Keine Einstellung in Polizeidienst wegen zu geringer Körpergröße
Das Verwaltungsgericht Schleswig gewährte einer Bewerberin Schadensersatz, weil sie wegen zu geringer Körpergröße nicht in den Dienst der Polizei genommen wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof Hessen vertritt in dem folgenden Beschluss vom 25.08.16 - 1 B 976/16 - eine gegenteilige Auffassung.
Verwaltungsgerichtshof Hessen, Beschluss vom 25.08.16
- 1 B 976/16 -
Leitsatz:
Die Festsetzung einer Mindestkörpergröße von 1,60 m für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ist sachlich gerechtfertigt, um eine störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zu gewährleisten.
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des VG Darmstadt vom 24.03.16 - 1 L 444/16.DA - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 6.823,14 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen ihre Nichteinstellung in den Polizeivollzugsdienst des Landes Hessen aufgrund der Unterschreitung der hierfür nach der Polizeidienstvorschrift - PDV 300 -, Anlage 1 Nr. 1.3. und des Einführungserlasses des Hessischen Ministeriums für Innern und für Sport (HMdIS) für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst geforderten Mindestgröße von 160 cm.
2
Sie hatte sich im Juni 2014 für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Hessen (Einstellungstermin September) beworben. Im Fragebogen zu ihrer Bewerbung hatte sie in der Rubrik "Körpergröße" angegeben, sie sei 160 cm groß. Dies entspricht der Eintragung in ihrem Personalausweis. Ihre Teilnahme am Auswahlverfahren im November 2014 blieb erfolglos. Im Rahmen des Wiederholungsversuches bestand sie im Mai 2015 die psychologische und körperliche Eignungsprüfung mit überdurchschnittlicher Punktzahl. Bei der anschließenden polizeiärztlichen Untersuchung wurde ihre Körpergröße mit 156 cm gemessen. Mit Bescheid der Polizeiakademie Hessen vom 01.07.15 wurde ihr mitgeteilt, dass ihre Bewerbung "nicht weiterverfolgt" werden könne, da ihre Körpergröße von nur 156 cm zur Polizeidienstuntauglichkeit führe.
3
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.15 zurückgewiesen worden ist. Dort ist zur Begründung u.a. ausgeführt, eine angemessene Körpergröße sei für die dienstliche Verwendung im Polizeivollzugsdienst des Landes Hessen wesentlich und sachlich gerechtfertigt, um eine störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zu gewährleisten. Dies gelte u.a. für das Einsatztraining, den operativen Dienst und die Aus-und Fortbildung. Ohne die Vorgabe einer Mindestgröße seien negative Auswirkungen auch im Bekleidungsbereich (z.B. Einsatzhelme oder ABC-Schutzmasken) oder im Rahmen der Erprobung und Anwendung von Eingriffstechniken (z. B. Festnahmetechnik 360 Grad, Körperschutztechniken usw.) zu erwarten. Die Größendifferenz dürfe zu den Störern nicht zu groß sein, da es auf die Hebelwirkung bei der Kraftübertragung ankomme. So sei es z. B. bei der sog. "Festnahmetechnik 360 Grad" erforderlich, über die Führung des Kopfes den Gegner in eine instabile Position zu bringen. Erreiche man aufgrund einer zu geringen eigenen Körpergröße den Kopf seines Gegenübers nicht, sei diese Technik nicht wirksam. Beim Transport von Personen seien zudem bei zu geringer Körpergröße Stürze nicht auszuschließen, wenn aufgrund der Hebelwirkung die Last der transportierten Person nicht gehalten werden könne. Schließlich komme es auch bei Festnahmetechniken eines Eingriffstrupps entscheidend darauf an, dass sich die Beamtinnen und Beamten dicht hintereinander vorwärts und rückwärts bewegen könnten. Ein zu großer Unterschied der Beinlängen könne zu Stolpern oder Stürzen führen.
4
Hiergegen hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt Klage (1 K 1671/15.DA) erhoben und Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit dem im hiesigen Beschwerdeverfahren angegriffenen Beschluss vom 24.03.16 zurückgewiesen. Der Antrag nehme in unzulässiger Weise die Entscheidung in der Hauptsache vorweg. Eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache sei regelmäßig nur dann möglich, wenn der Antragstellerin durch die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren unzumutbare Nachteile drohten und ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Das sei nicht der Fall. Der Antragsgegner habe die Einstellung der Antragstellerin zu Recht wegen Polizeidienstuntauglichkeit abgelehnt. Diese sei in wirksamer Weise durch die Bestimmungen der Polizeidienstvorschrift 300 (im Folgenden: PDV 300) und den Einführungserlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12 - Az. LPP 34 Schu - 8 b 20/10 - 2012 "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - Ausgabe 2012 - dahingehend konkretisiert worden, dass für Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst eine Mindestgröße von 160 cm bestimmt werde, die die Antragstellerin nicht erreicht habe. Die Festlegung einer Mindestgröße von 160 cm sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere verstoße sie nicht gegen das Grundrecht der Antragstellerin auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG oder stelle eine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts nach Art. 3 Abs. 3 GG i.V.m. den Regelungen des AGG dar.
5
Mit der fristgerecht erhobenen und begründeten Beschwerde trägt die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt vor: ein Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Eilantrag bestehe, da in der Hauptsache ein Klageverfahren anhängig und noch nicht entschieden sei. Die Antragstellerin habe sich erneut für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zum nächsten Termin beworben. Eine alternative Berufs- und Karriereplanung sei ihr nicht möglich, so lange sie keine Gewissheit über eine Aufnahme in den gehobenen Polizeivollzugsdienst habe. Neben ihrem Recht auf freie Berufswahl und Berufsausübung aus Art. 12 GG sei auch ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt, weil ihre Lebensplanung nachhaltig betroffen sei.
6
Die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass die polizeiärztliche Messung fehlerhaft gewesen sei.
7
Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Ablehnung der Bewerbung sei zwingend, und dass der Antragsgegnerin aufgrund der Vorgaben der Anlage 1.1, Nr. 1.3 (Körpergröße) kein Ermessen zustehe, sei zudem rechtsirrig. Die Einstellungsbehörde habe in einem anderen Fall offenbar ein Ermessen ausgeübt, indem sie Bewerber, die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt hätten, zur Ausbildung zugelassen habe. Dies habe sie in Bezug auf eine Freundin, welche einen Computertest nicht bestanden hatte, näher vorgetragen. Insoweit liege auch eine Ungleichbehandlung der Antragstellerin gegenüber anderen Bewerbern vor. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sei zudem zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin wünsche, dauerhaft im Bereich der Wirtschaftskriminalität eingesetzt zu werden, wo die Körpergröße keine Rolle spiele. Auch sei ihr seitens der Prüfungskommission eine Direktzusage für die Einstellung in ihrer Gegenwart und damit in Ansehung ihrer Körpergröße gegeben worden.
