Minderung der Erwerbsfähigkeit
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts am Ende dieser Seite erläutert den Begriff der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und seine Anwendung im Dienstunfallrecht.
Die gesetzlichen Regelungen sind hier nicht ganz einheitlich. Das Gericht grenzt in seiner Entscheidung in RN 10 die beamtenrechtlichen Regelungen vom Sozialrecht ab.
Teils verwenden aber auch (andere) Beamtenversorgungsgesetze einen anderen Begriff, nämlich insbesondere den Begriff des Grades der Schädigungsfolgen. Dieser wird im Beamtenversorgungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein wie folgt umschrieben:
Beamtenversorgungsgesetz Schleswig-Holstein, § 39 Absatz 2
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalls ein abschätzbarer Grad der Schädigungsfolgen bereits bestanden, ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von dem individuellen Grad der Schädigungsfolgen der oder des Verletzten, der unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalls bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieses individuellen Grades der Schädigungsfolgen durch den Dienstunfall eingetreten ist. Beruht der frühere Grad der Schädigungsfolgen auf einem Dienstunfall, kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden. Für äußere Körperschäden können Mindestgrade festgelegt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalls ein abschätzbarer Grad der Schädigungsfolgen bereits bestanden, ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von dem individuellen Grad der Schädigungsfolgen der oder des Verletzten, der unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalls bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieses individuellen Grades der Schädigungsfolgen durch den Dienstunfall eingetreten ist. Beruht der frühere Grad der Schädigungsfolgen auf einem Dienstunfall, kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden. Für äußere Körperschäden können Mindestgrade festgelegt werden.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.02.16 - BVerwG 2 C 14.14 - (Auszug)
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2. Zentrale Voraussetzung für die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags ist gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG die durch den Dienstunfall verursachte Erwerbsbeschränkung. Die Höhe der Leistung hängt vom Grad der festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit ab (§ 38 Abs. 2 BeamtVG).
Dieser bestimmt sich nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben (§ 38 Abs. 6 Satz 1 BeamtVG).
Hieraus folgt zunächst, dass es nicht um die Beeinträchtigung der Ausübung des konkret innegehabten Amtes geht. Maßstab ist vielmehr die Fähigkeit, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich im gesamten Bereich des Erwerbslebens - auch außerhalb des öffentlichen Dienstes - bieten, einen Erwerb zu verschaffen (BVerwG, Urteil vom 21.09.00 - 2 C 27.99 - BVerwGE 112, 92 <97>; Beschluss vom 25.02.13 - 2 B 57.12 - juris Rn. 9).
Insoweit unterscheiden sich die Regelungen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge auch von denjenigen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die dort in § 56 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) vorgesehene Berücksichtigung von Nachteilen, die Versicherte dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30.06.09 - B 2 U 3/08 R - Breith. 2010, 31), findet im Beamtenversorgungsrecht keine Entsprechung.
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Der Unterhaltsbeitrag gewährt Entschädigung bzw. Schadensersatz. Er soll Erwerbseinbußen ausgleichen, die darauf beruhen, dass der frühere Beamte infolge der dienstunfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen nur eingeschränkt in der Lage ist, aus eigener Kraft für ein Erwerbseinkommen zu sorgen. Es handelt sich hierbei um eine pauschale Entschädigung für einen abstrakt berechneten Erwerbsschaden durch unfallbedingte Erwerbseinbußen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.03.11 - 1 BvR 591/08, 1 BvR 593/08 - BVerfGK, 18, 377 <384 f.> zur Verletztenrente nach § 56 SGB VII; BVerwG, Urteile vom 19.04.1996 - 8 C 3.95 - BVerwGE 101, 86 <89> und vom 21.09.00 - 2 C 27.99 - BVerwGE 112, 92 <97>).
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Da die Beurteilung der durch einen Dienstunfall verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit medizinischen Sachverstand voraussetzt, ist zur Vorbereitung der behördlichen Entscheidung regelmäßig ein ärztliches Gutachten zu erstellen. Allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, bilden in der Regel die Basis für die Bewertung durch den Sachverständigen. Sie sind die Grundlage für eine gleiche Bewertung in zahlreichen Parallelfällen. Diese Richtwerte sind allerdings nur Orientierungshilfen; die konkrete Bewertung muss stets auf die Besonderheiten der Minderung der Erwerbsfähigkeit des betroffenen (früheren) Beamten in seinem individuellen Fall abstellen (VGH München, Beschluss vom 01.02.13 - 3 ZB 11.1166 - Rn. 13; OVG Münster, Urteil vom 07.03.14 - 3 A 528/12 - Rn. 45; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, § 35 BeamtVG Rn. 49; vgl. ferner BSG, Urteile vom 15.12.1955 - 4 RJ 90/54 - juris Rn. 18 und vom 19.12.00 - B 2 U 49/99 R - EzS 128/200, Rn. 17).
