Verwaltungsermittlungen vor Einleitung des Disziplinarverfahrens
Mit den hier erörterten Fragen befasst sich ausführlich ein Aufsatz von Dr. Klaus Herrmann und Dr. Michael Soiné, "Aufklärung von Dienstvergehen außerhalb des Disziplinarrechts?", in: NVwZ 2012, 845 ff.
Ein altes, immer wieder kontrovers diskutiertes Thema im Disziplinarrecht:
Die Regelungen der Disziplinargesetze dienen nicht zuletzt dem Schutz des betroffenen Beamten, etwa indem sie ihm Informations- und Beteilígungsrechte einräumen.
Der Beamte soll alsbald darüber unterrichtet werden, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und er soll sich von Anfang an zum Beispiel an Zeugenvernehmungen beteiligen können.
Die Dienstherren müssen aber in einigen Fällen im Vorfeld des Disziplinarverfahrens erst einmal sondieren, ob überhaupt ein wirklicher Anfangsverdacht eines Dienstvergehens vorliegt.
Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld: werden die Beteiligungsrechte des Beamten umgangen, werden ihm Verteidigungsmöglichkeiten genommen, weil zunächst "hinter seinem Rücken" Informationen gesammelt werden?
Die Behörden sprechen von Verwaltungsermittlungen, die notwendig und zulässig seien.
Die Gerichte geben ihnen oft Recht, aber nicht in allen Fällen bleibt es ohne Konsequenzen, wenn der Beamte zu spät unterrichtet wird. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
Bundesverwaltungsgericht zu Vorermittlungen / Verwaltungsermittlungen
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.07.10 - BVerwG 2 A 4.09 -
Vorermittlungen sind, namentlich bei umfangreichen Sachverhalten, regelmäßig erforderlich, um festzustellen, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen (§ 17 Abs. 1 BDG). Bei einem nur vagen Verdacht ist der Dienstherr auf Dauer daran gehindert, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, da in einem solchen Fall gerade keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen. Er muss die Möglichkeit der Prüfung haben, ob sich ein solcher Tatverdacht zur Schwelle des § 17 Abs. 1 BDG verdichten lässt.
Allerdings dürfen Vorermittlungen nicht dazu benutzt werden, die Rechte des beschuldigten Beamten zu verkürzen und von Befugnissen Gebrauch zu machen, die dem Dienstherrn nur nach Eröffnung des Disziplinarverfahrens zustehen (vgl. Beschluss vom 06.08.09 - BVerwG 2 B 45.09). Daher war es zulässig, die späteren Zeuginnen ... vorab anzuhören, weil sie als Betroffene allein in der Lage waren, Auskunft über sexuelle Verfehlungen des Beklagten zu geben. Unerheblich ist, dass sie zuvor nicht auf ihre dienstliche Wahrheitspflicht hingewiesen worden sind bzw. dass ein entsprechender Hinweis in den Akten nicht dokumentiert ist. Die Pflicht, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, ergibt sich aus der allgemeinen Pflicht, die übertragenen Aufgaben gerecht und unparteiisch zu erfüllen, das Amt uneigennützig nach bestem Wissen wahrzunehmen und dienstliche Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen (§ 60 Abs. 1 Satz 2, § 61 Abs. 1 Satz 2 und § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG). Diese Pflicht trifft jeden Beamten jederzeit; eines besonderen Hinweises bedarf es nicht, um sie zu aktualisieren.
Ebenfalls unschädlich ist, dass der Inhalt dieser Vorgespräche nicht oder jedenfalls nicht vollständig dokumentiert ist. Es ist Sache des Dienstvorgesetzten, wie er sich die nach § 17 Abs. 1 BDG erforderliche Überzeugung verschafft, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens vorliegen. Gerade weil es sich um ein formloses Verfahren handelt, gibt es keine Form- oder Protokollierungsvorschriften. Verzichtet der Dienstvorgesetzte darauf, das Ergebnis dieser Vorermittlungen zu dokumentieren und zum Bestandteil der Disziplinarakten zu machen, so ist es ihm allerdings verwehrt, das Aussageverhalten eines Zeugen in einer bestimmten Richtung mit der Begründung zu bewerten, dieser habe das Kerngeschehen in allen Anhörungen gleich geschildert. Wird diese Behauptung bestritten, kann sie nur mit Protokollen früherer Aussagen bewiesen werden.
Vorermittlungen sind, namentlich bei umfangreichen Sachverhalten, regelmäßig erforderlich, um festzustellen, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen (§ 17 Abs. 1 BDG). Bei einem nur vagen Verdacht ist der Dienstherr auf Dauer daran gehindert, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, da in einem solchen Fall gerade keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen. Er muss die Möglichkeit der Prüfung haben, ob sich ein solcher Tatverdacht zur Schwelle des § 17 Abs. 1 BDG verdichten lässt.
Allerdings dürfen Vorermittlungen nicht dazu benutzt werden, die Rechte des beschuldigten Beamten zu verkürzen und von Befugnissen Gebrauch zu machen, die dem Dienstherrn nur nach Eröffnung des Disziplinarverfahrens zustehen (vgl. Beschluss vom 06.08.09 - BVerwG 2 B 45.09). Daher war es zulässig, die späteren Zeuginnen ... vorab anzuhören, weil sie als Betroffene allein in der Lage waren, Auskunft über sexuelle Verfehlungen des Beklagten zu geben. Unerheblich ist, dass sie zuvor nicht auf ihre dienstliche Wahrheitspflicht hingewiesen worden sind bzw. dass ein entsprechender Hinweis in den Akten nicht dokumentiert ist. Die Pflicht, wahrheitsgemäße Angaben zu machen, ergibt sich aus der allgemeinen Pflicht, die übertragenen Aufgaben gerecht und unparteiisch zu erfüllen, das Amt uneigennützig nach bestem Wissen wahrzunehmen und dienstliche Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen (§ 60 Abs. 1 Satz 2, § 61 Abs. 1 Satz 2 und § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG). Diese Pflicht trifft jeden Beamten jederzeit; eines besonderen Hinweises bedarf es nicht, um sie zu aktualisieren.
Ebenfalls unschädlich ist, dass der Inhalt dieser Vorgespräche nicht oder jedenfalls nicht vollständig dokumentiert ist. Es ist Sache des Dienstvorgesetzten, wie er sich die nach § 17 Abs. 1 BDG erforderliche Überzeugung verschafft, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens vorliegen. Gerade weil es sich um ein formloses Verfahren handelt, gibt es keine Form- oder Protokollierungsvorschriften. Verzichtet der Dienstvorgesetzte darauf, das Ergebnis dieser Vorermittlungen zu dokumentieren und zum Bestandteil der Disziplinarakten zu machen, so ist es ihm allerdings verwehrt, das Aussageverhalten eines Zeugen in einer bestimmten Richtung mit der Begründung zu bewerten, dieser habe das Kerngeschehen in allen Anhörungen gleich geschildert. Wird diese Behauptung bestritten, kann sie nur mit Protokollen früherer Aussagen bewiesen werden.
Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zu Vorermittlungen im Disziplinarrecht
Zur Zulässigkeit der Erhebung von Telefondaten im Disziplinarverfahren nach dem Disziplinarrecht des Landes Niedersachsen bzw. schon in dessen Vorfeld - im Rahmen von Verwaltungsermittlungen - hat sich das Verwaltungsgericht Hannover in einem Urteil vom 19.07.07 geäußert.
Das Urteil interessiert rechtlich eigentlich nur, wenn es Ihnen um die Zulässigkeit sogenannter Verwaltungsermittlungen vor Einleitung des Disziplinarverfahrens geht (Zulässigkeit hier vom Gericht bejaht) oder um die Frage, ob und wie weit Ihr Dienstherr Ihre Telefonkontakte von dienstlichen Apparaten nachverfolgen darf.
Die Entscheidung des VG Hannover ist recht lang. Wenn Sie gleich zu den Ausführungen über Verwaltungsermittlungen springen wollen,
Denn um das Thema Verwaltungsermittlungen geht es auf dieser Seite: was darf der Dienstherr an Ermittlungen betreiben, bevor der Beamte über die Einleitung eines Verfahrens unterrichtet wird?
VG Hannover, Urteil vom 19.07.07 - 18 A 2484/06 -
Die Klage wird abgewiesen.
Ein Kriminaloberkommissar des Landes Niedersachsen wendet sich gegen die Disziplinarverfügung, mit der gegen ihn eine Gehaltskürzung in Höhe von 1/20 auf die Dauer von 6 Monaten verhängt wurde.
...
Das Disziplinarverfahren hat folgenden Hintergrund.
Mit Verfügung teilte der Polizeipräsident dem Kläger u.a. folgendes mit:
„...mit sofortiger Wirkung ist der ausschließliche Kontakt zu der Person A auf den - B - übertragen worden. Jeglicher Kontakt mit anderen Mitarbeitern gefährdet das Vertrauensverhältnis und ist der derzeitigen Entwicklung abträglich. Ich bitte Sie daher ausdrücklich, zukünftig jeden Kontakt zu der Person A zu unterbinden, eingehende Telefonate dieser Person unverzüglich abzubrechen und sie ausschließlich an - B - zu verweisen. Mit diesem Schreiben verbinde ich die Erwartung, dass Sie sich der Sensibilität der Situation bewusst sind. Aufgrund der besonderen Situation bitte ich daher um Verständnis, dass bei Zuwiderhandlungen umgehende personalwirtschaftliche sowie dienst- bzw. disziplinarrechtliche Maßnahmen erforderlich sein werden."
Nachdem ein Beamter die Polizeidirektion davon unterrichtet hatte, dass der Kläger auf seinem Handy einen Anruf erhalten habe, aus dessen Gesprächsverlauf der Eindruck entstanden sei, dass es sich bei dem Anrufer um die Person A gehandelt habe, ordnete der Polizeipräsident die Einleitung beamtenrechtlicher Ermittlungen gegen den Kläger an. Im Weiteren forderte der mit der Ermittlung beauftragte Zentrale Kriminaldienst die Abteilung „IT-Service ISDN" auf, in dem noch vorhandenen Datenbestand der Telekommunikationsanlage der Liegenschaften Polizeistation Q. und Polizeikommissariat R. nach zu- und abgehenden Telefonaten zwischen dem Kläger und den bekannten Erreichbarkeiten der Person A zu suchen und das Ergebnis an den Zentralen Kriminaldienst zu übermitteln.
Nach Vorlage des Ergebnisses der Telefonrecherche leitete der Polizeipräsident gegen den Kläger disziplinarrechtliche Vorermittlungen ein. Dem Beamten wurde vorgeworfen, die ihm mit dienstlicher Verfügung erteilte Weisung missachtet zu haben. Eine Überprüfung des Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsverbindungen habe ergeben, dass von dem Dienstapparat U. des Beamten in drei Fällen die Person A unter ihren bekannten Erreichbarkeiten angerufen worden sei. ...
Der Sachverhalt rechtfertige den Verdacht der Verletzung der Pflicht des Beamten zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Pflicht, Anordnungen des Dienstvorgesetzten zu befolgen und damit den Verdacht eines Verdacht eines Dienstvergehens.
Die Einleitungsverfügung wurde dem Beamten zugestellt. Mit Disziplinarverfügung verhängte der Polizeipräsident der Polizeidirektion gegen den Kläger wegen eines Dienstvergehens eine Gehaltskürzung in Höhe von 1/20 auf die Dauer von 6 Monaten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch die im Zuge der Überprüfung des Datenbestandes der Telekommunikationsanlage festgestellten Kontakte zu der Person A habe der Kläger gegen die ihm erteilte Weisung verstoßen. Mit seinem Verhalten habe er vorsätzlich gegen die ihm obliegende Dienstpflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Ausführung von Weisungen des Dienstvorgesetzten (§ 63 S. 1 und 2 § NBG) verstoßen. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe lägen nicht vor. Der Kläger habe vorsätzlich gehandelt und damit ein Dienstvergehen nach § 85 Abs. 1 NBG begangen. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei erschwerend zu berücksichtigen, dass der Kläger vorsätzlich gehandelt und bereits mit einer Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße wegen eines anderen Dienstvergehens belegt worden sei. Die nun verhängte Gehaltskürzung erscheine sowohl von dem Kürzungsbruchteil als auch von der Laufzeit, auf Grund des erneuten Fehlverhaltens, als zwingend erforderlich, aber in der Höhe zunächst auch ausreichend, um den Kläger nochmals eindringlich zu warnen und erneut darauf hinzuweisen, sein Verhalten zu ändern und die Wiederholung eines solchen Fehlverhaltens auszuschließen.
Der Kläger hat Klage erhoben. Er wendet sich gegen die Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, dem Kläger den privaten Kontakt zu der Person A zu untersagen. Die Disziplinarverfügung beruhe zudem auf einer unzulässigen Beweiserhebung. Der Beklagte sei schon deshalb nicht zur Überprüfung der Telekommunikationsverbindungen berechtigt gewesen, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung der Überprüfung ein für die Anordnung der Ermittlungen notwendiger, hinreichender Verdacht für ein Dienstvergehen nicht vorgelegen habe (§ 18 NDiszG). Die Überprüfung der Telefonverbindungen sei ferner rechtswidrig, weil sie gegen die Regelung des § 88 Abs. 3 Satz 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) verstoße und den Kläger in seinem Recht auf Unverletzlichkeit des Telekommunikations-Fernmeldegeheimnisses und auf informationelle Selbstbestimmung verletzte.
Auch die für die Beweiserhebung maßgeblichen Voraussetzungen der Regelungen der §§ 100g, 100h Strafprozessordnung (StPO) und des § 25 NDO bzw. § 27 NDiszG hätten nicht vorgelegen. Die Maßnahme sei zu keinem Zeitpunkt einer richterlichen Anordnung und Kontrolle unterworfen worden. Sie sei auch nicht im Sinne von § 27 NDiszG von einem Behördenleiter oder einem Vertreter, der die Befähigung zum Richteramt habe, angestellt worden. Da die Beweiserhebung unzulässig gewesen sei, unterliege das Ergebnis der Beweiserhebung einem Beweisverwertungsverbot.
