Beendigung des Beamtenverhältnisses
Im Jahr 2013 gab es eine grundlegende Veränderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Fragen der gesundheitlichen Eignung.
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Die nachstehenden Entscheidung ist überholt. Zumindest muss jeder Einzelfall neu durchdacht werden.
Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 15.02.05, - 6 B 2743/04 -
Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung.
Entlassung eines Beamten auf Probe wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung.
Die Oberfinanzdirektion hat den Antragsteller wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen.
Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Entlassungsverfügung wieder herzustellen: Gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 des Beamtengesetzes für das Land NRW könne ein Beamter auf Probe mangels gesundheitlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden. Die Bewertung des Dienstherrn, der Antragsteller habe sich als gesundheitlich nicht geeignet erwiesen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Das ergebe sich aus einem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis. Danach leide der Antragsteller seit vielen Jahren an einem massiven Übergewicht, bei 182 cm Körpergröße zur Zeit 190 kg, zuvor bis zu 240 kg. Dies habe seit Begründung des Beamtenverhältnisses zu gesundheitlichen Auswirkungen geführt, die eine vorzeitige Dienstunfähigkeit des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten ließen. Wahrscheinlich sei, dass es dem Antragsteller nicht mehr gelingen werde, sein Körpergewicht entscheidend zu reduzieren. Auch das Einsetzen eines Magenballons und eine operative Magenverkleinerung hätten keinen Erfolg gebracht.
Der Antragsteller meint, die amtsärztlichen Stellungnahmen seien unqualifiziert und nicht verwertbar. Er habe sich nach der Entlassungsverfügung in der "G.-Klinik", einer Fachklinik für Lymphologie, stationär behandeln lassen. Diese Behandlung habe den Durchbruch gebracht. Die Ursache für sein Übergewicht sei endlich gefunden worden. Gemäß einer ärztlichen Bescheinigung der Klinik sei das Übergewicht auf eine hochgradige Hormonunterversorgung zurückzuführen. Er habe bereits 24 kg abgenommen bei weiter fallender Tendenz. Sämtliche Laborwerte seien normal. Er sei schon jetzt vollständig arbeitsfähig. Die Prognose bezüglich einer vollständigen Ausheilung der Adipositas sei positiv. Mit der jetzt begonnenen Behandlung sei es möglich, seine Arbeitsfähigkeit auf Dauer zu erhalten.
Das Gericht meint:
Die Argumente des Antragstellers greifen nicht durch. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der Dienstherr dem Antragsteller rechtlich einwandfrei die gesundheitliche Eignung abgesprochen hat.
Das Versorgungsamt hat dem Antragsteller wegen Panikattacken, Essstörungen mit massivem Übergewicht, Implantation eines Magenballons, eines Schlaf-Apnoe-Syndroms sowie Bluthochdrucks einen Grad der Behinderung von 50 zuerkannt. In den amtsärztlichen Gesundheitszeugnissen wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller wegen der Übergewichtigkeit außerdem an Krampfadern sowie an ausgeprägten Lymphödemen (Wasseransammlung) beider Beine leide. Bisher seien alle Versuche einer dauerhaften Gewichtsabnahme trotz operativer Maßnahmen und einer Psychotherapie gescheitert. Letztendlich sei die Prognose bezüglich einer Gewichtsabnahme und der Besserung der Erkrankungen sehr ungünstig. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sich weitere Folgeerkrankungen einstellen und es in den nächsten fünf Jahren zu erheblich vermehrten krankheitsbedingten Fehlzeiten bis hin zur dauernden Dienstunfähigkeit kommen werde. Auch unter Berücksichtigung der anerkannten Schwerbehinderung sei der Antragsteller als für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich nicht geeignet anzusehen.
Dass bei einem derartigen Gesundheitszustand die Bewährung eines Beamten auf Probe in gesundheitlicher Hinsicht zu verneinen ist, ist nachvollziehbar und wird vom Antragsteller mit der Beschwerde auch nicht in Abrede gestellt. Er beruft sich vielmehr unter Hinweis auf die ärztliche Bescheinigung der "G. -Klinik" sowie deren nach Abschluss der stationären Behandlung erstellten ärztlichen Befundbericht darauf, sein Gesundheitszustand bessere sich nunmehr entscheidend, da erstmals die Ursache für sein massives Übergewicht entdeckt und eine erfolgreiche Behandlung der Ursachen eingeleitet worden sei. Das überzeugt jedoch nicht.
