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Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Disziplinarverfahren


Fragen der ordnungsgemäßen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung stellen sich bei den unterschiedlichsten Konstellationen. Hier ein Beispiel aus dem Disziplinarrecht.

Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.09.18 - 14 MB 1/18 -

Leitsatz

1. Für die Überprüfung einer vorläufigen Dienstenthebung sowie die Einbehaltung von Dienstbezügen zu Lasten einer Staatsanwältin oder eines Staatsanwalts sind die Richterdienstgerichte zuständig (§ 122 Abs. 4 Satz 1 DRiG, § 57 Abs. 2 LRIG).

2. Die Verpflichtung des Dienstherren, die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) zu beteiligten, gilt auch im Disziplinarverfahren.

3. Fehlt es an einer eigenen Schwerbehindertenvertretung für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Sinne der § 93 ff. SGB IX a.F. (§ 176 ff. SGB IX n.F.) ist die jeweils zuständige Personalvertretung (hier der Hauptstaatsanwaltsrat) ersatzweise gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) zu beteiligen und auf die Schwerbehinderung des von der Maßnahme des Dienstherrn Betroffenen hinzuweisen.

4. Die unterlassene Beteiligung einer Schwerbehindertenvertretung vor dem Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme stellt einen wesentlichen Mangel des Disziplinarverfahrens im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 55 BDG dar.

Tenor

Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 17. Kammer - vom 13.06.18 wird geändert. Die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung der Antragstellerin und die Einbehaltung von 25 Prozent der monatlichen Dienstbezüge in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 27.02.17 werden rückwirkend ab dem 05.12.17 ausgesetzt.

Gründe
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Die Antragstellerin, eine Staatsanwältin, ist im Rahmen des gegen sie im August 2014 eingeleiteten Disziplinarverfahrens mit der hier streitgegenständlichen Verfügung des Generalstaatsanwalts vom 27. Februar 2017 vorläufig des Dienstes enthoben worden, zugleich ist die Einbehaltung von 25% der Dienstbezüge angeordnet worden. Das von ihr hiergegen am 05.12.17 angerufene Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 13.06.18 die Aussetzung dieser Verfügung abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 41 Abs. Satz 1 Landesdisziplinargesetz [LDG], § 67 Abs. 1 Bundesdisziplinargesetz [BDG], § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), nämlich die mangelhafte Beteiligung einer Schwerbehindertenvertretung bzw. des Hauptstaatsanwaltsrats an deren Stelle, führen zur Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts und Aussetzung der angegriffenen Verfügung.


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2. Die die Antragstellerin betreffenden Maßnahmen – vorläufige Dienstenthebung und Einbehalt von Dienstbezügen gemäß § 38 Abs. 1 LDG – leiden bezüglich der Beteiligung einer Schwerbehindertenvertretung gemäß §§ 93 ff. SGB IX a.F. (entsprechen den §§ 176 ff. SGB IX n.F. in der ab dem 1.01.18 geltenden Fassung) unter einem wesentlichen Mangel im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 55 BDG. Es bestehen somit jedenfalls ernstliche Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Maßnahmen.

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Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LDG kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde eine Beamtin gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens unter Einbehaltung von bis zu 50 % der monatlichen Dienstbezüge vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung (§ 41 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 63 Abs. 2 BDG) bestehen, wenn der Verfahrensausgang zumindest offen ist. Im Aussetzungsverfahren ist daher zu prüfen, ob die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei summarischer Beurteilung überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. Beschluss des Senats vom 29.01.18 – 14 MB 3/17 – Rn. 3 m.w.N.).

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Mit ihrer Beschwerde macht die Antragstellerin insoweit zutreffend geltend, dass es entgegen den Vorgaben der §§ 93 ff. SGB IX a.F. (§§ 176 SGB IX n.F.) an einer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung mangelt. Die Antragsgegnerin hat vor Erlass der Entscheidung über die Disziplinarmaßnahmen eine erforderliche Beteiligung einer Schwerbehindertenvertretung (a) nicht durchgeführt, obwohl für die Antragstellerin mit Bescheid des Landesamtes für soziale Dienste Schleswig-Holstein vom 10. Juni 2015 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt wurde. Dieser Umstand war der Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Entscheidung über die angegriffenen Maßnahmen auch bekannt. Dabei war mangels Bestehen einer Schwerbehindertenvertretung für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (b) der Hauptstaatsanwaltsrat als Ersatz für die nicht bestehende Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen (c).