Der Kläger beantragt, die Disziplinarverfügung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Eine Aufhebung der Disziplinarverfügung kommt nicht in Betracht, weil die Disziplinarverfügung rechtmäßig und zweckmäßig ist (§ 55 Abs. 3 NDiszG). Der Kläger hat sich eines Dienstvergehens (§ 85 NBG) schuldig gemacht. Er hat seine Dienstpflichten, zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Beachtung und Ausführung von Weisungen seines Dienstvorgesetzten (§ 63 Satz 1 und 3 NBG) verletzt, indem er entgegen der Weisung seines Dienstvorgesetzten telefonisch Kontakt zu der Person A hatte und den Kontakt nicht unverzüglich abgebrochen und die Person an den in der dienstlichen Weisung benannten Kollegen verwiesen hat.
Der Sachverhalt steht zur Überzeugung der Disziplinarkammer auf Grund der Verfügung des Dienstvorgesetzten und dem Ergebnis der Überprüfung des gespeicherten Datenbestandes der dienstlich geführten Telefonate des Klägers fest. Der Kläger handelte auch vorsätzlich. Er hat bewusst und gewollt gegen die Weisung verstoßen.
Das Vorbringen des Klägers führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
...
Ohne Erfolg macht der Kläger weiter geltend, die Disziplinarverfügung sei rechtswidrig, weil sie auf einer unzulässigen Beweiserhebung und Beweisverwertung beruhe.
Entgegen der Auffassung des Klägers, verstößt die Überprüfung des dienstlichen Datenbestandes der Telekommunikationsanlage nicht gegen § 88 Abs. 3 TKG. Die Regelung des § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG, die eine einfachgesetzliche Ausprägung des Schutzes des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 GG) enthält, findet hier keine Anwendung. ...
Der Dienstherr hat dem Beamten im vorliegenden Fall die Telekommunikationsanlage und ein mobiles Telefon ausschließlich zu dienstlichen Zwecken, als Hilfsmittel der Erfüllungen der dienstlichen Aufgaben zur Verfügung gestellt. Eine sonstiges Angebot zur Nutzung, insbesondere „als Dritter" zu privaten Zwecken im Sinne eines „nachhaltigen Angebots von Telekommunikation", besteht nicht. Dies ergibt sich auch aus der Dienstanordnung über die Abwicklung von Telefongesprächen von Dienstapparaten und die Gebührenabrechnung für private Telefonate, die der Beamte AK. unterzeichnet hat. Danach dient die Telekommunikationsanlage ausschließlich dienstlichen Zwecken. Private Telefonate von dienstlichen Telefonapparaten sind nur ausnahmsweise, in dringenden Fällen gestattet.
Die Ausnahmeregelung erfüllt nach ihrem Umfang und ihrer inhaltlichen Ausgestaltung nicht die Anforderungen eines „nachhaltigen Angebots von Telekommunikation" im Sinne der Begriffsdefinition des TKG.
Die Überprüfung des dienstlichen Datenbestandes der Telekommunikationsanlage verletzt den Kläger auch im Übrigen nicht in seinem Recht auf Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG). Das Recht der Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses, hinter dem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) als allgemeineres Recht zurück tritt, soweit sich die Schutzbereiche überschneiden (vgl. BVerfGE 100, 313 (358); 110, 33 (53)), ist eine besondere Ausprägung des Schutzes der Privatsphäre und soll jeder Gefahr für die Vertraulichkeit einer Mitteilung begegnen. Eine durch den Dienstherrn, zur Erhärtung oder Entkräftung des Verdachts eines Dienstvergehens (§ 22 DiszG), in Übereinstimmung mit den Regelungen des Disziplinarrechts angeordnete, zeitlich und örtlich begrenzte Überprüfung des vorhandenen Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsanlage verletzt den Beamten nicht in unzumutbarer Weise in seinem Recht auf Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG). Die im Vorfeld der förmlichen Einleitung des Disziplinarverfahrens vorgenommene Anordnung der Überprüfung des dienstlichen Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsanlage stand im Einklang mit den Regelungen des Disziplinarrechts und den ergänzenden Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts, so dass der Beamte ungerechtfertigte Verletzung seines Rechts auf Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG) nicht mit Erfolg geltend machen kann.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung sind die Regelungen der §§ 4, 22, 25 NDiszG i.V.m. § 1 NVwVfG und § 40 VwVfG maßgeblich.
§ 22 NDiszG verpflichtet die Disziplinarbehörde im Rahmen der Aufklärung des Sachverhalts die belastenden und die entlastenden Umstände zu ermitteln. Nach § 25 Abs. 1 Zif. 1. NDiszG können im Rahmen der Ermittlungen u.a. schriftliche dienstliche Äußerungen eingeholt werden.
Bei der eingeholten Stellungnahme über den zurückliegenden Datenbestand der dienstlichen Telefonanlage handelt es sich um eine dienstliche Äußerungen im Sinne des § 25 Abs. 1 Zif. 1 NDiszG, denn die Äußerung steht im Zusammenhang mit dienstlichen Belangen der Dienstaufsicht und der Klärung (Erhärtung oder Entkräftung) des Verdachts eines Dienstvergehens nach § 85 NBG.
Die Anordnung der Überprüfung des Datenbestandes ist auch nicht ermessensfehlerhaft (§ 4 NDiszG i.V.m. § 1 NVwVfG und § 40 VwVfG). Die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung der §§ 22, 25 Abs. 1 Zif. 1 NDiszG ausgeübt. Die Anordnung diente der Entkräftung bzw. Erhärtung der zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehenden Vermutungen für das Vorliegen eines Dienstvergehens. Die Anordnung war auch nach Art und Umfang erforderlich, geeignet und angemessen. Sie war auf den vorhandenen Datenbestand über die zu- und abgehenden Telefonverbindungen zwischen dem dienstlichen Anschluss des Klägers und den bekannten Erreichbarkeiten der Person A und auf die Dauer des zurückliegenden Zeitraums von 90 Tagen beschränkt. Ein milderes Mittel, das zur Klärung des Sachverhalts ebenso geeignet war, ist nicht ersichtlich. Beklagte hat auch den Anforderungen des § 29 Abs. 2 Satz 2 NDiszG Rechnung getragen und den Kläger von dem Ergebnis der Überprüfung in Kenntnis gesetzt.
Entgegen der Auffassung des Klägers, war die Anordnung der Datenüberprüfung auch nicht deshalb fehlerhaft, weil keine „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte" im Sinne des § 18 NDiszG vorlagen, die den Verdacht eines Dienstvergehens und damit die Anordnung der Ermittlungen rechtfertigten. Auf die Regelung des § 18 NDiszG, nach der die förmliche Einleitung des Disziplinarverfahrens voraussetzt, dass „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte" vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten, kommt es hier nicht an. Dies ergibt sich daraus, dass die Anordnung im Vorfeld der förmlichen Einleitung eines Disziplinarverfahrens, nämlich im Rahmen der Ermittlungen der Verwaltung, erfolgte. Die vorgelagerten Ermittlungen der Verwaltung dienen regelmäßig dazu, das Vorliegen „zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte" für ein Dienstvergehen zu verdichten oder zu entkräften, um dadurch die abschließende Entscheidung über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu ermöglichen.
