Nach dem Bundesdisziplinargesetz zulässige Disziplinarmaßnahmen
Wir geben Ihnen am Beispiel des Bundesdisziplinarrechts einen Überblick über die Disziplinarmaßnahmen.
Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen gegen Bundesbeamte
Es hat sich ein Katalog der von Disziplinarmaßnahmen herausgebildet, der sich in allen Disziplinargesetzen findet. Regionale
Abweichungen sind eher selten. Nach dem Bundesdisziplinargesetz sind folgende Maßnahmen zulässig:
§ 5 Bundesdisziplinargesetz: Katalog der zulässigen Disziplinarmaßnahmen
§ 6 BDG: Verweis
§ 7 BDG: Geldbuße
§ 8 BDG: Kürzung der Dienstbezüge
§ 9 BDG: Zurückstufung (früher: Degradierung)
§ 10 BDG:Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte
§ 11 BDG: Kürzung des Ruhegehalts
§ 12 BDG: Aberkennung des Ruhegehalts
Erhalt oder Beendigung des Beamtenstatus bei Ahndung eines Dienstvergehens?
Die Maßnahmen lassen sich in zwei Gruppen teilen:
1. jene, die das Beamtenverhältnis erhalten, also Maßnahmen mit
Pflichtenmahnungsfunktion,
und
2. die Entfernung aus dem Dienst bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts, die als schärfste Sanktionen das Beamtenverhältnis beenden.
Bitte beachten Sie als Ruhestandsbeamter: Man kann die Auffassung vertreten, dass gegen
Ruhestandsbeamte ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet werden solle, wenn von
Vornherein feststehe, dass nicht zumindest
eine Kürzung des Ruhegehalts in Betracht kommen kann. Anknüpfungspunkt für diese Meinung ist § 17 BDG. Viele halten diese Regelung für verfehlt, weil
erst nach Durchführung eines Verfahrens entschieden werden könne, welche Maßnahme überhaupt in Betracht komme.
In seltenen Fällen, in denen eine Maßnahme mit Pflichtenmahnungsfunktion
verhängt worden war, heben Gerichte die Maßnahme auf, wenn der Beamte zum
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Ruhestand ist. Vergleichen Sie
dazu Verwaltungsgericht Greifswald, Urteil vom 10.08.2016, 11 A 1361/14 (in
der Rechtsprechungsdatenbank MV).
Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte auf Widerruf und auf Probe
Beamte auf Widerruf und auf Probe haben einen noch nicht sehr gefestigten Status. Im Falle eines Fehlverhaltens kommen nicht nur
Disziplinarmaßnahmen in Betracht, sondern es können auch scharfe beamtenrechtliche Konsequenzen gezogen werden. So ist eine Entlassung
aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten, wenn sich aus dem zu beanstandenden Verhalten berechtigte Zweifel an der charakterlichen
Eignung ergeben.
Bleibt es bei der disziplinarrechtlichen Betrachtung, dann dürfen im Disziplinarverfahren nur leichte Sanktionen verhängt werden.
Würde das Fehlverhalten eigentlich eine schärfere Sanktion mit sich bringen müssen, dann erfolgt die Entlassung nach Beamtenrecht.
Beamten auf Probe und auf Widerruf dürfen nur Verweise erteilt und Geldbußen auferlegt werden.
Bei schwereren Dienstvergehen: Entlassung gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 sowie § 37 BBG
Welche Disziplinarmaßnahme ist im Einzelfall zu erwarten?
Das ist im Einzelfall stets eine schwer zu beantwortende Frage, da die Meinungen oft weit auseinander gehen und
sich die Diskussion Fälle oft erst im Verfahren entwickeln muss.
Wer viel Erfahrung im Disziplinarrecht hat, wird oft eine Daumenpeilung wagen können, aber Prognosen sind bekanntlich immer dann
unsicher, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Das gilt nach allgemeiner
Meinung ganz besonders für gerichgtliche Entscheidungen - wobei alles noch
von der Entscheidungspraxis der Behörden übertroffen wird.
Dennoch wird
jeder Praktiker ein Judiz wagen müssen, also eine Vorhersage auf der
Grundlage von Erfahrung und Expertise.
Leider ist Irrtum nicht
ausgeschlosssen.