8
Der Dienstherr habe der Bedeutung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG bei der Festlegung von Mindestgrößen mittels Erlass durch ein hinreichend fundiertes und nachvollziehbares Verfahren zu deren Ermittlung Rechnung tragen müssen. Dabei habe er neben substantiierten praktischen Erfahrungen von Polizeivollzugsbediensteten auch natürliche Veränderungen wie etwa im Bereich der Körpergrößenverteilung in der deutschen Bevölkerung in den Blick zu nehmen gehabt und eine "wissenschaftlich gesicherte Datenbasis, die genaue Mindestgrößenangaben für die verschiedenen Verrichtungen enthalte" zugrunde legen müssen. Daran fehle es. Es gebe keinen vernünftigen Grund, die Antragstellerin, die die 360-Grad-Festnahmetechnik beherrsche, aus dem Grund abzulehnen, sie sei körperlich nicht geeignet. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang ausführe, es sei "auch in der Laiensphäre nachvollziehbar", dass eine Person, die die Körpergröße von 1,60 m nicht erreiche, bestimmte Festnahme und Körperschutztechniken nicht hinreichend zuverlässig ausführen könne und beim Transport von Personen unter Nutzung von Hebeltechniken nur eingeschränkt einsatzfähig sei, seien dieses Aussagen zu pauschal. Nach den vom Verwaltungsgericht zitierten "Allgemeinen Bestimmungen" der PDV 300 unter Nr. 1.2 müssten Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst, den körperlichen Einsatz gegen Personen, die Anwendung unmittelbaren Zwangs und den Gebrauch von Waffen zulassen. Es bleibe offen, welcher dieser Punkte aus welchem Grund nur mit einer Mindestkörpergröße von 1,60 m sicher ausführbar sein solle.
9
Es sei auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG i.V.m. den Regelungen des AGG durch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts gegeben. Die PDV 300, welche für Männer eine Mindestgröße von 1,63 m und für Frauen 1,60 m vorsehe, halte Männer und Frauen prozentual in stark unterschiedlichem Maß vom Zugang zum höheren Dienst ab. Zum Beleg werde auf eine auszugsweise hinsichtlich der Körpergrößenverteilung von und Frauen zahlenmäßig näher dargestellte Statistik des Sozio-Ökonomischen Panels zur Größe der über 20-Jährigen in Deutschland" verwiesen. Die mittelbare Diskriminierung sei sachlich nicht gerechtfertigt.
II.
10
Die gemäß §§ 146, 147 VwGO fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache aber keinen Erfolg.
11
Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin mit Wirkung zum 22.02.16 in den gehobenen Polizeidienst des Landes Hessen aufzunehmen. Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergeben sich keine Gesichtspunkte, die zum Erfolg der Beschwerde führen.
12
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt, dass die von der Antragstellerin angestrebte Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf im Rahmen der Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entsprechend Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG vorzunehmen ist. Ebenso ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Eignung nur dann bejaht werden kann, wenn der Bewerber in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht den Anforderungen des angestrebten Amtes gewachsen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.12.08 - 2 BvR 2571/07 -, [...] Rdnr.11) und es dabei dem Dienstherrn obliegt, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn im Rahmen des ihm zur Verfügung stehenden Einschätzungsspielraums - orientiert am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn - zu bestimmen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.13 - 2 C 16/12 - [...], Rdnr. 18 m.w.N., zit. nach [...]). Das ist vorliegend erfolgt durch § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der am 03.04.15 in Kraft getretenen Verordnung über die Laufbahnfachrichtung Polizei - Hessische Polizeilaufbahnverordnung vom 10.03.15 (GVBI. I S. 134, im Folgenden: HPLVO) und dem Einführungserlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12 - Az. LPP 34 Schu - 8 b 20/10 - 2012 "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - Ausgabe 2012. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HPOLVO kann als Polizeikommissar-Anwärter eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist, wobei die Polizeidiensttauglichkeit durch ein polizeiärztliches Gutachten festzustellen ist. Der Begriff der Polizeidiensttauglichkeit, mit der die gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst gemeint ist, wird inhaltlich ausgefüllt durch die Polizeidienstverordnung 300 Ausgabe 2012 - (im Folgenden: PDV 300). In der Anlage 1.1 unter Nr. 1.3 heißt es: "Die Beurteilung der Körperlänge für Bewerber richtet sich nach den vom Dienstherrn erlassenen Bestimmungen. (...)." Diese sind enthalten in dem im Widerspruchsbescheid genannten Einführungserlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 7.09.12 - Az. LPP 34 Schu - 8 b 20/10 - 2012 "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - Ausgabe 2012, im Folgenden: Erlass vom 7.09.12. In Abschnitt I zu Anlage 1.1, Nr. 1.3 (Körpergröße) heißt es: "Für die Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst wird eine Mindestgröße von 160 cm bestimmt; die Körperlänge darf maximal 205 cm betragen."
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Damit hat der Dienstherr im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums die körperlichen Anforderungen für die alle Laufbahnbewerberinnen und -bewerber im Polizeidienst durch Verwaltungsvorschrift in der Form der Regelung nach rechtlich nicht zu beanstandender Weise inhaltlich näher konkretisiert. Die so vorgenommene Konkretisierung ist in Ansehung der Selbstbindung der Verwaltung in Bezug auf die gleichartige Zugrundelegung der aufgestellten Eignungsanforderungen für alle Bewerberinnen und Bewerber verbindlich. Aus dem zitierten Wortlaut des Erlasses ergibt sich, dass es sich bei den angegebenen Körpergrößen nicht lediglich um sog. Richtwerte handelt, die im Einzelfall unter- bzw. überschritten werden könnten. Ein Ermessensspielraum, hiervon im Einzelfall abzuweichen, besteht daher nicht.
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Das zur Begründung des Gegenteils unterbreitete Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine andere Bewertung. Soweit die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegnerin habe andere Bewerber trotz Nichterfüllung von Polizeitauglichkeitsanforderungen in den Polizeidienst eingestellt, ist diese Behauptung mangels weiterer Darlegungen zum Sachverhalt in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert, geschweige denn glaubhaft gemacht. Im Übrigen gibt es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung entsprechend einer in einem Einzelfall gewährten Bevorzugung. Solange - wie hier - nicht glaubhaft gemacht ist, dass in ständiger Verwaltungspraxis die Vorgaben des Erlasses zur Mindestkörpergröße nicht beachtet worden seien, bindet dieser die Behörde. Es besteht auch kein Raum für eine abweichende Betrachtung aus "Verhältnismäßigkeitsgründen", wie es die Antragstellerin aufgrund des von ihr gewünschten späteren Einsatzes in der Wirtschaftskriminalitätsbekämpfung für angezeigt hält. Die spätere Realisierbarkeit der zum jetzigen Zeitpunkt so geäußerten Vorstellung der Antragstellerin und damit der tatsächliche Verlauf ihres "langfristige(n) zukünftige(n) Einsatzes" in diesem Bereich sind damit keineswegs gesichert. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch ausgeführt, dass jedenfalls in der Ausbildung polizeiliche Aufgaben aus einem breiten Spektrum zu erfüllen sind.
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Soweit die Antragstellerin schließlich behauptet, ihr sei seitens der Prüfungskommission eine "Direktzusage" für die Einstellung unbeschadet des Ergebnisses der zu diesem Zeitpunkt noch ausstehenden polizeiärztlichen Untersuchung gegeben worden, vermag der Senat diese schon nicht zu erkennen. Die Antragstellerin widerspricht sich im Übrigen selbst, wenn sie meint, die Prüfungskommission habe allein durch Augenschein erkennen können und erkannt, dass sie kleiner als 1,60 m sei und in Kenntnis dieses Umstands die "Direktzusage" für die Einstellung gegeben, nachfolgend aber die getroffene polizeiärztliche Feststellung zu ihrer Körpergröße in Zweifel zieht.