An die Zulässigkeit der Anordnung der Beweiserhebung im Rahmen der Verwaltungsermittlungen, die noch der allgemeinen Dienstaufsicht zuzurechnen sind, sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn konkrete Vermutungen vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. "Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" im Sinne des § 18 NDiszG sind nicht erforderlich, denn die Ermittlungen der Verwaltung dienen ja gerade dazu, die bloßen Vermutungen ggf. zu „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten" im Sinne des § 18 NDiszG zu verdichten, und damit die förmliche Einleitung des Disziplinarverfahrens zu rechtfertigen.
Dass an die Zulässigkeit der Anordnung der Beweiserhebung im Rahmen der Ermittlungen der Verwaltung geringere Anforderungen zu stellen sind, ergibt sich auch aus der gesetzlichen Begründung zu § 18 NDiszG. In der LTDrs 15/1130 S. 1 ff. (59) zu § 18 NDiszG wird ausgeführt:
"Durch die Neuregelung des § 18 Abs. NDiszG wird für die Einleitung des Disziplinarverfahrens an dem Legalitätsprinzip festgehalten. Die neue Formulierung "liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor" stellt gegenüber der alten Formulierung des § 26 Abs. 1 Satz 1 NDO "werden Tatsachen bekannt" keine inhaltliche sondern nur eine sprachliche Änderung dar, die deutlich machen soll, dass der Verdacht eines Dienstvergehens hinreichend konkret sein muss und bloße Vermutungen nicht ausreichend sind. Um Letztere eventuell konkretisieren zu können, sind nach wie vor so genannte "Verwaltungsermittlungen" zulässig, bevor man sich entschließt ein Disziplinarverfahren einzuleiten."
Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es auch nicht einer gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Überprüfung/Übermittlung des Datenbestandes im Sinne des § 27 Satz 2 NDiszG. Ein Fall des § 27 Satz 2 NDiszG, nach dem die oder der Vorsitzende der Disziplinarkammer auf Antrag u.a. über die Rechtmäßigkeit des Verlangens entscheidet, Aufzeichnungen jeder Art, die als Beweismittel für die Ermittlung von Bedeutung sein können, herauszugeben, wenn dem zuvor von der Disziplinarbehörde geäußerten Verlangen nicht entsprochen wurde, lag nicht vor. Die Überprüfung des Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsanlage bedurfte schließlich auch keiner gerichtlichen Anordnung nach §§ 100g, 100h StPO. Die Regelungen der §§ 100g, 100h StPO finden keine Anwendung. Sie finden weder im Rahmen des förmlich eingeleiteten Disziplinarverfahrens Anwendung, noch sind sie im Rahmen der allgemeinen Verwaltungsermittlungen, die der Entlastung des Beamten oder der Konkretisierung des zureichenden Verdachts eines Dienstvergehens, im Vorfeld der förmlichen Einleitung des Disziplinarverfahrens (§ 18 NDiszG) dienen, anwendbar.
Nach § 3 Satz 1 Zif. 5 NDiszG finden nur die nur die Vorschriften der Strafprozessordnung Anwendung, auf die das Gesetz verweist, und das Gesetz enthält keinen ausdrücklichen Verweis auf die Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 100g, 100h StPO. Anders als die am 01.01.06 außer Kraft getretene Niedersächsische Disziplinarordnung (§ 25 NDO) sieht das am 01.01.06 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts eine generelle Verweisung auf die ergänzende Anwendung der Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO), soweit sie der Eigenart des Disziplinarrechts nicht entgegenstehen, nicht vor. Das Verfahren nach dem Gesetz zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts orientiert sich insgesamt, soweit das Gesetz keine eigenen, spezielleren Regelungen enthält, in Ergänzung an den Verfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz und der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. § 4 NDiszG) und nicht an dem Verfahren nach der Strafprozessordnung.
Dies wird auch durch amtliche Begründung zu § 3 NDiszG (LTDrs 15/1130 S. 46 ff.) bestätigt. Dort wird ausgeführt:
„Durch die ergänzende Anwendung der in der Vorschrift genannten Gesetze wird das Disziplinarrecht von dem Strafverfahrensrecht weitgehend gelöst. Die bisherige Regelung des § 25 NDO, wonach die Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) ergänzend zur Anwendung kommen, ist letztlich ein Überbleibsel des früher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Strafrecht geregelten Dienststrafrechts und wird den Anforderungen an ein modernes Dienstrecht nicht mehr gerecht. In der Praxis führt die Anwendung vieler strafverfahrensrechtlicher Vorschriften nicht selten zu Schwierigkeiten, die sich durch eigenständige, auf die spezifischen Erfordernisse des Disziplinarrechts zugeschnittene Verfahrensnormen sowie durch die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung vermeiden lassen. 88 Auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung wird in diesem Gesetz nur noch in denjenigen Einzelfällen verwiesen, in denen auf sie nach wie vor nicht verzichtet werden kann.
Dringt der Kläger mithin mit seinen Einwendungen nicht durch, so begegnet die Disziplinarverfügung auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Der Kläger hat auch schuldhaft gehandelt. Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor. Die von dem Kläger im Termin der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Gründe für die Kontakte zu der Person A sind zwar nachvollziehbar und verständlich und lassen erkennen, dass sich der Kläger, auch nach der Übertragung der sachlichen Zuständigkeit für die Betreuung der Person A, noch in einer inneren Verantwortung für die Person gesehen hat. Diese Haltung des Klägers verdient auch Anerkennung, denn sie lässt erkennen, dass der Kläger auch die weiterreichenden Wirkungen und Folgen sieht, die die Tätigkeiten einer Kontaktperson für deren weitere Entwicklung, auch nach Beendigung des Zwecks des Kontaktes - mit sich bringen kann, und dass er bereit ist, die daraus resultierenden Verantwortung der Polizei für die nachsorgende Betreuung der Person, zu übernehmen. Gleichwohl musste der Kläger mit seiner Haltung - angesichts der uneingeschränkten Weisung, jeden Kontakt zur Person A zu unterlassen, im Interesse der Funktionsfähigkeit der Polizei zurückstehen. Seine innere Haltung hätte der Kläger ohne dienstlichen Verstoß z.B. dadurch Rechnung tragen können, dass er sich für eine erweiterte Nachsorge für die Kontaktperson über den nunmehr zuständigen Kontaktbeamten einsetzt oder im Wege der Remonstration eine anders gestaltete Nachsorge anregt. Er kann jedoch seine anerkennenswerte Haltung nicht über die Interessen der Polizei stellen, die nicht er, sondern die Polizei definiert.
Die von ihm vorgetragenen Gründe seines Handelns vermögen deshalb das Dienstvergehen nicht zu entschuldigen und führen auch bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht zu einer anderen Beurteilung.
...
Die Klage wird abgewiesen.
Ein Kriminaloberkommissar des Landes Niedersachsen wendet sich gegen die Disziplinarverfügung, mit der gegen ihn eine Gehaltskürzung in Höhe von 1/20 auf die Dauer von 6 Monaten verhängt wurde.
...
Das Disziplinarverfahren hat folgenden Hintergrund.
