Beamtenversorgung:
Verweildauer im letzten Beförderungsamt
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.03.07, - 2 BvL 11/04 -
Der vom Gesetzgeber gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtende Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt lässt eine Verlängerung der Wartefrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz auf mehr als zwei Jahre nicht zu (im Anschluss an BVerfGE 61, 43).
§ 5 Absatz 3 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. 03.1999 (Bundesgesetzblatt I S. 322) ist mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
A.
I.
2.
Die Versorgungsbezüge der Beamten wurden seit jeher auf Grundlage der Dienstbezüge ihres letzten Amtes festgesetzt (vgl. BVerfGE 11, 203 <210> 61, 43 <58>).
...
Für das allgemeine Beamtenrecht bestimmte erst § 80 Abs. 2 des Deutschen Beamtengesetzes – DBG – vom 26.01.1937, dass sich die Pension eines Beamten, der die Bezüge aus einem Beförderungsamt nicht mindestens ein Jahr erhalten hatte, aus dem Diensteinkommen des zuvor bekleideten Amtes berechnete.
Das Bundesbeamtengesetz – BBG – vom 14.07.1953 übernahm diese Regelung in § 109 Abs. 1 BBG. Gegenüber § 80 Abs. 2 DBG enthielt § 109 Abs. 2 BBG eine Erweiterung dahingehend, dass die Wartefrist keine Anwendung auf den Beamten fand, der die Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes mindestens ein Jahr lang tatsächlich wahrgenommen hatte. ...
Mit dem Haushaltsstrukturgesetz vom 18.12.1975 wurde die Mindestfrist des § 109 BBG von einem auf zwei Jahre erweitert; auch der Zeitraum, der für die Anrechnung einer tatsächlichen Wahrnehmung des Beförderungsamtes erforderlich war, wurde auf zwei Jahre ausgedehnt. Der inhaltsgleiche § 5 Abs. 3 und 4 BeamtVG löste am 01.01.1977 die Vorschrift des § 109 BBG ab. Das Bundesverfassungsgericht erachtete die zweijährige Mindestfrist mit Beschluss vom 07.07.1982 (BVerfGE 61, 43) als noch verfassungsgemäß.
c) Durch das Versorgungsreformgesetz 1998 - VReformG - vom 29.06.1998 verlängerte der Gesetzgeber die Wartefrist auf drei Jahre. Zugleich entfiel die Anrechung derjenigen Zeiten auf die Wartefrist, in denen der Beamte vor der Amtsübertragung die höherwertigen Funktionen des ihm später übertragenen Amtes tatsächlich wahrgenommen hatte. ...
II.
1. ...
2. Das Verwaltungsgericht Greifswald hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist.
III.
1. Für die Bundesregierung hat sich das Bundesministerium des Innern geäußert. Es ist der Ansicht, der Gesetzgeber müsse im Rahmen seines Gestaltungsspielraums gerade beim langfristig angelegten Beamtenversorgungsrecht die Möglichkeit haben, geänderten wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen in geeigneter Weise Rechnung zu tragen. Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt habe seit jeher nur mit der Einschränkung einer Wartefrist gegolten. Diese rechtfertige sich aus dem Leistungsprinzip. Mit ihm sei die Versorgung aus dem Beförderungsamt nur dann vereinbar, wenn der Beamte die dortigen Leistungen über einen hinreichend langen Zeitraum erbracht und die Besoldung aus diesem Amt daher seinen Lebenszuschnitt geprägt habe. Aufgrund des allgemeinen Anstiegs der Lebenserwartung profitiere der Beamte – in Gestalt der Versorgungsbezüge – über einen immer längeren Zeitraum hinweg von der im aktiven Dienst erbrachten Leistung. Die Verlängerung der Wartefrist stelle insoweit ein Korrektiv dar, mit dem die Leistung im Beförderungsamt und der längere Bezug des Ruhegehalts hieraus wieder in eine Balance gebracht würden, die den durchschnittlichen Lebenszyklus der Betroffenen stärker als bisher berücksichtige.