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Da die Körpergröße der Antragstellerin von der Polizeiärztin mit 156 cm gemessen wurde, entspricht die Feststellung, dass die Antragstellerin polizeidienstuntauglich ist, den Vorgaben PDV 300 i.V.m. dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12. Eine Fehlerhaftigkeit der Messung hat sie entgegen ihrer Behauptung nicht glaubhaft gemacht. Sie hat insoweit lediglich nicht näher substantiiert vorgetragen, es seien in "zahlreichen Fällen" in Eignungsauswahlverfahren der Landespolizei aus mehreren Bundesländern Fehler in Messverfahren offenbar geworden. Die Messung der Antragstellerin sei in einem provisorisch aufgestellten Container durchgeführt worden, so dass nicht gesichert sein könne, dass nicht Bodenunebenheiten und dergleichen zu fehlerhaften Messergebnissen geführt hätten. Erhebliche Zweifel an der Messgenauigkeit bestünden auch wegen der "zahlreichen Aussagen anderer Bewerber alleine in der Bewerbergruppe der Antragstellerin, falsch gemessen worden zu sein". Das Verwaltungsgericht gehe fehl, wenn es darstelle, die Messung sei in Ordnung gewesen, weil der Hausmeister das Gerät überprüft und für in Ordnung befunden habe. Es werde in Abrede gestellt, dass der Hausmeister entsprechend geschult sei, die Eichgenauigkeit von Messgeräten mit Sicherheit zu bestimmen.
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Abgesehen davon, dass es im Hinblick auf die behauptete Fehlerhaftigkeit der polizeilicher Messergebnisse in den nicht näher bezeichneten anderen Fällen an jeglicher Substantiierung fehlt, verkennt die Antragstellerseite, dass es im Eilverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht genügt, die polizeiärztlich getroffenen Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Vielmehr obliegt es ihr, Umstände glaubhaft zu machen im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, die im Hinblick auf die mit der Eilentscheidung begehrte Vorwegnahme der Hauptsache ihr Obsiegen überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen (Hess. VGH, Beschluss vom 30.12.15 - 1 B 2109/15 -, [...] Rdnr.4). Daran fehlt es vorliegend. Die Antragstellerin hat außer der Eintragung einer Körpergröße von 1,60 m in ihrem Personalausweis, die bekanntermaßen durch die Passbehörde aufgrund der nicht näher geprüften Angaben der Betroffenen vorgenommen werden, nichts vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, was für die Annahme spricht, dass die vorgenommene polizeiärztliche Messung im Ergebnis fehlerhaft gewesen und die Antragstellerin tatsächlich größer als 1,56 m ist. Auch das hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt.
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Die Festlegung der Mindestgröße von 1,60 m ist auch mit höherrangigem Recht, namentlich Art. 33 Abs. 22 und Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GG i.V.m. Vorschriften des AGG vereinbar.
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Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (BVerwG, Urteil vom 25.07.13 - 2 C 12/11 -, [...], Rdnr. 16 m.w.N.). Es sind bei der Verhältnismäßigkeitskontrolle die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten, wonach über den Zugang zu einem öffentlichen Amt nur anhand der Kriterien "Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung" zu entscheiden ist. Zur Eignung gehört auch die Erfüllung der körperlichen Voraussetzungen, welche für die Erledigung der Aufgaben aus dem angestrebten Amt erforderlich ist.
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Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dabei ausgeführt, dass nach der PDV 300, Nr. 1.2, u.a. gefordert wird, dass die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber für den Polizeivollzugsdienst insbesondere den körperlichen Einsatz gegen Personen und die Anwendung unmittelbaren Zwangs zulassen muss. Dass hierfür neben erlernbaren Kenntnissen der Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um diese erfolgreich gegenüber Personen Anwendung zu können, ist offenkundig. Es ist auch offenkundig, dass die erfolgreiche Anwendung von Halte- und Hebeltechniken, durch die eine Person zu Fall gebracht oder fixiert werden soll, bei ansonsten gleich guter technischer Beherrschung schwieriger ist, wenn die derartige Techniken anwendende Person erheblich kleiner ist als ihr Gegenüber. Das ergibt sich aufgrund von nach allgemeiner Lebenserfahrung in ihrer Wirkungsweise bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten und ist ohne weiteres für jedermann erkennbar. Deutlich wird dies im Übrigen in ähnlichem Zusammenhang durch die in sportlichen Wettkampfdisziplinen übliche Einteilung in Gewichtsklassen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Vergleichbarkeit kampfsportlicher Leistungen nur im Rahmen ähnlicher körperlicher Konstitutionen der Beteiligten besteht. Eines besonderen Nachweises der nachteiligen Auswirkungen einer nicht unerheblich geringeren Körpergröße für die effektive Anwendung von Halte- und Hebeltechniken bei der Überwältigung einer körperlich größeren Person bedarf es aufgrund der Offenkundigkeit dieser Auswirkungen daher nicht. Entsprechendes ist vom Verwaltungsgericht mit der in der Beschwerdebegründung hinsichtlich der Verwendung des Begriffs "Laiensphäre" beanstandeten Formulierung ausgedrückt worden: " Des (erscheint) auch in der Laiensphäre ohne weiteres nachvollziehbar, dass eine Polizeivollzugsbeamtin, die die Mindestgröße von 160 cm nicht erreicht, bestimmte Festnahme- und Körperschutztechniken beim Einsatz gegen Personen und der Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht hinreichend zuverlässig ausführen kann und beim Transport von Personen unter Nutzung von Hebeltechniken nur eingeschränkt einsatzfähig ist". Hiergegen ist nichts zu erinnern.
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Da ein weiter Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Aufstellung von Eignungsanforderungen für den Dienstposten besteht, mithin auch für die Präzisierung allgemein geltender körperlicher Eignungsanforderungen, ist die Festlegung der Mindestgröße von 1,60 m in dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12 durch die vorgenannten Erwägungen hinreichend sachlich begründet und gerichtlich im Rahmen des nach § 114 Satz 2 VwGO eingeräumten Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden.
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Die durchschnittliche statistische Körpergröße von Männern und Frauen in Deutschland liegt deutlich über der festgesetzten Mindestkörpergröße von 1,60 m. Die durchschnittliche Körpergröße von 18- bis 50-jährigen Männern gemäß der Ergebnisse des Mikrozensus 2013, abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/GesundheitszustandRelevantesVerhalten
/Tabellen/Koerpermasse.html, zwischen 1,81 und 1,79 m sowie bei 18- bis 50-jährigen Frauen im Durchschnitt zwischen 1,67 bis 1,68 m. Aus der mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Statistik des Sozio-Oekonomischen Panels zur Größe der Zwanzigjährigen in Deutschland (zit. nach LAG Köln, Urteil vom 25. Juni 2014 - 5 Sa 75/14 -, [...], Rdnr. 13) ergibt sich, dass 99,5 % bzw. 88,2 % der männlichen und 83,7 % bzw. 64,6 % der weiblichen Zwanzigjährigen 1,60 m und größer bzw. 1,70 m und größer sind. Aus diesen Werten ergibt sich für den Senat nachvollziehbar, dass der mit einer geringeren Körpergröße als 1,60 m einhergehende Nachteil bei der effektiven Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gegenüber polizeipflichtigen Personen, die in der überwiegenden Mehrheit der Fälle deutlich größer als 1,60, nicht unerheblich bedeutsam ist. Damit ist die durch Erlass in generalisierender Weise getroffene Festlegung der körperlichen Mindestgröße von 1,60 m als körperliche Eignungsvoraussetzung für den Zugang zum Polizeidienst in Hessen als subjektive Zugangsvoraussetzung nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden.
