Dienstliche Beurteilung des Beamten
Streit um die Rechtmäßigkeit dienstlicher Beurteilungen
In vielen Fällen ist mit dem Ärger über eine dienstliche Beurteilung ein hohes Maß an persönlicher Betroffenheit verbunden. Da sollte der Beamte (oder Angestellte) erst einmal in Ruhe durchatmen und sich sein Vorgehen gründlich überlegen.Denn es ist nicht immer einfach, eine dienstliche Beurteilung mit juristischen Mitteln erfolgreich anzufechten.
Deshalb haben wir in vielen Fällen Beamten davon abgeraten, gegen ihre dienstliche Beurteilung Widerspruch zu erheben. Ein solcher Rat kann vor dem Hintergrund einer möglichen Verfahrensdauer von zwei Jahren und mehr aus verschiedenen Erwägungen heraus begründet sein.
Seit einigen Jahren ergeben sich - nicht zuletzt wegen der nicht immer unbedingt gradlinigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - in diesem Rechtsgebiet immer wieder neue Fragestellungen.
Die Funktion der dienstlichen Beurteilung: sie soll Grundlage der Bestenauslese sein
In der dienstlichen Beurteilung werden Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten bewertet.Die dienstliche Beurteilung ist Grundlage - oder zumindest wichtiger Baustein - jeder am Leistungsprinzip ausgerichteten Personalplanung (vgl. Art 33 II GG). In der letzten Zeit haben dienstliche Beurteilungen in Hamburg häufig direkt und unmittelbar über die Vergabe von Beförderungspositionen entschieden, und zwar bisweilen unter Berücksichtigung von Notenbruchteilen.
Dabei ist es insbesondere dann zu einer Vielzahl angreifbarer Beurteilungen gekommen, wenn eine große Zahl von Beamten gleichzeitig zu beurteilen war.
Bedeutung haben die Beurteilungen besonders im Zusammenhang mit Beförderungen und in Auswahlverfahren, aber sie können auch entscheidend dafür sein, ob eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit erfolgt (oder die Probezeit verlängert bzw. die Ernennung abgelehnt wird).
Im Hinblick auf Auswahlverfahren im Zusammenhang mit der Vergabe von Beförderungsplanstellen könnte man - der Rechtsprechung vieler Verwaltungsgerichte folgend - meinen, dass die Beurteilungen differenziert zu betrachten wären.
Denn es gibt jeweils ein Anforderungsprofil für eine Planstelle und ein Leistungsprofil des Beamten, welches aus seiner Beurteilung ersichtlich sein sollte. Anforderungsprofil und Leistungsprofil sollten sich möglichst genau entsprechen - das wäre ein auf den ersten Blick nahe liegender Gedanke.
Die Rechtsprechung stellt aber in aller Regel auf dienstliche Beurteilungen ab, die auf die Anforderungen des Statsusamtes bezogen sind, selbst wenn die Beamten in unterschiedlichen (aber statusgleichen) Bereichen tätig waren. Es kommt also nicht auf Spezialkenntnisse an, sondern auf die für das Statusamt wichtigen Fähigkeiten.
Von hoher Bedeutung sind die Beurteilungen bei der Durchführung von Auswahlverfahren insbesondere auch deshalb, weil bei ungleich guten Beurteilungen unter Umständen schon eine Auswahl nach Aktenlage möglich ist und dann keine weiteren Kriterien (z. B. die Leistung in Vorstellungsgesprächen) mehr Berücksichtigung finden müssen / dürfen.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 24.01.07, 4 AZR 629/06, die
Funktion der dienstlichen Beurteilung (in jenem Fall: einer angestellten Lehrerin) wie folgt beschrieben:
"Eine dienstliche Beurteilung dient - anders als ein Zeugnis oder ein Zwischenzeugnis - nicht der Außendarstellung, auch nicht der beruflichen Förderung des Beamten, sondern lediglich dem internen Verwaltungsgebrauch zur Feststellung der Verwendungsmöglichkeiten des Angestellten einschließlich einer sachlich und rechtlich richtigen Auslese bei Beförderungsentscheidungen (BVerwG vom 13.07.00 - BVerwG 2 C 34.99 - BVerwGE 111, 318, 320).
Ferner kann sie für die Bemessung leistungsbezogener Besoldungselemente herangezogen werden."
"Eine dienstliche Beurteilung dient - anders als ein Zeugnis oder ein Zwischenzeugnis - nicht der Außendarstellung, auch nicht der beruflichen Förderung des Beamten, sondern lediglich dem internen Verwaltungsgebrauch zur Feststellung der Verwendungsmöglichkeiten des Angestellten einschließlich einer sachlich und rechtlich richtigen Auslese bei Beförderungsentscheidungen (BVerwG vom 13.07.00 - BVerwG 2 C 34.99 - BVerwGE 111, 318, 320).
Ferner kann sie für die Bemessung leistungsbezogener Besoldungselemente herangezogen werden."
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vermittelt einen umfassenden Überblick über viele Erwägungen, die anzustellen sind - etwa über das mögliche Ziel einer Anfechtung (was kann überhaupt erreicht werden?), über die Bedeutung von Beurteilungsspielräumen usw.
Wir halten die Entscheidung für sehr lesenswert.
Beurteilungen müssen aktuell sein.
Eine Beurteilung sollte auf keinen Fall älter als drei Jahre sein, wenn sie als Grundlage für die Auswahl für eine Beförderung dienen soll. Dies ist aber schon das "Höchstalter" der Beurteilung, über Einzelheiten gibt es große Diskussionen.Wenn Sie an dem Thema Aktualität der dienstlichen Beurteilung arbeiten, dann führt kein Weg vorbei an dem Aufsatz von Pr. Dr. Heinrich Amadeus Wolff, "Die Aktualität der dienstlichen Beurteilung", in ZBR 2016, 7 ff.
Beurteilungsrichtlinien, gesetzliche Grundlagen, Verordnungen
Das Recht der dienstlichen Beurteilung der Beamten ist in Gesetzen und Verordnungen bisher nur grob geregelt. Die in ihnen enthaltenen Vorgaben werden häufig durch besondere Richtlinien präzisiert.Seit Mitte 2021 verlangt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich engere Vorgaben durch den Gesetzgeber.
Beurteilungsrichtlinien müssen bestimmten inhaltlichen Erwartungen entsprechen. Sie sind aber letztlich nicht aus sich heraus strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen wie Gesetze oder Verordnungen, sondern sie sollen primär die Verwaltungspraxis regulieren. Daraus kann sich dann ein Anspruch des einzelnen Beamten auf Gleichbehandlung mit anderen Beamten ergeben.
Man wird allerdings differenzieren müssen: Zuständigkeits- und Verfahrensregeln, die in Beurteilungsrichtlinien enthalten sind, gelten unmittelbar. Sie dürfen nicht ohne Weiteres verändert oder umgangen werden.
Eine Verwaltungspraxis ist nicht unabänderlich, die Verwaltung kann also unter Umständen von ihren Beurteilungsrichtlinien auch abweichen - nur nicht in einem speziellen Einzelfall bzw. wegen einer bestimmten Beurteilung. Natürlich können Beurteilungsrichtlinien, Erlasse oder Dienstvereinbarungen auch geändert werden.
Die Beurteilungsrichtlinien müssen mit Gesetzen und Verordnungen vereinbar sein.