Wartezeiten als Voraussetzung einer Verfestigung individueller Ansprüche seien dem Beamtenrecht auch sonst nicht fremd. Beispielsweise bedürfe es zur Erlangung eines Anspruchs auf beamtenrechtliche Versorgung regelmäßig einer allgemeinen Wartefrist von fünf Jahren. Finanzielle Erwägungen stellten zwar in aller Regel keine ausreichende Legitimation für Kürzungen im Bereich der Beamtenversorgung dar. Dennoch dürfe sich der Gesetzgeber besonderen Belastungen der öffentlichen Haushalte aufgrund der Globalisierung, des demografischen Wandels und der Nachwirkungen der Wiedervereinigung nicht verschließen. Das Bundesverfassungsgericht habe zudem festgestellt, dass Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung Anlass bieten könnten, sie in der Beamtenversorgung systemkonform nachzuführen. Das Versorgungsreformgesetz 1998 habe genau dies zum Ziel gehabt. Die Ausweitung der Wartefrist bedeute keine Abkehr vom Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt, sondern dessen moderate Anpassung an die Änderungen der gesellschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen.
2. ...
B.
Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt gehört zu den hergebrachten Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums, die angesichts ihrer wesensprägenden Bedeutung vom Gesetzgeber zu beachten sind (I.). Die in § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG vorgesehene Ausdehnung der Wartefrist auf drei Jahre kann nicht auf eine hinreichende Rechtfertigung gestützt werden und ist mit Art. 33 Abs. 5 GG daher unvereinbar (II.). Die Vorschrift ist für nichtig zu erklären (III.).
I.
1.
a) Art. 33 Abs. 5 GG enthält neben einem Regelungsauftrag an den Gesetzgeber eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums (vgl. BVerfGE 106, 225 <231 f.> ).
Art. 33 Abs. 5 GG schützt mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums den Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind (vgl. BVerfGE 8, 332 <342 f.>; 114, 258 <281 f.>).
Art. 33 Abs. 5 GG bezweckt die Gewährleistung der Wesensmerkmale des Berufsbeamtentums. Die Vorschrift enthält das an den Gesetzgeber gerichtete Verbot, bei der Regelung des öffentlichen Dienstrechts von den hergebrachten und die Institution des Berufsbeamtentums prägenden Leitgedanken und Merkmalen abzuweichen. Solange eine strukturelle Veränderung an den für Erscheinungsbild und Funktion des Berufsbeamtentums wesentlichen Regelungen nicht vorgenommen wird, steht Art. 33 Abs. 5 GG einer Weiterentwicklung des Beamtenrechts nicht entgegen. Die für den Kerngehalt der beamtenrechtlichen Grundsätze geltende Beachtenspflicht versperrt jedoch den Weg zu tief greifenden strukturellen Veränderungen durch den einfachen Gesetzgeber. Die Unantastbarkeit der hergebrachten Grundsätze des Beamtenrechts ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, eine im politischen Kräftespiel stabile und gesetzestreue Verwaltung zu sichern. Die Bindung des Gesetzgebers an diese Grundsätze ist die Konsequenz der Einrichtungsgarantie, deren Sinn darin besteht, dem gestaltenden Gesetzgeber einen Kernbestand an Strukturprinzipien verbindlich vorzugeben (vgl. Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 06.03.07 - 2 BvR 556/04 -, S. 25 ff.).
b) Zu den hergebrachten Strukturprinzipien, die das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich prägen, gehört das Alimentationsprinzip. Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang – auch nach Beendigung des aktiven Dienstes – angemessen zu alimentieren (vgl. BVerfGE 8, 1 <14>; 55, 372 <392>; 70, 69 <80>; 107, 218 <237>). Die Besoldung des Beamten stellt kein Entgelt für bestimmte konkrete Dienstleistungen dar, sondern ist eine Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt. Sie bildet die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und die ihm im Staatsleben zufallende Funktion, eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften zu bilden, erfüllen kann (vgl. BVerfGE 7, 155 <163>; 21, 329 <345>; 39, 196 <200 f.>; 44, 249 <265>; 99, 300 <317>; 107, 218 <237>). Die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts – zu der auch die Versorgung des Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst zählt (vgl. BVerfGE 11, 203 <210>; 39, 196 <200 f.>; 44, 249 <265>) – ist deshalb ein besonders wesentlicher Grundsatz, zu dessen Beachtung der Gesetzgeber verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 61, 43 <57 f.>).
Die Alimentation ist grundsätzlich amts-, nicht personenbezogen. Maßstab für die Überprüfung der Angemessenheit der Bezüge ist das vom Beamten ausgeübte oder – im Fall des Ruhestandsbeamten – zuletzt bekleidete Amt (vgl. BVerfGE 11, 203 <210, 212>; 14, 30 <31>; 61, 43). Der Dienstherr ist verpflichtet, den Beamten nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Unterhalt zu gewähren (vgl. BVerfGE 8, 1 <14>; 21, 329 <345>; 39, 196 <200 f.>; 44, 249 <265 f.>; 70, 69 <80>; 107, 218 <237>).
c) Der Gesetzgeber besitzt bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur angemessenen Alimentation einen weiten Entscheidungsspielraum. Allerdings sind die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht nur Grundlage, sondern auch Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerfGE 114, 258 <289>). Zu jenen den Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers einschränkenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt, dass das Ruhegehalt unter Wahrung des Leistungsprinzips und Anerkennung aller Beförderungen aus dem letzten Amt zu berechnen ist.
Bei dieser Ausprägung des Alimentationsprinzips handelt es sich nicht um eine bloße Auslegung, sondern um einen eigenständigen Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 8, 1 <14>; 11, 203 <216>; 39, 196 <201>; 61, 43 <57>; 76, 256 <324 f.>; 114, 258 <286>). Die mit der Berufung in ein höheres Amt verliehene statusrechtliche Position, mit der die fachliche Leistung des Bediensteten sowie seine Eignung und Befähigung für dieses gegenüber seinem bisherigen Amt herausgehobene, höherwertige Amt förmlich anerkannt worden sind, darf später grundsätzlich nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BVerfGE 56, 146 <163 f.>). Aus dem engen Zusammenhang von Besoldung und Versorgung folgt, dass sich die in einer Beförderung liegende Anerkennung nicht auf die Zeit beschränkt, während der sich der Beamte im Dienst befindet, sondern sich auch auf sein Ruhegehalt auswirken muss. Seit jeher wurden daher die Versorgungsbezüge des Beamten auf der Grundlage der Dienstbezüge seines letzten Amtes festgesetzt (vgl. BVerfGE 61, 43 <58>).
d) Dies ist zugleich Ausdruck des in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatzes. ... Die Abstufung des angemessenen Lebensunterhalts nach Amt und Verantwortung wirkt in die Zeit des Ruhestands hinüber. Der Leistungsgrundsatz verlangt die Anerkennung ordnungsgemäßer Beförderungen auch im Versorgungsrecht. Es widerspricht diesem Prinzip, wenn der Beamte, der unter Beachtung der beamtenrechtlichen Vorschriften befördert wurde, bei seiner Versorgung Einbußen erleidet, weil seine Beförderungen nicht berücksichtigt werden dürfen (vgl. BVerfGE 76, 256 <324 f.>). Darüber hinaus gehört es zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt in aller Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind, weil sich die dem Beamten zustehende amtsangemessene Alimentation – und mit ihr auch die Versorgung – nach dem Inhalt des ihm übertragenen statusrechtlichen Amtes und der damit verbundenen Verantwortung richtet (vgl. BVerfGE 56, 146 <163 f.>; 61, 43 <57>).
2. Der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt, in dem sich das Alimentations- und das Leistungsprinzip überschneiden, prägt folglich das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beamten und gehört deshalb zu den Grundlagen, auf denen die Einrichtung des Berufsbeamtentums beruht. Er ist mithin vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten (vgl. BVerfGE 61, 43 <57>; 76, 256 <324 f.>; 114, 258 <286>).
a) Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Einengungen kannte vielmehr bereits das Versorgungsrecht im traditionsbildenden Zeitraum. Danach war der Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt zeitweise und für bestimmte Beamtengruppen an die Bedingung geknüpft, dass der Beamte die Dienstbezüge seines letzten Amtes zumindest ein Jahr lang erhalten hatte. Eine Mindestverweildauer im Beförderungsamt ist somit – ebenfalls hergebrachter, lediglich modifizierender - Bestandteil des Bemessungsprinzips der Versorgung aus dem letzten Amt.
Die Rechtfertigung dieser Modifikation lag und liegt einerseits in dem Ziel, Gefälligkeitsbeförderungen zu verhindern oder ihnen zumindest die versorgungsrechtliche Anerkennung zu versagen; andererseits soll mit der Einschränkung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass eine kurze Dienstzeit es dem in Reichweite des Ruhestands Beförderten oft nicht mehr ermöglichen wird, noch eine dem neuen Amt entsprechende Leistung zu erbringen (vgl. BVerfGE 61, 43 <61 f.> ). Voraussetzung der Versorgung nach Maßgabe des letzten Amtes ist daher ein Mindestmaß an nachhaltiger, diesem Amt entsprechender Dienstleistung (vgl. BVerwGE 74, 303 <306 f.>; 94, 168 <170>).
b) Hieraus folgt aber nicht, dass die Wartefrist beliebig verlängerbar wäre. Vielmehr ist die im traditionsbildenden Zeitraum entwickelte Karenzzeit gerade von einem Jahr modifizierender Bestandteil des hergebrachten Grundsatzes amtsgemäßer Versorgung selbst (vgl. BVerfGE 61, 43 <60> ; vgl. auch BVerwGE 5, 39 <42>). ...