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Entsprechendes ergibt sich im Hinblick auf den erhobenen Vorwurf der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung und den damit sinngemäß gelten gemachten Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG in seiner Verstärkung durch das Gleichstellungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG.
24
Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden; das Geschlecht darf auch aufgrund des Gleichberechtigungsgebots in Art. 3 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtlich oder faktisch benachteiligende Ungleichbehandlungen herangezogen werden. Das Diskriminierungsverbot gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern andere Ziele verfolgt, wobei nicht entscheidend ist, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Eine grundsätzlich unzulässige Anknüpfung an das Geschlecht kann - wie nach dem Recht der Europäischen Union und nach völkerrechtlichen Verpflichtungen auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen nachteilig trifft, denn Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen (st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 1 BvR 3634/13 -, [...] m.w.N. auf BVerfGE 97, 35 [BVerfG 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 LS] <43>; 104, 373 <393>; 121, 241 <254 f.>; zum im wesentlichen geleichen Maßstab des Verbots einer mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach europarechtlichem Maßstab vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.10.14 - 5 B 30/14 -, [...]; gl. EuGH, Urteil vom 06.12.07 - Rs. C-300/06 - Slg. 2007, I-10573 Rn. 25 m.w.N.).
25
Mit der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung und mit Verwaltungsgericht geht der Senat in Bestätigung seiner in einem obiter dictum im Beschluss vom 30.12.15 - 1 B 2109/15 -, [...], bekundeten Rechtsauffassung davon aus, dass die unterschiedslose Mindestgrößenfestsetzung von 1,60 m für männliche und weibliche Bewerber für den Polizeidienst faktisch eine mittelbare Benachteiligung von Frauen nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 GG, § 3 Abs. 2 AGG darstellt, die jedoch durch das Vorliegen eines sachlichen Grundes hinreichend gerechtfertigt ist (Hess. VGH, a.a.O., Rdnr. 5, VG Wiesbaden, Beschluss vom 14.10.15 - 3 L 1297/15.WI -, vgl. ebenso für die Bundespolizei: Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 26.03.15 - 12 A 120/14 - [...]). Die faktische Benachteiligung von Frauen durch die einheitliche Festlegung der in Hessen für alle Bewerberinnen und Bewerber geltenden Mindestkörpergröße von 1,60 m ergibt sich aus dem Umstand, dass hierdurch nach der oben dargestellten statischen Verteilung der Körpergröße im Verhältnis deutlich mehr Frauen als Männer betroffen sind, die nicht in den Polizeidienst eingestellt werden können.
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Die mittelbare Ungleichbehandlung und faktische Benachteiligung der Antragstellerin als Frau ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 GG, einfachgesetzlich nach § 3 Abs. 2 AGG, § 8 Abs. 1 AGG durch das Ziel der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der Polizei und den oben dargestellten sachlichen Grund der effektiven Ausführbarkeit körperlicher Fixierungs- und Festnahmetechniken, welche nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun hat. Die Mindestgröße für Bewerberinnen muss den praktischen Anforderungen der polizeilichen Dienstausübung genügen. Die verfassungsrechtliche Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gebietet es nämlich nicht, Frauen mit einer Körpergröße einzustellen, welche den polizeilichen Anforderungen nicht gerecht wird. Daher darf die Mindestkörpergröße für weibliche Bewerber nicht unterhalb des Maßes liegen, das polizeipraktisch zwingend erforderlich ist (vgl. ebenso: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14.03.16, 1 K 3788/14 - [...], Rdnr. 54). Da bezüglich der Festlegung der körperlichen Eignungsanforderungen ein weiter Beurteilungsspielraum des Dienstherrn besteht, ist die von diesem vorgenommene Festsetzung der körperlichen Mindestgröße für Männer und Frauen auf 1,60 m gerichtlich nur dann zu beanstanden, wenn sich die vorgenommene Wertung des obersten Dienstherrn, dass die für Männer wie Frauen unterschiedslos festgesetzte Mindestgröße von 1,60 m unabdingbar für die ordnungsgemäße Erfüllung polizeilicher Aufgaben ist, als unvertretbare und damit den Rahmen des Beurteilungsspielraums überschreitende Wertung darstellt. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: die Anwendung körperlichen Zwangs gegenüber Personen ist bei der Wahrnehmung originärer polizeilicher Aufgaben in unterschiedlichsten Situationen typischerweise situationsbedingt geboten. Dabei folgt aus der dargestellten statistischen Verteilung der Körpergröße der erwachsenen Bevölkerung als potentiellen "Gegenübern" polizeilicher körperlicher Zwangsmaßnahmen, dass ausgehend von dem für die Polizeitauglichkeit festgesetzten Maß von 1,60 m in der Mehrzahl der Fälle ein Körpergrößenunterschied von mehr als 10 cm besteht, bei den kriminalstatisch häufiger in Erscheinung tretenden Männern sogar 20 cm. Vor diesem Hintergrund ist nach Überzeugung des Senats die Wertung nicht zu beanstanden, dass polizeiliche Halte- und Hebeltechniken nur dann hinreichend effektiv ausgeübt werden können, wenn der oder die Bewerberin nicht noch kleiner als 1,60 m ist, mithin diese Mindestgröße als für die Erfüllung polizeilicher Aufgaben unabdingbare körperliche Eignungsanforderung vorausgesetzt wird.
27
Soweit die Antragstellerin unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vom 14.03.16, a.a.O., eine Verletzung ihrer betroffenen Grundrechtspositionen unter dem Gesichtspunkt geltend macht, dass es an einem hinreichend fundierten und nachvollziehbaren Verfahren zur Ermittlung der Mindestgröße gefehlt habe, weil es an einer "wissenschaftlich gesicherten Datenbasis, die genaue (Mindest-)Größenangaben für die verschiedenen Verrichtungen" fehle, vermag der Senat dem jedenfalls für die hier in Rede stehende Körpergrößenfestsetzung von 1,60 m nicht zu folgen. Die statistische Körpergrößenverteilung ist ohne weiteres aus allgemein zugänglichen Quellen ersichtlich. Damit ist offenkundig, dass mit der festgesetzten Mindestgröße von 1,60 m ein erheblicher Unterschied zum Durchschnitt der Bevölkerung besteht. Die negative Auswirkung einer deutlich geringeren Körpergröße bei der Anwendung von Hebeltechniken gegen körperlich nicht unerheblich größere Personen aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten ist offenkundig. Eines besonderen Verfahrens zum Beleg dieser Offenkundigkeiten bzw. Ermittlung der festgesetzten Mindestgröße von 1,60 m bedarf es nicht. Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit von dem vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschiedenen Fall, welches über die Rechtmäßigkeit einer für Männer geltenden Mindestgröße von 1,66 m zu befinden hatte, erheblich.
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Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 154 Abs. 2 VwGO).