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a) Die Verpflichtung des Arbeitgebers bzw. des Dienstherrn, die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) in allen Angelegenheiten, die einen Einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören, gilt auch im Disziplinarverfahren. Da die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen einen schwerbehinderten Beamten noch keine Entscheidung in diesem Sinne ist, ist die Schwerbehindertenvertretung hierüber lediglich zu unterrichten; eine Anhörung der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen muss erst vor Entscheidungen, insbesondere vor dem Erlass einer Disziplinarverfügung bzw. vor der Erhebung einer Disziplinarklage sowie vor einer vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung von Bezügen erfolgen. Bei den Ermessensentscheidungen über die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Dienstbezügen sowie die Höhe des Einbehaltungssatzes hat die Antragsgegnerin die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und dabei auf die persönlichen Umstände und die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen abzustellen, zu denen auch die Schwerbehinderung gehört (vgl. VGH München, Beschluss vom 15.11.11 – 16a DA 11.1261 – Rn. 22; OVG Bautzen, Beschluss vom 12.08.14 – D 6 B 78/14 – Rn. 6).

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b) In Schleswig-Holstein bestehen weder auf der Ebene der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel noch auf der Ebene der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder auf der Ebene des Ministeriums für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung Schwerbehindertenvertretungen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 3 SGB IX a.F. (§ 177 Abs. 1 Satz 3 SGB IX n.F.). Eine „ersatzweise“ Beteiligung einer Gesamtschwerbehindertenvertretung oder der Hauptschwerbehindertenvertretung für den nicht-richterlichen Bereich auf der Ebene des Ministeriums für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung bzw. der Schwerbehindertenvertretung dieses Ministeriums als oberste Dienstbehörde ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das bloße Untätigbleiben des Dienstherrn bei der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte stellt keinen wesentlichen Mangel des Disziplinarverfahrens dar.

[Anmerkung: Das Gericht befsst sich dann überaus ausführlich mit der Problematik, dass eine Schwerbehindertenvertretung gar nicht bestand und dass es keine gesetzliche Pflicht des Dienstherrn gibt, auf die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung hinzuwirken.
Wir kürzen die Entscheidung um jene Erwägungen.

Das Gericht führt dann aus, dass die schwerbehinderte Staatsanwältin deshalb aber nicht schutzlos bleiben durfte. Zumindest hätte der Personalrat - hier der Hauptstaatsanwaltsrat - auf die Schwerbehinderung hingewiesen werden müssen:]


22
c) Ein wesentlicher Mangel im Disziplinarverfahren im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 55 BDG liegt jedoch deshalb vor, weil der Hauptstaatsanwaltsrat im Rahmen seiner Beteiligung vor Erlass der angefochtenen Disziplinarmaßnahmen nicht auf die Schwerbehinderung der Antragstellerin hingewiesen wurde und somit nicht als Ersatz für die nicht bestehende Schwerbehindertenvertretung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) beteiligt wurde.

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aa) Die Antragstellerin rügt insoweit die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach der Hauptstaatsanwaltsrat nicht als Ersatz für die nicht existierende Schwerbehindertenvertretung habe beteiligt werden können, da die Antragstellerin ihre Zustimmung zur Beteiligung des Hauptstaatsanwaltsrats nicht erteilt habe. Sie - die Antragstellerin - habe ihre Zustimmung erteilt und es sei auch zu einer entsprechenden Beteiligung gekommen. Dem Hauptstaatsanwaltsrat sei jedoch nicht bekannt gewesen, dass er (auch) als Ersatz für eine Schwerbehindertenvertretung habe beteiligt werden sollen.