Mit Verfügung teilte der Polizeipräsident dem Kläger u.a. folgendes mit:
„...mit sofortiger Wirkung ist der ausschließliche Kontakt zu der Person A auf den - B - übertragen worden. Jeglicher Kontakt mit anderen Mitarbeitern gefährdet das Vertrauensverhältnis und ist der derzeitigen Entwicklung abträglich. Ich bitte Sie daher ausdrücklich, zukünftig jeden Kontakt zu der Person A zu unterbinden, eingehende Telefonate dieser Person unverzüglich abzubrechen und sie ausschließlich an - B - zu verweisen. Mit diesem Schreiben verbinde ich die Erwartung, dass Sie sich der Sensibilität der Situation bewusst sind. Aufgrund der besonderen Situation bitte ich daher um Verständnis, dass bei Zuwiderhandlungen umgehende personalwirtschaftliche sowie dienst- bzw. disziplinarrechtliche Maßnahmen erforderlich sein werden."
Nachdem ein Beamter die Polizeidirektion davon unterrichtet hatte, dass der Kläger auf seinem Handy einen Anruf erhalten habe, aus dessen Gesprächsverlauf der Eindruck entstanden sei, dass es sich bei dem Anrufer um die Person A gehandelt habe, ordnete der Polizeipräsident die Einleitung beamtenrechtlicher Ermittlungen gegen den Kläger an. Im Weiteren forderte der mit der Ermittlung beauftragte Zentrale Kriminaldienst die Abteilung „IT-Service ISDN" auf, in dem noch vorhandenen Datenbestand der Telekommunikationsanlage der Liegenschaften Polizeistation Q. und Polizeikommissariat R. nach zu- und abgehenden Telefonaten zwischen dem Kläger und den bekannten Erreichbarkeiten der Person A zu suchen und das Ergebnis an den Zentralen Kriminaldienst zu übermitteln.
Nach Vorlage des Ergebnisses der Telefonrecherche leitete der Polizeipräsident gegen den Kläger disziplinarrechtliche Vorermittlungen ein. Dem Beamten wurde vorgeworfen, die ihm mit dienstlicher Verfügung erteilte Weisung missachtet zu haben. Eine Überprüfung des Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsverbindungen habe ergeben, dass von dem Dienstapparat U. des Beamten in drei Fällen die Person A unter ihren bekannten Erreichbarkeiten angerufen worden sei. ...
Der Sachverhalt rechtfertige den Verdacht der Verletzung der Pflicht des Beamten zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Pflicht, Anordnungen des Dienstvorgesetzten zu befolgen und damit den Verdacht eines Verdacht eines Dienstvergehens.
Die Einleitungsverfügung wurde dem Beamten zugestellt. Mit Disziplinarverfügung verhängte der Polizeipräsident der Polizeidirektion gegen den Kläger wegen eines Dienstvergehens eine Gehaltskürzung in Höhe von 1/20 auf die Dauer von 6 Monaten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch die im Zuge der Überprüfung des Datenbestandes der Telekommunikationsanlage festgestellten Kontakte zu der Person A habe der Kläger gegen die ihm erteilte Weisung verstoßen. Mit seinem Verhalten habe er vorsätzlich gegen die ihm obliegende Dienstpflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Ausführung von Weisungen des Dienstvorgesetzten (§ 63 S. 1 und 2 § NBG) verstoßen. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe lägen nicht vor. Der Kläger habe vorsätzlich gehandelt und damit ein Dienstvergehen nach § 85 Abs. 1 NBG begangen. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei erschwerend zu berücksichtigen, dass der Kläger vorsätzlich gehandelt und bereits mit einer Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße wegen eines anderen Dienstvergehens belegt worden sei. Die nun verhängte Gehaltskürzung erscheine sowohl von dem Kürzungsbruchteil als auch von der Laufzeit, auf Grund des erneuten Fehlverhaltens, als zwingend erforderlich, aber in der Höhe zunächst auch ausreichend, um den Kläger nochmals eindringlich zu warnen und erneut darauf hinzuweisen, sein Verhalten zu ändern und die Wiederholung eines solchen Fehlverhaltens auszuschließen.
Der Kläger hat Klage erhoben. Er wendet sich gegen die Rechtmäßigkeit der Disziplinarverfügung. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, dem Kläger den privaten Kontakt zu der Person A zu untersagen. Die Disziplinarverfügung beruhe zudem auf einer unzulässigen Beweiserhebung. Der Beklagte sei schon deshalb nicht zur Überprüfung der Telekommunikationsverbindungen berechtigt gewesen, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung der Überprüfung ein für die Anordnung der Ermittlungen notwendiger, hinreichender Verdacht für ein Dienstvergehen nicht vorgelegen habe (§ 18 NDiszG). Die Überprüfung der Telefonverbindungen sei ferner rechtswidrig, weil sie gegen die Regelung des § 88 Abs. 3 Satz 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) verstoße und den Kläger in seinem Recht auf Unverletzlichkeit des Telekommunikations-Fernmeldegeheimnisses und auf informationelle Selbstbestimmung verletzte.
Auch die für die Beweiserhebung maßgeblichen Voraussetzungen der Regelungen der §§ 100g, 100h Strafprozessordnung (StPO) und des § 25 NDO bzw. § 27 NDiszG hätten nicht vorgelegen. Die Maßnahme sei zu keinem Zeitpunkt einer richterlichen Anordnung und Kontrolle unterworfen worden. Sie sei auch nicht im Sinne von § 27 NDiszG von einem Behördenleiter oder einem Vertreter, der die Befähigung zum Richteramt habe, angestellt worden. Da die Beweiserhebung unzulässig gewesen sei, unterliege das Ergebnis der Beweiserhebung einem Beweisverwertungsverbot.
Der Kläger beantragt, die Disziplinarverfügung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Eine Aufhebung der Disziplinarverfügung kommt nicht in Betracht, weil die Disziplinarverfügung rechtmäßig und zweckmäßig ist (§ 55 Abs. 3 NDiszG). Der Kläger hat sich eines Dienstvergehens (§ 85 NBG) schuldig gemacht. Er hat seine Dienstpflichten, zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Beachtung und Ausführung von Weisungen seines Dienstvorgesetzten (§ 63 Satz 1 und 3 NBG) verletzt, indem er entgegen der Weisung seines Dienstvorgesetzten telefonisch Kontakt zu der Person A hatte und den Kontakt nicht unverzüglich abgebrochen und die Person an den in der dienstlichen Weisung benannten Kollegen verwiesen hat.
Der Sachverhalt steht zur Überzeugung der Disziplinarkammer auf Grund der Verfügung des Dienstvorgesetzten und dem Ergebnis der Überprüfung des gespeicherten Datenbestandes der dienstlich geführten Telefonate des Klägers fest. Der Kläger handelte auch vorsätzlich. Er hat bewusst und gewollt gegen die Weisung verstoßen.
Das Vorbringen des Klägers führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
...
Ohne Erfolg macht der Kläger weiter geltend, die Disziplinarverfügung sei rechtswidrig, weil sie auf einer unzulässigen Beweiserhebung und Beweisverwertung beruhe.
Entgegen der Auffassung des Klägers, verstößt die Überprüfung des dienstlichen Datenbestandes der Telekommunikationsanlage nicht gegen § 88 Abs. 3 TKG. Die Regelung des § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG, die eine einfachgesetzliche Ausprägung des Schutzes des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 GG) enthält, findet hier keine Anwendung. ...