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und folgt in der Höhe der nicht angegriffenen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3 und 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
Leitsatz:
Die Festsetzung einer Mindestkörpergröße von 1,60 m für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ist sachlich gerechtfertigt, um eine störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zu gewährleisten.
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des VG Darmstadt vom 24.03.16 - 1 L 444/16.DA - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 6.823,14 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen ihre Nichteinstellung in den Polizeivollzugsdienst des Landes Hessen aufgrund der Unterschreitung der hierfür nach der Polizeidienstvorschrift - PDV 300 -, Anlage 1 Nr. 1.3. und des Einführungserlasses des Hessischen Ministeriums für Innern und für Sport (HMdIS) für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst geforderten Mindestgröße von 160 cm.
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Sie hatte sich im Juni 2014 für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Hessen (Einstellungstermin September) beworben. Im Fragebogen zu ihrer Bewerbung hatte sie in der Rubrik "Körpergröße" angegeben, sie sei 160 cm groß. Dies entspricht der Eintragung in ihrem Personalausweis. Ihre Teilnahme am Auswahlverfahren im November 2014 blieb erfolglos. Im Rahmen des Wiederholungsversuches bestand sie im Mai 2015 die psychologische und körperliche Eignungsprüfung mit überdurchschnittlicher Punktzahl. Bei der anschließenden polizeiärztlichen Untersuchung wurde ihre Körpergröße mit 156 cm gemessen. Mit Bescheid der Polizeiakademie Hessen vom 01.07.15 wurde ihr mitgeteilt, dass ihre Bewerbung "nicht weiterverfolgt" werden könne, da ihre Körpergröße von nur 156 cm zur Polizeidienstuntauglichkeit führe.
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Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 16.09.15 zurückgewiesen worden ist. Dort ist zur Begründung u.a. ausgeführt, eine angemessene Körpergröße sei für die dienstliche Verwendung im Polizeivollzugsdienst des Landes Hessen wesentlich und sachlich gerechtfertigt, um eine störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zu gewährleisten. Dies gelte u.a. für das Einsatztraining, den operativen Dienst und die Aus-und Fortbildung. Ohne die Vorgabe einer Mindestgröße seien negative Auswirkungen auch im Bekleidungsbereich (z.B. Einsatzhelme oder ABC-Schutzmasken) oder im Rahmen der Erprobung und Anwendung von Eingriffstechniken (z. B. Festnahmetechnik 360 Grad, Körperschutztechniken usw.) zu erwarten. Die Größendifferenz dürfe zu den Störern nicht zu groß sein, da es auf die Hebelwirkung bei der Kraftübertragung ankomme. So sei es z. B. bei der sog. "Festnahmetechnik 360 Grad" erforderlich, über die Führung des Kopfes den Gegner in eine instabile Position zu bringen. Erreiche man aufgrund einer zu geringen eigenen Körpergröße den Kopf seines Gegenübers nicht, sei diese Technik nicht wirksam. Beim Transport von Personen seien zudem bei zu geringer Körpergröße Stürze nicht auszuschließen, wenn aufgrund der Hebelwirkung die Last der transportierten Person nicht gehalten werden könne. Schließlich komme es auch bei Festnahmetechniken eines Eingriffstrupps entscheidend darauf an, dass sich die Beamtinnen und Beamten dicht hintereinander vorwärts und rückwärts bewegen könnten. Ein zu großer Unterschied der Beinlängen könne zu Stolpern oder Stürzen führen.
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Hiergegen hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt Klage (1 K 1671/15.DA) erhoben und Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit dem im hiesigen Beschwerdeverfahren angegriffenen Beschluss vom 24.03.16 zurückgewiesen. Der Antrag nehme in unzulässiger Weise die Entscheidung in der Hauptsache vorweg. Eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache sei regelmäßig nur dann möglich, wenn der Antragstellerin durch die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren unzumutbare Nachteile drohten und ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Das sei nicht der Fall. Der Antragsgegner habe die Einstellung der Antragstellerin zu Recht wegen Polizeidienstuntauglichkeit abgelehnt. Diese sei in wirksamer Weise durch die Bestimmungen der Polizeidienstvorschrift 300 (im Folgenden: PDV 300) und den Einführungserlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12 - Az. LPP 34 Schu - 8 b 20/10 - 2012 "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - Ausgabe 2012 - dahingehend konkretisiert worden, dass für Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst eine Mindestgröße von 160 cm bestimmt werde, die die Antragstellerin nicht erreicht habe. Die Festlegung einer Mindestgröße von 160 cm sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere verstoße sie nicht gegen das Grundrecht der Antragstellerin auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG oder stelle eine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts nach Art. 3 Abs. 3 GG i.V.m. den Regelungen des AGG dar.
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Mit der fristgerecht erhobenen und begründeten Beschwerde trägt die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt vor: ein Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Eilantrag bestehe, da in der Hauptsache ein Klageverfahren anhängig und noch nicht entschieden sei. Die Antragstellerin habe sich erneut für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zum nächsten Termin beworben. Eine alternative Berufs- und Karriereplanung sei ihr nicht möglich, so lange sie keine Gewissheit über eine Aufnahme in den gehobenen Polizeivollzugsdienst habe. Neben ihrem Recht auf freie Berufswahl und Berufsausübung aus Art. 12 GG sei auch ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt, weil ihre Lebensplanung nachhaltig betroffen sei.
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Die Antragstellerin habe glaubhaft gemacht, dass die polizeiärztliche Messung fehlerhaft gewesen sei.
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Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Ablehnung der Bewerbung sei zwingend, und dass der Antragsgegnerin aufgrund der Vorgaben der Anlage 1.1, Nr. 1.3 (Körpergröße) kein Ermessen zustehe, sei zudem rechtsirrig. Die Einstellungsbehörde habe in einem anderen Fall offenbar ein Ermessen ausgeübt, indem sie Bewerber, die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt hätten, zur Ausbildung zugelassen habe. Dies habe sie in Bezug auf eine Freundin, welche einen Computertest nicht bestanden hatte, näher vorgetragen. Insoweit liege auch eine Ungleichbehandlung der Antragstellerin gegenüber anderen Bewerbern vor. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sei zudem zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin wünsche, dauerhaft im Bereich der Wirtschaftskriminalität eingesetzt zu werden, wo die Körpergröße keine Rolle spiele. Auch sei ihr seitens der Prüfungskommission eine Direktzusage für die Einstellung in ihrer Gegenwart und damit in Ansehung ihrer Körpergröße gegeben worden.
