Entlassung aus Beamtenverhältnis auf Widerruf / Rückforderung von Bezügen
Das nachfolgende Urteil betrifft ein Problem, welches sich in Folge einer Entlassung ergeben kann: Der Dienstherr kann u. U. die gezahlte "Ausbildungsvergütung" ganz oder teilweise zurückfordern.
Dabei kommt es u. a. auf die Gründe für die Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf oder auf Probe an.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat eine für die entlassene Beamtin erfreuliche Position eingenommen. Über seine Begründung wird wahrscheinlich unter Juristen gestritten werden. Beachten Sie, dass das Gericht die Berufung zugelassen hat, weil es die entsprechenden Rechtsfragen noch nicht für endgültig geklärt hält.
VG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.19 - 26 K 6659/17 -
Die Klägerin wurde am 01.09.14 vom Polizeipräsidium E. (PP E.) unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Kommissaranwärterin ernannt.
Am Tag ihrer Ernennung wurde die Klägerin schriftlich darüber belehrt, dass ihr Anwärterbezüge unter der Auflage gewährt werden, dass u.a. die Ausbildung nicht vor Ablauf der in den Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften festgelegten oder im Einzelfall festgesetzten Ausbildungszeit aus einem von ihr zu vertretenden Grunde endet, und dass die Nichterfüllung dieser Auflage die Rückforderung des Teils der Anwärterbezüge zur Folge hat, der den Betrag von 383,47 EUR monatlich übersteigt.
Am Tag nach ihrer Ernennung - dem 02.09.14 - wurde die Klägerin schriftlich zu ihren beamtenrechtlichen Grundpflichten belehrt. In diesem Rahmen unterschrieb sie u.a.:
"Mir ist bekannt, dass der Erwerb, Besitz und Konsum von Betäubungsmitteln sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dienstes ein schwerwiegendes Dienstvergehen darstellt, dass Verstöße disziplinäre Ermittlungen zur Folge haben."
Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes studierte die Klägerin sodann an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen.
Durch Bescheid des PP E. vom 16.11.15 wurde die Klägerin mit Ablauf des Monats November 2015 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Gestützt wurde dieser Bescheid darauf, dass die Klägerin den charakterlichen Erfordernissen, die an den gehobenen Polizeidienst gestellt würden, nicht gerecht werde. Ausschlaggebend für die Einstufung der Klägerin als charakterlich ungeeignet waren laut Bescheid ein vorangegangener Konsum der Klägerin von Betäubungsmitteln - die Klägerin habe selbst eingeräumt, Cannabis konsumiert zu haben, und zwar schon häufiger während der Polizeiausbildung -, eine von der Klägerin gegenüber einem Anwärterkollegen ausgesprochene Drohung in Bezug auf eine weitere Anwärterkollegin sowie die Tatsache, dass sich die Klägerin wegen ihres Fehlverhaltens nur in geringer Weise einsichtig gezeigt habe; auch in anderen Situationen habe sie sich bereits uneinsichtig und kritikunfähig gezeigt. Der Klägerin mangele es an Besonnenheit und der Kritikfähigkeit, die von einer zukünftigen Polizeibeamtin erwartet werde. Weiterhin zeuge das Verhalten der Klägerin von mangelnder Fähigkeit, sich in hierarchische Organisationen einzufügen, dienstliche Anweisungen zu reflektieren und ihr Verhalten danach auszurichten. Auch zeige ihr Ausspruch in Bezug auf eine Anwärterkollegin, dass es ihr an einem Mindestmaß an sozialer Kompetenz im kollegialen Umgang fehle. Die genannten Verfehlungen stellten kein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten dar. Eine einmalige Missbilligung des Fehlverhaltens würde aufgrund der Schwere den zugrundeliegenden Verfehlungen nicht gerecht werden, wäre insbesondere nicht geeignet, das Vertrauensverhältnis wieder herzustellen sowie die fehlende charakterliche Eignung zu beheben. Das Fehlverhalten sei geeignet, die Neugierde von jungen Kommissaranwärtern zu wecken und zur Nachahmung anzuregen. Es erscheine auch angemessen, die Klägerin ohne Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes zu entlassen, denn § 23 Abs. 4 S. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) setze auch während des Vorbereitungsdienstes einen persönlich geeigneten Beamten voraus. ...
Die gegen die zugleich angeordnete sofortige Vollziehung dieses Bescheides von der Klägerin angestrengten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieben für sie erfolglos; die gegen den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf erhobene Klage - 2 K 8322/15 - nahm sie in der mündlichen Verhandlung vom 08.03.16 zurück, so dass der Entlassungsbescheid vom 16.11.15 seitdem bestandskräftig ist.
Durch Bescheid vom 29.04.16 forderte das LBV NRW von der Klägerin Anwärterbezüge in Höhe von 10.670,25 EUR zurück, nämlich für die Zeit ihres Beamtenverhältnisses auf Widerruf den Teil der Anwärterbezüge, der 383,47 EUR monatlich übersteigt, mit der Begründung, die Klägerin habe ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis selbst zu vertreten und damit gegen die diesbezügliche Auflage verstoßen.
Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 14.05.16 Widerspruch mit folgender Begründung: Es bestünden erhebliche Zweifel, ob ihr im Zuge ihrer Entlassung aus dem Polizeidienst ein rechtsstaatliches Verfahren geboten worden sei. Aufgrund dessen, dass in Bezug auf die Entlassung keine gerichtliche Entscheidung vorliege, komme der Begründung des Entlassungsbescheides des PP E. vom 16.11.15 keine Feststellungswirkung zu und es sei eine weitere Sachaufklärung zu den Entlassungsgründen erforderlich. Im Übrigen berief sie sich darauf, aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Rückzahlung in der Lage zu sein - ihr drohe möglicherweise sogar eine Privatinsolvenz - und sich zudem nach ihrer Entlassung beruflich völlig neu orientieren zu müssen.
Diesen Widerspruch wies das LBV NRW durch Widerspruchsbescheid vom 15.03.17 zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Entlassung der Klägerin basiere auf einer von ihrer ehemaligen Dienststelle festgestellten charakterlichen Nichteignung; somit habe die Klägerin gegen § 34 BeamtStG verstoßen. Die Frage, ob der Klägerin ein rechtsstaatliches Verfahrens geboten worden sei, erübrige sich angesichts der von ihr erklärten Rücknahme der Klage gegen den Entlassungsbescheid des PP E. Unter Billigkeitsgesichtspunkten könne nicht - auch nicht zumindest teilweise - von einer Rückforderung der überzahlten Bezüge abgesehen werden, denn angesichts des jungen Alters der Klägerin sei durchaus davon auszugehen, dass sie im Laufe ihres Arbeitslebens in der Lage sein werde, den zuviel gezahlten Betrag zu tilgen. Der Klägerin wurde in Anknüpfung an das von ihr angegebene Monats-Bruttoeinkommen eine Rückzahlung in monatlichen Raten von 50,00 EUR angeboten.
Am 18.04.17 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie vertritt die Auffassung, dass sie ausweislich des Entlassungsbescheides des PP E. für schlichtweg ungeeignet für die Ausübung des Polizeiberufs gehalten werde, liege außerhalb jeglicher eigener Einflüsse und rechtfertige keine Rückforderung, zumal der Entlassung eine Ermessensentscheidung zugrunde liege, welche nicht zwingend zu ihrer Entlassung hätte führen müssen. Zumindest in die getroffene Billigkeitsentscheidung hätte zudem einfließen müssen, dass der Entlassung ein Fehlverhalten außerhalb des Dienstes zugrunde gelegen habe und sie ansonsten ihre Dienstpflichten nicht in disziplinarisch bewertbarem Maße verletzt habe.
Die Klägerin beantragt, den Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 29.04.16 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.17 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,
und tritt der Argumentation der Klägerin entgegen. Das ihre charakterliche Nichteignung begründende Verhalten habe die Klägerin zu vertreten, da es allein ihrer Steuerung unterliege. Auch aus Gründen der Billigkeit komme kein zumindest teilweises Absehen von der Rückforderung in Betracht, zumal während der Anwärterzeit noch keine Dienstverrichtung durch die Klägerin mit praktischem Nutzen für den Beklagten erfolgt sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Rückforderungsbescheid des LBV NRW vom 29.04.16 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.17 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Rechtsgrundlage für das Rückforderungsbegehren des Beklagten ist § 12 Abs. 2 S. 1 Übergeleitetes Besoldungsgesetz Nordrhein-Westfalen (ÜBesG NRW - in Kraft gewesen bis zum 30.06.16) bzw. die hiermit inhaltsgleiche Vorschrift des am 01.07.16 in Kraft getretenen Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBesG NRW).
Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 ÜBesG regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit - wie hier - gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Anwärterbezüge sind insoweit zuvielgezahlt, als der mit ihrer Gewährung durch die Bestimmung von Auflagen nach § 59 Abs. 5 ÜBesG NRW - nach dieser Vorschrift kann für Anwärter, die im Rahmen ihres Vorbereitungsdienstes ein Studium ableisten, die Gewährung der Anwärterbezüge von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden - zulässigerweise bezweckte Erfolg (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative BGB) nicht eingetreten ist,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 2.
Diesen Voraussetzungen entspricht das streitgegenständliche Rückzahlungsverlangen rechtlich nicht. Die Klägerin hatte bei ihrer Einstellung als Kommissaranwärterin zwar bestätigt, dass sie von den Hinweisen zur Rückforderung von Anwärterbezügen Kenntnis genommen hatte. Gemäß diesen schriftlichen Hinweisen wurden ihr die Anwärterbezüge unter der Auflage gewährt, dass die Ausbildung nicht vor Ablauf der in den Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften festgelegten oder im Einzelfall festgesetzten Ausbildungszeit aus einem von ihr zu vertretenden Grunde endet. Letzteres war jedoch nicht der Fall. Ihre Ausbildung endete durch ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zwar vorzeitig nach nur etwas mehr als einem Jahr. Dies beruhte jedoch nicht auf einem von ihr zu vertretenden Grund.
Der Begriff des von dem Beamten "zu vertretenden" Grundes liegt zwischen dem engeren Begriff des "Verschuldens", der in der Regel ein pflichtwidriges, subjektiv vorwerfbares Verhalten voraussetzt, und dem weiteren Begriff der "in der Person des Beamten liegenden Gründe", von dem in der Regel ohne Rücksicht auf das Motiv Umstände erfasst werden, die durch die Initiative oder durch ein Unterlassen des Bediensteten bestimmt sind. Der Begriff ist wertneutral auszulegen. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst auf Umständen beruht, die dem Verantwortungsbereich des Beamten zuzurechnen sind. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Umstände maßgeblich durch das Verhalten des Beamten geprägt sind, wobei die Motive für das Ausscheiden aus dem Dienst zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist, ob das Verhalten des Beamten bei der Einbeziehung der Motivation in dem jeweiligen rechtlichen Zusammenhang, in dem er steht (hier: Rückzahlung erhaltener Anwärterbezüge), "billigerweise" dem von dem Bediensteten oder dem vom Dienstherrn zu verantwortenden Bereich zuzuordnen ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.1987 - 2 C 22/85 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 3, jeweils m.w.N.
Eine auf einer Willensentscheidung beruhende Entlassung auf eigenen Antrag hat nach der angeführten Rechtsprechung grundsätzlich der Beamte zu vertreten. Entsprechendes gilt erst recht für eine auf einem vorwerfbaren Verhalten des Beamten beruhende Entlassung.
BVerwG, Urteil vom 12.03.1987 - 2 C 22/85 -, juris, Rn. 16
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine auf einer Willensentscheidung beruhende Entlassung auf eigenen Antrag grundsätzlich der Beamte zu vertreten hat, gilt jedoch, wenn der Beamte auf Widerruf das Entlassungsgesuch wegen einer Nichteignung gestellt hat, die nicht durch ein in seiner Willenssphäre liegendes Verhalten geprägt ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 7.
Erst recht muss dies auch für eine Entlassung gelten, die wegen einer Nichteignung, die nicht durch ein in der Willenssphäre des Beamten liegendes Verhalten geprägt ist, erfolgte.
Fallgruppen, in denen in der Rechtsprechung ein nicht in der Willenssphäre des Beamten liegendes Verhalten angenommen wurde, sind etwa eine Nichteignung aus anlagebedingten gesundheitlichen Gründen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 9,
oder die endgültige Entlassung eines Widerrufsbeamten kraft Gesetzes nach endgültigem Nichtbestehen der Laufbahnprüfung, es sei denn, der Anwärter ist aus von ihm selbst zu vertretenden Gründen seiner Pflicht, sich ernsthaft der Ausbildung und Prüfungsvorbereitung zu widmen, nicht nachgekommen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.1987 - 2 C 22/85 -, juris, Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.10.07 - OVG 4 B 15.07 -, juris.
Zusammenfassend erfasst der Begriff der vorzeitigen Beendigung der Ausbildung aus einem vom Anwärter zu vertretenden Grund bei objektiver Betrachtung die typischen Fälle der Studienabbrecher, die ihre Ausbildung, obwohl sie es könnten, nicht zu Ende führen, sondern vor der Zeit "aussteigen" und dadurch die von ihnen als Gegenleistung für die Ermöglichung eines Studiums im Rahmen des Vorbereitungsdienstes erwartete Ausbildungstreue nicht zeigen,
vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.10.07 - OVG 4 B 15.07 -, juris, Rn. 33.
All dies führt zu der Konsequenz, dass die Entlassung wegen fehlender charakterlicher Eignung nicht auf einem vom Anwärter zu vertretenden Grund beruht.
Die charakterliche Eignung eines Einstellungsbewerbers ist ein Unterfall der persönlichen Eignung. Hierfür ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird. Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Einstellungsbewerbers, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen.
BVerwG, Beschluss vom 20.07.16 - 2 B 17/16 -, juris, Rn. 26, m.w.N.
Wenn ein Beamter wegen fehlender charakterlicher Eignung entlassen wird, sind Entlassungsgründe damit nicht einzelne Verhaltensweisen des Beamten, sondern ausschlaggebend ist dessen Charakter in Form von Persönlichkeitsmerkmalen, auf die aufgrund des Verhaltens des Beamten geschlossen wird.
Dabei ist zu berücksichtigten, dass unter dem Charakter aus psychologischer Sicht die Gesamtheit aller im Laufe des Lebens (relativ) gleich bleibenden Wertorientierungen, Einstellungen, Haltungen und Handlungsweisen eines Menschen, die die Einmaligkeit des Individuums ausmachen, zu verstehen sind,
vgl. Brockhaus, Enzyklopädie in 30 Bänden, 21. Auflage, Bd. 5, Stichwort "Charakter".
Daraus folgt, dass einem Beamten, der wegen fehlender charakterlicher Eignung entlassen wird, bescheinigt wird, ihm aufgrund seiner (relativ) gleich bleibenden und damit nur bedingt veränderbaren Wertorientierungen, Einstellungen, Haltungen und Handlungsweisen in Bezug auf Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung prognostisch nicht zuzutrauen, uneingeschränkt den für die jeweilige Beamtenlaufbahn geltenden Anforderungen gerecht werden zu können. Ist ein Beamter aber nicht ohne Weiteres - d.h. etwa ohne psychologische Schulung oder gar Behandlung oder ohne längerfristige erzieherische Maßnahmen - in der Lage, seine Persönlichkeitsmerkmale durch eigenes willensgesteuertes Verhalten zu verändern, kann er diese Persönlichkeitsmerkmale auch nicht zu vertreten haben.
Das Ergebnis, eine fehlende charakterliche Eignung als nicht vom Beamten zu vertreten anzusehen, ist auch vor dem Hintergrund des gesetzlichen Gesamtzusammenhangs schlüssig.
So bestimmt § 23 Abs. 3 BeamtStG für Probebeamte als ausdrücklichen Entlassungsgrund neben der in Nr. 2 der Vorschrift geregelten fehlenden Bewährung während der Probezeit, worunter auch eine fehlende Eignung in fachlicher, charakterlicher und gesundheitlicher Hinsicht zu subsumieren ist, in Nr. 1 der Vorschrift das Begehen einer Handlung, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte. Für Probebeamte wird damit ausdrücklich zwischen der Entlassung wegen fehlenden Bewährung und der Entlassung wegen eines disziplinarwürdigen Dienstvergehens differenziert, wobei kein allgemeines rechtliches Hindernis besteht, die Entlassung eines Probebeamten wegen derselben Tatumstände auf beide Fallvarianten zugleich zu stützen, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen beider Vorschriften erfüllt sind,
vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 1965 - II C 58.64 -, BVerwGE 21, 50 ff. = juris, Rn. 34.
Wird ein Beamter auf Probe auf der Grundlage von § 23 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG entlassen, handelt es sich damit eindeutig um ein Ausscheiden aus dem Dienst, welches der Beamte im Sinne der oben vorgenommenen Begriffsdefinition zu vertreten hat, weil diese Entlassung an ein bestimmtes disziplinarwürdiges Verhalten des Beamten anknüpft. Erfolgt die Entlassung kumulativ gestützt auf § 23 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 BeamtStG, erfolgt sie aus jedenfalls auch vom Beamten zu vertretenden Gründen.
Auch wenn § 23 Abs. 4 S. 1 BeamtStG für Widerrufsbeamte anders als § 23 Abs. 3 BeamtStG für Probebeamte keine Voraussetzungen benennt, sondern sie voraussetzungslos in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn stellt, kann jedenfalls die in § 23 Abs. 3 BeamtStG enthaltene Differenzierung in Bezug auf den jeweiligen Anknüpfungspunkt einer Entlassung auf § 23 Abs. 4 BeamtStG übertragen werden, zumal - worauf auch im streitgegenständlichen Entlassungsbescheid des PP E. vom 16.11.15 ausdrücklich hingewiesen wurde - ein Grund, der sogar für einen Probebeamten eine Entlassung rechtfertigt, erst recht auch für einen Widerrufsbeamten eine Entlassung rechtfertigt, denn der Entlassungsschutz eines Widerrufsbeamten ist nicht stärker als der Entlassungsschutz eines Probebeamten.
Die Klägerin wurde gerade nicht in Anknüpfung an ein bestimmtes Verhalten als solches entlassen.
Dabei ist im Falle einer bestandskräftigen Entlassungsverfügung - wie hier - die darin enthaltene Begründung für die Beurteilung der Frage, ob von einem vom Beamten zu vertretenden Verhalten auszugehen ist oder nicht, maßgeblich, ohne dass es noch einer Überprüfung der Richtigkeit der dieser Begründung zugrundeliegenden Tatsachen bedarf,
so auch VG Kassel, Urteil vom 15.03.04 - 7 E 127/01 -, juris, Rn. 28.
Zwar ist in der Begründung des bestandskräftigen Entlassungsbescheides des PP E. vom 16.11.15 einleitend - direkt im ersten Absatz - ausgeführt, die Klägerin sei im Zusammenhang mit dem Konsum von Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten und habe eine Drohung zum Nachteil einer Lehrgangsteilnehmerin ausgesprochen. Ausschlaggebend für die Entlassungsentscheidung ist der weiteren Bescheidbegründung zufolge jedoch gerade nicht dieses Einzelverhalten als solches, sondern die aus diesem und weiterem Einzelverhalten der Klägerin abgeleitete Einstufung der Klägerin als charakterlich ungeeignet. Gerade auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 23 Abs. 4 S. 2 BeamtStG, wonach einem Widerrufsbeamten die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, wird in der Bescheidbegründung die sofortige Entlassung der Klägerin für erforderlich erachtet. Insoweit heißt es in dem Bescheid ausdrücklich: "Es wäre nicht i.S.d. Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) vereinbar, dass eine Anwärterin weiter in dem Beruf der Polizeivollzugsbeamtin ausgebildet wird, wenn durch ihr Verhalten feststeht, dass es an der geforderten Eignung mangelt." Auch dies spricht gegen die Annahme, die Klägerin hätte ihre Entlassung wegen fehlender charakterlicher Eignung zu vertreten, denn das PP E. bringt dadurch inzident zum Ausdruck, es traue der Klägerin gerade nicht zu, die von ihm angenommenen charakterlichen Defizite bis zum Abschluss des Vorbereitungsdienstes noch beheben zu können, was auch schlüssig ist, wenn man von der oben dargelegten psychologischen Betrachtung ausgeht, wonach Charaktereigenschaften gerade (relativ) gleich bleibend sind. Hätte das PP E. bestimmtes Einzelverhalten der Klägerin als so schwerwiegend eingestuft, dass es für sich genommen - neben der ausdrücklich benannten fehlenden charakterlichen Eignung der Klägerin - als Entlassungsgrund ausreicht, hätte es dieses Einzelverhalten ausdrücklich als Entlassungsgrund benennen können und damit die entscheidende Weichenstellung für die Bejahung eines von der Klägerin zu vertretenden Grundes im Sinne der Anwärterbesoldungsauflage vom 1.09.14 vornehmen können. Ohne Vornahme dieser Weichenstellung stellt sich die Entlassung der Klägerin hingegen als Fall eines missglückten Berufsstarts dar, in dem die gescheiterte Anwärterin nicht zusätzlich mit einer Rückzahlung belastet werden soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Zulassung der Berufung basiert auf §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die verallgemeinerungsfähige Frage, ob ein Widerrufsbeamter seine Entlassung wegen fehlender charakterlicher Eignung zu vertreten hat oder - wie hier angenommen - nicht.
Die Klägerin wurde am 01.09.14 vom Polizeipräsidium E. (PP E.) unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Kommissaranwärterin ernannt.
Am Tag ihrer Ernennung wurde die Klägerin schriftlich darüber belehrt, dass ihr Anwärterbezüge unter der Auflage gewährt werden, dass u.a. die Ausbildung nicht vor Ablauf der in den Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften festgelegten oder im Einzelfall festgesetzten Ausbildungszeit aus einem von ihr zu vertretenden Grunde endet, und dass die Nichterfüllung dieser Auflage die Rückforderung des Teils der Anwärterbezüge zur Folge hat, der den Betrag von 383,47 EUR monatlich übersteigt.
Am Tag nach ihrer Ernennung - dem 02.09.14 - wurde die Klägerin schriftlich zu ihren beamtenrechtlichen Grundpflichten belehrt. In diesem Rahmen unterschrieb sie u.a.:
"Mir ist bekannt, dass der Erwerb, Besitz und Konsum von Betäubungsmitteln sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dienstes ein schwerwiegendes Dienstvergehen darstellt, dass Verstöße disziplinäre Ermittlungen zur Folge haben."
Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes studierte die Klägerin sodann an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen.
Durch Bescheid des PP E. vom 16.11.15 wurde die Klägerin mit Ablauf des Monats November 2015 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Gestützt wurde dieser Bescheid darauf, dass die Klägerin den charakterlichen Erfordernissen, die an den gehobenen Polizeidienst gestellt würden, nicht gerecht werde. Ausschlaggebend für die Einstufung der Klägerin als charakterlich ungeeignet waren laut Bescheid ein vorangegangener Konsum der Klägerin von Betäubungsmitteln - die Klägerin habe selbst eingeräumt, Cannabis konsumiert zu haben, und zwar schon häufiger während der Polizeiausbildung -, eine von der Klägerin gegenüber einem Anwärterkollegen ausgesprochene Drohung in Bezug auf eine weitere Anwärterkollegin sowie die Tatsache, dass sich die Klägerin wegen ihres Fehlverhaltens nur in geringer Weise einsichtig gezeigt habe; auch in anderen Situationen habe sie sich bereits uneinsichtig und kritikunfähig gezeigt. Der Klägerin mangele es an Besonnenheit und der Kritikfähigkeit, die von einer zukünftigen Polizeibeamtin erwartet werde. Weiterhin zeuge das Verhalten der Klägerin von mangelnder Fähigkeit, sich in hierarchische Organisationen einzufügen, dienstliche Anweisungen zu reflektieren und ihr Verhalten danach auszurichten. Auch zeige ihr Ausspruch in Bezug auf eine Anwärterkollegin, dass es ihr an einem Mindestmaß an sozialer Kompetenz im kollegialen Umgang fehle. Die genannten Verfehlungen stellten kein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten dar. Eine einmalige Missbilligung des Fehlverhaltens würde aufgrund der Schwere den zugrundeliegenden Verfehlungen nicht gerecht werden, wäre insbesondere nicht geeignet, das Vertrauensverhältnis wieder herzustellen sowie die fehlende charakterliche Eignung zu beheben. Das Fehlverhalten sei geeignet, die Neugierde von jungen Kommissaranwärtern zu wecken und zur Nachahmung anzuregen. Es erscheine auch angemessen, die Klägerin ohne Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes zu entlassen, denn § 23 Abs. 4 S. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) setze auch während des Vorbereitungsdienstes einen persönlich geeigneten Beamten voraus. ...
Die gegen die zugleich angeordnete sofortige Vollziehung dieses Bescheides von der Klägerin angestrengten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieben für sie erfolglos; die gegen den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf erhobene Klage - 2 K 8322/15 - nahm sie in der mündlichen Verhandlung vom 08.03.16 zurück, so dass der Entlassungsbescheid vom 16.11.15 seitdem bestandskräftig ist.
Durch Bescheid vom 29.04.16 forderte das LBV NRW von der Klägerin Anwärterbezüge in Höhe von 10.670,25 EUR zurück, nämlich für die Zeit ihres Beamtenverhältnisses auf Widerruf den Teil der Anwärterbezüge, der 383,47 EUR monatlich übersteigt, mit der Begründung, die Klägerin habe ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis selbst zu vertreten und damit gegen die diesbezügliche Auflage verstoßen.
Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 14.05.16 Widerspruch mit folgender Begründung: Es bestünden erhebliche Zweifel, ob ihr im Zuge ihrer Entlassung aus dem Polizeidienst ein rechtsstaatliches Verfahren geboten worden sei. Aufgrund dessen, dass in Bezug auf die Entlassung keine gerichtliche Entscheidung vorliege, komme der Begründung des Entlassungsbescheides des PP E. vom 16.11.15 keine Feststellungswirkung zu und es sei eine weitere Sachaufklärung zu den Entlassungsgründen erforderlich. Im Übrigen berief sie sich darauf, aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Rückzahlung in der Lage zu sein - ihr drohe möglicherweise sogar eine Privatinsolvenz - und sich zudem nach ihrer Entlassung beruflich völlig neu orientieren zu müssen.
Diesen Widerspruch wies das LBV NRW durch Widerspruchsbescheid vom 15.03.17 zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Entlassung der Klägerin basiere auf einer von ihrer ehemaligen Dienststelle festgestellten charakterlichen Nichteignung; somit habe die Klägerin gegen § 34 BeamtStG verstoßen. Die Frage, ob der Klägerin ein rechtsstaatliches Verfahrens geboten worden sei, erübrige sich angesichts der von ihr erklärten Rücknahme der Klage gegen den Entlassungsbescheid des PP E. Unter Billigkeitsgesichtspunkten könne nicht - auch nicht zumindest teilweise - von einer Rückforderung der überzahlten Bezüge abgesehen werden, denn angesichts des jungen Alters der Klägerin sei durchaus davon auszugehen, dass sie im Laufe ihres Arbeitslebens in der Lage sein werde, den zuviel gezahlten Betrag zu tilgen. Der Klägerin wurde in Anknüpfung an das von ihr angegebene Monats-Bruttoeinkommen eine Rückzahlung in monatlichen Raten von 50,00 EUR angeboten.
Am 18.04.17 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie vertritt die Auffassung, dass sie ausweislich des Entlassungsbescheides des PP E. für schlichtweg ungeeignet für die Ausübung des Polizeiberufs gehalten werde, liege außerhalb jeglicher eigener Einflüsse und rechtfertige keine Rückforderung, zumal der Entlassung eine Ermessensentscheidung zugrunde liege, welche nicht zwingend zu ihrer Entlassung hätte führen müssen. Zumindest in die getroffene Billigkeitsentscheidung hätte zudem einfließen müssen, dass der Entlassung ein Fehlverhalten außerhalb des Dienstes zugrunde gelegen habe und sie ansonsten ihre Dienstpflichten nicht in disziplinarisch bewertbarem Maße verletzt habe.
Die Klägerin beantragt, den Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 29.04.16 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.17 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,
und tritt der Argumentation der Klägerin entgegen. Das ihre charakterliche Nichteignung begründende Verhalten habe die Klägerin zu vertreten, da es allein ihrer Steuerung unterliege. Auch aus Gründen der Billigkeit komme kein zumindest teilweises Absehen von der Rückforderung in Betracht, zumal während der Anwärterzeit noch keine Dienstverrichtung durch die Klägerin mit praktischem Nutzen für den Beklagten erfolgt sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Rückforderungsbescheid des LBV NRW vom 29.04.16 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.17 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Rechtsgrundlage für das Rückforderungsbegehren des Beklagten ist § 12 Abs. 2 S. 1 Übergeleitetes Besoldungsgesetz Nordrhein-Westfalen (ÜBesG NRW - in Kraft gewesen bis zum 30.06.16) bzw. die hiermit inhaltsgleiche Vorschrift des am 01.07.16 in Kraft getretenen Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBesG NRW).
Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 ÜBesG regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit - wie hier - gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Anwärterbezüge sind insoweit zuvielgezahlt, als der mit ihrer Gewährung durch die Bestimmung von Auflagen nach § 59 Abs. 5 ÜBesG NRW - nach dieser Vorschrift kann für Anwärter, die im Rahmen ihres Vorbereitungsdienstes ein Studium ableisten, die Gewährung der Anwärterbezüge von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden - zulässigerweise bezweckte Erfolg (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative BGB) nicht eingetreten ist,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 2.
Diesen Voraussetzungen entspricht das streitgegenständliche Rückzahlungsverlangen rechtlich nicht. Die Klägerin hatte bei ihrer Einstellung als Kommissaranwärterin zwar bestätigt, dass sie von den Hinweisen zur Rückforderung von Anwärterbezügen Kenntnis genommen hatte. Gemäß diesen schriftlichen Hinweisen wurden ihr die Anwärterbezüge unter der Auflage gewährt, dass die Ausbildung nicht vor Ablauf der in den Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften festgelegten oder im Einzelfall festgesetzten Ausbildungszeit aus einem von ihr zu vertretenden Grunde endet. Letzteres war jedoch nicht der Fall. Ihre Ausbildung endete durch ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf zwar vorzeitig nach nur etwas mehr als einem Jahr. Dies beruhte jedoch nicht auf einem von ihr zu vertretenden Grund.
Der Begriff des von dem Beamten "zu vertretenden" Grundes liegt zwischen dem engeren Begriff des "Verschuldens", der in der Regel ein pflichtwidriges, subjektiv vorwerfbares Verhalten voraussetzt, und dem weiteren Begriff der "in der Person des Beamten liegenden Gründe", von dem in der Regel ohne Rücksicht auf das Motiv Umstände erfasst werden, die durch die Initiative oder durch ein Unterlassen des Bediensteten bestimmt sind. Der Begriff ist wertneutral auszulegen. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst auf Umständen beruht, die dem Verantwortungsbereich des Beamten zuzurechnen sind. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Umstände maßgeblich durch das Verhalten des Beamten geprägt sind, wobei die Motive für das Ausscheiden aus dem Dienst zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist, ob das Verhalten des Beamten bei der Einbeziehung der Motivation in dem jeweiligen rechtlichen Zusammenhang, in dem er steht (hier: Rückzahlung erhaltener Anwärterbezüge), "billigerweise" dem von dem Bediensteten oder dem vom Dienstherrn zu verantwortenden Bereich zuzuordnen ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.1987 - 2 C 22/85 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 3, jeweils m.w.N.
Eine auf einer Willensentscheidung beruhende Entlassung auf eigenen Antrag hat nach der angeführten Rechtsprechung grundsätzlich der Beamte zu vertreten. Entsprechendes gilt erst recht für eine auf einem vorwerfbaren Verhalten des Beamten beruhende Entlassung.
BVerwG, Urteil vom 12.03.1987 - 2 C 22/85 -, juris, Rn. 16
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine auf einer Willensentscheidung beruhende Entlassung auf eigenen Antrag grundsätzlich der Beamte zu vertreten hat, gilt jedoch, wenn der Beamte auf Widerruf das Entlassungsgesuch wegen einer Nichteignung gestellt hat, die nicht durch ein in seiner Willenssphäre liegendes Verhalten geprägt ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 7.
Erst recht muss dies auch für eine Entlassung gelten, die wegen einer Nichteignung, die nicht durch ein in der Willenssphäre des Beamten liegendes Verhalten geprägt ist, erfolgte.
Fallgruppen, in denen in der Rechtsprechung ein nicht in der Willenssphäre des Beamten liegendes Verhalten angenommen wurde, sind etwa eine Nichteignung aus anlagebedingten gesundheitlichen Gründen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.11.1999 - 6 A 4344/97 -, juris, Rn. 9,
oder die endgültige Entlassung eines Widerrufsbeamten kraft Gesetzes nach endgültigem Nichtbestehen der Laufbahnprüfung, es sei denn, der Anwärter ist aus von ihm selbst zu vertretenden Gründen seiner Pflicht, sich ernsthaft der Ausbildung und Prüfungsvorbereitung zu widmen, nicht nachgekommen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.1987 - 2 C 22/85 -, juris, Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.10.07 - OVG 4 B 15.07 -, juris.
Zusammenfassend erfasst der Begriff der vorzeitigen Beendigung der Ausbildung aus einem vom Anwärter zu vertretenden Grund bei objektiver Betrachtung die typischen Fälle der Studienabbrecher, die ihre Ausbildung, obwohl sie es könnten, nicht zu Ende führen, sondern vor der Zeit "aussteigen" und dadurch die von ihnen als Gegenleistung für die Ermöglichung eines Studiums im Rahmen des Vorbereitungsdienstes erwartete Ausbildungstreue nicht zeigen,
vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.10.07 - OVG 4 B 15.07 -, juris, Rn. 33.
All dies führt zu der Konsequenz, dass die Entlassung wegen fehlender charakterlicher Eignung nicht auf einem vom Anwärter zu vertretenden Grund beruht.
Die charakterliche Eignung eines Einstellungsbewerbers ist ein Unterfall der persönlichen Eignung. Hierfür ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird. Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Einstellungsbewerbers, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen.
BVerwG, Beschluss vom 20.07.16 - 2 B 17/16 -, juris, Rn. 26, m.w.N.
Wenn ein Beamter wegen fehlender charakterlicher Eignung entlassen wird, sind Entlassungsgründe damit nicht einzelne Verhaltensweisen des Beamten, sondern ausschlaggebend ist dessen Charakter in Form von Persönlichkeitsmerkmalen, auf die aufgrund des Verhaltens des Beamten geschlossen wird.
Dabei ist zu berücksichtigten, dass unter dem Charakter aus psychologischer Sicht die Gesamtheit aller im Laufe des Lebens (relativ) gleich bleibenden Wertorientierungen, Einstellungen, Haltungen und Handlungsweisen eines Menschen, die die Einmaligkeit des Individuums ausmachen, zu verstehen sind,
vgl. Brockhaus, Enzyklopädie in 30 Bänden, 21. Auflage, Bd. 5, Stichwort "Charakter".
Daraus folgt, dass einem Beamten, der wegen fehlender charakterlicher Eignung entlassen wird, bescheinigt wird, ihm aufgrund seiner (relativ) gleich bleibenden und damit nur bedingt veränderbaren Wertorientierungen, Einstellungen, Haltungen und Handlungsweisen in Bezug auf Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung prognostisch nicht zuzutrauen, uneingeschränkt den für die jeweilige Beamtenlaufbahn geltenden Anforderungen gerecht werden zu können. Ist ein Beamter aber nicht ohne Weiteres - d.h. etwa ohne psychologische Schulung oder gar Behandlung oder ohne längerfristige erzieherische Maßnahmen - in der Lage, seine Persönlichkeitsmerkmale durch eigenes willensgesteuertes Verhalten zu verändern, kann er diese Persönlichkeitsmerkmale auch nicht zu vertreten haben.
Das Ergebnis, eine fehlende charakterliche Eignung als nicht vom Beamten zu vertreten anzusehen, ist auch vor dem Hintergrund des gesetzlichen Gesamtzusammenhangs schlüssig.
So bestimmt § 23 Abs. 3 BeamtStG für Probebeamte als ausdrücklichen Entlassungsgrund neben der in Nr. 2 der Vorschrift geregelten fehlenden Bewährung während der Probezeit, worunter auch eine fehlende Eignung in fachlicher, charakterlicher und gesundheitlicher Hinsicht zu subsumieren ist, in Nr. 1 der Vorschrift das Begehen einer Handlung, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte. Für Probebeamte wird damit ausdrücklich zwischen der Entlassung wegen fehlenden Bewährung und der Entlassung wegen eines disziplinarwürdigen Dienstvergehens differenziert, wobei kein allgemeines rechtliches Hindernis besteht, die Entlassung eines Probebeamten wegen derselben Tatumstände auf beide Fallvarianten zugleich zu stützen, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen beider Vorschriften erfüllt sind,
vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 1965 - II C 58.64 -, BVerwGE 21, 50 ff. = juris, Rn. 34.
