OVG NRW zu Verfahrensfragen
Die Abläufe bei Streit um die Einstellung in ein Beamtenverhältnis
Wenn Sie eine Einstellung in den öffentlichen Dienst anstreben, im nachfolgenden Fall: in den Polizeidienst der Landes NRW, und der Meinung sind, man habe Sie zu Unrecht abgelehnt, dann müssen Sie Widerspruch und/oder Klage dagegen erheben, aber auch im Blick haben, dass vor dem geplanten Einstellungstermin eine Regelung bewirkt werden muss, sei es auch durch eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts.Denn sonst hält man Ihnen entgegen, was das Gericht in der nachfolgenden Entscheidung formuliert:
"Das Verpflichtungsbegehren hatte sich indes ... mit dem Verstreichen des Einstellungstermins (01.09.16) oder jedenfalls kurz danach erledigt. Sofern - wie im Falle des nordrhein-westfälischen Polizeivollzugsdienstes - Stellen für Beamte zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt werden, so erlischt der materielle Einstellungsanspruch grundsätzlich mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunkts und der Besetzung der Stellen durch andere Bewerber."
Es ist also wichtig, nicht nur die Frage der Eignung richtig einzuschätzen, sondern auch die richtigen prozessualen Wege zu gehen.
Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 05.02.19 - 6 A 380.17 -
Vorinstanz: Verwaltungsgericht Köln, 19 K 1692/16
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 7.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3
Über ihn ist nicht mehr in der Sache zu entscheiden, weil sich der Rechtsstreit, der dem angegriffenen Gerichtsbescheid zu Grunde liegt, in der Hauptsache erledigt hat (1.).
Damit entfällt zugleich das Rechtsschutzinteresse für die Fortführung des Zulassungsverfahrens, wenn der Rechtsmittelführer - wie vorliegend - keine Erledigungserklärung abgibt, sondern den Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) wählt, es jedoch an einem berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung fehlt. So liegt der Fall hier (2).
4
1. Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache erledigt und zwar bereits vor Ergehen des angegriffenen Gerichtsbescheides.
5
Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 02.06.15 um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes im Jahr 2016 (Einstellungsjahr 2016) beworben. Das beklagte Land hat dies mit Bescheid vom 05.02.16 abgelehnt. Der Kläger hat hiergegen Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Ablehnungsbescheides sowie der Verpflichtung des beklagten Landes zur erneuten Entscheidung über seine Bewerbung erhoben.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 30.12.16 als unbegründet abgewiesen.
Das Verpflichtungsbegehren hatte sich indes bereits zuvor, nämlich mit dem Verstreichen des Einstellungstermins (01.09.16) oder jedenfalls kurz danach erledigt.
Sofern - wie im Falle des nordrhein-westfälischen Polizeivollzugsdienstes - Stellen für Beamte zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt werden, so erlischt der materielle Einstellungsanspruch grundsätzlich mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunkts und der Besetzung der Stellen durch andere Bewerber.
6
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.10 - 2 C 22.09 -, BVerwGE 136, 140 Rn. 19; OVG NRW, Urteil vom 30.11.17 - 6 A 2111/14 -Rn. 53.
7
Ob der Zeitpunkt der Erledigung geringfügig hinausgeschoben wird, wenn der Dienstherr - wie hier das beklagte Land bis zum 30. September des jeweiligen Jahres - "Nachzügler" für die Einstellung und Ausbildung noch einige Wochen später akzeptiert, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang.
8
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.11.17 - 6 A 2111/14 -, a. a. O. Rn. 55.
10
2. Der Senat hat den Kläger auf Vorstehendes hingewiesen. Dieser hat daraufhin nicht den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, sondern eine Umstellung des Klageantrags in ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) vorgenommen.
11
Dahinstehen kann vorliegend, ob eine solche Umstellung im Zulassungsverfahren ausgeschlossen ist, wenn die Erledigung bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten ist und der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage somit schon im erstinstanzlichen Verfahren möglich gewesen wäre.
12
So Bayerischer VGH, Beschluss vom 18.04.17 - 12 ZB 13.2095 -, Rn. 16.
14
Denn unterstellt, diese Möglichkeit ist dem Kläger auch noch im vorliegenden Zulassungsverfahren eröffnet, fehlt es ihm jedenfalls an dem nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderlichen berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung.
15
Der Senat hat die Beteiligten unter dem 8.11.8 darauf hingewiesen, dass der streitbefangene Ablehnungsbescheid aus den Gründen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.11.17 - 2 C 25.17 -, sowie des Senatsbeschlusses vom 12.09.18 - 6 A 2272/18 -, NWVBl. 2019, 73, rechtswidrig ist. In diesem (rechtskräftigen) Beschluss hat der Senat u. a. Folgendes ausgeführt:
16
„Der Senat schließt sich unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach die Versagung der Einstellung eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst wegen einer Tätowierung einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage bedarf.
17
BVerwG, Urteil vom 17.11.17 - 2 C 25.17 -, NJW 2018, 1185 Rn. 33 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 23.07.18 - 6 B 556/18 -, Rn. 5 ff.; anders noch OVG NRW, Beschluss vom 14.07.16 - 6 B 540/16 -, juris, Rn. 5 ff.
