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Schadensersatzpflicht des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn

Das Problem des Betankens eines Dienst-Kfz. mit der falschen Benzinsorte



Zu diesem Problem bietet es sich an, auf der Seite des Bundesverwaltungsgerichts nach der Sache mit dem Aktenzeichen 2 C 22.16 zu forschen, in der das Bundesverwaltungsgericht am 02.02.17 entschied.
Sie finden das Urteil in der Datenbank des Gerichts.

Aus der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Sache 2 C 22.16:

Betankt ein Beamter ein Dienstfahrzeug falsch, so ist der Schadensersatzanspruch des Dienstherrn gegen diesen Beamten wegen grober Fahrlässigkeit nicht im Hinblick darauf zu reduzieren, dass der Dienstherr Maßnahmen (z.B. den Einbau eines Tankadapters) unterlassen hat, die den Schaden verhindert hätten.

Der Kläger ist Polizeivollzugsbeamter des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Im August 2012 betankte er ein Einsatzfahrzeug mit Superbenzin anstatt mit Diesel-Kraftstoff. Der im Gerichtsverfahren beigeladene Beifahrer bezahlte den Kraftstoff. Anschließend fuhr der Kläger weiter, wodurch der Motor beschädigt wurde. Das Land nahm den Kläger und den beigeladenen Beifahrer jeweils wegen des Gesamtschadens i.H.v. rund 4 500 € in Anspruch.

Auf die Klage des Beamten hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Landes teilweise aufgehoben. Der Schadensersatzanspruch des Landes sei aufgrund eines mitwirkenden Verschuldens des Dienstherrn zu kürzen. Der Dienstherr habe die ihm gegenüber dem Kläger obliegende Fürsorgepflicht dadurch verletzt, dass er keinen Tankadapter eingebaut habe, der die Falschbetankung verhindert hätte.

Kläger und Beklagter haben die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Sprungrevision des Beklagten stattgegeben und die Klage gegen den Bescheid insgesamt abgewiesen. Der Kläger hat grob fahrlässig gehandelt, weil ihm bewusst war, mit einem Dieselfahrzeug unterwegs zu sein. Er hat beim Betanken Verhaltenspflichten missachtet, die ganz nahe liegen und jedem hätten einleuchten müssen. Ein Mitverschulden kann dem Dienstherrn aber nicht angelastet werden. Insbesondere ist er nicht aufgrund der Fürsorgepflicht gehalten, einen Tankadapter einzubauen. § 48 BeamtStG sieht bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten eines Beamten, das zu einem Schaden an Gegenständen des Dienstherrn geführt hat, zwingend die Schadensersatzpflicht des Beamten vor. Die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn für den Beamten kann diese ausdrückliche gesetzliche Regelung, die bereits durch die Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit die Interessen des betroffenen Beamten berücksichtigt, nicht wieder überspielen.
Die gesamtschuldnerische Haftung von Kläger und Beigeladenem nach § 48 Satz 2 BeamtStG bedeutet hier, dass der Dienstherr grundsätzlich gegen beide Schädiger vorgehen und von ihnen jeweils den vollen Ausgleich des Schadens verlangen kann. Begleicht einer der Schuldner die Forderung des Dienstherrn, erlischt auch der Anspruch gegen den anderen Schuldner.


Zur Ergänzung hier noch eine etwas ältere Entscheidung des OVG Lüneburg zu der Frage der Schadensersatzpflicht des Beamten nach Betanken eines Dienstkraftfahrzeugs mit der falschen Benzinsorte:
OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.02.08 - 5 LB 365 / 07 -

Der Kläger ist Polizeibeamter des Landes Niedersachsen. Am 08.07.06 betankte er das von ihm benutzte Polizeidienstfahrzeug mit Benzin statt - wie erforderlich - mit Dieselkraftstoff. Zu Beginn des Tankvorgangs wurde der Kläger von einem älteren Mitbürger angesprochen und in ein Gespräch über dienstliche Belange verwickelt. Während des Gesprächs setzte der Kläger den Tankvorgang fort. Anschließend wurde anhand der Tankquittung die Falschbetankung mit Benzin festgestellt. Durch die notwendigen Reparaturmaßnahmen entstanden dem Land Niedersachsen Aufwendungen in Höhe von EUR 285,44.

Mit Leistungsbescheiden forderte die Beklagte vom Kläger diesen Betrag mit der Begründung zurück, er habe grob fahrlässig gegen seine Dienstpflichten verstoßen.

Der Kläger hat Klage mit der Begründung erhoben, es sei nicht als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten, wenn er abgelenkt durch ein Bürgergespräch versehentlich die falsche Zapfpistole gegriffen habe.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Bescheide der Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Beamte habe das Dienstfahrzeug nicht grob fahrlässig falsch betankt, sondern es habe sich bei dem Falschbetanken um ein Augenblicksversagen mit dem besonderen Umstand gehandelt, dass der Kläger bei dem routinemäßig abzuwickelnden Vorgang des Betankens des Dienstfahrzeugs durch unvorhersehbare äußere Umstände, nämlich durch die Verwicklung in ein dienstliche Belange betreffendes Gespräch mit einem Bürger, abgelenkt worden sei.

Die Dienststelle hat Berufung eingelegt, mit der sie bei dem OVG Erfolg hat:

Nach § 86 Abs. 1 NBG hat ein Beamter, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Zu den Dienstpflichten des Beamten gehört es, das Eigentum und das Vermögen des Dienstherrn nicht zu schädigen. Dementsprechend schuldet der Beamte seinem Dienstherrn einen sorgsamen und pfleglichen Umgang mit den ihm dienstlich anvertrauten Sachgütern. Dies gilt auch für den Gebrauch eines Dienstwagens (vgl. auch: Ziff. 9 der Richtlinie über Dienstkraftfahrzeuge in der Landesverwaltung <Kfz-Richtlinie>, Anlage zum RdErl. d. MF vom 04.10.02, Nds.MBl. 2002, 911).

Der Kläger hat seinem Dienstherrn, dem Land Niedersachsen, einen Schaden unter Verletzung der ihm obliegenden Dienstpflicht, die ihm zur Dienstausübung überlassenen Sachen des Dienstherrn nicht zu beschädigen, zugefügt, weil er das Polizeidienstfahrzeug mit Benzin statt mit Dieselkraftstoff falsch betankt hat. Der Kläger handelte grob fahrlässig.

Der Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 86 Abs. 1 NBG ist gerechtfertigt, wenn der Beamte im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände seine Pflicht zum sorgsamen Umgang objektiv besonders schwerwiegend und auch subjektiv unentschuldbar, erheblich über das gewöhnliche Maß hinausgehend verletzt. Das ist anzunehmen, wenn er ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl.: BVerwG, Urt. v. 17.9.1964 - BVerwG II C 147.61 -, BVerwGE 19, 243).
Bei der Benutzung eines Dienstfahrzeuges, dessen Tank vor der Rückgabe aufgefüllt werden muss, handelt ein Beamter angesichts der verschiedenen Kraftstoffsorten in der Regel grob fahrlässig, wenn er sich nicht vergewissert, welcher Kraftstoff zu tanken ist. Ein minder schwerer Schuldvorwurf ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt, etwa bei einer durch einen polizeilichen Einsatz bedingten (unverschuldeten) Eilbedürftigkeit (vgl.: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.02.04 - 2 A 11982/03.OVG -, NVwZ-RR 2004, 366 m.w.N.). Ein Augenblicksversagen ist allein noch kein Grund, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind. Vielmehr müssen noch weitere, in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzukommen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen.

Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben hat der Kläger den durch die Falschbetankung an dem von ihm benutzten Dienstwagen verursachten Schaden grob fahrlässig herbeigeführt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dem Kläger fehle es an einem in subjektiver Hinsicht unentschuldbaren Fehlverhalten, weil er die zutreffende Treibstoffart des Dienstfahrzeugs gekannt habe, aber aufgrund einer Konzentrationsbeeinträchtigung infolge einer Ablenkung durch von außen an ihn herangetragene Umstände das Dienstfahrzeug unbewusst falsch betankt habe, teilt der Senat nicht. Denn auch wenn sich der Kläger über den richtigen Treibstoff bewusst gewesen ist, erschöpfte sich seine Sorgfaltspflicht nicht hierin, sondern er hätte sich beim Tankvorgang selbst der Wahl der richtigen Zapfsäule vergewissern müssen. Dies gilt um so mehr, als in seiner Dienststelle Streifenfahrzeuge eingesetzt werden, die entweder Dieselkraftstoff oder Superbenzin benötigen. Die unterschiedliche Betankung der Dienstfahrzeuge stellte für den Kläger deshalb keine gleichförmige gewohnheitsmäßige Handlung dar, sondern hätte ihm in besonderem Maße Anlass geben müssen, auf die Wahl der richtigen Treibstoffsorte zu achten. Weder hat sich der Kläger im Zeitpunkt des Betankens in einer besonders belastenden Situation befunden, noch haben außergewöhnliche dienstliche Ereignisse vorgelegen, die einen minder schweren Schuldvorwurf begründen könnten. Dass der Kläger beim Tankvorgang durch ein dienstliches Gespräch mit einem Bürger abgelenkt worden und für kurze Zeit unaufmerksam gewesen ist, stellt keinen besonderen Umstand dar, der die Annahme eines unverschuldeten Fehlverhaltens des Klägers rechtfertigen könnte. Es hätte dem Kläger oblegen, die Handlungen nacheinander vorzunehmen und entweder zunächst das Gespräch mit dem Bürger zu führen oder den Tankvorgang zu beenden. Eine Notwendigkeit, beide Handlungen gleichzeitig vorzunehmen, bestand nicht, zumal keine der beiden Handlungen eilbedürftig gewesen ist.
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