Wichtig für die Einschätzung der sisziplinarrechtlichen Bedeutung eines
Fehlverhaltens ist, dass es bestimmte "Deliktsgruppen" gibt, deren Kenntnis eine erste
Prognose ermöglichen kann.
Grundsätzlich zur Zumessung der Disziplinarmaßnahme:
Zu der
Bemessung der Disziplinarmaßnahme hat das Bundesverwaltungsgericht sich unendlich oft geäußert.
Nach seiner Rechtsprechung verpflichten die
Bemessungsregelungen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG
- unmittelbar bei Bundesbeamten, sinngemäß aber auch bei allen anderen Beamten -
die Verwaltungsgerichte, über die Disziplinarmaßnahme
aufgrund einer
prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall belastenden und
entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Systematik im Laufe der Zeit ein wenig modifiziert,
vielleicht ohne dass wir schon am Ende der Entwicklung wären. Früher war man
bemüht, ein wenig Struktur in die Dinge zu bringen, indem für bestimmte
Fallgruppen Regelmaßnahmen vorgegeben wurden. Heute spricht das Gericht
davon, dass ein Orientierungsrahmen bis hin zu einer bestimmten
Maßnahme vorgegeben sei. Entscheidend ist dann aber stets die Würdigung
aller Umstände des Einzelfalles.
1. gedanklicher Schritt
Maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß §
13 Abs. 1 Satz 2 BDG;
sie ist richtungweisend für die Bestimmung
der Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner
Schwere in einen Orientierungsrahmen einzuordnen ist, der bis zu einer der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen
reicht.
Sehr wichtig ist dabei stets die Unterscheidung zwischen innerdienstlichem und außerdienstlichen Verhalten.
2. gedanklicher Schritt
Auf der Grundlage dieser Zuordnung zu einer Fallgruppe bzw. zu einem
Orientierungsrahmen kommt es für die Festlegung der angemessenen Disziplinarmaßnahme darauf an, welche konkrete
Maßnahme unter Berücksichtigung der Erkenntnisse
zum Persönlichkeitsbild des Beamten gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG
und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG
im Einzelfall geboten ist.
Dabei gibt es dann vielerlei Streit um die Bedeutung einzelner Erwägungen.
Welche Bedeutung hat zum Beispiel eine Verminderung der Schuldfähigkeit?
Darf der Gedanke der Generalprävention (Abschreckung anderer) eine Rolle spielen?
§ 13 Bundesdisziplinargesetz lautet wie folgt: Bemessung der Disziplinarmaßnahme
(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der
Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll
berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig
verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als
noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholte Male ausführlich dargelegt, was bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift zu beachten ist. Es hat
zahlreiche neue Aspekte eingebracht und bestimmte Kriterien neu bewertet, zum Beispiel das Problem der verminderten Schuldfähigkeit bei der Anwendung
des Disziplinarrechts.
Während die Disziplinarmaßnahmen im Recht der Landesbeamten die gleichen
sind, finden sich im Wehrdisziplinarrecht auch andere Maßnahmen.
Für die
Bemessung der Maßnahme im Einzelfall gibt es eine Vorschrift, welche die
Dinge gut auf den Punkt bringt:
§ 38 Wehrdisziplinarordnung lautet wie folgt:
Richtlinien für das Bemessen der Disziplinarmaßnahme
(1) Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind Eigenart und
Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die
Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.
(2) In der Regel ist mit den milderen
Disziplinarmaßnahmen zu beginnen und erst bei erneuten Dienstvergehen zu schwereren Disziplinarmaßnahmen überzugehen.
(3) Disziplinararrest
soll erst dann verhängt werden, wenn vorausgegangene erzieherische Maßnahmen
und Disziplinarmaßnahmen ihren Zweck nicht erreicht haben oder die
Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung eine disziplinare Freiheitsentziehung gebietet.
Altersversorgung bei Entfernung aus dem Dienst
Bei Entfernung aus dem Dienst oder der Aberkennung des Ruhegehalts
erfolgt eine Nachversicherung in der Rentenversicherung. Ein Altersgeld wird
dann nicht gewährt (vgl. BVerwG 2 B 13.20 , Beschluss vom 26.05.20).