19
(…). Die nach dem Vorstehenden erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Reglementierung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamten ist in Nordrhein-Westfalen nicht gegeben. Der Erlass des (damaligen) Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07A - genügt als bloße Verwaltungsvorschrift hierfür nicht.“
20
Daraufhin hat das beklagte Land mit Schriftsatz vom 15.11.18 mitgeteilt, dass „nach der vom Oberverwaltungsgericht angegebenen Rechtsprechung“ der Ablehnungsbescheid „auch aus hiesiger Sicht rechtswidrig ist“. Damit hat es die Rechtswidrigkeit des Bescheides anerkannt. Zugleich hat es erklärt, die Tätowierungen des Klägers würden nicht mehr zu einer Ablehnung seiner Einstellung in den Polizeivollzugsdienst führen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung ist vor diesem Hintergrund nicht mehr gegeben. Sein Hinweis auf die unter dem 1. März 2018 erfolgte „Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 758 vom 25. Januar 2018“ (LT-Drucks. 17/2064) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er geht mit Blick auf den Senatsbeschluss vom 12.09.18 - 6 A 2272/18 -, a. a. O., ins Leere.
Vorinstanz: Verwaltungsgericht Köln, 19 K 1692/16
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 7.000,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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Über ihn ist nicht mehr in der Sache zu entscheiden, weil sich der Rechtsstreit, der dem angegriffenen Gerichtsbescheid zu Grunde liegt, in der Hauptsache erledigt hat (1.).
Damit entfällt zugleich das Rechtsschutzinteresse für die Fortführung des Zulassungsverfahrens, wenn der Rechtsmittelführer - wie vorliegend - keine Erledigungserklärung abgibt, sondern den Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) wählt, es jedoch an einem berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung fehlt. So liegt der Fall hier (2).
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1. Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache erledigt und zwar bereits vor Ergehen des angegriffenen Gerichtsbescheides.
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Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 02.06.15 um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes im Jahr 2016 (Einstellungsjahr 2016) beworben. Das beklagte Land hat dies mit Bescheid vom 05.02.16 abgelehnt. Der Kläger hat hiergegen Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Ablehnungsbescheides sowie der Verpflichtung des beklagten Landes zur erneuten Entscheidung über seine Bewerbung erhoben.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 30.12.16 als unbegründet abgewiesen.
Das Verpflichtungsbegehren hatte sich indes bereits zuvor, nämlich mit dem Verstreichen des Einstellungstermins (01.09.16) oder jedenfalls kurz danach erledigt.
Sofern - wie im Falle des nordrhein-westfälischen Polizeivollzugsdienstes - Stellen für Beamte zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt werden, so erlischt der materielle Einstellungsanspruch grundsätzlich mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunkts und der Besetzung der Stellen durch andere Bewerber.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.10 - 2 C 22.09 -, BVerwGE 136, 140 Rn. 19; OVG NRW, Urteil vom 30.11.17 - 6 A 2111/14 -Rn. 53.
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Ob der Zeitpunkt der Erledigung geringfügig hinausgeschoben wird, wenn der Dienstherr - wie hier das beklagte Land bis zum 30. September des jeweiligen Jahres - "Nachzügler" für die Einstellung und Ausbildung noch einige Wochen später akzeptiert, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.11.17 - 6 A 2111/14 -, a. a. O. Rn. 55.
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2. Der Senat hat den Kläger auf Vorstehendes hingewiesen. Dieser hat daraufhin nicht den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, sondern eine Umstellung des Klageantrags in ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) vorgenommen.
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Dahinstehen kann vorliegend, ob eine solche Umstellung im Zulassungsverfahren ausgeschlossen ist, wenn die Erledigung bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten ist und der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage somit schon im erstinstanzlichen Verfahren möglich gewesen wäre.
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So Bayerischer VGH, Beschluss vom 18.04.17 - 12 ZB 13.2095 -, Rn. 16.
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Denn unterstellt, diese Möglichkeit ist dem Kläger auch noch im vorliegenden Zulassungsverfahren eröffnet, fehlt es ihm jedenfalls an dem nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderlichen berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung.
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Der Senat hat die Beteiligten unter dem 8.11.8 darauf hingewiesen, dass der streitbefangene Ablehnungsbescheid aus den Gründen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.11.17 - 2 C 25.17 -, sowie des Senatsbeschlusses vom 12.09.18 - 6 A 2272/18 -, NWVBl. 2019, 73, rechtswidrig ist. In diesem (rechtskräftigen) Beschluss hat der Senat u. a. Folgendes ausgeführt:
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„Der Senat schließt sich unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach die Versagung der Einstellung eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst wegen einer Tätowierung einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage bedarf.
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BVerwG, Urteil vom 17.11.17 - 2 C 25.17 -, NJW 2018, 1185 Rn. 33 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 23.07.18 - 6 B 556/18 -, Rn. 5 ff.; anders noch OVG NRW, Beschluss vom 14.07.16 - 6 B 540/16 -, juris, Rn. 5 ff.
19
(…). Die nach dem Vorstehenden erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Reglementierung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamten ist in Nordrhein-Westfalen nicht gegeben. Der Erlass des (damaligen) Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07A - genügt als bloße Verwaltungsvorschrift hierfür nicht.“
20
Daraufhin hat das beklagte Land mit Schriftsatz vom 15.11.18 mitgeteilt, dass „nach der vom Oberverwaltungsgericht angegebenen Rechtsprechung“ der Ablehnungsbescheid „auch aus hiesiger Sicht rechtswidrig ist“. Damit hat es die Rechtswidrigkeit des Bescheides anerkannt. Zugleich hat es erklärt, die Tätowierungen des Klägers würden nicht mehr zu einer Ablehnung seiner Einstellung in den Polizeivollzugsdienst führen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung ist vor diesem Hintergrund nicht mehr gegeben. Sein Hinweis auf die unter dem 1. März 2018 erfolgte „Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 758 vom 25. Januar 2018“ (LT-Drucks. 17/2064) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er geht mit Blick auf den Senatsbeschluss vom 12.09.18 - 6 A 2272/18 -, a. a. O., ins Leere.