - zweitens – tatsächlich in eine Prüfung eingetreten und eine Entscheidung vorbereitet wird und - drittens – gleichwohl nur solche Umstände Eingang in das Eignungsurteil finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.15 - 4 S 2465/14 -; Senatsurteil vom 05.02.13 - 4 S 244/12 -).
Diesen Anforderungen ist das Regierungspräsidium gerecht geworden. Es hat nach Ablauf der regulären Probezeit (24.04.11) den Eingang des amtsärztlichen Gutachtens (26.04.11) und die Stellungnahme des Schulleiters zu den Einwänden des Klägers aus der Anhörung (11.05.11) abgewartet, ausweislich der Verwaltungsakte rechtliche Prüfungen vorgenommen (vgl. etwa die handschriftlichen Vermerke auf Bl. 51 d. Verw.-Akte) und dann innerhalb von gut fünf Wochen unter Verweis auf die Beurteilung vom 14.12.10 und das amtsärztliche Gutachten entschieden. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
59 b) Die Bewährung des Klägers nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG) konnte bis zum Ablauf der regulären Probezeit im April 2011 im Sinne des § 14 LVO „noch nicht festgestellt werden“.
60 Das Regierungspräsidium hat in der angefochtenen Verfügung ausgeführt, die Bewährung des Klägers habe bis zu diesem Zeitpunkt sowohl in gesundheitlicher (aa) als auch in fachlicher Hinsicht (bb) noch nicht festgestellt werden können. Beide - die Verfügung jeweils selbständig tragenden - Feststellungen halten einer gerichtlichen Überprüfung stand.
61 aa) Zu dem Merkmal der Eignung gehört die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers im Hinblick auf das von ihm angestrebte Amt. Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.07 - 2 A 6.06 -). Dem Dienstherrn steht allerdings kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage zu, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, Urteile vom 30.10.13, a.a.O., und vom 25.07.13, a.a.O.).
62 Der Maßstab für diese Prognosebeurteilung muss berücksichtigen, dass der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit darstellt, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.12 - 3 C 26.11 -, NJW 2013, 1320). Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hat das Bundesverwaltungsgericht seine frühere Rechtsprechung, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein musste, aufgegeben. Solange der Gesetzgeber - wie hier - keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber danach nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.10.13, a.a.O., vom 25.07.13, a.a.O., und vom 13.12.13 - 2 B 37.13 -).
63 Die zu treffende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Daher muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei hat er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen. Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.13, a.a.O.; Beschluss vom 13.12.13, a.a.O.). Die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf einer beim Bewerber bestehenden Erkrankung reicht hierfür nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.13, a.a.O.; Beschluss vom 13.12.13, a.a.O.).
64 Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, unerheblich.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers zwar in seiner früheren Rechtsprechung auch „nachhaltige Zweifel“ des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, ausreichen lassen. Auch diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht aber inzwischen aufgegeben. Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird. Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen („non liquet“), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn.
1. Der Dienstherr kann die gesundheitliche Eignung eines aktuell dienstfähigen Bewerbers für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird (im Anschluss an BVerwG, Urteile vom 25.07.13 - 2 C 12.11 -, BVerwGE 147, 244, vom 30.10.13 - 2 C 16.12 -, BVerw- GE 148, 204, und Beschluss vom 13.12.13 - 2 B 37.13 -).
2. Hat der Dienstherr nach Ablauf der regulären Probezeit alle zugänglichen Beweisquellen ausgeschöpft und verbleiben dennoch Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Beamten, so geht dieses "non liquet" zu Lasten des Dienstherrn und hat sich der Beamte in gesundheitlicher Hinsicht bewährt. Haben die Ermittlungen hingegen noch kein eindeutiges Ergebnis erbracht und sind noch nicht alle Beweisquellen ausgeschöpft, ist der Dienstherr nicht verpflichtet, von einer Bewährung des Beamten in gesundheitlicher Hinsicht auszugehen, sondern gehalten, die verbleibenden Ermittlungsmöglichkeiten zu nutzen und für diese Zwecke die Probezeit zu verlängern.
1. Die Anfechtung einer Probezeitverlängerung erledigt sich nicht dadurch, dass der Zeitraum, auf den sich die angefochtene Probezeitverlängerung bezieht, zwischenzeitlich abgelaufen ist.
2. Die Anrechung von Dienstzeiten im öffentlichen Dienst nach Erwerb der Laufbahnbefähigung auf die Probezeit erfolgt nicht kraft Gesetzes, sondern bedarf einer die Anrechnung verfügenden Entscheidung des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1983 - 2 C 17/82 -, RiA 1984, 139).(Rn.44)
3. Eine Anrechnung von Vordienstzeiten kommt nur und erst dann in Betracht, wenn eine hinreichende Grundlage für eine Entscheidung über die Bewährung besteht und diese zweifelsfrei festgestellt werden kann (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.07.14 - 5 LA 29/14 -).
4. Dem Dienstherrn steht nach Ablauf der Probezeit eine „zeitliche Toleranzspanne“ zur Verfügung, um innerhalb einer angemessenen Frist ohne schuldhaftes Zögern darüber zu entscheiden, ob sich der Beamte bewährt hat oder (noch) nicht und ob im zuletzt genannten Fall mit einer Entlassung oder mit einer Verlängerung der Probezeit reagiert werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1993 - 2 C 27/90 -, BVerwGE 92, 147).