II.
Die in § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG vorgeschriebene Dreijahresfrist widerspricht dem nach Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtenden Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt (1.). Sie ist durch die Zwecke der hergebrachten Modifizierung des vorbenannten Grundsatzes nicht gedeckt (2.). Die im Gesetzgebungsverfahren und in der Stellungnahme der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen die Verlängerung der Karenzzeit nicht (3.).
1. § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG ist mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar, weil die Verlängerung der Wartefrist auf drei Jahre den Grundsatz der amtsgemäßen Versorgung nicht mehr lediglich modifiziert, sondern ihn grundlegend verändert.
a) ...
b) Das Anliegen, Gefälligkeitsbeförderungen zu verhindern und dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine allzu kurze Dienstzeit dem in Reichweite des Ruhestands Beförderten nicht mehr die Möglichkeit bietet, eine hinreichende Leistung im Beförderungsamt zu erbringen, ließ eine Erstreckung der Frist auf zwei Jahre gerade noch zu. Eine weitere Ausdehnung kann im Hinblick darauf, dass dem Beamten aufgrund hergebrachter Strukturprinzipien die Versorgung aus dem letzten Amt verfassungsrechtlich gewährleistet ist, nicht mehr gerechtfertigt werden.
Die Verlängerung der Wartefrist über eine Spanne von zwei Jahren hinaus bedeutet - insbesondere auch in Verbindung mit der Einschränkung der Berücksichtigung von Zeiten, in denen das höherwertige Amt tatsächlich ausgeübt worden ist - somit eine grundlegende Veränderung, die sich nicht mehr als bloße Modifizierung der bisher anerkannten Einschränkung des hergebrachten Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt erklären lässt, sondern die Preisgabe des Prinzips amtsgemäßer Versorgung bedeutet (vgl. BVerfGE 61, 43 <61 f.> ). Die Anerkennung der Eignung, Leistung und Befähigung des Beamten, seine darauf gründende Heraushebung gegenüber den Beamten der vormals gleichen Besoldungsstufe und die im Beförderungsamt geleisteten Dienste werden durch § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG versorgungsrechtlich entwertet. Die Vorschrift verstößt daher sowohl gegen den hergebrachten Grundsatz der Versorgung aus dem letzten Amt als auch gegen den Leistungsgrundsatz. Sie ist keine zeitgemäße Fortentwicklung dieser Strukturprinzipien, sondern gibt sie auf.
2. Die Erstreckung der Wartefrist auf drei Jahre kann nicht auf die mit der Modifizierung des Grundsatzes amtsgemäßer Versorgung verfolgte Absicht der Gewährleistung einer effektiven Wahrnehmung des Beförderungsamtes gestützt werden.
a) ...
b) Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass ein Beförderungsamt nach gegenwärtiger Rechtslage grundsätzlich nur noch verliehen werden kann, wenn der Beamte seine Eignung in einer Erprobungszeit auf dem höher bewerteten Dienstposten nachgewiesen und diesen somit zur Zufriedenheit des Dienstherrn ausgeübt hat (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BRRG sowie § 12 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 11 BLV). Denn in diesem Zeitraum übt der Beamte die Tätigkeit des Beförderungsamtes bereits aus und arbeitet sich in die neuen Aufgabenfelder ein. Dementsprechend verkürzt sich die Zeitspanne, die nach der Beförderung verstreichen muss, damit sich die Tätigkeit des Beamten für den Dienstherrn lohnt. Insbesondere aber hat der Beamte durch die erfolgreiche Bewährung im Beförderungsamt bereits nachgewiesen, dass er imstande ist, die mit der Beförderung verbundenen Funktionen tatsächlich auszufüllen. Die Annahme, er werde seine Aufgaben erst nach weiteren drei Jahren effektiv wahrnehmen können, ist hiermit nicht vereinbar.
c) Darüber hinaus ergibt sich aus einer Vielzahl weiterer bundes- und landesrechtlicher Bestimmungen, dass im Beamtenrecht grundsätzlich bereits nach einer erheblich kürzeren Zeit als drei Jahren von einer Bewährung des Beamten in einem höherwertigen Amt und damit einer nachhaltigen Aufgabenwahrnehmung ausgegangen werden kann. Diese Einschätzung kommt etwa in Regelungen über Probe- und so genannte Standzeiten für Beförderungsbewerber zum Ausdruck, insbesondere auch in den laufbahnrechtlichen Vorschriften, mit denen eine Beförderungssperre vor dem Erreichen der gesetzlich festgelegten Altersgrenze festgelegt wird. Diese Sperrfristen bezwecken ebenfalls die Gewährleistung einer effizienten Aufgabenwahrnehmung im Beförderungsamt (vgl. BVerwGE 74, 303 <306 f.>). Die hierfür in den Laufbahnvorschriften vorgesehenen Zeiträume sind aber fast durchgängig deutlich kürzer als die in § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG vorgesehene Wartefrist.
Diesen Vorschriften liegt erkennbar die Einschätzung zugrunde, dass auch eine Tätigkeit von weniger als drei Jahren vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dem Beamten noch ausreichend Möglichkeit gibt, das höhere Amt und die damit verbundenen Aufgaben effektiv und zum Nutzen seines Dienstherrn wahrzunehmen. Aus der Sicht des betroffenen Beamten muss es daher widersprüchlich erscheinen, wenn sein Dienstherr einerseits zwar laufbahnrechtlich davon ausgeht, schon eine zweijährige Dienstzeit ermögliche eine effektive Aufgabenwahrnehmung, andererseits aber diese Wertung durch § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG auf versorgungsrechtlicher Ebene nicht nachvollzogen und er mithin so behandelt wird, als habe die Beförderung nie stattgefunden.
d) Schließlich sind die Versorgungsbezüge die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass der Beamte sich ihm mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflichten erfüllt; insoweit handelt es sich um ein erdientes Ruhegehalt, welches durch Art. 33 Abs. 5 GG ebenso gesichert ist wie das Eigentum durch Art. 14 GG. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass sich eine ordnungsgemäße, dem Leistungsgrundsatz entsprechende und durch die Laufbahnvorschriften anerkannte Ernennung bei den Versorgungsbezügen nicht auswirkt.
3. Die im Gesetzgebungsverfahren sowie in der Stellungnahme der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte der allgemeinen Haushaltslage, der Symmetrie von Dienst- und Versorgungszeiten sowie der Änderungen im System der gesetzlichen Rentenversicherung finden in dem für die Auslegung des Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt einschließlich seiner Modifizierung maßgeblichen traditionsbildenden Zeitraum kein Vorbild. Sie sind auch inhaltlich nicht geeignet, die Verlängerung der Wartefrist auf drei Jahre zu rechtfertigen.
a) Die Finanzlage der öffentlichen Haushalte, die Herausforderungen durch die Globalisierung, der demographische Wandel und die finanziellen Nachwirkungen der Wiedervereinigung vermögen eine Einschränkung des Grundsatzes amtsgemäßer Versorgung nicht zu begründen. ...
Alimentation des Beamten und seiner Familie ist etwas anderes und Eindeutigeres als staatliche Hilfe zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung und eines sozialen Standards für alle und findet ihren Rechtsgrund nicht im Sozialstaatsprinzip, sondern in Art. 33 Abs. 5 GG. Zu den finanziellen Erwägungen müssen deshalb weitere Gründe hinzukommen, die im Bereich des Systems der Altersversorgung liegen und die Kürzung von Versorgungsbezügen als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 44, 249 <264 f.>; 76, 256 <311>; 81, 363 <378>; 99, 300 <320>; 114, 258 <291>).
b) Der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung rechtfertigt keine Verlängerung der Wartefrist.
Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach der Systematik des Beamtenversorgungsrechts nicht die Dauer der Versorgungszeit, sondern diejenige der Tätigkeit im aktiven Dienst für die Höhe der Versorgungsbezüge maßgeblich ist. Es ist daher ein vom Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG umfasster hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass sich die Länge der aktiven Dienstzeit in der Höhe der Versorgungsbezüge niederschlagen muss (vgl. BVerfGE 76, 256 <322>; 114, 258 <286> ). Bezugspunkt für die Festsetzung der Versorgungsbezüge ist demnach grundsätzlich nicht die Dauer des Bezugs der Versorgungsleistungen, die von der durchschnittlichen Lebenserwartung beeinflusst wird. Dies gilt auch für die Zweckbestimmung der Wartezeit. ...
Einen verfassungsrechtlich bedeutsamen Zusammenhang zwischen der durch § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG geregelten Wartezeit und dem Anstieg der allgemeinen Lebenserwartung gibt es daher nicht.
Eine Berücksichtigung der Dauer der Versorgungszeit widerspricht dem System der Beamtenalimentation überdies insofern, als der Alimentation statuswahrende Funktion zukommt. Die Besoldung der Beamten ist nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit zu gewähren (vgl. BVerfGE 8, 1 <14>; 21, 329 <345>; 70, 69 <80>; 107, 218 <237>; 114, 258 <287>). Besoldung und Versorgung bilden rechtlich eine Einheit (vgl. BVerfGE 114, 258 <298> ). Die Versorgungsbezüge unterscheiden sich von den Bezügen des aktiven Beamten nur dadurch, dass der Gesetzgeber im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise davon ausgehen darf, dass der finanzielle Bedarf des Ruhestandsbeamten regelmäßig geringer ist als derjenige des aktiven Beamten (vgl. BVerfGE 114, 258 <294> ). Die Versorgungsbezüge müssen dem Beamten aber gleichwohl einen Lebensabend ermöglichen, der seinem Status angemessen ist. Hierfür kommt es allein auf den im aktiven Dienst erworbenen Status an.
Allerdings kann die Versorgungsdauer für das Beamtenversorgungsrecht grundsätzlich insofern relevant sein, als der Gesetzgeber Einschnitte in die Beamtenversorgung vornehmen darf, um das tatsächliche Pensionierungsalter anzuheben und so dem Zusammenhang zwischen Alimentation und voller dienstlicher Hingabe bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze zur Geltung zu verhelfen (vgl. BVerfGE 114, 258 <291 f.> ; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20.06.06 - 2 BvR 361/03 -, NVwZ 2006, S. 1280 <1281>). § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG dient jedoch nicht der Verringerung von Frühpensionierungen. Die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung allein aber rechtfertigen keinen Eingriff in die Struktur des Versorgungsrechts. Außerdem ist es nicht gerechtfertigt, für diese die Beamtenschaft insgesamt betreffenden Gesichtspunkte nur einzelne Beamtengruppen in Anspruch zu nehmen und diesen ein Sonderopfer abzuverlangen (vgl. BVerfGE 114, 258 <292> ). Ein solches Sonderopfer ohne sachlichen Grund aber bedeutete es, wenn zur Verringerung der Versorgungszahlungen des Staates nur diejenigen Beamten belastet würden, die weniger als drei Jahre vor ihrer Pensionierung befördert wurden.
c) Die dreijährige Wartefrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG kann schließlich nicht auf die Absicht des Versorgungsgesetzes 1998 gestützt werden, rentenrechtliche Änderungen auf die Beamtenversorgung zu übertragen.
Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung und die diesen zu Grunde liegenden Entwicklungen können Anlass bieten, sie in der Beamtenversorgung systemkonform nachzuführen (vgl. BVerfGE 114, 258 <292 f.> ). Hierbei ist jedoch den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums Rechnung zu tragen. Auch eine Übertragung rentenrechtlicher Änderungen darf nicht zu einer grundlegenden Veränderung zu beachtender Grundsätze führen.
Die Verlängerung der Wartefrist ist vorliegend schon deshalb nicht durch etwaige sozialversicherungsrechtliche Änderungen gerechtfertigt, weil die Karenzzeit im Rentenrecht keine Entsprechung findet. Dort wird das Einkommen auch in den letzten beiden Jahren vor dem Erreichen der Altersgrenze uneingeschränkt berücksichtigt. ...
III.
§ 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG ist mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar. Die Verlängerung der Wartefrist auf drei Jahre geht über eine bloße Modifizierung des hergebrachten und zu beachtenden Grundsatzes der Versorgung aus dem letzten Amt hinaus und bedeutet einen Eingriff in dessen strukturprägenden Kernbereich.
Die auf der für nichtig erklärten Vorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG beruhenden, im Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung bereits bestandskräftigen Versorgungsfestsetzungsbescheide bleiben von der Entscheidung unberührt (vgl. BVerfGE 100, 1 <58 f.>).