Höchstaltersgrenzen für
Einstellung / Aufstieg - öffentlicher Dienst
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Zu der Frage der Zulässigkeit von Höchstaltersgrenzen bzw. zu den Bedingungen der Ausgestaltung solcher Regelungen hat sich das Bundesverwaltungsgericht am 23.02.12 in drei Angelegenheiten geäußert, die das Land NRW betrafen.
Dann gab es Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 21.04.15 zu den Aktenzeichen 2 BvR 1322/12 und 1989/12, den Sie auf der Internetseite des Bundesverfassungsgerichts oder z. B. in NVwZ 2015, 1279 ff. finden.
Das Bundesverfassungsgericht hat Streitverfahren an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen und dem BVerwG einige maßgebliche Erwägungen mit auf den Weg gegeben. Dieser Beschluss sollte der Ausgangspunkt jeder ernsthaften Befassung mit diesen Fragen sein.
In der Sache BVerwG 2 C 79.10 (VG Gelsenkirchen 1 K 5181/09) und der Sache BVerwG 2 C 2.11 (VG Gelsenkirchen 1 K 4879/09) , die Sprungrevisionen gegen Urteile des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen betrafen, hat das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls die neuen Regelungen der Altersgrenzen für die Einstellung oder Übernahme als Beamter in der Laufbahnverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen mit Verfassungs- und Unionsrecht für vereinbar erklärt.
Erneut verhandelt hat das Bundesverwaltungsgericht am 11.10.16 in der Sache 2 C 11.15 zu dem Urteil VG Gelsenkirchen 1 K 5181/09.
In dem Verfahren BVerwG 2 C 11.15 formulierte das
Bundesverwaltungsgericht folgende Pressemitteilung:
Nordrhein-Westfälische Neuregelung über die Einstellungsaltersgrenze für Beamte verfassungsgemäß
Die seit Januar 2016 geltende Neuregelung des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach eine Ernennung zum Beamten grundsätzlich nur vor Vollendung des 42. Lebensjahres erfolgen kann, verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der 1963 geborene Kläger ist seit 2004 bei dem beklagten Land als tarifbeschäftigter Lehrer an einem Berufskolleg tätig. 2007 bestand er die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt. 2009 stellte er einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Dieser wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger die für die Ernennung zum Beamten nach der Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze von 40 Jahren bereits überschritten habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte bis zum Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechende Vorschrift der Laufbahnverordnung des beklagten Landes im Verfahren des Klägers für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen (Beschluss vom 21.04.15 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - BVerfGE 139, 19). Eine für die Grundrechte der Betroffenen so bedeutende Regelung sei nicht in einer Verordnung, sondern nur in einem Gesetz zu treffen.
Das beklagte Land hat mit Wirkung vom 01.01.16 eine gesetzliche Altersgrenze von 42 Jahren festgelegt und dazu umfangreiche Ausnahmeregelungen getroffen. Auf dieser Grundlage hatte das Bundesverwaltungsgericht über das Verbeamtungsbegehren zu entscheiden. Es hat die Revision des Klägers (erneut) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Neuregelung ist verfassungsgemäß. Sie stellt zwar einen Eingriff in die Grundrechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) dar. Sie ist jedoch vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat. Aus demselben Grund liegt auch kein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) vor.
Im Falle des Klägers musste der Beklagte auch keine Ausnahme von der Altersgrenze zulassen. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 14 Abs. 10 Nr. 1 Landesbeamtengesetz NRW (LBG NRW) berufen, weil diese Norm dem Dienstherrn allein im öffentlichen Interesse ermöglicht, Ausnahmen vorzusehen, wenn er nämlich ein erhebliches dienstliches Interesse hat, den Bewerber zu gewinnen oder zu behalten. Ein subjektives Recht des Bewerbers enthält diese Vorschrift nicht.
Schließlich bestand für den Dienstherrn auch kein Anlass für eine Billigkeitsausnahme nach § 14 Abs. 10 Nr. 2 LBG NRW. Durch die Unvereinbarkeitserklärung hat das Bundesverfassungsgericht dem beklagten Land die Möglichkeit eingeräumt, auch für Altfälle eine neue, verfassungsgemäße gesetzliche Regelung zu treffen. Das in der Ausnahmevorschrift enthaltene Ermessen hat das beklagte Land in vertretbarer Weise ausgeübt.
BVerwG 2 C 11.15 - Urteil vom 11.10.16
Vorinstanz:
VG Gelsenkirchen 1 K 5181/09 - Urteil vom 10.11.11
Landesbeamtengesetz - LBG NRW vom 14.06.16
§ 14
Einstellung
[…]
(3) Als Laufbahnbewerberin oder Laufbahnbewerber darf in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden, wer das 42. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
[…]
(10) Weitere Ausnahmen von der jeweiligen Höchstaltersgrenze können zugelassen werden, und zwar
1. für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerberinnen oder Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen, zu behalten oder
2. für einzelne Fälle, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von der Bewerberin oder dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, welches die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe.
Ein erhebliches dienstliches Interesse im Sinne von Nummer 1 liegt insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist.
(11) Über die Ausnahmen gemäß Absatz 10 entscheidet für die Beamtinnen und Beamten
1. des Landes die oberste Dienstbehörde als Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem für Inneres zuständigen Ministerium und dem Finanzministerium, ...