55 Nach § 14 LVO konnte die Probezeit eines Beamten ... um höchstens zwei Jahre verlängert werden, wenn die Bewährung des Beamten bis zum Ablauf der Probezeit noch nicht festgestellt werden konnte. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift lagen beim Erlass der angefochtenen Verlängerungsverfügung vor (a und b) und das Regierungspräsidium hat das dem Beklagten zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt (c).
56 a) Eine „Verlängerung“ der Probezeit war zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vom 20.06.11 noch möglich. Dem steht nicht entgegen, dass die reguläre Probezeit des Klägers zu diesem Zeitpunkt bereits seit knapp zwei Monaten - seit dem 24.04.11 – abgelaufen war.
57 Einem Beamten ist grundsätzlich während der gesamten Probezeit die Möglichkeit gegeben, seine Eignung nachzuweisen. Der Dienstherr ist deshalb in der Regel - wenn nicht ausnahmsweise bereits zuvor die Nichtbewährung zweifelsfrei feststeht - erst nach Ablauf der vollständigen Probezeit dazu befugt zu beurteilen, ob sich der Beamte bewährt hat. Deshalb kann er diese Beurteilung in der Regel nicht schon vor dem Ablauf der Probezeit vornehmen. Ihm steht vielmehr eine „zeitliche Toleranzspanne“ (BVerwG, Urteil vom 25.02.1993 - 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147) zur Verfügung, um innerhalb einer angemessenen Frist ohne schuldhaftes Zögern darüber zu entscheiden, ob sich der Beamte bewährt hat oder (noch) nicht und ob im zuletzt genannten Fall mit einer Entlassung oder mit einer Verlängerung der Probezeit reagiert werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1993, a.a.O.; Beschluss vom 10.04.1991 - 2 B 115.90 -; Urteil vom 29.10.1964 – II C 219.62 -, BVerwGE 19, 344; Senatsbeschluss vom 07.07.15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 25.07.00 - 2 BS 59/00 -, SächsVBl. 2000, 268).
58 Die dem Beklagten nach Ablauf der Probezeit ab dem 24.04.11 zustehende „Toleranzspanne“ hat er mit der Verlängerungsentscheidung am 20.06.11 nicht überschritten. „Ohne schuldhaftes Zögern“ nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit werden das Eignungsurteil des Dienstherrn und die hierfür erforderlichen Feststellungen dann getroffen, wenn - erstens – ein gewisser zeitlicher Zusammenhang mit dem Ablauf der Probezeit besteht, - zweitens – tatsächlich in eine Prüfung eingetreten und eine Entscheidung vorbereitet wird und - drittens – gleichwohl nur solche Umstände Eingang in das Eignungsurteil finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (vgl. Senatsbeschluss vom 03.02.15 - 4 S 2465/14 -; Senatsurteil vom 05.02.13 - 4 S 244/12 -).
Diesen Anforderungen ist das Regierungspräsidium gerecht geworden. Es hat nach Ablauf der regulären Probezeit (24.04.11) den Eingang des amtsärztlichen Gutachtens (26.04.11) und die Stellungnahme des Schulleiters zu den Einwänden des Klägers aus der Anhörung (11.05.11) abgewartet, ausweislich der Verwaltungsakte rechtliche Prüfungen vorgenommen (vgl. etwa die handschriftlichen Vermerke auf Bl. 51 d. Verw.-Akte) und dann innerhalb von gut fünf Wochen unter Verweis auf die Beurteilung vom 14.12.10 und das amtsärztliche Gutachten entschieden. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
59 b) Die Bewährung des Klägers nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG) konnte bis zum Ablauf der regulären Probezeit im April 2011 im Sinne des § 14 LVO „noch nicht festgestellt werden“.
60 Das Regierungspräsidium hat in der angefochtenen Verfügung ausgeführt, die Bewährung des Klägers habe bis zu diesem Zeitpunkt sowohl in gesundheitlicher (aa) als auch in fachlicher Hinsicht (bb) noch nicht festgestellt werden können. Beide - die Verfügung jeweils selbständig tragenden - Feststellungen halten einer gerichtlichen Überprüfung stand.
61 aa) Zu dem Merkmal der Eignung gehört die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers im Hinblick auf das von ihm angestrebte Amt. Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.06.07 - 2 A 6.06 -). Dem Dienstherrn steht allerdings kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage zu, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, Urteile vom 30.10.13, a.a.O., und vom 25.07.13, a.a.O.).
62 Der Maßstab für diese Prognosebeurteilung muss berücksichtigen, dass der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit darstellt, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.12 - 3 C 26.11 -, NJW 2013, 1320). Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hat das Bundesverwaltungsgericht seine frühere Rechtsprechung, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein musste, aufgegeben. Solange der Gesetzgeber - wie hier - keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber danach nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 30.10.13, a.a.O., vom 25.07.13, a.a.O., und vom 13.12.13 - 2 B 37.13 -).
63 Die zu treffende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. Daher muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei hat er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen. Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.13, a.a.O.; Beschluss vom 13.12.13, a.a.O.). Die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf einer beim Bewerber bestehenden Erkrankung reicht hierfür nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.13, a.a.O.; Beschluss vom 13.12.13, a.a.O.).
64 Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, unerheblich.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers zwar in seiner früheren Rechtsprechung auch „nachhaltige Zweifel“ des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, ausreichen lassen. Auch diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht aber inzwischen aufgegeben. Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird. Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen („non liquet“), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn.