Bundesdisziplinarrecht: Aussetzung des Disziplinarverfahrens, § 22 BDG
Vorrang des Strafverfahrens (und u. U. auch anderer Verfahren)
Wenn dem Disziplinarverfahren der Verdacht einer
strafbaren
Handlung des Beamten zugrunde liegt und deshalb die Polizei bzw.
Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches (Ermittlungs-) Verfahren betreibt,
so wird ein Disziplinarverfahren zwar eingeleitet, aber meistens sogleich
wieder ausgesetzt.
§ 22 BDG: Zusammentreffen von Disziplinarverfahren mit
Strafverfahren oder anderen Verfahren, Aussetzung
(1) Ist gegen
den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde
liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, wird das
Disziplinarverfahren ausgesetzt. Die Aussetzung unterbleibt, wenn keine
begründeten Zweifel am Sachverhalt bestehen oder wenn im Strafverfahren aus
Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person des Beamten liegen.
Das Strafverfahren hat Vorrang gegenüber dem Disziplinarverfahren.
Das Gesetz regelt eigentlich den Fall, dass im Strafverfahren bereits die öffentliche Klage erhoben ist. Die Praxis setzt
Disziplinarverfahren aber oft schon ab Beginn der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aus.
Das Disziplinarverfahren ruht dann bis zur endgültigen Entscheidung im Strafverfahren.
Die Feststellungen des Strafgerichtsurteils haben Bindungswirkung
Ergeht im Strafverfahren ein rechtskräftiges Urteil, so sind die
Feststellungen des Strafgerichts für das Disziplinarverfahren bindend. Sie werden grundsätzlich nicht erneut überprüft.
Dies ergibt sich aus § 23 BDG
Zwar sind Abweichungen und Durchbrechungen unter besonderen Umständen möglich,
aber die Verteidigung im Strafverfahren sollte bereits die Auswirkungen auf das
Disziplinarverfahren berücksichtigen.
Entsprechende Hinweise finden Sie in kurz gefasster Form bei Artkämper,
Esders u.a., Praxiswissen Strafverfahren bei Tötungsdelikten, ZAP Verlag
2012, S. 478 f.
Bei hohen Freiheitsstrafen endet das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes
Wird der Beamte im Strafverfahren zu einer hohen Freiheitsstrafe
verurteilt, so erübrigt sich das Disziplinarverfahren, weil das Beamtenverhältnis
dann kraft Gesetzes endet, und zwar am Tage der Rechtskraft des
strafgerichtlichen Urteils.
Hier gibt es die magische Grenze von einem Jahr Freiheitsstrafe. Bei einigen
speziellen Delikten liegt die Grenze bei sechs Monaten Freiheitsstrafe.
Zu erwähnen ist noch, dass der Beamte nach unserer Meinung nicht verpflichtet ist, den
Dienstherrn über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen sich selbst
in Kenntnis zu setzen.
Es gibt aber Mitteilungspflichten der Gerichte und Staatsanwaltschaften, § 49 BeamtStG.
Diese unterrichten den Dienstherrn spätestens mit Erhebung einer Anklage.
Andere Verfahren als Strafverfahren
§ 22 BDG: Zusammentreffen von Disziplinarverfahren mit Strafverfahren oder anderen Verfahren, Aussetzung
...
(3) Das Disziplinarverfahren kann auch ausgesetzt werden, wenn in einem
anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist,
deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von
wesentlicher Bedeutung ist. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 gelten entsprechend.
Ist die Aussetzung anfechtbar?
Dazu gibt es in Bund und Ländern höchst unterschiedliche Regelungen, die Sie als Laie nicht werden handhaben können.
Gesetzliche Bestimmungen zur Aussetzung des Disziplinarverfahrens in Bund und Ländern:
§ 22 Bundesdisziplinargesetz
Hamburg § 14 HmbDG
Meck-Pomm § 24 LDG
Schleswig-Holstein § 23 LDG