Der Dienstherr hat dem Beamten im vorliegenden Fall die Telekommunikationsanlage und ein mobiles Telefon ausschließlich zu dienstlichen Zwecken, als Hilfsmittel der Erfüllungen der dienstlichen Aufgaben zur Verfügung gestellt. Eine sonstiges Angebot zur Nutzung, insbesondere „als Dritter" zu privaten Zwecken im Sinne eines „nachhaltigen Angebots von Telekommunikation", besteht nicht. Dies ergibt sich auch aus der Dienstanordnung über die Abwicklung von Telefongesprächen von Dienstapparaten und die Gebührenabrechnung für private Telefonate, die der Beamte AK. unterzeichnet hat. Danach dient die Telekommunikationsanlage ausschließlich dienstlichen Zwecken. Private Telefonate von dienstlichen Telefonapparaten sind nur ausnahmsweise, in dringenden Fällen gestattet.
Die Ausnahmeregelung erfüllt nach ihrem Umfang und ihrer inhaltlichen Ausgestaltung nicht die Anforderungen eines „nachhaltigen Angebots von Telekommunikation" im Sinne der Begriffsdefinition des TKG.
Die Überprüfung des dienstlichen Datenbestandes der Telekommunikationsanlage verletzt den Kläger auch im Übrigen nicht in seinem Recht auf Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG). Das Recht der Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses, hinter dem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) als allgemeineres Recht zurück tritt, soweit sich die Schutzbereiche überschneiden (vgl. BVerfGE 100, 313 (358); 110, 33 (53)), ist eine besondere Ausprägung des Schutzes der Privatsphäre und soll jeder Gefahr für die Vertraulichkeit einer Mitteilung begegnen. Eine durch den Dienstherrn, zur Erhärtung oder Entkräftung des Verdachts eines Dienstvergehens (§ 22 DiszG), in Übereinstimmung mit den Regelungen des Disziplinarrechts angeordnete, zeitlich und örtlich begrenzte Überprüfung des vorhandenen Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsanlage verletzt den Beamten nicht in unzumutbarer Weise in seinem Recht auf Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG). Die im Vorfeld der förmlichen Einleitung des Disziplinarverfahrens vorgenommene Anordnung der Überprüfung des dienstlichen Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsanlage stand im Einklang mit den Regelungen des Disziplinarrechts und den ergänzenden Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts, so dass der Beamte ungerechtfertigte Verletzung seines Rechts auf Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG) nicht mit Erfolg geltend machen kann.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung sind die Regelungen der §§ 4, 22, 25 NDiszG i.V.m. § 1 NVwVfG und § 40 VwVfG maßgeblich.
§ 22 NDiszG verpflichtet die Disziplinarbehörde im Rahmen der Aufklärung des Sachverhalts die belastenden und die entlastenden Umstände zu ermitteln. Nach § 25 Abs. 1 Zif. 1. NDiszG können im Rahmen der Ermittlungen u.a. schriftliche dienstliche Äußerungen eingeholt werden.
Bei der eingeholten Stellungnahme über den zurückliegenden Datenbestand der dienstlichen Telefonanlage handelt es sich um eine dienstliche Äußerungen im Sinne des § 25 Abs. 1 Zif. 1 NDiszG, denn die Äußerung steht im Zusammenhang mit dienstlichen Belangen der Dienstaufsicht und der Klärung (Erhärtung oder Entkräftung) des Verdachts eines Dienstvergehens nach § 85 NBG.
Die Anordnung der Überprüfung des Datenbestandes ist auch nicht ermessensfehlerhaft (§ 4 NDiszG i.V.m. § 1 NVwVfG und § 40 VwVfG). Die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung der §§ 22, 25 Abs. 1 Zif. 1 NDiszG ausgeübt. Die Anordnung diente der Entkräftung bzw. Erhärtung der zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehenden Vermutungen für das Vorliegen eines Dienstvergehens. Die Anordnung war auch nach Art und Umfang erforderlich, geeignet und angemessen. Sie war auf den vorhandenen Datenbestand über die zu- und abgehenden Telefonverbindungen zwischen dem dienstlichen Anschluss des Klägers und den bekannten Erreichbarkeiten der Person A und auf die Dauer des zurückliegenden Zeitraums von 90 Tagen beschränkt. Ein milderes Mittel, das zur Klärung des Sachverhalts ebenso geeignet war, ist nicht ersichtlich. Beklagte hat auch den Anforderungen des § 29 Abs. 2 Satz 2 NDiszG Rechnung getragen und den Kläger von dem Ergebnis der Überprüfung in Kenntnis gesetzt.
Entgegen der Auffassung des Klägers, war die Anordnung der Datenüberprüfung auch nicht deshalb fehlerhaft, weil keine „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte" im Sinne des § 18 NDiszG vorlagen, die den Verdacht eines Dienstvergehens und damit die Anordnung der Ermittlungen rechtfertigten. Auf die Regelung des § 18 NDiszG, nach der die förmliche Einleitung des Disziplinarverfahrens voraussetzt, dass „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte" vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten, kommt es hier nicht an. Dies ergibt sich daraus, dass die Anordnung im Vorfeld der förmlichen Einleitung eines Disziplinarverfahrens, nämlich im Rahmen der Ermittlungen der Verwaltung, erfolgte. Die vorgelagerten Ermittlungen der Verwaltung dienen regelmäßig dazu, das Vorliegen „zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte" für ein Dienstvergehen zu verdichten oder zu entkräften, um dadurch die abschließende Entscheidung über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu ermöglichen.
An die Zulässigkeit der Anordnung der Beweiserhebung im Rahmen der Verwaltungsermittlungen, die noch der allgemeinen Dienstaufsicht zuzurechnen sind, sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn konkrete Vermutungen vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. "Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" im Sinne des § 18 NDiszG sind nicht erforderlich, denn die Ermittlungen der Verwaltung dienen ja gerade dazu, die bloßen Vermutungen ggf. zu „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten" im Sinne des § 18 NDiszG zu verdichten, und damit die förmliche Einleitung des Disziplinarverfahrens zu rechtfertigen.
Dass an die Zulässigkeit der Anordnung der Beweiserhebung im Rahmen der Ermittlungen der Verwaltung geringere Anforderungen zu stellen sind, ergibt sich auch aus der gesetzlichen Begründung zu § 18 NDiszG. In der LTDrs 15/1130 S. 1 ff. (59) zu § 18 NDiszG wird ausgeführt:
"Durch die Neuregelung des § 18 Abs. NDiszG wird für die Einleitung des Disziplinarverfahrens an dem Legalitätsprinzip festgehalten. Die neue Formulierung "liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor" stellt gegenüber der alten Formulierung des § 26 Abs. 1 Satz 1 NDO "werden Tatsachen bekannt" keine inhaltliche sondern nur eine sprachliche Änderung dar, die deutlich machen soll, dass der Verdacht eines Dienstvergehens hinreichend konkret sein muss und bloße Vermutungen nicht ausreichend sind. Um Letztere eventuell konkretisieren zu können, sind nach wie vor so genannte "Verwaltungsermittlungen" zulässig, bevor man sich entschließt ein Disziplinarverfahren einzuleiten."
Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es auch nicht einer gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Überprüfung/Übermittlung des Datenbestandes im Sinne des § 27 Satz 2 NDiszG. Ein Fall des § 27 Satz 2 NDiszG, nach dem die oder der Vorsitzende der Disziplinarkammer auf Antrag u.a. über die Rechtmäßigkeit des Verlangens entscheidet, Aufzeichnungen jeder Art, die als Beweismittel für die Ermittlung von Bedeutung sein können, herauszugeben, wenn dem zuvor von der Disziplinarbehörde geäußerten Verlangen nicht entsprochen wurde, lag nicht vor. Die Überprüfung des Datenbestandes der dienstlichen Telekommunikationsanlage bedurfte schließlich auch keiner gerichtlichen Anordnung nach §§ 100g, 100h StPO. Die Regelungen der §§ 100g, 100h StPO finden keine Anwendung. Sie finden weder im Rahmen des förmlich eingeleiteten Disziplinarverfahrens Anwendung, noch sind sie im Rahmen der allgemeinen Verwaltungsermittlungen, die der Entlastung des Beamten oder der Konkretisierung des zureichenden Verdachts eines Dienstvergehens, im Vorfeld der förmlichen Einleitung des Disziplinarverfahrens (§ 18 NDiszG) dienen, anwendbar.
Nach § 3 Satz 1 Zif. 5 NDiszG finden nur die nur die Vorschriften der Strafprozessordnung Anwendung, auf die das Gesetz verweist, und das Gesetz enthält keinen ausdrücklichen Verweis auf die Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 100g, 100h StPO. Anders als die am 01.01.06 außer Kraft getretene Niedersächsische Disziplinarordnung (§ 25 NDO) sieht das am 01.01.06 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts eine generelle Verweisung auf die ergänzende Anwendung der Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO), soweit sie der Eigenart des Disziplinarrechts nicht entgegenstehen, nicht vor. Das Verfahren nach dem Gesetz zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts orientiert sich insgesamt, soweit das Gesetz keine eigenen, spezielleren Regelungen enthält, in Ergänzung an den Verfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz und der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. § 4 NDiszG) und nicht an dem Verfahren nach der Strafprozessordnung.
Dies wird auch durch amtliche Begründung zu § 3 NDiszG (LTDrs 15/1130 S. 46 ff.) bestätigt. Dort wird ausgeführt:
„Durch die ergänzende Anwendung der in der Vorschrift genannten Gesetze wird das Disziplinarrecht von dem Strafverfahrensrecht weitgehend gelöst. Die bisherige Regelung des § 25 NDO, wonach die Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) ergänzend zur Anwendung kommen, ist letztlich ein Überbleibsel des früher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Strafrecht geregelten Dienststrafrechts und wird den Anforderungen an ein modernes Dienstrecht nicht mehr gerecht. In der Praxis führt die Anwendung vieler strafverfahrensrechtlicher Vorschriften nicht selten zu Schwierigkeiten, die sich durch eigenständige, auf die spezifischen Erfordernisse des Disziplinarrechts zugeschnittene Verfahrensnormen sowie durch die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung vermeiden lassen. 88 Auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung wird in diesem Gesetz nur noch in denjenigen Einzelfällen verwiesen, in denen auf sie nach wie vor nicht verzichtet werden kann.
Dringt der Kläger mithin mit seinen Einwendungen nicht durch, so begegnet die Disziplinarverfügung auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Der Kläger hat auch schuldhaft gehandelt. Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor. Die von dem Kläger im Termin der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Gründe für die Kontakte zu der Person A sind zwar nachvollziehbar und verständlich und lassen erkennen, dass sich der Kläger, auch nach der Übertragung der sachlichen Zuständigkeit für die Betreuung der Person A, noch in einer inneren Verantwortung für die Person gesehen hat. Diese Haltung des Klägers verdient auch Anerkennung, denn sie lässt erkennen, dass der Kläger auch die weiterreichenden Wirkungen und Folgen sieht, die die Tätigkeiten einer Kontaktperson für deren weitere Entwicklung, auch nach Beendigung des Zwecks des Kontaktes - mit sich bringen kann, und dass er bereit ist, die daraus resultierenden Verantwortung der Polizei für die nachsorgende Betreuung der Person, zu übernehmen. Gleichwohl musste der Kläger mit seiner Haltung - angesichts der uneingeschränkten Weisung, jeden Kontakt zur Person A zu unterlassen, im Interesse der Funktionsfähigkeit der Polizei zurückstehen. Seine innere Haltung hätte der Kläger ohne dienstlichen Verstoß z.B. dadurch Rechnung tragen können, dass er sich für eine erweiterte Nachsorge für die Kontaktperson über den nunmehr zuständigen Kontaktbeamten einsetzt oder im Wege der Remonstration eine anders gestaltete Nachsorge anregt. Er kann jedoch seine anerkennenswerte Haltung nicht über die Interessen der Polizei stellen, die nicht er, sondern die Polizei definiert.
Die von ihm vorgetragenen Gründe seines Handelns vermögen deshalb das Dienstvergehen nicht zu entschuldigen und führen auch bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht zu einer anderen Beurteilung.
...
Kommt es nach Verwaltungsermittlungen nicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens, so wird grundsätzlich gelten, dass der Dienstherr die Sache später nicht noch einmal "aufwärmen" darf:
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil vom
11.07.19 - DL 13 S 677/18 -
35
Soweit die Disziplinarverfügung vom 02.10.13 die Verletzung der Geheimhaltungspflicht (§ 37 BeamtStG) zum Gegenstand hat, unterliegt dieser Sachverhalt dem disziplinarrechtlichen Verfolgungsverbot des § 8 LDG, weil der Beklagte nach Abschluss der Verwaltungsermittlungen am 03.02.03 gegenüber dem Kläger erklärte, kein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, wenn er mit seiner Abordnung an das Regierungspräsidium einverstanden ist.
36
Nach § 8 Abs. 1 LDG leitet die Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren ein, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Nach Abs. 2 der Vorschrift wird das Verfahren unter anderem dann nicht eingeleitet, wenn feststeht, dass eine Disziplinarmaßnahme aus sonstigen Gründen nicht in Betracht kommt. So liegt der Fall hier:
37
Der Beklagte hat nach dem Hinweis durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vom 11.09.02 Verwaltungsermittlungen eingeleitet und den stellvertretenden Referatsleiter ... mit internen Untersuchungen nach dem Hinweisgeber betraut. Verwaltungsermittlungen sind, namentlich bei umfangreichen Sachverhalten, regelmäßig erforderlich um festzustellen, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.2010 - 2 A 4.09 -, juris Rn. 109 zu § 17 Abs. 1 BDG).