24
Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass eine Beteiligung des Hauptstaatsanwaltsrats stattgefunden hat. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren eine Stellungnahme des Hauptstaatsanwaltsrats vom 06.07.18 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass dieser im Rahmen der Anhörung vor dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen nicht auf die Schwerbehinderung der Antragstellerin hingewiesen wurde. Die Antragsgegnerin führt in ihrer Beschwerdeerwiderung ebenfalls aus, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.12.16 ihre Zustimmung zur Mitbestimmung durch den Hauptstaatsanwaltsrat erteilt habe. Aus dem Verwaltungsvorgang, auf die die Antragsgegnerin Bezug nimmt, ergibt sich zudem, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.12.16 ihre Zustimmung zur Mitbestimmung durch den Hauptstaatsanwaltsrat erklärt hat. Im selben Schriftsatz hat sie auch ihr Einverständnis erteilt, dass drei Mitglieder des Hauptstaatsanwaltsrats in die Personalakte der Antragstellerin Einsicht nehmen dürften. Bereits mit Schriftsatz vom 23.09.16 hat die Antragstellerin erklärt, dass sie auf eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht verzichtet.

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Die Antragsgegnerin hätte vor dem Erlass der angefochtenen Disziplinarmaßnahmen demzufolge den Hauptstaatsanwaltsrat als Ersatz für die nicht existierende Schwerbehindertenvertretung für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) anhören müssen. Dafür hätte die Antragsgegnerin den Hauptstaatsanwaltsrat über die Behinderung der Antragstellerin informieren müssen, damit dieser die besonderen Belange der Antragstellerin als Schwerbehinderte berücksichtigen kann. Dies ist nicht geschehen.

26
Die Aufgabe des Hauptstaatsanwaltsrats zur Wahrnehmung der Rechte einer Schwerbehindertenvertretung ergibt sich aus § 93 Satz 2 Hs. 2 SGB IX a.F. (§ 176 Satz 2 Hs. 1 SGB IX n.F.) und dem Regelungszusammenhang der §§ 94 ff. SGB IX a.F. (§§ 177 ff. SGB IX n.F.). Nach § 93 Satz 2 Hs. 1 SGB IX a.F. (§ 176 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 SGB IX n.F.) achten die Staatsanwaltsräte insbesondere darauf, dass die dem Arbeitgeber nach §§ 71, 72 und 81 bis 84 SGB IX a.F. (§§ 154, 155 und 164 bis 167 SGB IX n.F.) obliegenden Verpflichtungen erfüllt werden. Diese Aufzählung ist wegen der Verwendung des Begriffs „insbesondere“ ersichtlich nicht abschließend. Solange etwa keine Schwerbehindertenvertretung existiert, obliegt es allein den in § 93 SGB IX a.F. (§ 176 SGB IX n.F.) genannten Vertretungen, die besonderen Belange der schwerbehinderten Beschäftigen zu wahren (vgl. Rolfs, in: BeckOK Sozialrecht, Stand: 1.12.17, Vorbemerkung zu § 176). Hierfür ist es erforderlich, die jeweilige Personalvertretung gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) unter Hinweis auf die Schwerbehinderung der betroffenen Person anzuhören.

27
Die Berechtigung und Verpflichtung zur Beteiligung des Hauptstaatsanwaltsrats als Schwerbehindertenvertretung ergibt sich zudem aus dem dargestellten Regelungszusammenhang zur Zuständigkeit übergeordneter Schwerbehindertenvertretungen in § 97 Abs. 6 SGB IX a.F. (§ 180 Abs. 6 SGB IX n.F.). Ein Rückgriff auf die Schwerbehindertenvertretung bei der obersten Dienstbehörde ist gerade deshalb nicht möglich, weil mit dem Staatsanwaltsrat und dem Hauptstaatsanwaltsrat Personalvertretungen existieren, die auf eine Wahl der Schwerbehindertenvertretung hinwirken sollen. Fehlt es – egal aus welchen Gründen – an einer (originären) Schwerbehindertenvertretung, ist es konsequent, dass die jeweilige Personalvertretung deren Aufgaben wahrnimmt, um so den Schutzzweck der Regelungen des SGB IX zu verwirklichen.