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Der Dienstherr habe der Bedeutung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG bei der Festlegung von Mindestgrößen mittels Erlass durch ein hinreichend fundiertes und nachvollziehbares Verfahren zu deren Ermittlung Rechnung tragen müssen. Dabei habe er neben substantiierten praktischen Erfahrungen von Polizeivollzugsbediensteten auch natürliche Veränderungen wie etwa im Bereich der Körpergrößenverteilung in der deutschen Bevölkerung in den Blick zu nehmen gehabt und eine "wissenschaftlich gesicherte Datenbasis, die genaue Mindestgrößenangaben für die verschiedenen Verrichtungen enthalte" zugrunde legen müssen. Daran fehle es. Es gebe keinen vernünftigen Grund, die Antragstellerin, die die 360-Grad-Festnahmetechnik beherrsche, aus dem Grund abzulehnen, sie sei körperlich nicht geeignet. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang ausführe, es sei "auch in der Laiensphäre nachvollziehbar", dass eine Person, die die Körpergröße von 1,60 m nicht erreiche, bestimmte Festnahme und Körperschutztechniken nicht hinreichend zuverlässig ausführen könne und beim Transport von Personen unter Nutzung von Hebeltechniken nur eingeschränkt einsatzfähig sei, seien dieses Aussagen zu pauschal. Nach den vom Verwaltungsgericht zitierten "Allgemeinen Bestimmungen" der PDV 300 unter Nr. 1.2 müssten Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber insbesondere die Verwendung im Außendienst und (Wechsel-)Schichtdienst, den körperlichen Einsatz gegen Personen, die Anwendung unmittelbaren Zwangs und den Gebrauch von Waffen zulassen. Es bleibe offen, welcher dieser Punkte aus welchem Grund nur mit einer Mindestkörpergröße von 1,60 m sicher ausführbar sein solle.
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Es sei auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG i.V.m. den Regelungen des AGG durch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts gegeben. Die PDV 300, welche für Männer eine Mindestgröße von 1,63 m und für Frauen 1,60 m vorsehe, halte Männer und Frauen prozentual in stark unterschiedlichem Maß vom Zugang zum höheren Dienst ab. Zum Beleg werde auf eine auszugsweise hinsichtlich der Körpergrößenverteilung von und Frauen zahlenmäßig näher dargestellte Statistik des Sozio-Ökonomischen Panels zur Größe der über 20-Jährigen in Deutschland" verwiesen. Die mittelbare Diskriminierung sei sachlich nicht gerechtfertigt.
II.
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Die gemäß §§ 146, 147 VwGO fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache aber keinen Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin mit Wirkung zum 22.02.16 in den gehobenen Polizeidienst des Landes Hessen aufzunehmen. Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergeben sich keine Gesichtspunkte, die zum Erfolg der Beschwerde führen.
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Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt, dass die von der Antragstellerin angestrebte Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf im Rahmen der Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entsprechend Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG vorzunehmen ist. Ebenso ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die Eignung nur dann bejaht werden kann, wenn der Bewerber in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht den Anforderungen des angestrebten Amtes gewachsen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.12.08 - 2 BvR 2571/07 -, [...] Rdnr.11) und es dabei dem Dienstherrn obliegt, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn im Rahmen des ihm zur Verfügung stehenden Einschätzungsspielraums - orientiert am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn - zu bestimmen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.13 - 2 C 16/12 - [...], Rdnr. 18 m.w.N., zit. nach [...]). Das ist vorliegend erfolgt durch § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der am 03.04.15 in Kraft getretenen Verordnung über die Laufbahnfachrichtung Polizei - Hessische Polizeilaufbahnverordnung vom 10.03.15 (GVBI. I S. 134, im Folgenden: HPLVO) und dem Einführungserlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12 - Az. LPP 34 Schu - 8 b 20/10 - 2012 "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - Ausgabe 2012. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HPOLVO kann als Polizeikommissar-Anwärter eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist, wobei die Polizeidiensttauglichkeit durch ein polizeiärztliches Gutachten festzustellen ist. Der Begriff der Polizeidiensttauglichkeit, mit der die gesundheitliche Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst gemeint ist, wird inhaltlich ausgefüllt durch die Polizeidienstverordnung 300 Ausgabe 2012 - (im Folgenden: PDV 300). In der Anlage 1.1 unter Nr. 1.3 heißt es: "Die Beurteilung der Körperlänge für Bewerber richtet sich nach den vom Dienstherrn erlassenen Bestimmungen. (...)." Diese sind enthalten in dem im Widerspruchsbescheid genannten Einführungserlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 7.09.12 - Az. LPP 34 Schu - 8 b 20/10 - 2012 "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - Ausgabe 2012, im Folgenden: Erlass vom 7.09.12. In Abschnitt I zu Anlage 1.1, Nr. 1.3 (Körpergröße) heißt es: "Für die Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeidienst wird eine Mindestgröße von 160 cm bestimmt; die Körperlänge darf maximal 205 cm betragen."
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Damit hat der Dienstherr im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums die körperlichen Anforderungen für die alle Laufbahnbewerberinnen und -bewerber im Polizeidienst durch Verwaltungsvorschrift in der Form der Regelung nach rechtlich nicht zu beanstandender Weise inhaltlich näher konkretisiert. Die so vorgenommene Konkretisierung ist in Ansehung der Selbstbindung der Verwaltung in Bezug auf die gleichartige Zugrundelegung der aufgestellten Eignungsanforderungen für alle Bewerberinnen und Bewerber verbindlich. Aus dem zitierten Wortlaut des Erlasses ergibt sich, dass es sich bei den angegebenen Körpergrößen nicht lediglich um sog. Richtwerte handelt, die im Einzelfall unter- bzw. überschritten werden könnten. Ein Ermessensspielraum, hiervon im Einzelfall abzuweichen, besteht daher nicht.
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Das zur Begründung des Gegenteils unterbreitete Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine andere Bewertung. Soweit die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegnerin habe andere Bewerber trotz Nichterfüllung von Polizeitauglichkeitsanforderungen in den Polizeidienst eingestellt, ist diese Behauptung mangels weiterer Darlegungen zum Sachverhalt in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert, geschweige denn glaubhaft gemacht. Im Übrigen gibt es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung entsprechend einer in einem Einzelfall gewährten Bevorzugung. Solange - wie hier - nicht glaubhaft gemacht ist, dass in ständiger Verwaltungspraxis die Vorgaben des Erlasses zur Mindestkörpergröße nicht beachtet worden seien, bindet dieser die Behörde. Es besteht auch kein Raum für eine abweichende Betrachtung aus "Verhältnismäßigkeitsgründen", wie es die Antragstellerin aufgrund des von ihr gewünschten späteren Einsatzes in der Wirtschaftskriminalitätsbekämpfung für angezeigt hält. Die spätere Realisierbarkeit der zum jetzigen Zeitpunkt so geäußerten Vorstellung der Antragstellerin und damit der tatsächliche Verlauf ihres "langfristige(n) zukünftige(n) Einsatzes" in diesem Bereich sind damit keineswegs gesichert. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch ausgeführt, dass jedenfalls in der Ausbildung polizeiliche Aufgaben aus einem breiten Spektrum zu erfüllen sind.
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Soweit die Antragstellerin schließlich behauptet, ihr sei seitens der Prüfungskommission eine "Direktzusage" für die Einstellung unbeschadet des Ergebnisses der zu diesem Zeitpunkt noch ausstehenden polizeiärztlichen Untersuchung gegeben worden, vermag der Senat diese schon nicht zu erkennen. Die Antragstellerin widerspricht sich im Übrigen selbst, wenn sie meint, die Prüfungskommission habe allein durch Augenschein erkennen können und erkannt, dass sie kleiner als 1,60 m sei und in Kenntnis dieses Umstands die "Direktzusage" für die Einstellung gegeben, nachfolgend aber die getroffene polizeiärztliche Feststellung zu ihrer Körpergröße in Zweifel zieht.