38
Im Verfahren der Verwaltungsermittlungen wertete der stellvertretende Referatsleiter den dem Kläger vorgeworfenen Chat dergestalt aus, dass er diesen im Einzelnen danach unterteilte, welche Person die „Art der Information“ und die „Kenntnis“ darüber haben konnte und in einer weiteren Tabelle nach Kenntnissen „Internet“, „Englisch“, „Operativ“, und „G10“. Nach der dem Senat nur vorliegenden Sicherheitsakte, die nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aus weiteren Aktenteilen zusammengestellt worden war und nur den Verwaltungsermittlungen dienen sollte, kam der Verdacht aufgrund der oben genannten Merkmale auf den Kläger. In einem Gespräch mit dem Geheimschutzbeauftragten wurde dem Kläger am 03.02.2002 der Sachverhalt eröffnet. Nachdem der Kläger mit seiner Abordnung an das Regierungspräsidium einverstanden war, wurde ihm mitgeteilt, dass ein Disziplinarverfahren (und auch ein Strafverfahren) nicht eingeleitet werde. Dies wurde im Aktenvermerk vom 04.02.2003, der auch vom Präsidenten des Landesamtes abgezeichnet wurde, dokumentiert. Damit hat der Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens abgesehen, hat dies aktenkundig gemacht und dem Kläger bekannt gegeben (§ 8 Abs. 2 Satz 2 LDG). Damit unterliegt dieser dem Beklagten bekannte, in jeder Hinsicht unverändert gebliebene Sachverhalt nicht einer erneuten Würdigung unter disziplinarischen Gesichtspunkten. Bleibt auch nach dem Abschluss der Verwaltungsermittlungen nur ein vager Verdacht, ist der Dienstherr auf Dauer gehindert, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, da dann gerade keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens vorliegen (Nonnenmacher, in: von Alberti/Burr u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2012, § 8 Rn. 11). Es handelt sich um ein Verfolgungsverbot, nicht lediglich um ein Ahndungsverbot. Dies entspricht der Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG, nach der ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet wird, wenn feststeht, dass eine Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht kommt (Amtliche Begründung zu § 41 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 123 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG; ebenso Nonnenmacher, a.a.O., § 8 Rn. 2; vgl. auch Weiß, in: Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Bd. II, M § 17 Rn. 95 ff. 71 ff.). Der Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG steht auch nicht entgegen, dass im Zeitpunkt des Absehens von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens die LDO anwendbar gewesen ist. Denn, unabhängig davon, ob nach der LDO Verwaltungsermittlungen überhaupt zulässig waren (vgl. zum Streitstand v. Alberti/Gayer/Roßkamp, LDO, 1994, § 27 Rn. 3), enthält § 8 Abs. 2 LDG eine für den Kläger günstigere Regelung, die nach dem Willen des Gesetzgebers im Hinblick auf die erheblichen Unterschiede zwischen dem bisherigen und dem künftigen Recht Anwendung finden soll; es handelt sich um eine Verfahrensregelung, sie hat aber auch materiell-rechtliche Auswirkungen für den Kläger (vgl. zum Vorstehenden Amtliche Begründung, LT-Drs. 14/2996, S. 159).
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Soweit die Disziplinarverfügung vom 02.10.13 die Verletzung der Geheimhaltungspflicht (§ 37 BeamtStG) zum Gegenstand hat, unterliegt dieser Sachverhalt dem disziplinarrechtlichen Verfolgungsverbot des § 8 LDG, weil der Beklagte nach Abschluss der Verwaltungsermittlungen am 03.02.03 gegenüber dem Kläger erklärte, kein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, wenn er mit seiner Abordnung an das Regierungspräsidium einverstanden ist.
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Nach § 8 Abs. 1 LDG leitet die Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren ein, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Nach Abs. 2 der Vorschrift wird das Verfahren unter anderem dann nicht eingeleitet, wenn feststeht, dass eine Disziplinarmaßnahme aus sonstigen Gründen nicht in Betracht kommt. So liegt der Fall hier:
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Der Beklagte hat nach dem Hinweis durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vom 11.09.02 Verwaltungsermittlungen eingeleitet und den stellvertretenden Referatsleiter ... mit internen Untersuchungen nach dem Hinweisgeber betraut. Verwaltungsermittlungen sind, namentlich bei umfangreichen Sachverhalten, regelmäßig erforderlich um festzustellen, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.07.2010 - 2 A 4.09 -, juris Rn. 109 zu § 17 Abs. 1 BDG).
38
Im Verfahren der Verwaltungsermittlungen wertete der stellvertretende Referatsleiter den dem Kläger vorgeworfenen Chat dergestalt aus, dass er diesen im Einzelnen danach unterteilte, welche Person die „Art der Information“ und die „Kenntnis“ darüber haben konnte und in einer weiteren Tabelle nach Kenntnissen „Internet“, „Englisch“, „Operativ“, und „G10“. Nach der dem Senat nur vorliegenden Sicherheitsakte, die nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aus weiteren Aktenteilen zusammengestellt worden war und nur den Verwaltungsermittlungen dienen sollte, kam der Verdacht aufgrund der oben genannten Merkmale auf den Kläger. In einem Gespräch mit dem Geheimschutzbeauftragten wurde dem Kläger am 03.02.2002 der Sachverhalt eröffnet. Nachdem der Kläger mit seiner Abordnung an das Regierungspräsidium einverstanden war, wurde ihm mitgeteilt, dass ein Disziplinarverfahren (und auch ein Strafverfahren) nicht eingeleitet werde. Dies wurde im Aktenvermerk vom 04.02.2003, der auch vom Präsidenten des Landesamtes abgezeichnet wurde, dokumentiert. Damit hat der Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens abgesehen, hat dies aktenkundig gemacht und dem Kläger bekannt gegeben (§ 8 Abs. 2 Satz 2 LDG). Damit unterliegt dieser dem Beklagten bekannte, in jeder Hinsicht unverändert gebliebene Sachverhalt nicht einer erneuten Würdigung unter disziplinarischen Gesichtspunkten. Bleibt auch nach dem Abschluss der Verwaltungsermittlungen nur ein vager Verdacht, ist der Dienstherr auf Dauer gehindert, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, da dann gerade keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens vorliegen (Nonnenmacher, in: von Alberti/Burr u.a., Landesdisziplinarrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2012, § 8 Rn. 11). Es handelt sich um ein Verfolgungsverbot, nicht lediglich um ein Ahndungsverbot. Dies entspricht der Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG, nach der ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet wird, wenn feststeht, dass eine Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht kommt (Amtliche Begründung zu § 41 LDG, LT-Drs. 14/2996, S. 123 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG; ebenso Nonnenmacher, a.a.O., § 8 Rn. 2; vgl. auch Weiß, in: Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Bd. II, M § 17 Rn. 95 ff. 71 ff.). Der Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 LDG steht auch nicht entgegen, dass im Zeitpunkt des Absehens von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens die LDO anwendbar gewesen ist. Denn, unabhängig davon, ob nach der LDO Verwaltungsermittlungen überhaupt zulässig waren (vgl. zum Streitstand v. Alberti/Gayer/Roßkamp, LDO, 1994, § 27 Rn. 3), enthält § 8 Abs. 2 LDG eine für den Kläger günstigere Regelung, die nach dem Willen des Gesetzgebers im Hinblick auf die erheblichen Unterschiede zwischen dem bisherigen und dem künftigen Recht Anwendung finden soll; es handelt sich um eine Verfahrensregelung, sie hat aber auch materiell-rechtliche Auswirkungen für den Kläger (vgl. zum Vorstehenden Amtliche Begründung, LT-Drs. 14/2996, S. 159).