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5. Vor diesem Hintergrund ist die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts rechtsfehlerhaft, bei der Bestimmung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei die Verwendung orthopädischer Hilfsmittel nicht zu berücksichtigen. Der Senat ist auch nicht an die darauf fußende Annahme des Oberverwaltungsgerichts gebunden, der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage beim Kläger 30 v.H. Zwar handelt es sich bei der Bestimmung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch das Tatsachengericht grundsätzlich um eine bindende Feststellung im Sinne des § 137 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO. Vorliegend steht jedoch nicht die tatsachenbasierte arbeitsmedizinische Einschätzung der gesundheitlichen Situation des Klägers im Raume; vielmehr geht es um die revisible Rechtsfrage der Auslegung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals.
18
Der Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einem unzutreffenden Verständnis des von § 38 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG verwendeten Begriffs der Minderung der Erwerbsfähigkeit sowie des synonym von § 38 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG verwendeten Begriffs der Erwerbsbeschränkung. Schon der Wortlaut der Norm macht deutlich, dass Anknüpfungspunkt des Unterhaltsbeitrags nicht die erlittene Körperverletzung, sondern die Erwerbsbeschränkung ist. Der Unterhaltsbeitrag wird neben den Kosten für das Heilverfahren (§§ 33, 34 BeamtVG) gewährt. Der Umfang des Unterhaltsbeitrags richtet sich nach dem Maß der auf den Körperschaden zurückzuführenden, abstrakt anzunehmenden Erwerbseinbußen. Steigert ein orthopädisches Hilfsmittel (hier die Peroneus-Schiene) die Fähigkeit, sich im allgemeinen Erwerbsleben einen Erwerb zu verschaffen, wirkt sich dies folglich bei der Bemessung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus. Das folgt aus der beschriebenen Erwerbsbezogenheit des Anspruchs (vgl. zum Recht der gesetzlichen Unfallversicherung Becker, MedSach 2008, 142 <145>; Plagemann, MedSach 2004, 94 <96>; Koss, MedSach 2004, 92 <93>; a. A. für den Bereich von Amputationen: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010 S. 691). Diesem Grundgedanken des Unfallfürsorgerechts widerspräche es, die Erwerbsbeschränkung allein aus dem objektiv funktionalen Körperschaden herzuleiten. Die sozialgerichtliche Praxis verfährt entsprechend jedenfalls im Bereich von Sehhilfen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.09.10 - L 22 U 28/08 - juris Rn. 31) und Endoprothesen (LSG Stuttgart, Urteil vom 26.11.15 - L 6 U 50/15 - juris Rn. 54 f.) und berücksichtigt deren die Erwerbsfähigkeit steigernde Funktion.
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2. Zentrale Voraussetzung für die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags ist gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG die durch den Dienstunfall verursachte Erwerbsbeschränkung. Die Höhe der Leistung hängt vom Grad der festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit ab (§ 38 Abs. 2 BeamtVG).
Dieser bestimmt sich nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben (§ 38 Abs. 6 Satz 1 BeamtVG).
Hieraus folgt zunächst, dass es nicht um die Beeinträchtigung der Ausübung des konkret innegehabten Amtes geht. Maßstab ist vielmehr die Fähigkeit, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich im gesamten Bereich des Erwerbslebens - auch außerhalb des öffentlichen Dienstes - bieten, einen Erwerb zu verschaffen (BVerwG, Urteil vom 21.09.00 - 2 C 27.99 - BVerwGE 112, 92 <97>; Beschluss vom 25.02.13 - 2 B 57.12 - juris Rn. 9).
Insoweit unterscheiden sich die Regelungen der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge auch von denjenigen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die dort in § 56 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) vorgesehene Berücksichtigung von Nachteilen, die Versicherte dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30.06.09 - B 2 U 3/08 R - Breith. 2010, 31), findet im Beamtenversorgungsrecht keine Entsprechung.