Wird ein Beamter auf Probe auf der Grundlage von § 23 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG entlassen, handelt es sich damit eindeutig um ein Ausscheiden aus dem Dienst, welches der Beamte im Sinne der oben vorgenommenen Begriffsdefinition zu vertreten hat, weil diese Entlassung an ein bestimmtes disziplinarwürdiges Verhalten des Beamten anknüpft. Erfolgt die Entlassung kumulativ gestützt auf § 23 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 BeamtStG, erfolgt sie aus jedenfalls auch vom Beamten zu vertretenden Gründen.
Auch wenn § 23 Abs. 4 S. 1 BeamtStG für Widerrufsbeamte anders als § 23 Abs. 3 BeamtStG für Probebeamte keine Voraussetzungen benennt, sondern sie voraussetzungslos in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn stellt, kann jedenfalls die in § 23 Abs. 3 BeamtStG enthaltene Differenzierung in Bezug auf den jeweiligen Anknüpfungspunkt einer Entlassung auf § 23 Abs. 4 BeamtStG übertragen werden, zumal - worauf auch im streitgegenständlichen Entlassungsbescheid des PP E. vom 16.11.15 ausdrücklich hingewiesen wurde - ein Grund, der sogar für einen Probebeamten eine Entlassung rechtfertigt, erst recht auch für einen Widerrufsbeamten eine Entlassung rechtfertigt, denn der Entlassungsschutz eines Widerrufsbeamten ist nicht stärker als der Entlassungsschutz eines Probebeamten.
Die Klägerin wurde gerade nicht in Anknüpfung an ein bestimmtes Verhalten als solches entlassen.
Dabei ist im Falle einer bestandskräftigen Entlassungsverfügung - wie hier - die darin enthaltene Begründung für die Beurteilung der Frage, ob von einem vom Beamten zu vertretenden Verhalten auszugehen ist oder nicht, maßgeblich, ohne dass es noch einer Überprüfung der Richtigkeit der dieser Begründung zugrundeliegenden Tatsachen bedarf,
so auch VG Kassel, Urteil vom 15.03.04 - 7 E 127/01 -, juris, Rn. 28.
Zwar ist in der Begründung des bestandskräftigen Entlassungsbescheides des PP E. vom 16.11.15 einleitend - direkt im ersten Absatz - ausgeführt, die Klägerin sei im Zusammenhang mit dem Konsum von Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten und habe eine Drohung zum Nachteil einer Lehrgangsteilnehmerin ausgesprochen. Ausschlaggebend für die Entlassungsentscheidung ist der weiteren Bescheidbegründung zufolge jedoch gerade nicht dieses Einzelverhalten als solches, sondern die aus diesem und weiterem Einzelverhalten der Klägerin abgeleitete Einstufung der Klägerin als charakterlich ungeeignet. Gerade auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 23 Abs. 4 S. 2 BeamtStG, wonach einem Widerrufsbeamten die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, wird in der Bescheidbegründung die sofortige Entlassung der Klägerin für erforderlich erachtet. Insoweit heißt es in dem Bescheid ausdrücklich: "Es wäre nicht i.S.d. Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) vereinbar, dass eine Anwärterin weiter in dem Beruf der Polizeivollzugsbeamtin ausgebildet wird, wenn durch ihr Verhalten feststeht, dass es an der geforderten Eignung mangelt." Auch dies spricht gegen die Annahme, die Klägerin hätte ihre Entlassung wegen fehlender charakterlicher Eignung zu vertreten, denn das PP E. bringt dadurch inzident zum Ausdruck, es traue der Klägerin gerade nicht zu, die von ihm angenommenen charakterlichen Defizite bis zum Abschluss des Vorbereitungsdienstes noch beheben zu können, was auch schlüssig ist, wenn man von der oben dargelegten psychologischen Betrachtung ausgeht, wonach Charaktereigenschaften gerade (relativ) gleich bleibend sind. Hätte das PP E. bestimmtes Einzelverhalten der Klägerin als so schwerwiegend eingestuft, dass es für sich genommen - neben der ausdrücklich benannten fehlenden charakterlichen Eignung der Klägerin - als Entlassungsgrund ausreicht, hätte es dieses Einzelverhalten ausdrücklich als Entlassungsgrund benennen können und damit die entscheidende Weichenstellung für die Bejahung eines von der Klägerin zu vertretenden Grundes im Sinne der Anwärterbesoldungsauflage vom 1.09.14 vornehmen können. Ohne Vornahme dieser Weichenstellung stellt sich die Entlassung der Klägerin hingegen als Fall eines missglückten Berufsstarts dar, in dem die gescheiterte Anwärterin nicht zusätzlich mit einer Rückzahlung belastet werden soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Zulassung der Berufung basiert auf §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die verallgemeinerungsfähige Frage, ob ein Widerrufsbeamter seine Entlassung wegen fehlender charakterlicher Eignung zu vertreten hat oder - wie hier angenommen - nicht.