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bb) Der in der unterlassenen Unterrichtung des Hauptstaatsanwaltsrats über die Schwerbehinderteneigenschaft liegende Mangel des Disziplinarverfahrens ist auch als wesentlich einzustufen und hindert deshalb den Ausspruch der angeordneten vorläufigen Maßnahmen. Dabei tritt hinsichtlich der Frage, ob die Verletzung von Vorschriften über das Verfahren – darum handelt es sich bei der unterlassenen Unterrichtung des Hauptstaatsanwaltsrats – unerheblich ist, in Disziplinarverfahren der Rechtsgedanke der § 115 LVwG, § 46 VwVfG hinter die spezielle Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 1 LDG, § 55 BDG zurück (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.10 – 2 C 15.09 – Rn. 19).

29
Ein Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist wesentlich im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 1 LDG i.V.m. § 55 BDG, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des behördlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (vgl. BT-Drucks 14/4659 S. 49 zur Abgrenzung wesentlicher Mängel von der Verletzung „bloßer Ordnungsbestimmungen"). Hingegen kommt es für die Frage der Wesentlichkeit eines Mangels weder darauf an, ob er behebbar ist noch darauf, ob und ggf. wie intensiv schutzwürdige – insbesondere grundrechtsbewehrte – Rechtspositionen Betroffener durch den Mangel berührt worden sind. Maßgeblich ist wegen der Funktion des Disziplinarverfahrensrechts, bei der Prüfung und ggf. Ahndung von Dienstvergehen gesetzmäßige Ergebnisse zu erzielen, vielmehr die Ergebnisrelevanz. Nur solche Mängel sind wesentlich und bedürfen einer Korrektur oder führen zur Einstellung des Verfahrens nach § 55 Abs. 3 Satz 3 BDG, bei denen nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist, dass sie das Ergebnis eines fehlerfreien Verfahrens verändert haben könnten. Wann ein Mangel in diesem Sinne wesentlich ist, ist eine Frage des Einzelfalles (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.10 – 2 C 15.09 – Rn. 19).

30
Die Wesentlichkeit des hier vorliegenden Verfahrensmangels folgt bereits aus dem Umstand, dass – wie eingangs unter a) dargestellt – bei den Entscheidungen über die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Dienstbezügen sowie die Höhe des Einbehaltungssatzes die konkreten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind und dabei auf die persönlichen Umstände und die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen abzustellen ist, zu denen auch die Schwerbehinderung gehört. Die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels ergibt sich aber auch unabhängig davon aus der gesetzlich angeordneten Fehlerfolge im Falle des Unterlassens einer erforderlichen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX n.F.) bestimmt, dass die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen ist; anschließend ist endgültig zu entscheiden. Obwohl § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) lediglich eine Anhörungs- und keine Zustimmungspflicht der Schwerbehindertenvertretung vorsieht, geht der Gesetzgeber damit offensichtlich davon aus, dass in dem Unterlassen der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ein derart gravierender Mangel liegt, der vorbehaltlich seiner Heilung der Vollziehung einer den schwerbehinderten Beschäftigten betreffenden Maßnahme entgegensteht (so im Ergebnis auch OVG Bautzen, Beschluss vom 12.08.14 – D 6 B 78/14 – Rn. 6 ff; VGH München Beschluss, vom 28.10.08 – 16b D 07.1213 – Rn. 1 und Beschluss vom 15.11.11 – 16a DA 11.1261 – Rn. 22). Es kommt insofern nicht darauf an, ob ein Verstoß gegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX n.F.) zur Rechtswidrigkeit der zugrundeliegenden Maßnahme(n) führt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.12.10 – 2 B 39.10 – Rn. 6 m.w.N. und vom 15.02.1990 – 1 WB 36.88 – Rn. 32; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 19.06.07 – 6 B 383/07 – Rn. 17; OVG Münster, Urteil vom 15.03.10 – 6 A 4435/06 – Rn. 54 ff.).
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