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Der Unterhaltsbeitrag gewährt Entschädigung bzw. Schadensersatz. Er soll Erwerbseinbußen ausgleichen, die darauf beruhen, dass der frühere Beamte infolge der dienstunfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen nur eingeschränkt in der Lage ist, aus eigener Kraft für ein Erwerbseinkommen zu sorgen. Es handelt sich hierbei um eine pauschale Entschädigung für einen abstrakt berechneten Erwerbsschaden durch unfallbedingte Erwerbseinbußen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.03.11 - 1 BvR 591/08, 1 BvR 593/08 - BVerfGK, 18, 377 <384 f.> zur Verletztenrente nach § 56 SGB VII; BVerwG, Urteile vom 19.04.1996 - 8 C 3.95 - BVerwGE 101, 86 <89> und vom 21.09.00 - 2 C 27.99 - BVerwGE 112, 92 <97>).
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Da die Beurteilung der durch einen Dienstunfall verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit medizinischen Sachverstand voraussetzt, ist zur Vorbereitung der behördlichen Entscheidung regelmäßig ein ärztliches Gutachten zu erstellen. Allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, bilden in der Regel die Basis für die Bewertung durch den Sachverständigen. Sie sind die Grundlage für eine gleiche Bewertung in zahlreichen Parallelfällen. Diese Richtwerte sind allerdings nur Orientierungshilfen; die konkrete Bewertung muss stets auf die Besonderheiten der Minderung der Erwerbsfähigkeit des betroffenen (früheren) Beamten in seinem individuellen Fall abstellen (VGH München, Beschluss vom 01.02.13 - 3 ZB 11.1166 - Rn. 13; OVG Münster, Urteil vom 07.03.14 - 3 A 528/12 - Rn. 45; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, § 35 BeamtVG Rn. 49; vgl. ferner BSG, Urteile vom 15.12.1955 - 4 RJ 90/54 - juris Rn. 18 und vom 19.12.00 - B 2 U 49/99 R - EzS 128/200, Rn. 17).
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5. Vor diesem Hintergrund ist die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts rechtsfehlerhaft, bei der Bestimmung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei die Verwendung orthopädischer Hilfsmittel nicht zu berücksichtigen. Der Senat ist auch nicht an die darauf fußende Annahme des Oberverwaltungsgerichts gebunden, der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage beim Kläger 30 v.H. Zwar handelt es sich bei der Bestimmung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch das Tatsachengericht grundsätzlich um eine bindende Feststellung im Sinne des § 137 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO. Vorliegend steht jedoch nicht die tatsachenbasierte arbeitsmedizinische Einschätzung der gesundheitlichen Situation des Klägers im Raume; vielmehr geht es um die revisible Rechtsfrage der Auslegung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals.
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Der Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einem unzutreffenden Verständnis des von § 38 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG verwendeten Begriffs der Minderung der Erwerbsfähigkeit sowie des synonym von § 38 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG verwendeten Begriffs der Erwerbsbeschränkung. Schon der Wortlaut der Norm macht deutlich, dass Anknüpfungspunkt des Unterhaltsbeitrags nicht die erlittene Körperverletzung, sondern die Erwerbsbeschränkung ist. Der Unterhaltsbeitrag wird neben den Kosten für das Heilverfahren (§§ 33, 34 BeamtVG) gewährt. Der Umfang des Unterhaltsbeitrags richtet sich nach dem Maß der auf den Körperschaden zurückzuführenden, abstrakt anzunehmenden Erwerbseinbußen. Steigert ein orthopädisches Hilfsmittel (hier die Peroneus-Schiene) die Fähigkeit, sich im allgemeinen Erwerbsleben einen Erwerb zu verschaffen, wirkt sich dies folglich bei der Bemessung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus. Das folgt aus der beschriebenen Erwerbsbezogenheit des Anspruchs (vgl. zum Recht der gesetzlichen Unfallversicherung Becker, MedSach 2008, 142 <145>; Plagemann, MedSach 2004, 94 <96>; Koss, MedSach 2004, 92 <93>; a. A. für den Bereich von Amputationen: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010 S. 691). Diesem Grundgedanken des Unfallfürsorgerechts widerspräche es, die Erwerbsbeschränkung allein aus dem objektiv funktionalen Körperschaden herzuleiten. Die sozialgerichtliche Praxis verfährt entsprechend jedenfalls im Bereich von Sehhilfen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.09.10 - L 22 U 28/08 - juris Rn. 31) und Endoprothesen (LSG Stuttgart, Urteil vom 26.11.15 - L 6 U 50/15 - juris Rn. 54 f.) und berücksichtigt deren die Erwerbsfähigkeit steigernde Funktion.