Die Chefärztin der Klinik hat in ihrer ärztlichen Bescheinigung ausgeführt, durch die stationäre Behandlung habe sich das Lymphödem voll zurückgebildet, der Antragsteller habe sein Gewicht merklich reduziert, die anfänglich pathologischen Laborwerte hätten sich normalisiert und ein Testosteronmangel - der vermutlich mit der Übergewichtigkeit im Zusammenhang stehe - werde jetzt medikamentös behandelt. Ergänzend zu den Therapiemaßnahmen sei der Antragsteller ausführlich über die Richtlinien der kalorienbewussten, vitaminreichen Ernährung unterrichtet worden. Es sei zu erwarten, dass er in den kommenden Monaten sein Körpergewicht weiter reduziere und dass damit drohenden Erkrankungen vorgebeugt werden könne. Aus medizinischer Sicht sei er jetzt voll arbeits- und erwerbsfähig.
In ihrem abschließenden Befundbericht verweist die Chefärztin ergänzend darauf, der Antragsteller habe während der stationären Behandlung sein Körpergewicht von 222 auf 208 kg vermindert. Er habe berichtet, er habe bei den Mahlzeiten kein Sättigungsgefühl. Sie habe ihm empfohlen, seine Kalorienzufuhr einzuschränken und sich so viel wie möglich zu bewegen.
Daraus geht nicht hervor, dass nunmehr die Möglichkeit künftiger Erkrankungen des Antragstellers oder der Eintritt dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
Vgl. in diesem Zusammenhang den vom Verwaltungsgericht angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.02.93 - 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147.
Wenn der Antragsteller nur noch gut 200 kg wiegt, sein Blutdruck sich normalisiert hat, die Wasseransammlung in den Beinen bei der stationären Behandlung in der Fachklinik beseitigt worden ist, die Laborwerte normal sind und die psychische Belastbarkeit sich deutlich gebessert hat, bedeutet dies zwar eine Verbesserung des Gesundheitszustandes. Dass diese günstige Entwicklung anhält, ist jedoch nicht hinreichend sicher. In der ärztlichen Bescheinigung der "G. -Klinik" wird lediglich vermutet, dass ein Hormonmangel mit ursächlich für das Übergewicht des Antragstellers ist. Im Übrigen spricht einiges dafür, dass die im Rahmen der Zuerkennung einer Schwerbehinderung des Antragstellers vom Versorgungsamt angeführten Essstörungen zumindest ebenfalls maßgeblich für das Übergewicht sind. Darauf, dass der Antragsteller mit einer gesunden und maßvollen Ernährungsweise unverändert Schwierigkeiten hat, deutet insbesondere hin, dass er laut der "G. -Klinik" dort ausführlich über eine kalorienbewusste, vitaminreiche Ernährung unterrichtet und im Zusammenhang mit seinen Angaben, er habe bei den Mahlzeiten kein Sättigungsgefühl, auf die Notwendigkeit hingewiesen wurde, sich beim Essen zu mäßigen. ...
Unter diesen Umständen vermittelt auch ihre Erwartung, "dass Herr B. in den kommenden Monaten sein Körpergewicht weiter reduziert und damit drohenden Erkrankungen vorgebeugt werden kann" keinen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder der Eintritt dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze ausgeschlossen werden kann. Mit Letzterem im Einklang steht die ergänzende Stellungnahme des Gesundheitsamts, es sei zwar nicht auszuschließen, dass der Antragsteller bei konsequenter Therapie bei einer Verlängerung der Probezeit die Voraussetzungen für eine gesundheitliche Eignung erfüllen werde, eine dahingehende Prognose könne jedoch gegenwärtig nicht gegeben werden.
Für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens sieht der Senat aufgrund der prozessualen Beschränkungen durch den summarischen Charakter des vorliegenden Verfahrens und angesichts der amtsärztlichen Stellungnahmen keinen Raum.
Zu den Rechtsgrundlagen nach den Änderungen in 2009:
§ 23 Beamtenstatusgesetz, Entlassung durch Verwaltungsakt(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie
1. den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2. nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3. dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4. die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5. nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.
(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs.2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verlieren.
(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,
1. wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2. wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3. wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.
(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden.
Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.
§ 26 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz:
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann.
In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden.
Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
Bundesbeamtengesetz | BBG § 34 | |||
Landesbeamtengesetze | Hamburg : ./. | Niedersachsen § 31 | Schleswig-Holstein § 31 |