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Da die Körpergröße der Antragstellerin von der Polizeiärztin mit 156 cm gemessen wurde, entspricht die Feststellung, dass die Antragstellerin polizeidienstuntauglich ist, den Vorgaben PDV 300 i.V.m. dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12. Eine Fehlerhaftigkeit der Messung hat sie entgegen ihrer Behauptung nicht glaubhaft gemacht. Sie hat insoweit lediglich nicht näher substantiiert vorgetragen, es seien in "zahlreichen Fällen" in Eignungsauswahlverfahren der Landespolizei aus mehreren Bundesländern Fehler in Messverfahren offenbar geworden. Die Messung der Antragstellerin sei in einem provisorisch aufgestellten Container durchgeführt worden, so dass nicht gesichert sein könne, dass nicht Bodenunebenheiten und dergleichen zu fehlerhaften Messergebnissen geführt hätten. Erhebliche Zweifel an der Messgenauigkeit bestünden auch wegen der "zahlreichen Aussagen anderer Bewerber alleine in der Bewerbergruppe der Antragstellerin, falsch gemessen worden zu sein". Das Verwaltungsgericht gehe fehl, wenn es darstelle, die Messung sei in Ordnung gewesen, weil der Hausmeister das Gerät überprüft und für in Ordnung befunden habe. Es werde in Abrede gestellt, dass der Hausmeister entsprechend geschult sei, die Eichgenauigkeit von Messgeräten mit Sicherheit zu bestimmen.
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Abgesehen davon, dass es im Hinblick auf die behauptete Fehlerhaftigkeit der polizeilicher Messergebnisse in den nicht näher bezeichneten anderen Fällen an jeglicher Substantiierung fehlt, verkennt die Antragstellerseite, dass es im Eilverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht genügt, die polizeiärztlich getroffenen Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Vielmehr obliegt es ihr, Umstände glaubhaft zu machen im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, die im Hinblick auf die mit der Eilentscheidung begehrte Vorwegnahme der Hauptsache ihr Obsiegen überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen (Hess. VGH, Beschluss vom 30.12.15 - 1 B 2109/15 -, [...] Rdnr.4). Daran fehlt es vorliegend. Die Antragstellerin hat außer der Eintragung einer Körpergröße von 1,60 m in ihrem Personalausweis, die bekanntermaßen durch die Passbehörde aufgrund der nicht näher geprüften Angaben der Betroffenen vorgenommen werden, nichts vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht, was für die Annahme spricht, dass die vorgenommene polizeiärztliche Messung im Ergebnis fehlerhaft gewesen und die Antragstellerin tatsächlich größer als 1,56 m ist. Auch das hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt.
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Die Festlegung der Mindestgröße von 1,60 m ist auch mit höherrangigem Recht, namentlich Art. 33 Abs. 22 und Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GG i.V.m. Vorschriften des AGG vereinbar.
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Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht (BVerwG, Urteil vom 25.07.13 - 2 C 12/11 -, [...], Rdnr. 16 m.w.N.). Es sind bei der Verhältnismäßigkeitskontrolle die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten, wonach über den Zugang zu einem öffentlichen Amt nur anhand der Kriterien "Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung" zu entscheiden ist. Zur Eignung gehört auch die Erfüllung der körperlichen Voraussetzungen, welche für die Erledigung der Aufgaben aus dem angestrebten Amt erforderlich ist.
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Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dabei ausgeführt, dass nach der PDV 300, Nr. 1.2, u.a. gefordert wird, dass die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber für den Polizeivollzugsdienst insbesondere den körperlichen Einsatz gegen Personen und die Anwendung unmittelbaren Zwangs zulassen muss. Dass hierfür neben erlernbaren Kenntnissen der Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um diese erfolgreich gegenüber Personen Anwendung zu können, ist offenkundig. Es ist auch offenkundig, dass die erfolgreiche Anwendung von Halte- und Hebeltechniken, durch die eine Person zu Fall gebracht oder fixiert werden soll, bei ansonsten gleich guter technischer Beherrschung schwieriger ist, wenn die derartige Techniken anwendende Person erheblich kleiner ist als ihr Gegenüber. Das ergibt sich aufgrund von nach allgemeiner Lebenserfahrung in ihrer Wirkungsweise bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten und ist ohne weiteres für jedermann erkennbar. Deutlich wird dies im Übrigen in ähnlichem Zusammenhang durch die in sportlichen Wettkampfdisziplinen übliche Einteilung in Gewichtsklassen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Vergleichbarkeit kampfsportlicher Leistungen nur im Rahmen ähnlicher körperlicher Konstitutionen der Beteiligten besteht. Eines besonderen Nachweises der nachteiligen Auswirkungen einer nicht unerheblich geringeren Körpergröße für die effektive Anwendung von Halte- und Hebeltechniken bei der Überwältigung einer körperlich größeren Person bedarf es aufgrund der Offenkundigkeit dieser Auswirkungen daher nicht. Entsprechendes ist vom Verwaltungsgericht mit der in der Beschwerdebegründung hinsichtlich der Verwendung des Begriffs "Laiensphäre" beanstandeten Formulierung ausgedrückt worden: " Des (erscheint) auch in der Laiensphäre ohne weiteres nachvollziehbar, dass eine Polizeivollzugsbeamtin, die die Mindestgröße von 160 cm nicht erreicht, bestimmte Festnahme- und Körperschutztechniken beim Einsatz gegen Personen und der Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht hinreichend zuverlässig ausführen kann und beim Transport von Personen unter Nutzung von Hebeltechniken nur eingeschränkt einsatzfähig ist". Hiergegen ist nichts zu erinnern.
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Da ein weiter Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Aufstellung von Eignungsanforderungen für den Dienstposten besteht, mithin auch für die Präzisierung allgemein geltender körperlicher Eignungsanforderungen, ist die Festlegung der Mindestgröße von 1,60 m in dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 07.09.12 durch die vorgenannten Erwägungen hinreichend sachlich begründet und gerichtlich im Rahmen des nach § 114 Satz 2 VwGO eingeräumten Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden.
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Die durchschnittliche statistische Körpergröße von Männern und Frauen in Deutschland liegt deutlich über der festgesetzten Mindestkörpergröße von 1,60 m. Die durchschnittliche Körpergröße von 18- bis 50-jährigen Männern gemäß der Ergebnisse des Mikrozensus 2013, abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/GesundheitszustandRelevantesVerhalten
/Tabellen/Koerpermasse.html, zwischen 1,81 und 1,79 m sowie bei 18- bis 50-jährigen Frauen im Durchschnitt zwischen 1,67 bis 1,68 m. Aus der mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Statistik des Sozio-Oekonomischen Panels zur Größe der Zwanzigjährigen in Deutschland (zit. nach LAG Köln, Urteil vom 25. Juni 2014 - 5 Sa 75/14 -, [...], Rdnr. 13) ergibt sich, dass 99,5 % bzw. 88,2 % der männlichen und 83,7 % bzw. 64,6 % der weiblichen Zwanzigjährigen 1,60 m und größer bzw. 1,70 m und größer sind. Aus diesen Werten ergibt sich für den Senat nachvollziehbar, dass der mit einer geringeren Körpergröße als 1,60 m einhergehende Nachteil bei der effektiven Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gegenüber polizeipflichtigen Personen, die in der überwiegenden Mehrheit der Fälle deutlich größer als 1,60, nicht unerheblich bedeutsam ist. Damit ist die durch Erlass in generalisierender Weise getroffene Festlegung der körperlichen Mindestgröße von 1,60 m als körperliche Eignungsvoraussetzung für den Zugang zum Polizeidienst in Hessen als subjektive Zugangsvoraussetzung nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden.