Nordrhein-Westfälische Neuregelung über die Einstellungsaltersgrenze für Beamte verfassungsgemäß
Die seit Januar 2016 geltende Neuregelung des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach eine Ernennung zum Beamten grundsätzlich nur vor Vollendung des 42. Lebensjahres erfolgen kann, verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der 1963 geborene Kläger ist seit 2004 bei dem beklagten Land als tarifbeschäftigter Lehrer an einem Berufskolleg tätig. 2007 bestand er die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt. 2009 stellte er einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Dieser wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger die für die Ernennung zum Beamten nach der Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze von 40 Jahren bereits überschritten habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte bis zum Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechende Vorschrift der Laufbahnverordnung des beklagten Landes im Verfahren des Klägers für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen (Beschluss vom 21.04.15 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - BVerfGE 139, 19). Eine für die Grundrechte der Betroffenen so bedeutende Regelung sei nicht in einer Verordnung, sondern nur in einem Gesetz zu treffen.
Das beklagte Land hat mit Wirkung vom 01.01.16 eine gesetzliche Altersgrenze von 42 Jahren festgelegt und dazu umfangreiche Ausnahmeregelungen getroffen. Auf dieser Grundlage hatte das Bundesverwaltungsgericht über das Verbeamtungsbegehren zu entscheiden. Es hat die Revision des Klägers (erneut) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Neuregelung ist verfassungsgemäß. Sie stellt zwar einen Eingriff in die Grundrechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) dar. Sie ist jedoch vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat. Aus demselben Grund liegt auch kein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) vor.
Im Falle des Klägers musste der Beklagte auch keine Ausnahme von der Altersgrenze zulassen. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 14 Abs. 10 Nr. 1 Landesbeamtengesetz NRW (LBG NRW) berufen, weil diese Norm dem Dienstherrn allein im öffentlichen Interesse ermöglicht, Ausnahmen vorzusehen, wenn er nämlich ein erhebliches dienstliches Interesse hat, den Bewerber zu gewinnen oder zu behalten. Ein subjektives Recht des Bewerbers enthält diese Vorschrift nicht.
Schließlich bestand für den Dienstherrn auch kein Anlass für eine Billigkeitsausnahme nach § 14 Abs. 10 Nr. 2 LBG NRW. Durch die Unvereinbarkeitserklärung hat das Bundesverfassungsgericht dem beklagten Land die Möglichkeit eingeräumt, auch für Altfälle eine neue, verfassungsgemäße gesetzliche Regelung zu treffen. Das in der Ausnahmevorschrift enthaltene Ermessen hat das beklagte Land in vertretbarer Weise ausgeübt.
BVerwG 2 C 11.15 - Urteil vom 11.10.16
Vorinstanz:
VG Gelsenkirchen 1 K 5181/09 - Urteil vom 10.11.11
Landesbeamtengesetz - LBG NRW vom 14.06.16
§ 14
Einstellung
[…]
(3) Als Laufbahnbewerberin oder Laufbahnbewerber darf in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt werden, wer das 42. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
[…]
(10) Weitere Ausnahmen von der jeweiligen Höchstaltersgrenze können zugelassen werden, und zwar
1. für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerberinnen oder Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen, zu behalten oder
2. für einzelne Fälle, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von der Bewerberin oder dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, welches die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe.
Ein erhebliches dienstliches Interesse im Sinne von Nummer 1 liegt insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist.
(11) Über die Ausnahmen gemäß Absatz 10 entscheidet für die Beamtinnen und Beamten
1. des Landes die oberste Dienstbehörde als Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem für Inneres zuständigen Ministerium und dem Finanzministerium, ...
Soldaten
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.03.18 - BVerwG 1 WB 8.17 -
Mehrjährige Restdienstzeit als Zulassungsaltersgrenze für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes bedarf normativer Regelung
Leitsätze
1. Die Festsetzung einer mehrjährigen Restdienstzeit als Voraussetzung für die Zulassung von Unteroffizieren mit Portepée zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Sinne von § 40 SLV kann nicht durch Verwaltungsvorschriften angeordnet werden. Sie unterliegt dem Anwendungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes und bedarf einer normativen Grundlage.
2. Das Verbot der Altersdiskriminierung aus Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000 (ABl. L 303 S.16) findet auf die Streitkräfte der Bundeswehr keine Anwendung.
Mehrjährige Restdienstzeit als Zulassungsaltersgrenze für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes bedarf normativer Regelung
Leitsätze
1. Die Festsetzung einer mehrjährigen Restdienstzeit als Voraussetzung für die Zulassung von Unteroffizieren mit Portepée zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Sinne von § 40 SLV kann nicht durch Verwaltungsvorschriften angeordnet werden. Sie unterliegt dem Anwendungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes und bedarf einer normativen Grundlage.
2. Das Verbot der Altersdiskriminierung aus Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000 (ABl. L 303 S.16) findet auf die Streitkräfte der Bundeswehr keine Anwendung.
In Hamburg hat das Verwaltungsgericht in einem Urteil vom 21.09.17 - 21 K 3084/14 - ganz ausführlich zu einer Höchstaltersgrenze Stellung genommen. Sie finden das Urteil in der Rechtsprechungsdatenbank der Hansestadt Hamburg.