Beschlagnahmen und Durchsuchungen im Disziplinarrecht
In Disziplinarverfahren kommt es eher selten zu Durchsuchungen, teils weil die Vorwürfe keinen Anlass zu solchen Ermittlungshandlungen bieten, teils weil bereits strafrechtliche Ermittlungsverfahren geführt wurden und Durchsuchungen längst erfolgt sind.
Bundesdisziplinargesetz und Landesgesetze mit Regelungen zu Durchsuchung und Beschlagnahme
§ 27 Bundesdisziplinargesetz: Beschlagnahmen und Durchsuchungen
(1) Das Gericht kann auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen; § 25 Abs. 3 gilt entsprechend. Die Anordnung darf nur getroffen werden, wenn der Beamte des ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung über Beschlagnahmen und Durchsuchungen gelten entsprechend, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur durch die nach der Strafprozessordnung dazu berufenen Behörden durchgeführt werden.
(3) Durch Absatz 1 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
§ 29 Hamburgisches Disziplinargesetz: Beschlagnahmen und Durchsuchungen
((1) Das Verwaltungsgericht kann auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen; § 27 Absatz 3 gilt entsprechend. Die Anordnung darf nur getroffen werden, wenn die Beamtin oder der Beamte des ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung über Beschlagnahmen und Durchsuchungen gelten entsprechend, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur durch die nach der Strafprozessordnung dazu berufenen Behörden durchgeführt werden.
(3) Durch Absatz 1 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Eine Gerichtsentscheidung zur Durchführung der Durchsuchung im Disziplinarverfahren
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Disziplinarsenat, Beschluss vom 03.07.12, 12 Bf 58/12.F
Eine vom Verwaltungsgericht angeordnete disziplinarrechtliche Durchsuchung und Beschlagnahme ist von der Staatsanwaltschaft und auf deren Anordnung von ihren Ermittlungspersonen durchzuführen.Die Durchsuchungspersonen können entsprechend § 110 StPO Unterlagen zur Durchsicht auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses mitnehmen. Einer gerichtlichen Beschlagnahmeanordnung bedarf es dafür noch nicht.
Gegenstände, deren Beweiserheblichkeit nicht erst in einem Sichtungsverfahren zu prüfen ist, können im Zuge der Durchsuchung vorläufig sichergestellt werden, damit sogleich die gerichtliche Anordnung der Beschlagnahme gemäß § 29 Abs. 1 HmbDG i.V.m. § 94 Abs. 2 StPO für die erst nach der Durchsuchung konkret zu bezeichnenden Gegenstände beantragt werden kann.
Zufallsfunde, die keine strafrechtliche Relevanz haben, aber auf beamtenrechtliche Pflichtenverstöße hinweisen, derentwegen der Durchsuchungsbeschluss nicht ergangen ist, können nicht entsprechend § 108 StPO vorläufig sichergestellt werden.
Disziplinarrecht der Soldaten
§ 20 Wehrdisziplinarordnung: Durchsuchung und Beschlagnahme
(1) Zur Aufklärung eines Dienstvergehens darf der Disziplinarvorgesetzte Durchsuchungen und Beschlagnahmen nur außerhalb von Wohnungen und nur auf Anordnung des Richters des zuständigen, notfalls des nächst erreichbaren Truppendienstgerichts vornehmen. Durchsucht werden darf nur ein Soldat, gegen den sich der Verdacht eines Dienstvergehens richtet. Die Durchsuchung erstreckt sich auf die Person und die Sachen des Soldaten. Der Beschlagnahme unterliegen alle Gegenstände, die für die Aufklärung eines Dienstvergehens von Bedeutung sein können. Sie darf gegenüber jedem Soldaten angeordnet werden.(2) Bei Gefahr im Verzug darf der Disziplinarvorgesetzte Maßnahmen nach Absatz 1 auch ohne richterliche Anordnung treffen. Die richterliche Genehmigung ist unverzüglich zu beantragen. Der Antrag auf richterliche Zustimmung oder Genehmigung ist zu begründen. Die entstandenen Akten sind beizufügen. Die Entscheidung, mit welcher der Richter seine Zustimmung oder Bestätigung ganz oder teilweise versagt, ist zu begründen. Der Disziplinarvorgesetzte kann dagegen innerhalb von drei Tagen das Truppendienstgericht anrufen. Hierfür gelten die Sätze 3 und 4 entsprechend. Das Truppendienstgericht entscheidet endgültig durch Beschluss. Der Soldat ist vor allen Entscheidungen, welche die Bestätigung von Maßnahmen nach Absatz 1 zum Gegenstand haben, zu hören. Die Entscheidungen sind ihm zuzustellen.
(3) Für die Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 gilt § 32 Abs. 2 entsprechend. Die Durchsuchung eines Soldaten darf nur von Personen gleichen Geschlechts oder von einem Arzt, der nicht der Truppenarzt des Soldaten sein soll, vorgenommen werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz vor einer Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Die Durchsicht privater Papiere des Soldaten steht nur dem Disziplinarvorgesetzten zu.
(4) Dem Soldaten, gegen den sich eine Maßnahme nach Absatz 1 richtet, sind die Gründe für die Maßnahme mündlich zu eröffnen, soweit der Ermittlungszweck nicht gefährdet wird. Ihm ist die Anwesenheit bei ihrer Durchführung zu gestatten. Ist der Soldat nicht unverzüglich erreichbar, ist ein Zeuge beizuziehen. Über die Durchsuchung und ihr wesentliches Ergebnis sowie über die Beschlagnahme ist unverzüglich eine Niederschrift anzufertigen, aus der sich, falls keine richterliche Anordnung ergangen ist, auch die Tatsachen ergeben müssen, die zur Annahme einer Gefahr im Verzug geführt haben. Dem Soldaten ist auf Verlangen eine Abschrift auszuhändigen. (5) Im Übrigen gelten § 94 Abs. 1 und 2, § 95 Abs. 1, §§ 97, 109 und 111k der Strafprozessordnung entsprechend.
Zu dieser Vorschrift ein Hinweis auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts:
Beschluss vom 02.09.22 - BVerwG 2 WDB 6.22 -
Leitsatz
Die Wehrdisziplinarordnung enthält keine Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung einer Durchsuchung der von einem Mobiltelefon räumlich getrennten Speichermedien (Cloud-Dienste), auf die vom Mobiltelefon aus zugegriffen werden kann.