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Entsprechendes ergibt sich im Hinblick auf den erhobenen Vorwurf der mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung und den damit sinngemäß gelten gemachten Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG in seiner Verstärkung durch das Gleichstellungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG.
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Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden; das Geschlecht darf auch aufgrund des Gleichberechtigungsgebots in Art. 3 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtlich oder faktisch benachteiligende Ungleichbehandlungen herangezogen werden. Das Diskriminierungsverbot gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern andere Ziele verfolgt, wobei nicht entscheidend ist, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft. Eine grundsätzlich unzulässige Anknüpfung an das Geschlecht kann - wie nach dem Recht der Europäischen Union und nach völkerrechtlichen Verpflichtungen auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen nachteilig trifft, denn Art. 3 Abs. 2 GG bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen (st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 1 BvR 3634/13 -, [...] m.w.N. auf BVerfGE 97, 35 [BVerfG 27.11.1997 - 1 BvL 12/91 LS] <43>; 104, 373 <393>; 121, 241 <254 f.>; zum im wesentlichen geleichen Maßstab des Verbots einer mittelbaren geschlechtsspezifischen Diskriminierung nach europarechtlichem Maßstab vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.10.14 - 5 B 30/14 -, [...]; gl. EuGH, Urteil vom 06.12.07 - Rs. C-300/06 - Slg. 2007, I-10573 Rn. 25 m.w.N.).
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Mit der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung und mit Verwaltungsgericht geht der Senat in Bestätigung seiner in einem obiter dictum im Beschluss vom 30.12.15 - 1 B 2109/15 -, [...], bekundeten Rechtsauffassung davon aus, dass die unterschiedslose Mindestgrößenfestsetzung von 1,60 m für männliche und weibliche Bewerber für den Polizeidienst faktisch eine mittelbare Benachteiligung von Frauen nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 GG, § 3 Abs. 2 AGG darstellt, die jedoch durch das Vorliegen eines sachlichen Grundes hinreichend gerechtfertigt ist (Hess. VGH, a.a.O., Rdnr. 5, VG Wiesbaden, Beschluss vom 14.10.15 - 3 L 1297/15.WI -, vgl. ebenso für die Bundespolizei: Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 26.03.15 - 12 A 120/14 - [...]). Die faktische Benachteiligung von Frauen durch die einheitliche Festlegung der in Hessen für alle Bewerberinnen und Bewerber geltenden Mindestkörpergröße von 1,60 m ergibt sich aus dem Umstand, dass hierdurch nach der oben dargestellten statischen Verteilung der Körpergröße im Verhältnis deutlich mehr Frauen als Männer betroffen sind, die nicht in den Polizeidienst eingestellt werden können.
26
Die mittelbare Ungleichbehandlung und faktische Benachteiligung der Antragstellerin als Frau ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 GG, einfachgesetzlich nach § 3 Abs. 2 AGG, § 8 Abs. 1 AGG durch das Ziel der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der Polizei und den oben dargestellten sachlichen Grund der effektiven Ausführbarkeit körperlicher Fixierungs- und Festnahmetechniken, welche nichts mit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung zu tun hat. Die Mindestgröße für Bewerberinnen muss den praktischen Anforderungen der polizeilichen Dienstausübung genügen. Die verfassungsrechtliche Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gebietet es nämlich nicht, Frauen mit einer Körpergröße einzustellen, welche den polizeilichen Anforderungen nicht gerecht wird. Daher darf die Mindestkörpergröße für weibliche Bewerber nicht unterhalb des Maßes liegen, das polizeipraktisch zwingend erforderlich ist (vgl. ebenso: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14.03.16, 1 K 3788/14 - [...], Rdnr. 54). Da bezüglich der Festlegung der körperlichen Eignungsanforderungen ein weiter Beurteilungsspielraum des Dienstherrn besteht, ist die von diesem vorgenommene Festsetzung der körperlichen Mindestgröße für Männer und Frauen auf 1,60 m gerichtlich nur dann zu beanstanden, wenn sich die vorgenommene Wertung des obersten Dienstherrn, dass die für Männer wie Frauen unterschiedslos festgesetzte Mindestgröße von 1,60 m unabdingbar für die ordnungsgemäße Erfüllung polizeilicher Aufgaben ist, als unvertretbare und damit den Rahmen des Beurteilungsspielraums überschreitende Wertung darstellt. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: die Anwendung körperlichen Zwangs gegenüber Personen ist bei der Wahrnehmung originärer polizeilicher Aufgaben in unterschiedlichsten Situationen typischerweise situationsbedingt geboten. Dabei folgt aus der dargestellten statistischen Verteilung der Körpergröße der erwachsenen Bevölkerung als potentiellen "Gegenübern" polizeilicher körperlicher Zwangsmaßnahmen, dass ausgehend von dem für die Polizeitauglichkeit festgesetzten Maß von 1,60 m in der Mehrzahl der Fälle ein Körpergrößenunterschied von mehr als 10 cm besteht, bei den kriminalstatisch häufiger in Erscheinung tretenden Männern sogar 20 cm. Vor diesem Hintergrund ist nach Überzeugung des Senats die Wertung nicht zu beanstanden, dass polizeiliche Halte- und Hebeltechniken nur dann hinreichend effektiv ausgeübt werden können, wenn der oder die Bewerberin nicht noch kleiner als 1,60 m ist, mithin diese Mindestgröße als für die Erfüllung polizeilicher Aufgaben unabdingbare körperliche Eignungsanforderung vorausgesetzt wird.
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Soweit die Antragstellerin unter Verweis auf das Urteil des Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vom 14.03.16, a.a.O., eine Verletzung ihrer betroffenen Grundrechtspositionen unter dem Gesichtspunkt geltend macht, dass es an einem hinreichend fundierten und nachvollziehbaren Verfahren zur Ermittlung der Mindestgröße gefehlt habe, weil es an einer "wissenschaftlich gesicherten Datenbasis, die genaue (Mindest-)Größenangaben für die verschiedenen Verrichtungen" fehle, vermag der Senat dem jedenfalls für die hier in Rede stehende Körpergrößenfestsetzung von 1,60 m nicht zu folgen. Die statistische Körpergrößenverteilung ist ohne weiteres aus allgemein zugänglichen Quellen ersichtlich. Damit ist offenkundig, dass mit der festgesetzten Mindestgröße von 1,60 m ein erheblicher Unterschied zum Durchschnitt der Bevölkerung besteht. Die negative Auswirkung einer deutlich geringeren Körpergröße bei der Anwendung von Hebeltechniken gegen körperlich nicht unerheblich größere Personen aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten ist offenkundig. Eines besonderen Verfahrens zum Beleg dieser Offenkundigkeiten bzw. Ermittlung der festgesetzten Mindestgröße von 1,60 m bedarf es nicht. Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit von dem vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschiedenen Fall, welches über die Rechtmäßigkeit einer für Männer geltenden Mindestgröße von 1,66 m zu befinden hatte, erheblich.
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Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 154 Abs. 2 VwGO).
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und folgt in der Höhe der nicht angegriffenen erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3 und 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).